Wickler
(Tortricina), Familie aus der Ordnung der Schmetterlinge, [* 3] kleine, zarte nächtliche Falter von eulenartiger Färbung mit einfachen, borstenförmigen Fühlern, wenig hervortretenden Tastern, deutlichen Nebenaugen, ziemlich kurzer, spiraliger Rollzunge und in der Ruhe dachziegelförmig aufeinander liegenden Flügeln, von denen die gestreckten vordern einen kurzen Hinterrand und einen an der Wurzel [* 4] bauchigen Vorderrand besitzen, die hintern aber mehr gerundet sind und durch eine Haftborste im Flug mit den vordern verbunden bleiben.
Die 16 beinigen
Raupen leben in von ihnen selbst zusammengerollten Blättern oder im Innern von
Knospen
[* 5] und
Früchten, verpuppen
sich auch an den gleichen
Orten innerhalb eines
Kokons. Sie werden namentlich Obstbäumen und
Rosenstöcken verderblich. Der
Apfelwickler
(Obstmade, Obstwickler
,
Tortrix pomonana L.), 21
mm breit, auf den Vorderflügeln bläulichgrau,
dunkelbraun quergestreift, an der
Spitze des Vorderrandes mit großem, schwarzem, rotgoldig schimmerndem
Fleck, auf den Hinterflügeln
glänzend braungrau, legt im Juni und Juli seine
Eier
[* 6] einzeln an
Birnen und Äpfel; die weißen Räupchen bohren sich ein,
fressen das Kerngehäuse aus und veranlassen, daß die
Frucht abfällt.
Ausgewachsen sind sie gelbrötlich, aus grauen Wärzchen ziemlich lang behaart, mit rotbraunem Kopf und Halsschild, lassen sich vom August bis September aus dem Obst herab, kriechen am Baum hinauf, spinnen sich hinter Rindenschuppen oder in Rissen ein und verpuppen sich im nächsten April. Als Gegenmittel empfiehlt sich Beseitigung des Fallobstes, Glätten der Stämme, Bestreichen derselben mit einem Gemisch aus Lehm und Kalk, um die Puppen zu töten, und ein etwa 10 cm breiter Papierring, welcher im Juli etwa 1 m über dem Boden an seinem obern Rand mit Bindfaden befestigt und mit Brumataleim bestrichen wird.
Die
Raupen sammeln sich unter dem
Papier oder bleiben auf dem
Leim kleben. Der Pflaumenwickler
(T. funebrana
Tr.), 14
mm breit, auf den Vorderflügeln aschgrau, graubraun gewellt, mit großem, ovalem, aschgrauem, matt bleischimmerndem
Fleck, mit einer dem
Saum parallelen, schwarzen Punktreihe und licht braungrauen Hinterflügeln, lebt sehr verborgen und nur
kurze Zeit, legt seine
Eier im Juli einzeln an unreife Pflaumen, auch an
Aprikosen; die rötliche, am
Kopf
schwarzbraune
Raupe lebt vom Juli bis
September vom
Fruchtfleisch, bohrt sich dann heraus, überwintert in einem Gespinst in der
Erde oder hinter der
Rinde und verpuppt sich im Frühjahr. Als
Gegenmittel benutzt man den etwa 0,6 m hoch
im
August anzulegenden und mit
Brumataleim bestrichenen Papierring. Der Kirschwickler
(T. cerasana H.), mit ledergelben, braun
gegitterten, am Innenrand schwärzlich angeflogenen Vorder- und braungrauen Hinterflügeln, fliegt im Juni; die hellgrüne,
borstenhaarige, am
Kopf, Nackenschild und an den
¶
mehr
Brustfüßen rotbraune Raupe lebt vom ersten Frühjahr bis Mai an Knospen und jungen Blättern des Kirsch- und Pflaumenbaums,
auch der Schlehen und andrer Laubhölzer, wird aber selten schädlich. Der Springwurmwickler
(T. Pilleriana H.), 18 mm breit,
auf den ockergelben oder grünlich messingglänzenden Vorderflügeln mit zwei rostfarbenen Querbinden und graubraunen Hinterflügeln,
legt im August an die Weinblätter je 15-20 Eier, aus welchen im September die Räupchen ausschlüpfen, die hinter der Rinde oder
in den Rissen der Pfähle und Spaliere überwintern, im Frühjahr am zusammengesponnenen jungen Weinlaub und an den Blütenansätzen
großen Schaden anrichten und sich im Juni in den Gespinsten verpuppen.
Die Traubenmade (Heu-, Spinn-, Sauerwurm, Weinmotte, T. ambiguella. H.), 12 mm breit, auf den Vorderflügeln ockergelb, weißfleckig mit dunkelbrauner Querbinde, auf den Hinterflügeln hell graubraun, beim Männchen mehr weißlich, legt im April ihre Eier an die Blütentrauben des Weinstocks; die Räupchen spinnen die Blütenknospen zusammen, verzehren dieselben und verpuppen sich im Juni hinter der Rinde, in Rissen der Pfähle oder in zusammengesponnenen Blättern am Boden.
