(spr. abb'wil; v. latein.
AbbatisVilla), Arrondissementshauptstadt im franz.
DepartementSomme, am
FlusseSomme und an der Nordbahn gelegen, hat eine spätgotische
Kirche (St. Vulfran) mit prächtigem
Portal und zählt (1881) 19,283 Einw., welche
Fabrikation von Wollstoffen,
Segeltuch und
Zucker
[* 2] sowie
Handel treiben. Abbeville hat ein archäologisches
Museum, eine
StatuevonLesueur
und steht durch einen
Kanal
[* 3] mit dem
Meer in
Verbindung, so daß es auch einen Seehafen besitzt. Abbeville ist die alte Hauptstadt der
GrafschaftPonthieu und wurde bereits vonKarl d. Gr. befestigt; gegenwärtig sind die Festungswerke geschleift.
1) Arrondissement im franz. Depart. Somme, hat 1584,69 qkm, (1891) 132 532 E., 172 Gemeinden und zerfällt
in die 11 Kantone Abbeville-Nord (12 874 E.), Abbeville-Sud (12 139 E.) mit zusammen 107,04 qkm, Aillv-le-Haut-Clocher (142,21
qkm, 9769 E.), Ault (113,78 qkm, 16 288 E.), Crécy (225,18 qkm, 10 504 E.), Gamaches (154,71 qkm, 11 855 E.), Hallencourt
(141,11 qkm, 11 776 E.), Moyenneville (121,47 qkm,
10 749 E.), Nouvion (182,80 qkm, 8990 E.), Rue (249,49
qkm, 12 616 E.), St. Valery-sur-Somme (146,90 qkm, 14 972 E.). - 2) Hauptstadt des ArrondissementsAbbeville, an der Flutgrenze der
Somme und an der Linie Paris-Boulogne-Calais der Franz.
Nordbahn, hat (1891) 18 022, als Gemeinde 19 851 E., in Garnison das 3. Chasseurregiment, Rathaus mit
altertümlichem Glockenturm (1209 erbaut), mehrere alte Kirchen, u.a. die 1488 begonnene, im 17. Jahrh. vollendete schöne
Kirche St. Vulfran, deren Portal eins der schönsten Denkmäler got. Baukunst
[* 4] ist, ferner eine 1690 gegründete Bibliothek (45000
Bände) und mehrere Museen mit prähistor. Funden aus der Stadt und ihrer Umgebung, z. B.
Kieselgeräten und Überresten ausgestorbener Tiere. Vor der Aufhebung des Edikts von Nantes
[* 5] hatte Abbeville infolge der bedeutenden
Wollwarenindustrie und des ansehnlichen Handels 40000 E. Durch Colbert erhielt es 1665 die erste Tuchfabrik (errichtet von
dem Holländer Robais), 1667 die erste Teppichfabrik; jetzt hat es Sammet-, Damast-, Teppich- und Rübenzuckerfabriken,
Seilereien, Hüttenwerke. - Abbeville, einer der ältesten Orte Frankreichs, im Anfang unserer Zeitrechnung jedenfalls röm. Ansiedelung,
im 9. Jahrh. ein von der AbteiSaint
[* 6] Riquier (s. d.) abhängiger Flecken, erwarb 1130 von dem Grafen Wilhelm Talvas das Recht,
sich als Gemeinde zu gestalten. Abbeville diente den Anführern des ersten und zweiten Kreuzzuges
als Sammelplatz vor der Abreise nach dem HeiligenLande. Den Frieden von 1259 zwischen dem franz. König Ludwig IX. und dem engl.
König Heinrich III. hat man mit Unrecht nach Abbeville benannt: er ist in Paris
[* 7] geschlossen. -
Vgl. E. Prarond, La Topographie historique
et archéologique d'A. (3 Bde., Abbeville
1871-84).