Zwangsvors
tellungen,
s. Vorstellung, ^[= allgemeine Bezeichnung aller Gebilde des Seelenlebens, vorzüglich aber derjenigen, welche Bilder ...] S. 967.
Seite 18.1025 Jahres-Supplement 1890-1891
Zwangsvorstellungen
5 Wörter, 45 Zeichen
Zwangsvorstellungen,
s. Vorstellung, ^[= allgemeine Bezeichnung aller Gebilde des Seelenlebens, vorzüglich aber derjenigen, welche Bilder ...] S. 967.
allgemeine Bezeichnung aller Gebilde des Seelenlebens, vorzüglich aber derjenigen, welche Bilder wirklicher Gegenstände oder aus solchen Bildern entstanden sind. Nach der ältesten und verbreitetsten Ansicht sind die Vorstellungen Bilder und Abdrücke der äußern Gegenstände, wie der schon bei Demokrat hervortretende psychologische Realismus lehrt, der durch Locke namentlich bei den französischen Philosophen des 18. Jahrh. wieder in Aufnahme gekommen ist.
Dieser Erklärung, die für diejenigen Vorstellungen, für welche ein entsprechender Gegenstand in der Sinnenwelt nicht vorhanden ist, offenbar nicht ausreicht, tritt die Ansicht entgegen, nach welcher die Seele die Vorstellungen ganz aus sich selbst hervorbringen soll, wie z. B. Berkeley die einzelnen Vorstellungen unmittelbar durch Gott hervorgebracht werden läßt, oder wie Leibniz die Reihenfolge derselben aus einer ursprünglichen Tendenz der Seele ableitet, welcher in jedem Augenblick in dem Wechsel der Vorstellungen Genüge geschehe, und mit welcher der Lauf der äußern Begebenheiten ohne ursachlichen Zusammenhang vermöge der prästabilierten Harmonie zusammentreffe.
Die Annahme, daß die Seele ihre Vorstellungen von innen her auf gewisse Anreize erzeuge, nicht aber von außen her als fertige empfange, hat vieles für sich, mag man nun mit dem Realismus unsre Erkenntnis der Außenwelt mit den Dingen selbst genau übereinstimmen oder mit dem Idealismus diese Übereinstimmung nur bedingt oder gar nicht stattfinden lassen. Einen wichtigen Punkt in der Lehre [* 4] vom Vorstellen bilden die dunkeln oder unbewußten Vorstellungen, welche in der Seele vorhanden sind und wirken, ohne zur Wahrnehmung zu gelangen, wohin z. B. die einem zukünftigen Erinnern zu Gebote stehenden Gedächtnisspuren vergangener Eindrücke gehören sowie die Vorstellungen, welche beim Lesen, Sprechen, Gehen und bei allen mit Fertigkeit und Geschick ausgeübten Künsten unbewußterweise mitwirken, u. dgl.