vier gewaltige Eisströme in den
Berner Alpen, welche aus den Firnmulden der Finsteraarhorngruppe in
den
Hintergrund des Haslithals hinabsteigen; zunächst der Oberaargletscher, dessen Abfluß die
Aare bildet,
die nach kurzem
Lauf den Abfluß des Unteraargletschers aufnimmt. Dieser letztere entsteht aus der Vereinigung zweier höher
gelegener Eisströme, die von den Hochthälern am Schreckhorn herabsteigen und unter sich durch den Felsgrat der Lauteraarhörner
getrennt werden, nämlich des Lauteraargletschers und des Finsteraargletschers, welch letzterer am
Fuß
des
Finsteraarhorns vorbeizieht. Die Aargletscher haben durch die naturwissenschaftlichen
StudienHugis (1827) und
Agassiz' (1840) ein
erhöhtes
Interesse gewonnen.
hat wenig Spalten; seine Endzunge ist klein. Der Abfluss dieses Gletschers vereinigt sich im Aarboden mit demjenigen des
untern Gletschers. Nachdem man ihn in seiner ganzen Länge erstiegen hat, kommt man auf den Pass des Oberaarjoches und zu der
Schutzhütte des schweiz. Alpenklubs, von wo aus man die Besteigung des Finsteraarhorns unternehmen kann.
Am Fusse des Gletschers ist die Oberaaralp (Ärmliche Alp) welche, obgleich auf Bernergebiet, nur von Walliservieh beschickt
wird.
1879 m. an seinem untern Ende, ist nach dem Aletschgletscher der längste und einer der grössten der Alpen. Oberfläche 39 km2.
Er läuft, nördlich von der Kette des Zinkenstocks, parallel mit dem Oberaargletscher. Er wird durch den
Firn des Finsteraarhorns, der Strahlegg und des Lauteraarhorns gespeist. Am Abschwung, 3143 m., am äussersten Ende der Schreckhornkette,
vereinigen sich diese Schneefelder und bilden den eigentlichen Unter-Aargletscher, der auf eine Länge von 17 km. eine Breite
von mehr als 1 km. aufweist. Das Verhältnis vom Firn zum Gletscher ist 1,35:1. Der Unteraargletscher zeichnet
sich durch seine kolossalen Moränen aus, die mittlere hauptsächlich, gebildet am Fusse des Abschwung durch die Seitenmoränen
der drei Firnfelder, misst gegen das Ende des Gletschers hin unfährge ^[richtig: ungefähr] 200 m. Breite auf 40 m.
Höhe.
Von den Eiszeiten, welche man heutzutage annimmt haben nur die vorletzte und die letzte Vergletscherung (grosse und kleine
Eiszeit) Spuren hinterlassen. Die Ueberreste der erstern bestehen nur in einigen erratischen Blöcken in der Umgebung von
Bern
und am Ufer des Thunersees (Kanderdelta). Während der Dauer der grossen Eiszeit wurde der Gletscher, der
durch das schon bestehende Aarethal bis nach Bern
vorrückte, durch den immer grösser werdenden Rhonegletscher aufgehalten.
Schon bei Thun stiessen der Aare- und der Rhonegletscher zusammen, welch letzterer die ganze Zentralschweiz zwischen Alpen und
Jura ausfüllte. Der Aargletscher stieg mit seinen Eismassen bis über den Brünig, 1000 m., und führte
sie dann durch das Unterwaldnerland bis zum Vierwaldstättersee. Während der Interglazialzeit, welche folgte, zogen sich
die Gletscher des Berneroberlandes bis zu ihren früheren Grenzen zurück. Zur letzten Eiszeit, von welcher man sich dank
der guterhaltenen Moränen, ein ziemlich deutliches Bild machen kann, trafen sich der Aare- und Rhonegletscher
wieder bei Bern.
Dieses Mal konnte der Aaregletscher in seinem Thal bleiben.
Erst bei Bern
endete der Kampf der beiden Gletscher bald zum Vorteil des einen,
bald zum Vorteil des andern. Bei seinem vollständigen
Rückzug liess der Aaregletscher zahlreiche Moränen zurück, welche dem Aarethal zwischen Bern
und Thun sein
eigentümliches Gepräge aufdrücken und der ganzen Landschaft einen grossen Reiz verleihen. Soviel man aus den obern Grenzlinien
der erratischen Blöcke schliessen kann, betrug die Dicke des Aargletschers während der grossen Vergletscherung in der Nachbarschaft
des Thunersees 900-1000 m. Der untere Aargletscher ist ein klassisches Gebiet für das Glazialstudium.
Sein leichter Zugang von der Grimsel aus, seine Grösse und seine typischen Formen bestimmten in den Jahren 1840 bis 1846 berühmte
Gelehrte, dort die Lösung für verschiedene Probleme der Gletscherforschung zu suchen. Im August 1840 errichteten Agassiz,
Nicolet, Desor, Vogt, de Pourtales und Coulon am Abschwung unter einem Block der grossen Mittelmoräne
eine Hütte, der sie den pompösen Namen «Hôtel des Neuchâtelois» gaben. Als dieser Block entzwei geborsten war, wurde sie
im Jahre 1844 durch den Pavillon Desor und die Hütte Dollfuss-Ausset ersetzt, welche, auch «la Smala» genannt, auf
einer Höhe links vom Gletscher und ungefähr 5 km. oberhalb seines Endes errichtet wurden. Dollfuss-Ausset
von Mülhausen brachte einige Sommer der Jahre 1844-64 auf dem Gletscher zu, er liess den Pavillon, welcher seinen Namen erhielt,
neu und solid wieder herstellen und liess während eines ganzen Jahres meteorologische Beobachtungen machen. Die Resultate
seiner Studien sind in den folgenden klassischen Arbeiten niedergelegt: Louis Agassiz, Système glaciaire, 1 vol.
mit Atlas. Leipzig und Paris, 1847. - Dollfuss-Ausset, Matériaux pour l'étude des glaciers, 9 vol. mit Atlas, Paris, 1872. Der
erste Pavillon Dollfuss ist heute nur noch eine Ruine.
Zur Seite erhebt sich eine solide Baute, welche 1872 von der Familie Dollfuss dem schweiz. Alpenklub abgetreten
worden ist. Diese Hütte, im Jahre 1894 umgebaut, ist ausserordentlich günstig plaziert und wird oft benutzt. Man geht von
da aus um eine ganze Reihe von Touren ins Finsteraarmassiv zu machen, und das Finsteraarjoch, die Strahlegg und das Lauteraarjoch
zu überschreiten. Sagen wir noch, dass der Solothurner Naturforscher Hugi in den Jahren 1827, 1829, 1830 und
1836-1837 bis in das Firngebiet des Finsteraarhorns vorgedrungen ist. Im Jahre 1827 baute er eine Hütte sogar am Fusse des
Abschwung.
Wenn die glazialen Erscheinungen in ihren grossen Zügen bekannt geworden sind und der Ursprung der Moränen und der erratischen
Blöcke, welche in jetzt gletscherlosen Gegenden vorkommen in ihren grossen Zügen¶
mehr
bekannt geworden sind, so ist dies den Beobachtungen zu verdanken, die Venetz 1829 und Charpentier 1834 im Wallis
gemacht haben.
Der Diluvialgletscher der Aare ist erst kürzlich der Gegenstand einer ausgezeichneten Monographie geworden: A. Baltzer, Derdiluviale Aargletscher, Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz, Lief. 30, Bern
1896.