Waldis
,
Burkard, Fabeldichter und Erzähler, geboren um 1490 zu Allendorf an der Werra, wurde Mönch und trat in ein Franziskanerkloster zu Riga. [* 3] Von da machte er eine Reise nach Rom, [* 4] und beim Beginn der Reformation in Riga wurde er von der katholischen Geistlichkeit mit einer Beschwerde an den Kaiser gesandt. Auf der Heimkehr begriffen, ward er von seinen Gegnern gefangen genommen, für die evangelische Lehre [* 5] gewonnen und nach wenigen Tagen wieder freigelassen. Aus einer spätern Gefangenschaft, wahrscheinlich bei den Moskowitern, erlangte er erst nach dritthalb Jahren seine Freiheit wieder. In Riga brachte er 1527 ein geistliches Fastnachtsspiel: Vom verlornen Sohn, zur Aufführung;
1542 finden wir ihn in Hessen [* 6] bei dem Landgrafen Philipp dem Großmütigen, dem er in dem Streit mit Herzog Heinrich dem jüngern von Braunschweig [* 7] mit seiner satirischen Feder zu Hilfe kam;
1544 ward er Pfarrer zu Abterode in Hessen. Er scheint um 1556 gestorben zu sein.
Sein »Esopus, Gantz
New gemacht, und in
Reimen gefaßt.
Mit sampt
Hundert
Newer
Fabeln« (Frankf. 1548, 6. Aufl. 1584) enthält 400
Fabeln,
Erzählungen und
Schwänke, die zum großen
Teil den Bearbeitern Äsops und andern alten Fabeldichtern nacherzählt sind und sich durch treffende
Satire und leichte, fließende
Sprache
[* 8] auszeichnen. Seine
Polemik richtete sich vornehmlich gegen die
Geistlichkeit. Nicht bloß
ältere Dichter, wie
Rollenhagen, scheinen ihn benutzt zu haben, sondern auch neuere, wie
Gellert,
Zachariä und
Hagedorn, entlehnten
zu manchen ihrer besten Gedichte den
Stoff und selbst die Einkleidung von Waldis.
Eine Auswahl seiner
Fabeln
gab
Eschenburg (Braunschw. 1777) heraus; vollständige
Ausgaben lieferten H.
Kurz (Leipz. 1862, 2 Bde.) und
Tittmann (das. 1882, 2 Bde.). Neudrucke
seines Fastnachtsspiels »Vom verlornen Sohn« und der
»Streitgedichte gegen
Herzog
Heinrich den jüngern von
Braunschweig« erschienen
Halle
[* 9] 1881 u. 1883.