Abd
el
Kader
, eigentlich
Sidi el
Hadschi Abd el Kader
Uled Mahiddin, berühmter Araberhäuptling, geboren um 1807 in der
Ghetna, einer Unterrichtsanstalt unweit
Mascara, als Sprößling einer Priesterfamilie
(Marabuts), die ihren
Stamm bis zu den
fatimidischen
Kalifen zurückführt, ward von seinem
Vater
Sidi el
Mahiddin zum
Priester gebildet, wanderte aber, vom
Dei von
Algier wegen seiner hohen Begabung und seines
Ehrgeizes bedroht, nach
Kairo
[* 3] aus und erwarb sich durch eine
Pilgerfahrt nach
Mekka den Ehrentitel eines
Hadschi.
Nach dem Sturz des Deis 1830 in seine Heimat zurückgekehrt, ward er von mehreren aufständischen arabischen Stämmen bei Mascara zum Emir gewählt und führte an ihrer Spitze 1832-47 den Kampf gegen die Franzosen mit unermüdlicher Ausdauer und kriegerischer Gewandtheit. Öfters geschlagen, erschien er immer wieder an der Spitze neuer Truppen, unterwarf von 1832 bis 1833 alle Stämme zwischen Mascara und dem Meer und nötigte den französischen General Desmichels zu dem Frieden vom worin seine Herrschaft ausdrücklich anerkannt wurde.
Von den
Franzosen nicht gehindert, unterwarf er die unabhängigen Häuptlinge der
Provinz, zuletzt den
mächtigen Bei der Duair und Zmela, der ihn anfangs besiegte, dann aber geschlagen und durch
Milde in einen Verbündeten verwandelt
wurde.
Bald erneuerte
er den
Krieg gegen die
Franzosen und erfocht über
General Trézel an der Makta einen
Sieg. Wenn
Abd
el Kader
im weitern Verlauf des
Kriegs auch einzelne
Niederlagen erlitt, so gewann er auf der andern Seite über
den französischen
General d'Arlanges an der
Tafna einen bedeutenden
Sieg und führte den kleinen
Krieg mit solchem
Glück, daß er seine Herrschaft über Titeri und sogar über einen Teil der
Provinz
Algier ausdehnte.
Bugeaud befreite zwar die an der Mündung der
Tafna eingeschlossenen
Franzosen und brachte Abd
el Kader
(6. Juli) am Sikak eine bedeutende
Schlappe bei. Trotzdem schlossen die
Franzosen, die eben damals an die
Eroberung von
Konstantine dachten, um hierzu die nötige
Ruhe zu gewinnen, den
Vertrag an der
Tafna in dem Abd
el Kader
thatsächlich als
Souverän unter der
bloß nominellen Herrschaft
Frankreichs anerkannt ward und die
Verwaltung der
Provinzen
Oran, Titeri und
Algier erhielt, mit Ausnahme
der Hauptstädte und der
Mitidscha von
Algier.
Als er aber, von seinen fanatischen Anhängern gedrängt, 1839 den
Krieg erneuerte, wurde ihm das
Glück
untreu. Da die
Franzosen, durch seine blitzartigen
Bewegungen und Einfälle unbeirrt, einen systematischen Vernichtungskrieg
gegen seine Anhänger führten, fielen die ihm ergebensten
Stämme nach und nach von ihm ab, um sich vor dem Hungertod zu
retten. Schließlich sah er sich genötigt, beim
Sultan
Abd ur Rahmân von
Marokko
[* 4] Zuflucht zu suchen. Die
Schlacht am
Isly in der Abd
el Kaders
Truppen und die Marokkaner von
Bugeaud geschlagen wurden, führte aber eine
rasche
Entscheidung herbei; aus
Furcht vor Abd
el Kaders
Einfluß in seinem eignen Land schloß der
Sultan
Frieden mit
Frankreich.
Dagegen gewann Abd
el Kader
die kriegerischen
Stämme
Marokkos und wurde sogar der Herrschaft
Abd ur Rahmâns gefährlich.
Daher drängte ihn dieser 1847 über die französische
Grenze. Hier ward er von den
Franzosen umzingelt und mußte sich 22. Dez. ergeben.
Abd
el Kader
wurde mit seinen
Frauen und
Dienern nach
Frankreich erst in das
Fort Lamalgue zu
Toulon
[* 5] gebracht, dann
Ende April 1848 in dem
Schloß zu
Pau
[* 6] in
Béarn und endlich zu
Amboise eingeschlossen. Erst im
Oktober 1852 kündigte der
Präsident
Ludwig
Napoleon dem
Emir seine
Freiheit an, wogegen Abd
el Kader
auf den
Koran seine Unterwerfung »ohne Vorbehalt und Hintergedanken« beschwor.
Er ließ sich zu
Brussa in
Kleinasien nieder, siedelte aber, durch das
Erdbeben
[* 7] von 1855 von dort vertrieben,
nach
Damaskus über. Hier nahm er sich bei der
Christenverfolgung im
Sommer 1860 der Verfolgten kräftigst an und ward dafür
von
Napoleon III. mit dem
Großkreuz der
Ehrenlegion belohnt. Im
Genuß einer französischen
Pension von 100,000
Frank, benutzte
er seine Muße zur Abfassung eines Werks religiös-philosophischen
Inhalts, das er in arabischer
Sprache
[* 8] an die
¶
mehr
französische Akademie einsandte. In französischer Sprache erschien es von Dugat bearbeitet unter dem Titel: »Rappel à l'intelligent,
avis à l'indifférent« (Par. 1858). Abd
el Kader
starb in Damaskus. Seine Söhne nahmen teils eine französische Pension an,
teils traten sie in den Dienst der Türkei.
[* 10]
Vgl. Bellemare, sa vie politique et militaire (Par. 1863);
Churchill, Life of Abd
el Kader
(Lond. 1867).