[* 2] (spr. ebberdihn),Hauptstadt der nach ihr genannten schott.
Grafschaft, liegt nördlich an der Mündung des
Dee und besteht aus der schönen
Neustadt,
[* 3] meist mit granitenen
Häusern, und der nördlich gelegenen
Altstadt, die sich langgestreckt bis zum
Don hinzieht. In letzterer liegen die
Ruinen einer
Kathedrale. Die
Bevölkerung
[* 4] (1881: 105,189) ist in raschem Wachstum begriffen. Aberdeen hat
Leinen-,
Baumwoll- und Wollfabriken, mechanische
Werkstätten und
Gießereien, chemische,
Seife-,
Gummi- und Guttaperchafabriken, Schiffswerften und vor allem großartige
Granit-
und Marmorschleifereien. Als Hafenstadt wird in
Schottland nur von
Glasgow
[* 5] und
Greenock übertroffen, denn es besaß 1883: 206 Seeschiffe
mit 108,128
Ton.
Gehalt und 508 Fischerboote, und 2514
Schiffe
[* 6] von 638,897 T. liefen ein. Die Ausfuhr belief
sich 1883 auf 73,393, die Einfuhr auf 853,078 Pfd. Sterl. Vorzügliche Hafenanlagen
und Eisenbahnverbindung fördern seinen
Handel. Zur Ausfuhr kommen außer den industriellen Erzeugnissen
¶
Wegen ersterer Schrift verspottete Byron, der mit dem VaterAberdeens verfeindet war, »den gereisten Than, den Athener, in seinem
Spottgedicht »Englische
[* 16] Barden und schottische Kritiker« ganz grundlos als Genossen des Tempelschänders
Elgin. Im J. 1806 ward Aberdeen zum schottischen Repräsentativpeer gewählt und hielt sich im Oberhaus zu den Tories; als Redner
trat er aber erst 1810 auf, als er die Antwortsadresse auf die Thronrede des Prinz-Regenten beantragte. Im J. 1813 erhielt
er von LordCastlereagh die Mission, Österreich
[* 17] für den Bund gegen Napoleon zu gewinnen.
Allmählich zeigte Aberdeen sich, wohl unter dem Einfluß Peels, liberalern Anschauungen zugänglich, machte
in dem schottischen Kirchenstreit dem Rechte derGemeinden Zugeständnisse, unterstützte die Aufhebung der Korngesetze und
die wirtschaftliche Reform und war so glücklich, den Streit mit der nordamerikanischen Union wegen des Oregongebiets zu schlichten.
Bald nach dem Abschluß des darauf bezüglichen Vertrags trat er mit dem ganzen Ministerium zurück
und lehnte auch das ihm von LordJohnRussell angebotene Portefeuille ab. Die auswärtige PolitikPalmerstons bekämpfte Aberdeen, schloß
sich aber den Tories nicht wieder an und wies auch einen ihm von Derby angebotenen Sitz in der Regierung
im Februar 1852 ab. Nach dessen Rücktritt stellte er sich im Dezember 1852 an die Spitze eines Koalitionsministeriums, dem
außer den hervorragendsten Mitgliedern der Mittelpartei LordJohnRussell, LordLansdowne, LordPalmerston und SirWilliamMolesworth
angehörten.
Unter dieser Verwaltung, die ihren Zweck, zwischen den Parteien zu vermitteln, nicht erreichte, »trieb England
(nach Aberdeens eignem Ausdruck) in den Krimkrieg hinein«, den derPremier gern vermieden hätte. Die laue Kriegführung und
die geringen Erfolge der britischen Waffen
[* 27] erregten die öffentliche Meinung lebhaft gegen Aberdeen, und wurde das Ministerium
durch einen AntragRoebucks gestürzt. Aberdeens öffentliche Wirksamkeit hatte damit ihr Ende erreicht.
Er starb in London.
