Zession
(Cession, lat., Abtretung,
Übertragung), im weitern
Sinn jede Abtretung eines
Rechts; im eigentlichen
Sinn das
Rechtsgeschäft, vermöge dessen ein Forderungsrecht von dem
Gläubiger auf einen Dritten
übertragen wird. Dieser Dritte heißt
Zessionar (cessionarius), der bisherige
Gläubiger
Zedent (cedens) und der betreffende
Schuldner debitor cessus. Der
Entwurf eines
deutschen bürgerlichen
Gesetzbuchs (§ 293 ff.) gebraucht statt des
Ausdrucks Zession
die Bezeichnung
»Übertragung«;
der
Zessionar ist der neue und der
Zedent der bisherige
Gläubiger.
Die Zession
ist ihrem Rechtsgrund nach entweder eine freiwillige (cessio voluntaria) oder eine notwendige (c. necessaria),
je nachdem die
Übertragung auf dem freien
Willen des
Zedenten beruht oder ohne seinen
Willen kraft gesetzlicher
Bestimmung (c. legis) oder infolge gerichtlicher
Anordnung eintritt.
Letzteres geschieht namentlich durch die gerichtliche
Überweisung einer gepfändeten
Forderung im Zwangsvollstreckungsverfahren. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Zession
besteht z. B.
insofern, als der Geschäftsführer
(Mandatar) die in dieser
Eigenschaft für den Geschäftsherrn
(Mandanten) erworbenen
Klagen
(Forderungsrechte) abtreten muß; als der
Gläubiger zur Zession
seiner
Klagen gegen mehrere
Gesellschafter verpflichtet
ist, wenn er von einem Mitgesellschafter befriedigt wird etc. Gegenstand der Zession
können
in der
Regel alle
Forderungen und
Klagen sein, welche einen
Bestandteil des
Vermögens des
Zedenten bilden.
Nicht zessibel sind diejenigen
Forderungen, deren Geltendmachung eine bestimmte, persönliche,
an sich
der
Übertragung auf andre nicht fähige
Eigenschaft voraussetzt, z. B.
Alimente, Privilegien,
Konzessionen etc., und alle mit
Verbindlichkeiten vermischten Forderungsrechte, wie
Pacht,
Miete etc., weil man zwar sein
Recht, nicht aber ohne Zustimmung
des Gegenteils auch seine Verbindlichkeit auf andre
übertragen kann.
Ferner ist die
Übertragbarkeit (Zessibilität) dann
ausgeschlossen, wenn durch die Zession
die
Forderung selbst verändert werden würde, wie z. B. die
Forderung auf
Bestellung eines
Gebrauchs- oder Nießbrauchsrechts, da hier die Persönlichkeit des Berechtigten auf den
Inhalt des
Rechts einen wesentlichen
Einfluß ausübt.
Das frühere gemeinschaftliche Verbot der Zession
eines in einem
Rechtsstreit befangenen (rechtshängigen, litigiösen) Anspruchs
ist durch die deutsche
Zivilprozeßordnung (§ 236) beseitigt. Die Zession
hat aber auf den schwebenden
Prozeß keinen Einfluß,
indem der
Zessionar nur mit Zustimmung des Gegners als
Partei in den
Rechtsstreit eintreten kann. Aufgehoben ist ferner die
Beschränkung, welche die
Lex Anastasiana, eine
Verordnung des
Kaisers
Anastasius, gemacht hatte, wonach
der
Käufer einer
Forderung von dem
Schuldner nicht mehr fordern konnte, als er dem
Zedenten als
¶
mehr
Kaufpreis für die Forderung bezahlt. Diese Vorschrift, durch welche der verderblich erscheinende Handel mit Forderungen möglichst
verhindert werden sollte, ist als mit den gegenwärtigen Verkehrsverhältnissen unvereinbar von der modernen Gesetzgebung
aufgegeben; so durch das bayrische Gesetz vom das preußische Gesetz vom Auch das deutsche
Handelsgesetzbuch (Art. 299) hebt den Wegfall dieser Beschränkung der Zession
in Ansehung der aus Handelsgeschäften hervorgegangenen
Forderungen ausdrücklich hervor.
Ebenso kennt das sächsische Zivilgesetzbuch diese Beschränkung nicht mehr, desgleichen der Entwurf eines deutschen bürgerlichen
Gesetzbuchs. Zur Gültigkeit der Zession
bedarf es der Einwilligung des Schuldners nicht, weil sein Verhältnis nicht
geändert, seine Lage nicht verschlimmert wird. Der Schuldner kann aber dem bisherigen Gläubiger so lange gültigerweise Zahlung
leisten, als er von der erfolgten Zession
keine Benachrichtigung erhalten hat, nach dieser hingegen nicht mehr, indem
er vom Augenblick dieser Anzeige an den Zedenten nicht mehr als seinen Gläubiger betrachten darf.
Was das Verhältnis zwischen dem bisherigen und dem neuen Gläubiger anlangt, so ist der erstere verpflichtet, dem letztern die Geltendmachung der Forderung auf eigne Rechnung zu gestatten und, soweit die Mittel dazu in seinen Händen sind, möglich zu machen; insbesondere muß er ihm die zur rechtlichen Verfolgung der Forderung nötigen Aufschlüsse geben, die Beweismittel für die Forderung anzeigen und die zum Beweis dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinen Händen befinden, namentlich die Schuldurkunde, ausantworten.
Auch muß er dasjenige, was er vom Schuldner nach der Zession
durch direkte oder indirekte Leistung erhalten hat, dem Zessionar
herausgeben. Hiernächst hat der Zedent dem Zessionar für die Existenz, die Richtigkeit der Forderung (veritas
nominis) oder, wie es im Entwurf des deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 298) heißt, »für den rechtlichen Bestand der
Forderung« einzustehen. Hingegen für die Güte der Forderung (bonitas nominis), d. h. dafür, daß der Schuldner zahlungsfähig
sei, haftet er nicht, es sei denn, daß er die Insolvenz des Schuldners zur Zeit der Zession
kannte, also arglistig
verfahren ist oder kraft besondern Versprechens diese Haft übernommen hat. Im Verhältnis des Zessionars zum Schuldner wirkt
die Zession, daß die Forderung mit allen dazu gehörigen Rechten auf den erstern übergeht und von diesem mit allen ihren
Accessionen, z. B. Bürgschaften, Pfandrechten etc., geltend gemacht werden kann.
Der Schuldner kann alle Einreden und Rechtsbehelfe geltend machen, welche auf die Beschaffenheit (die Gültigkeit und Wirksamkeit) der Zession und die Person des Zessionars Bezug haben; er darf dem neuen Gläubiger aber auch alle Einreden entgegensetzen, deren er sich gegen den Zedenten selbst bezüglich der abgetretenen Forderung hätte bedienen können.
Vgl. Mühlenbruch, Die Lehre [* 3] von der Zession der Forderungsrechte (3. Aufl., Greifsw. 1836);
Delbrück, Die Übernahme fremder Schulden (Berl. 1853);