(lat. Deprecatio injuriae), demütigende Bitte um Verzeihung der zugefügten
Ehrenkränkung, im ältern Strafverfahren eine Privatstrafe, auf welche bei Ehrverletzungen entweder allein oder neben einer
Geldstrafe und neben Ehrenerklärung und Widerruf erkannt zu werden pflegte. Dies rein deutschrechtliche
Genugthuungsmittel wurde partikularrechtlich zuweilen noch in merkwürdiger Weise verschärft, z. B. durch Zuziehung des Scharfrichters,
knieende u. dgl. Noch im Oldenburger und ebenso im hannöverschen Strafgesetzbuch enthalten, ist diese erniedrigende und demoralisierend
wirkende Strafe von der modernen Gesetzgebung und namentlich durch das deutsche Strafgesetzbuch beseitigt, welch letzteres bei
Injurien nur die öffentlichen Strafen der Geldstrafe, der Haft und des Gefängnisses kennt, nur ausnahmsweise
eine an den Verletzten zu entrichtende Buße statuiert und nur bei öffentlichen oder durch Verbreitung von Schriften, Darstellungen
oder Abbildungen begangenen Beleidigungen eine besondere Genugthuung für den Beleidigten durch öffentliche Bekanntmachung
des Strafurteils auf Kosten des Beleidigers gestattet.
Ist ein aus herzlichem Verlangenden, welchen man beleidiget hat, zur Versöhnung zu bringen,
entsprungenes Bekenntniß der eig'nen Schuld, mit dem theuren Versprechen, dergleichen Beleidigungen nicht mehr zu unternehmen.
Die heil. Schrift befiehlt uns solche an Matth. 5, 23. Luc. 12, 58. Col. 3, 13. Die alte christliche Kirche forderte von
öffentlichen Sündern, welche sich nicht gescheut, öffentliche Aergernisse zu geben, auch öffentliche
Abbitte. Damit sprach sie aus, daß Sünden der Christen als Beschimpfungen, Ehrenkränkungen der Kirche anzusehen sei, und
ihr dafür Genugthuung gebühre, durch welche der Sünder, der der Mitgenossenschaft an der Gemeine der Heiligen sich unwürdig
gemacht hatte, wieder mit ihr ausgesöhnt und der Aufnahme würdig werden solle; was auch die Kraft hatte,
Audere von ähnlichen Sünden abzuschrecken, und zur Ehrfurcht gegen die Kirche zu erwecken. Wie wehe auch dem Fleische und
Blute die gewöhnliche Abbitte thun mag, so ist sie doch als die höchste Selbstverleugnung und Selbsterniedrigung das
Zeichen eines wahrhaft bußfertigen, gebrochenen Herzens, Gott wohlgefällig, und zur eignen Besserung
und Anderer Erweckung sehr heilsam.
Widerruf, Ehrenerklärung, Strafen für Beleidigungen, die noch in neuern deutschen Partikularrechten
vorkamen und vom Richter festzusetzen waren. Das geltende deutsche Strafrecht hat sie beseitigt. Eine Klage auf Abbitte findet nicht
mehr statt. Die Abbitte kann noch vorkommen in der Form einer Erklärung des Beleidigers dem Beleidigten gegenüber,
durch welche jener die Anstellung der Klage abwendet, und es wird hierzu die Gelegenheit und Veranlassung
häufig durch die Sühneverhandlung gegeben sein, welche nach Vorschrift des §. 420 der Strafprozeßordnung der Erhebung
der Privatklage wegen Beleidigung vorhergehen muß. - Die Abbitte ist hervorgegangen aus dem Bedürfnis, die Genugthuung für Ehrenkränkungen,
welche nach röm. Recht für diesen wie für jeden absichtlichen Eingriff in die Privatrechtssphäre in
Geld zu leisten war, in der der deutschen Rechtsanschauung entsprechenden Weise zu ergänzen. Der german. Auffassung von der
Ehre und ihrer Kränkung erschien diese Sühne nicht ausreichend. und Fehde (s. d.) traten ergänzend ein. Ausfluß dieser Anschauung
ist der Zweikampf.