Wologda
,
russ. Gouvernement, wird von den Gouvernements Archangel, Olonez, Nowgorod, Jaroslaw, Kostroma, Wjatka, Perm und Tobolsk umschlossen u. umfaßt 402,118,7 qkm (nach Strelbitsky 402,725 qkm = 7313,91 QM.). Der zu diesem Gouvernement gehörige nördliche Ural (s. d.) sendet in die östlichen Teile desselben seine Ausläufer, welche Parmen genannt werden. Alles westlich gelegene Land bildet eine einförmige Ebene, die nur an den Flußthälern durch geringe Erhebungen unterbrochen wird, welche eine Ansiedelung gestatten, während die ganze übrige Oberfläche aus unzugänglichen, mit dichtem Wald bewachsenen Morästen und Sümpfen besteht. Wo das Gestein an die Oberfläche tritt, erkennt man vorzugsweise die permische Formation; der Juraformation [* 2] begegnet man in den östlichen und südlichen Teilen des Nikolskischen Kreises, und an den Westabhängen des Urals dehnen sich ältere Formationen aus, wie die devonische und silurische, während endlich der Ural selbst aus kristallinischem Schiefer besteht.
Das Mineralreich liefert besonders
Salz,
[* 3]
Mühlsteine,
[* 4]
Schleifsteine und
Alabaster. Der
Boden besteht im
SW. aus
Lehm
und
Thon, im SO. aus Beimischung von
Sand und
Kalk. Vom
Areal entfallen auf Ackerland nur 2,3 Proz., auf
Wald dagegen 86,3, auf
Wiese und
Weide
[* 5] 3,6, auf Unland 7,8 Proz. Das
Gouvernement ist sehr wasserreich; man zählt gegen 4800
Flüsse,
[* 6] von denen aber nicht mehr als 15 schiffbar sind.
Am bedeutendsten sind:
Suchona,
Petschora,
Pinega,
Mesen. Auch hat Wologda
viele
Seen, von denen der Kubinsche (393 qkm) der größte.
Das Klima [* 7] ist rauh (mittlere Jahrestemperatur +2,7° C.). Die Bevölkerung [* 8] beträgt (1885) 1,198,602 Einw., 3 pro QKilometer, fast ausschließlich großrussischen Stammes und Syrjänen (16 Proz.). Die Zahl der Eheschließungen war 1885: 9025, der Gebornen 52,073, der Gestorbenen 47,595. Der Ackerbau kann nur in den südwestlichen Teilen betrieben werden, liefert aber trotz aller darauf verwendeten Sorgfalt geringen Ertrag an Getreide, [* 9] einen bedeutendern an Flachs und Hanf.
Die Ernte [* 10] war 1887: 2,3 Mill. hl Roggen und 2,8 Mill. hl Hafer; [* 11]
Kartoffeln und andre Cerealien in geringerer Menge.
Der mittlere und nördliche Teil von Wologda
sind mit
Nadelhölzern bedeckt, die
Teer,
Kohlen,
Pech,
Terpentin,
Pottasche,
Bauholz,
Pilze
[* 12] und
Beeren liefern und den
Syrjänen eine ergiebige
Jagd auf
Renntiere,
Luchse,
Bären,
Wölfe etc. gewähren. Jährlich werden
ca. 3½ Mill.
Bäume gefällt, nicht inbegriffen die durch
Stürme und
Waldbrände vernichteten. Der Viehstand
bezifferte sich 1883 auf 520,198
Stück
Rindvieh, 229,490
Pferde,
[* 13] 392,580 grobwollige
Schafe,
[* 14] 52,092
Schweine.
[* 15]
Ein nicht geringer Teil der
Bevölkerung beschäftigt sich mit dem Sammeln der
Nüsse der sibirischen
Zeder, mit
Arbeiten auf
den Eisenfabriken und vor allem mit Salzgewinnung.
[* 16] Die
Industrie ist unbedeutend; man zählte 421
Fabriken
mit 3483 Arbeitern und einem Produktionswert von 4,1 Mill.
Rubel. Sie besteht vorzugsweise in
Branntweinbrennerei, Flachsspinnerei,
Holzsägerei,
Papier-,
Leder- und Seifenfabrikation. Der
Handel besteht im Vertrieb ländlicher Erzeugnisse, wie Leinsaat,
Leinwand,
der
oben erwähnten Waldprodukte, Tierfelle,
Schleifsteine,
Gußeisen,
Eisen,
[* 17]
Salz,
Leder und
Talglichte, nach
Archangel,
St.
Petersburg
[* 18] und
Moskau.
[* 19] An Unterrichtsanstalten hat Wologda
(1885) 397
Elementarschulen mit 17,649
Schülern, 14
Mittelschulen mit 2342
Schülern, 2
Fachschulen,
nämlich ein geistliches und ein
Lehrerseminar, mit 282
Schülern. Es zerfällt in zehn
Kreise:
[* 20] Grjasowez,
Jarensk,
Kadnikow,
Nikolsk,
Solwytschegodsk,
Totma,
Ustjug Weliki,
Ust-Syssolsk,
Welsk und Wologda.
Das Land zerfiel früher in die
Fürstentümer Jugorien und Udorien, wurde später zu
Archangel geschlagen und 1780 zu einem eignen
Gouvernement erhoben.
Die Hauptstadt Wologda
liegt zu beiden Seiten des
Flusses an der
Eisenbahn
Jaroslaw-Wologda, hat 47 griechisch-russ.
Kirchen (darunter 2
Kathedralen),
ein
Mönchs- und ein Nonnenkloster, ein
Gymnasium, eine
Realschule, ein geistliches
Seminar, ein Mädchengymnasium,
ein Irrenhaus, eine Stadtbank und (1885) 17,391 Einw. Sie besitzt
mehrere
Fabriken (besonders für
Wachs,
Talg,
Leder). Berühmt sind die ziselierten und mit
Schwarz ausgelegten Silberwaren. Wologda
ist
Hauptstapelplatz für den
Verkehr vom
Weißen
Meer nach dem Innern und Sitz eines
Bischofs. 1273 überfiel der
Fürst
von
Twer, Swätoslaw Jaroslawitsch, in
Verbindung mit den
Tataren die Stadt und führte die Einwohner gefangen fort; um die
Mitte des 15. Jahrh. kam an das Großfürstentum
Moskau. Nach der
Entdeckung des Seewegs in das
Weiße Meer durch die
Engländer 1553 wurde
Wologda
Hauptstation auf der belebten
Handelsstraße zwischen
Moskau und
Archangel, verlor aber als Handelsplatz
seine Bedeutung infolge der
Gründung
Petersburgs. Seit 1796 ist Wologda
Gouvernementsstadt.