Die bald ausschlüpfenden Schmetterlinge legen ihre Eier an die jungen Beeren. Die Raupen dringen in die Beeren ein, umspinnen
auch die Beeren und tragen dadurch zum Verderben derselben bei. Im Oktober verpuppen sie sich an denselben
Stellen wie die Raupen der ersten Generation, und diese Puppen überwintern. Tiefer, schattiger gelegene Pflanzungen, auch gewisse
weichere Sorten leiden besonders von dem Sauerwurm, gegen den wenig zu thun ist. Weinstöcke, welche in Gärten an Spalieren oder an
Häusern stehen, leiden mehr durch den bekreuzten Traubenwickler
(T. botrana Wiener Verz.),
mit einem bleigrauen Andreaskreuz auf den olivenbraunen Vorderflügeln, dessen Lebensweise mit der des vorigen völlig übereinstimmt.
Vgl. Koch, Der Heu- oder Sauerwurm und dessen Bekämpfung (Trier [* 8] 1886).
Der Eichenwickler
(Grünwickler, T. viridana H.), 23 mm breit, mit lebhaft hellgrünen, gelb gerandeten Vorder- und silbergrauen
Hinterflügeln, fliegt im Juli und legt die überwinternden Eier einzeln an Eichenknospen. Die gelbgrüne
Raupe, mit bräunlich behaarten, schwarzen Warzen, frißt die sich entwickelnden Eichenknospen an und lebt später frei an den
Blättern, die sie bespinnt. Sie entlaubt bisweilen die Eichen vollständig und geht bei Nahrungsmangel auch auf Hainbuchen,
Linden, Buchen, Rüstern über.
Anfang Juni ist sie zur Verpuppung reif und spinnt dann noch mehr, so daß an reich von Raupen besetzten
Bäumen die Fäden wie Fahnen und Fetzen herabhängen. Der Kieferntri
ebwickler
(T. Bouoliana Wickler s. Tafel
»Schmetterlinge II«),
20,5 mm breit, auf den Vorderflügeln gelblichrot mit silberglänzenden Wellenlinien und bräunlichgrauen Hinterflügeln, fliegt im Juni in Kiefernschonungen und legt seine Eier zwischen die Knospen der Spitze. Die braune Raupe frißt diese an, überwintert und frißt viel bemerkbarer im Frühling unter dem Schutz des ausdringenden Harzes und einiger Gespinstfäden, wobei die angefressenen Triebe leicht umknicken, die zerbohrten aber absterben und abfallen.
Die Raupe verpuppt sich im Juni an den jungen Trieben. Gegenmittel gibt es nicht. Der Kieferngallenwickler
(T. resinella L., s. Tafel »Schmetterlinge II«),
von gleicher Größe wie der vorige, mit schwarzbraunen, von bleigrauen Wellenlinien
durchzogenen Vorder- und sehr dunkelgrauen Hinterflügeln, legt seine Eier im Juni unter
die Knospen des nächstjährigen Quirls
junger Kiefern. Die Raupe dringt in den Trieb ein und erzeugt eine reichliche Harzausscheidung, welche im
folgenden Jahr die Größe einer halben Walnuß erreicht. Nach der zweiten Überwinterung verpuppt sich die Raupe, und bald
fliegt der Wickler
aus. Die ausgewachsene Raupe ist wachsgelb mit bräunlichrotem Kopf, Halsschild und Körperwärzchen, welche
je ein Borstenhaar tragen.
Der angerichtete Schade heilt meist allmählich wieder aus. Der Fichtenrindenwickler
(T. pactolana Kuhw.),
5-6 mm lang, auf den Vorderflügeln olivenbraun mit glänzend weißer Querlinie und lichten Häkchenpaaren, auf den Hinterflügeln
graubraun, legt seine Eier im Juni oder Juli an die Quirle junger Fichten, dabei meist die jüngsten Triebe verschonend. Die
Raupe überwintert in der Bastschicht, frißt im nächsten Frühjahr stärker und verpuppt sich im April,
worauf nach wenigen Wochen der Wickler
ausschlüpft.
Gegenmittel gibt es nicht. Der Fichtennestwickler
(T. comitana Wiener Verz.), 12 mm breit, mit dunkelbraunen, goldschimmernden,
reichlich von silberweißen Querbinden durchzogenen Vorder- und ziemlich schmalen, spitzen, bräunlichgrauen Hinterflügeln,
fliegt von Mai bis Juli, legt seine Eier einzeln an Nadeln
[* 9] oder Rinden besonders junger Fichten, seltener
Tannen. Die Räupchen spinnen im August und September 12-15 Nadeln zusammen und fressen sie aus. Die erwachsene Raupe ist hell
gelblichbraun mit braunroten Rückenstreifen, grauen Wärzchen und braunschwarzem, heller geflecktem Kopf und Nackenschild,
läßt sich im Oktober oder November herab und verpuppt sich unter Moos oder in der Erde. Aufforsten im Herbst
erscheint als bestes Gegenmittel.