Aberration
des
Lichts
(Abirrung des Lichts). Die
Achse
m o s eines
Fernrohrs AB (s. Figur) sei nach irgend einem Himmelskörper,
z. B. einem
Fixstern, gerichtet, so werden
sich die von dem
Stern kommenden Lichts
trahlen in dem
Punkt m zu einem
Bilde des
Sterns
vereinigen. Bewegt sich nun das
Fernrohr
[* 2] parallel mit sich selbst in einer zu den einfallenden Lichts
trahlen senkrechten
Richtung
m' m und zwar so, daß es den Weg
m' m zurücklegt in der Zeit, in welcher das
Licht
[* 3] die
Strecke o m durchläuft, so werden
sich
die am Anfang dieser Zeit bei o eingedrungenen Lichts
trahlen, unbekümmert um die
Bewegung des
Fernrohrs,
zwar immer noch in dem nämlichen
Punkt m des
Raums vereinigen; aber an diese
Stelle, welche am Anfang jener Zeit von dem
Mittelpunkt
des
Gesichtsfelds eingenommen war, wird im
Augenblick der Vereinigung der
Strahlen der seitlich gelegene
Punkt m' des
Gesichtsfelds getreten sein.
Das
Bild des
Sterns wird demnach infolge der
Bewegung des
Fernrohrs an einer
Stelle des Gesichtsfelds gesehen, an welcher bei
ruhendem
Fernrohr
Strahlen, die in der
Richtung
s' o m' einfallen, sich vereinigen würden. Der
Stern wird mithin vermöge dieser
sogen. Aberration
, statt an seinem wahren
Ort, in der
Richtung
m' o s' gesehen, und man muß, um sein
Bild in die
Mitte des Gesichtsfelds zu bringen, die
Achse des
Fernrohrs, indem man dasselbe um den
Winkel
[* 4]
m o m' dreht, in diese
Richtung
einstellen.
Jedes
Fernrohr ist aber thatsächlich in
Bewegung, indem es ja von der
Erde bei ihrer
Bewegung um die
Sonne
[* 5] mitgenommen wird. Es muß daher jeder
Stern, dessen
Strahlen die Erdbahn senkrecht treffen, in der
Richtung der jeweiligen
Bewegung
der
Erde verschoben erscheinen, um einen
Winkel
m o m', dessen
Größe bedingt ist durch das
Verhältnis der
Strecken
m' m und o
m, welche die
Erde einerseits und das
Licht anderseits m der gleichen Zeit durchlaufen, d. h. durch das
Verhältnis der
Geschwindigkeit der
Erde zur
Geschwindigkeit des
Lichts. Dieser für alle
Gestirne gleiche Aberration
swinkel ist
mit großer Sorgfalt gemessen worden und wird bei astronomischen Berechnungen jetzt gewöhnlich zu 20,445 Sek.
angenommen. Nach Nyrens neuesten
Beobachtungen beträgt der
Winkel
¶
mehr
aber 20,492 Sek., und dieser Weg dürfte nicht um eine Hundertstelsekunde von dem wahren Wert
abweichen. Nun ist aber in einem rechtwinkeligen Dreieck
[* 7] m o m', dessen Winkel bei o 20½ Sek. beträgt, die Seite o m' 10,000mal
so groß als die Seite m m'; folglich muß auch die Geschwindigkeit des Lichts 10,000mal so groß sein als
die Geschwindigkeit der Erde in ihrer Bahn. Die Erde legt aber in jeder Sekunde 30 km zurück, folglich durcheilt das Licht in
derselben Zeit 300,000 km. Die Aberration
der Fixsterne
[* 8] wurde zuerst von Bradley in den Jahren 1725-27 wahrgenommen, und derselbe
Astronom gab auch die richtige Erklärung der Erscheinung. Die Entdeckung der Aberration
lieferte den ersten direkten
Beweis der Bewegung der Erde um die Sonne und bestätigte die von Römer
[* 9] ermittelte Geschwindigkeit des Lichts.
Vgl. Ketteler, Astronomische
Undulationstheorie oder die Lehre
[* 10] von der Aberration
(Bonn
[* 11] 1873). -
Sphärische Aberration
, s. Linse;
[* 12] chromatische Aberration, s. Achromatismus.