[* 28] Aberdeen gehörte zu jener Klasse von Staatsmännern, welche bedeutend sind, ohne glänzend zu sein,
ohne Ehrgeiz Erfolge erringen, ohne Beredsamkeit berühmt werden. Auch als er sich schließlich ins Privatleben zurückgezogen
hatte, hörte sein Einfluß nicht auf. SeinVerhältnis zur Königin ward mehr das eines Lehrmeisters als
eines bloßen Ratgebers; sie blieb ihm stets dankbar, und noch nach seiner Entlassung erhielt er auf ihren besondern Wunsch
den Hosenbandorden.
1) Grafschaft im nördl. Schottland, springt mit dem Kap Kinnaird in die Nordsee vor, hat 5101 qkm, (1891) 281 331 E. und umfaßt
die sechs Distrikte von Marr, Formartine,Buchan, Alford, Garisch und Strathbogie. Die wichtigsten Städte
sind Aberdeen, Peterhead, Fraserburgh, Huntly, Inverurie. Am Dee liegt Balmoral Castle (s. d.). Die Küsten sind meist steil und felsig,
wenig eingeschnitten. Zwei Drittel der Grafschaft sind Gebirge, Hügel, Moore und Einöden. Die Küstengegenden sind die niedrigsten;
der höchste Teil ist im SW., von den Nordostverzweigungen des Grampiangebirges bedeckt.
Hier erheben sich Ben Muichdbui (Macdui, 1309 m), Cairntoul (1273 m) und Cairngorm (1227 m). Hauptflüsse sind der Don (mit
dem Urie) und Dee (beide mit berühmten Lachsfischereien), sowie Deveron, Ugie und Ythan, in dem Perlenfischerei betrieben wird.
Die Bodenkultur ist in gutem Zustand; viel Mastvieh wird ausgeführt nach England. Die Bewohner treiben
auch Bergbau
[* 29] (Granit, Schiefer, Mühlsteine),
[* 30] Fischerei
[* 31] und beträchtlichen Handel; ferner besteht Fabrikation von Baumwoll-
und Leinenzeugen, Seiden- und Strumpfwaren. Die Berge von Braemar enthalten farbige Krystalle, sog. Cairngorms, auch Topase. -
2) Hauptstadt der Grafschaft und von Nordschottland, zwischen den Mündungen des Dee und Don, zerfällt
in Alt-Aberdeen (Aberdon), die kleinere, aber weitläufig gebaute und sich bis zum Don erstreckende nördl. Stadthälfte, und
Neu-Aberdeen, die neuere, sich am linken Ufer des Dee ausbreitende südl. Hälfte.
Über den Dee führen drei Brücken,
[* 32] eine alte, 1520 erbaute, von 7 Bogen,
[* 33] eine 1830 erbaute Hängebrücke und eine 1850 erbaute
Eisenbahnbrücke. Aberdeen, die vierte Stadt Schottlands, oft Granite City benannt, weil sie meistenteils aus grauem Granit gebaut
ist, hat (1891) 123 327 E., schöne Kirchen und andere öffentliche Gebäude, wie die East- und Westkirche (mit gemeinsamem
Turm),
[* 34] die Municipal Offices mit Turm (64 m), eine schöne röm.-kath. Kirche mit Turm (61 m); in Alt-Aberdeen
liegt die schöne got. St. Macharius-Kathedrale, 1360-1522 erbaut, angeblich die einzige christl.
Granitkathedrale.
Die Kollegien Kings und Marishal College, gegründet 1494 und 1593, wurden 1860 zu einer Universität vereinigt und zählen 889 Studierende
und 47 Docenten. Die Universitätsbibliothek hat 100000 Bände. Es bestehen ansehnliche Spinnereien und
Fabriken in Woll-, Baumwoll- und Leinenwaren in Papier, Seife, Lichten, außerdem Gerbereien, Seilereien, Eisengießereien,
Schiffbau und Fischerei, ferner Ausfuhr von Rindvieh, Lachsen, Eiern, Butter, Schweinefleisch, Getreide.
