Titel
Wüllner
,
1) Franz, Komponist, geb. zu Münster [* 2] in Westfalen, [* 3] besuchte das Gymnasium daselbst, wo er zugleich Unterricht im Klavierspiel und in der Kompositionslehre genoß, und ging 1848 nach Frankfurt [* 4] a. M., um seine musikalischen Studien bei A. Schindler und F. Keßler fortzusetzen. Ein halbjähriger Aufenthalt in Berlin [* 5] brachte ihn mit Rungenhagen, Grell und Dehn, ein späterer in Brüssel [* 6] mit Fétis und Kufferath in nähern Verkehr. Seit 1854 in München [* 7] wohnhaft, wurde er hier 1856 als Lehrer für Klavierspiel am Konservatorium angestellt, ging zwei Jahre später als städtischer Musikdirektor nach Aachen, [* 8] kehrte aber 1865 als Kapellmeister der königlichen Vokalkapelle nach München zurück, wo er 1867 auch Leiter der Chorgesangklassen an der königlichen Musikschule wurde und 1868 die Konzerte der Vokalkapelle zur Pflege des a cappella-Gesangs gründete.
Nach dem
Abgang H. v.
Bülows trat er 1869 an dessen Platz als Hofkapellmeister und entfaltete auch in dieser
Stellung, mit
der er noch die eines
Dirigenten der
Konzerte der musikalischen
Akademie vereinte, eine verdienstliche Thätigkeit,
der zufolge er im
Herbst 1870 zum ersten Hofkapellmeister sowie zum
Professor und Inspektor der königlichen Musikschule ernannt
wurde. 1877 folgte Wüllner
einem
Ruf als königlicher
Kapellmeister und artistischer
Direktor des
Konservatoriums nach
Dresden,
[* 9] von
wo er 1884 als
Direktor des
Konservatoriums und städtischer
Kapellmeister nach
Köln
[* 10] berufen wurde. Wüllner
besitzt
neben gründlichster musikalischer
Bildung noch ein seltenes administratives
Talent, vermöge dessen er das
Dresdener
Konservatorium
in kurzer Zeit zu einer der besten musikalischen Lehranstalten
Deutschlands
[* 11] machte.
Besonders
ist er
Autorität im Gesangsfach; seine »Chorgesangschule«
(Münch. 1876-77) gehört zu den besten
Studienwerken der Neuzeit. Als
Komponist hat sich Wüllner
mit Klavierstücken,
Sonaten, Liedern sowie mit größern kirchlichen
und weltlichen Werken für gemischten wie für Männerchor in den weitesten
Kreisen vorteilhaft bekannt gemacht. Seine
Kantate
»Heinrich der Finkler« (für Männerchor,
Soli und
Orchester) erhielt 1864 bei dem Preisausschreiben der
Aachener
Liedertafel den
Preis.
2) Adolf, Physiker, geb. zu Düsseldorf, [* 12] studierte in Bonn, [* 13] München und Berlin Physik, habilitierte sich als Privatdozent zu Marburg, [* 14] ging 1862 als Direktor der Provinzialgewerbeschule nach Aachen, übernahm 1865 die Lehrstelle für Physik an der landwirtschaftlichen Akademie zu Poppelsdorf und erhielt 1867 daneben eine außerordentliche Professur an der Universität zu Bonn. Von dort wurde er 1869 an die technische Hochschule zu Aachen als Professor der Physik berufen.
Wüllners
erste
Arbeiten beschäftigten sich mit der
Spannung der
Dämpfe von Salzlösungen und von Flüssigkeitsgemischen,
spätere mit den spezifischen
Wärmen der allotropen Modifikationen mehrerer
Körper, den spezifischen
Wärmen der
Flüssigkeiten und
Gase.
[* 15]
Letztere dienten gleichzeitig dazu, die aus der dynamischen Gastheorie sich ergebenden
Werte
für die
Wärmeleitung
[* 16] der
Gase mit den experimentell gefundenen
Werten zu vergleichen. Er
untersuchte auch die Beziehung der
Brechung des Lichts
[* 17] zur
Dichtigkeit der
Körper, dann aber vorzugsweise die Spektren der
Gase. Wüllners
elektrische
Arbeiten beschäftigen sich hauptsächlich mit der
Influenz auf nichtleitende
Körper;
er zeigte, daß wir in der That genötigt sind, für die festen Körper die Anschauungen Faradays über die diëlektrische Polarisation anzunehmen. Er schrieb: »Lehrbuch der Experimentalphysik« (4. Aufl. 1882-86, 4 Bde.);
»Einleitung in die Dioptrik des Auges« (Leipz. 1866);
»Kompendium der Physik« (das. 1879, 2 Bde.).