(franz.), ursprünglich s. v. w.
Abt. Auf
Grund eines zwischen
PapstLeo X. und dem König
Franz I. von
Frankreich
abgeschlossenen
Kontrakts stand den
Königen von
Frankreich das
Recht zu, 225 Abbés commendataires für fast alle französischen
Abteien zu ernennen. Seit Mitte des 16. Jahrh. führten den
TitelAbbé überhaupt junge
Geistliche mit oder
ohne geistliche
Weihen.
IhreKleidung bestand in einem schwarzen oder dunkelvioletten Gewand mit kleinem
Kragen, und ihr
Haar
[* 2] war in eine runde Haarlocke geordnet. Da von diesen nur wenige zum
Besitz einer
Abtei gelangen konnten, so fungierten einige
als
Hauslehrer,
Gewissensräte etc. in angesehenen
Familien, andre widmeten sich der Schriftstellerei. Erst
mit der
Revolution verschwanden sie aus der
Gesellschaft. Vielfach wendet man den
TitelAbbé (ital.
Abbate) noch in
Briefen an junge
Geistliche an.
*** (AbbéTrois-Étoiles), der pseudonyme Verfasser mehrerer antiklerikaler französischer
Romane, welche in
den 60er
Jahren einiges Aufsehen erregt haben, und von denen »Le
[* 3] Maudit« (1863) und »La Religieuse« (1864) die bemerkenswertesten
sind.
Die Autorschaft dieser
Romane wurde in den
Pariser litterarischen
Kreisen bald
LouisUlbach, bald dem AbbéMichon und bald
FerdinandFabre zugeschrieben, von allen dreien aber mehr oder weniger entschieden verleugnet.
(frz.), Geistlicher ohne bestimmtes Amt, ursprünglich mit Abt (s. d.) gleichbedeutend. Seitdem infolge einer
Vereinbarung zwischen Leo X. und Franz I. (1516) den Königen von Frankreich das Recht zustand, für 225 AbteienAbbés
commendataires, d. h. Äbte, denen die Einkünfte, aber nicht die Verrichtungen der betreffenden Ämter übertragen werden
(s. Kommende), zu ernennen, widmeten sich viele junge Männer, zum Teil jüngere Söhne aus Adelsgeschlechtern, dem geistlichen
Stande, um solche einträgliche, arbeitslose Stellen zu erlangen.
Man nannte nun auch diese amtlosen Geistlichen und schon im 16. Jahrh.
wurde der Titel für alle jungen Geistlichen gebräuchlich, gleichviel ob sie die Weihen schon erhalten hatten oder nicht.
Da von ihnen nur wenige wirklich eine Abtei erlangen konnten, suchten viele ihren Unterhalt als Schriftsteller, Lehrer an höhern
Schulen, und namentlich als Hauslehrer und Gewissensräte in vornehmen Familien. Wegen ihrer oft bedenklichen
Wirksamkeit in solchen Vertrauensstellungen spielen die Abbé im ältern franz. Lustspiel eine nicht sehr erbauliche Rolle. IhreTracht bestand in einem kurzen schwarzen oder dunkelvioletten Gewande mit kleinem Kragen, das Haarwar in eine runde Locke geformt.
Erst mit der Revolution verschwanden die Abbé aus der Gesellschaft. Jetzt wird der Titel als höfliche Anrede
an junge Geistliche gebraucht. (S. auch Abate.)
*** (Abbé trois étoiles, spr. abbeh trŏas etŏal),Pseudonym, unter welchem die von 1863 ab erschienenen und
viel gelesenen antiklerikalen Romane «Le Maudit», «La
Religieuse», «Le Moine», «Le Jésuite» u. s. w. erschienen sind. Sie wurden von den
¶
von andern dem Abbé Louis Michon, dem
Erfinder der Graphologie, wieder von andern einem Abbe Deléon, den Schriftstellern Louis Ulbach und Joseph Fabre zugeschrieben.
Im «Intermédiaire des Chercheurs et des Curieux» vom erklärt
G. Isambert, Erdan sei der Verfasser nicht, undL. Ulbach behauptete in der «Revue politique et littéraire»
vom auf das Bestimmteste, AbbéL. Michon habe sie geschrieben. Nach Barbier-Guérard ist es Abbé Jean Hippolyte
Michon.
Ernst, Physiker, geb. zu Eisenach,
[* 7] studierte von 1857 bis 1861 in Jena
[* 8] und Göttingen,
[* 9] war dann Assistent
an der Göttinger Sternwarte
[* 10] und Docent beim Physikalischen Verein in Frankfurt
[* 11] a. M., habilitierte sich im Sommer 1863 in Jena
und ist seit 1870 Professor daselbst (seit 1891 von Lehramtspflichten wieder entbunden) und seit 1878 Direktor
der dortigen Sternwarte. Seit 1866 mit der optischen Werkstätte
von CarlZeiß (s. d., Bd.
16) in Verbindung, hat er seinen Wirkungskreis mehr und mehr auf die wissenschaftliche Leitung dieses Instituts gerichtet.
Auch gab er die Anregung zur Gründung des glastechnischen Laboratoriums zu Jena. (S. Glas
[* 12] für wissenschaftliche
Zwecke, Bd. 8, undSchott, FriedrichOtto, Bd. 14.) Den Forschungen A.s verdankt die Theorie der optischen Instrumente wichtige
Fortschritte, die besonders für die Verbesserung der Mikroskope
[* 13] und photogr. Apparate von großer Bedeutung wurden. (Über
einige von Abbe selbst und unter seiner Leitung gemachte Fortschritte dieser Art s. Linsenkombinationen,
Bd. 11.) A.s litterar. Arbeiten beziehen sich auf Dioptrik und Theorie der optischen Instrumente und finden sich in Fachzeitschriften.
Er schrieb unter anderm: «NeueApparate zur Bestimmung des Brechungs- und Zerstreuungsvermögens fester und flüssiger Körper»
(Jena 1874),
«Welche sociale Forderungen soll die Freisinnige Volkspartei in ihr Programm aufnehmen?» Zwei
Vorträge (ebd. 1894).
Nach neuern Feststellungen ist der Verfasser des «Maudit» u. s. w.
ein ehemaliger, zum Protestantismus übergetretener TrappistNamensLeclercq. Er studierte prot.
Theologie zu Straßburg
[* 14] 1863-66
und wurde dann Pastor der wallonischen Gemeinde zu Hanau,
[* 15] wo er 1890 starb. 1879 erschien von ihm «Francisque,
par l'abbé Jean, docteur en théologie» (Paris),
[* 16] eine Art Autobiographie.