Titel
Wagenhausen
(Kt. Thurgau, Bez. Steckborn). 408 m. Gem. und Pfarrdorf am linken Rheinufer unterhalb Stein, 600 m nw. der Station Stein der Linie Schaffhausen-Konstanz. Postbureau, Telephon. Die Munizipalgemeinde zerfällt in die Ortsgemeinden: 1) Kaltenbach, mit Berg, Bleuelhausen, Etzwilen, Gemeindwiesli und Dorf Kaltenbach;
2) Rheinklingen und 3) Wagenhausen, mit Buck, Klingenried und Dorf Wagenhausen. Zusammen: 215 Häuser, 1052 reform. Ew.; Dorf: 76 Häuser, 352 Ew. Acker-, Wiesen-, Obst- und etwas Weinbau. Stickerei als Hausindustrie. Arbeit in den Fabriken von Stein am Rhein. Ehemaliges Kloster. Geburtsort des Schaffhauser Antistes Dr. Mezger († 1893), Verfasser verschiedener kirchengeschichtlicher Studien, und des Technikers Friedrich Vetterli, des Erfinders des schweizerischen Vetterligewehres.
Vor 1712 gehörte das ganze linksrheinische Ufer am Ausfluss des Rheins aus dem Untersee zur Landgrafschaft Thurgau. In dem den Toggenburgerkrieg abschliessenden Aarauer Frieden von 1713 wurde die diesseits des Rheins gelegene Ortschaft Burg zur Sicherung der Rheinbrücke der Stadt Stein zugeteilt, wodurch sie erst an Zürich und mit dem 19. Jahrhundert an Schaffhausen kam. Seitdem umfasst die Munizipalgemeinde Wagenhausen politisch alle Ortsgemeinden links vom Rhein, ausser Burg; kirchlich dagegen gehört der grössere Teil zu Burg, während Wagenhausen als Kirchgemeinde ganz von der Pfarrei Burg umschlossen ist und ausser dem Dorf Wagenhausen nur noch die Ortschaft Buck umfasst. So müssen z. B. die Bewohner von Rheinklingen an der Kirche von Wagenhausen vorüber, um zu der Kirche von Burg zu gelangen, der sie zugeteilt sind.
Wagenhausen war ursprünglich eine Zelle für die «Armen Christi», entstanden und gegründet zur Zeit der politischen und religiösen Wirren, welche der Kampf zwischen Kaiser Heinrich IV. und Papst Gregor VII. über die Christenheit gebracht. Ihr Besitzer war Turto, der 1083 als Laienbruder ins Kloster Allerheiligen in Schaffhausen trat und diesem mit andern Gütern auch Wagenhausen (1092: Vachinhusin) schenkte. Abt Siegfried setzte alsbald einige Mönche unter einem besondern Vorsteher in die Zelle. Aber nach geraumer Zeit reute den Turto sein Vorgehen; er trat aus dem Kloster und eignete sich die vergabten Güter wieder an, leugnete sogar, die Vergabung gemacht
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zu haben. Daraus entstand ein langer Streit, der die Fürsten und den Papst beschäftigte und damit sein Ende fand, dass die indessen zum Kloster erweiterte Zelle 1122 mit dem Kloster Petershausen verbunden wurde, ohne dass Allerheiligen seinen Ansprüchen entsagte. Wagenhausen besass einige Güter im Hegau und einen Zehnten in Seen bei Kiburg, sein Haushalt war aber ein allezeit ärmlicher. Im 14. Jahrhundert kaufte sich der Abt des Klosters ins Bürgerrecht von Diessenhofen ein. Am Konzil von Konstanz (1414-1418) wird auch Abt Konrad von Wagenhausen als Teilnehmer genannt.
Nach der Eroberung des Thurgaues durch die Eidgenossen fiel dann die Herrschaft Wagenhausen wieder ans Kloster Allerheiligen zurück, mit dessen Aufhebung zur Zeit der Reformation auch das Kloster Wagenhausen einging. Die Kollatur über die dortige Kirche ging damit an die Stadt Schaffhausen über. Am Ittingersturm, der entstand, weil Landvogt Amberg den Prädikanten Oechsli im nahen Burg bei Nacht gefangen wegführte, war auch das Dorf Wagenhausen beteiligt, das dafür mit einer Busse von 200 Gulden belegt wurde. Die dortige Kirche ward ausschliesslich den Reformierten zugeteilt. Die Pest der Jahre 1611 und 1629 hat auch in Wagenhausen viele Opfer gefordert, und noch jetzt bewahrt man hier aus jener Zeit zwei Särge, in denen die an der Pest Gestorbenen zu Grabe getragen wurden.