[* 35] Regelmäßige Dampfschiffahrt
nach London, Leith
[* 36] (Edinburgh), Peterhead, Inverneß und den Orkneys. Der früher gefährliche, jetzt verbesserte Hafen (über 7 ha)
mit Dock
[* 37] (1½ ha) wird durch einen 800 m langen Granitmolo und durch zwei Batterien verteidigt. Ein Kanal
[* 38] (30 km) führt nach Inverurie. Als Parlamentsbezirk schickt Aberdeen (einschließlich Woodside) zwei Mitglieder ins
Parlament. - Alt-Aberdeen ward in der Mitte des 12. Jahrh. Sitz des aus Morilach in Banff hierher verlegten Bistums. Neu-Aberdeen
besaß ehemals ein festes Schloß und hat in den schott. Kriegen viel erduldet. Es wurde 1153 von dem
norweg. König Eystein geplündert, 1336 von der engl. Flotte Eduards
III. verbrannt, 1644 von den Royalisten unter Montrose erobert und durch Mord fast ganz entvölkert, 1647 durch die Pest heimgesucht.
[* 2] (spr. äbberdihn), Grafenwürde in der alten schott.
Familie der Gordon (s. d.), von der auch die spätern Herzöge von Gordon und die heutigen Marquis von Huntley (s. d.) in weiblicher
Linie abstammen. Der Stammbaum läßt sich zürückführen auf einen Patrick Gordon, der 1445 bei Arbroath fiel. Der zum Baronet
erhobene Sir John Gordon wurde 1644 als AnhängerKarls I. zu Edinburgh enthauptet; sein jüngerer Sohn,
SirGeorgeGordon, ein hervorragender Rechtsgelehrter, wurde 1682 zum Lordkanzler von Schottland und zum Grafen in der schott.
Pairie erhoben.
Der namhafteste des Geschlechts war GeorgeGordon, vierter Graf von der 1818 den Zunamen Hamilton annahm,
geb. Er war gebildet in Harrow und Cambridge, reiste im Orient, wurde 1806 als schott. Repräsentativpeer ins Oberhaus
gewählt und schloß sich den Tories an. Mehr als die Politik pflegte er wissenschaftliche Studien und schrieb unter anderm
«Inquiry into the principles of beauty in Graecian architecture» (Lond. 1822). Er führte 1813 die Verhandlungen
mit Österreich zur Koalition gegen Napoleon, schloß darauf hin 3. Okt. den Bertrag zu Teplitz, nahm am Kongreß in Châtillon-sur-Seine
und am Einzug der Verbündeten in Paris teil und wurde als Viscount Gordon in die großbrit.
Pairie erhoben. Er widmete sich sodann seinen Studien und der Landwirtschaft und trat erst 1828 wieder
in das polit. Leben, wurde Kanzler des Herzogtums Lancaster und im Juni Minister des Auswärtigen unter Wellington. Er folgte
gegenüber Griechenland, Portugal und Frankreich meist den Grundsätzen Metternichs, hielt jedoch an Cannings Forderung der Nichteinmischung
fest und erkannte 1830 das Julikönigtum in Frankreich an. Er trat mit Wellington 1830 zurück, wurde 1834 Minister
für Krieg und Kolonien und 1841 unter Peel wieder Minister des Auswärtigen.
Seine Haltung war liberaler geworden, er billigte Peels Handelsreformen und stand nach dessen Rücktritt (1846) im Oberhause
an der Spitze der sog. Peeliten (s. Peel). Dez. 1852 übernahm
er nach Derbys Rücktritt die Leitung eines Koalitionsministeriums und mußte nach einer zuerst vermittelnden Haltung in der
orient. Krisis schließlich den Krieg an Rußland erklären. Er wurde für die matte Führung desselben verantwortlich gemacht
und trat Febr. 1855 zurück. Bei der Königin wie im Oberhause behielt er seinen Einfluß. Er starb
Sein Enkel, John Campbell Hamilton-Gordon, siebenter Graf von Aberdeen, geb. stand zuerst zu den Konservativen, opponierte
aber 1878 in der Frage des Afghanenkrieges Lord Beaconsfield und trat zu den Liberalen über. In Gladstones
kurzem Ministerium 1886 war er Vicekönig von Irland.