Titel
Währung
(lat. valuta, Gültigkeit, von valeo, gelten, franz.
Étalon, engl.
Standard,
Legal tender), ursprünglich s. v. w. Gewähr (Wertschaft), nämlich für die richtige
Beschaffenheit
(Gewicht und
Feingehalt) ausgeprägter
Münzen,
[* 2] dann die als gesetzliches Zahlungsmittel (engl.
legal tender) gültige Geldeinheit, welche in unbeschränkter
Menge bei
Zahlungen angenommen werden muß. Demgemäß konnte
der
Gulden süddeutscher Währung
dem
Gulden österreichischer Währung
gegenübergestellt werden, ebenso die Währungs-
(Kurant-)
Münze
der
Scheidemünze.
Das Währung
sgeld kann aus verschiedenem
Metall geprägt sein. Mit besonderer Rücksicht hierauf spricht man, ohne
Münzfuß,
Art der Prägung etc. weiter zu beachten, auch schlechthin von der einfachen
und der
Doppelwährung. Die einfache Währung
ist diejenige, bei welcher nur eine Metallart zur Ausprägung von Währungsmünzen
benutzt wird. So hatte
Deutschland
[* 3] bis zum Jahr 1873 die
Silberwährung. Die aus
Silber vollhaltig nach dem gesetzlichen
Münzfuß
ausgeprägten
Gulden und
Thaler sowie die vollhaltigen Teilmünzen waren gesetzliches Zahlmittel.
Von den kleinern
Münzen
(Scheidemünzen) brauchte nur eine
Menge bis zu einem gesetzlich bestimmten Höchstbetrag angenommen
zu werden. Für Goldmünzen, auch wenn solche im Inland ausgeprägt wurden, bestand kein Annahmezwang, ebensowenig war ein
festes Preisverhältnis zwischen ihnen und den Silbermünzen für den
Verkehr gesetzlich festgesetzt.
Goldmünzen hatten infolgedessen einen von Zeit zu Zeit schwankenden
Kurs. Bei der
Goldwährung ist die Währung
smünze aus
Gold
[* 4] geprägt;
Silber wird nur zur Herstellung von
Scheidemünze benutzt, im übrigen haben
Silber und Silbermünzen ebenso wie
das
Gold bei der
Silberwährung nur die Bedeutung einer im
Preis veränderlichen
Ware.
Diese einfache Währung
ist auch schon als
Mischwährung deswegen bezeichnet worden, weil bei ihr neben der Kurantmünze auch aus
anderm
Metall geprägte
Scheidemünze im
Umlauf sei, wobei jedoch übersehen wird, daß der unbeschränkte Annahmezwang ein
vorzügliches Merkmal des
Begriffs Währung
ist, und daß ohne dieses Merkmal eine einfache Währung praktisch
unmöglich wäre. Eine Kupferwährung
fällt heute außer Betracht, da
Kupfer
[* 5] wegen seiner
Eigenschaften, seines
Preises, Vorkommens
etc. bei der heutigen Verkehrsentwickelung nur in beschränktem
Maß für Geldzwecke und zwar nur zur
Legierung von Kurantmünzen
und für
Scheidemünzen verwandt werden kann.
Bei der Doppelwährung werden Münzen aus zwei verschiedenen Metallen als gesetzliche Zahlmittel geprägt. Für Zahlungen können nach Belieben die Münzen des einen oder des andern Metalls verwandt werden, während für den Empfänger gesetzlicher Annahmezwang besteht. Voraussetzung hierfür ist die gesetzliche Bestimmung eines festen Preisverhältnisses zwischen beiden Metallen in Münzform. So wurde in Frankreich 1803 ein Verhältnis von 1:15,5 angenommen, d. h. 1 kg Gold gleich 15,5 kg Silber.
Aus 1 kg Münzgold (0,9 kg
Gold und 0,1 kg
Kupfer) wurden 3000
Frank, aus 1 kg Münzsilber (ebenfalls zu 0,9 fein) 200
Fr., oder
aus 1 kg Feingold 344 4/9 und aus 1 kg Feinsilber 222 2/9
Fr. ausgebracht. Ein
Frank in
Gold wurde einem
Frank in
Silber gleich gesetzt. Besteht nun die Bestimmung, daß
Privaten jederzeit edles
Metall in Währung
smünze umgeprägt
werden muß, so kann die
Doppelwährung, wenn sie nur in einem oder wenigen
Ländern besteht, leicht in eine thatsächliche
einfache Währung übergehen.
Private werden immer das billigere Metall zur Münze bringen, das daraus geprägte Geld wird zu Zahlungen im Inland verwandt, während das andre Metall mit Vorteil ausgeführt wird. Vor 1849 war der Preis des Goldes höher, als er im französischen Münzgesetz angenommen worden war; infolgedessen verschwand das Gold aus Frankreich, das Silber blieb im Land. Nach 1849 gestaltete sich die Sache umgekehrt; Silber wurde ausgeführt, und Gold strömte nach Frankreich. Diese Thatsache gab dazu Veranlassung, von einer Alternativwährung zu sprechen, indem bald das eine, bald das andre Metall vorwiegend Geldzwecken im Lande der Doppelwährung diene.
Eine solche Alternativwährung wird sich immer ausbilden, wenn die Doppelwährung nur in einem oder wenigen Ländern eingeführt ist, während auf dem Weltmarkt das Preisverhältnis zwischen Gold und Silber Schwankungen unterliegt. Um dem vorzubeugen, wurde in der neuern Zeit vorgeschlagen, die Doppelwährung auf dem Weg des Vertrags in allen oder doch den Hauptkulturländern einzuführen. Diese vertragsmäßige Doppelwährung, Bimetallismus (s. d.) genannt, soll dann bewirken, das Preisverhältnis der edlen Metalle zu einander zu einem unveränderlichen zu gestalten.
Wenn überall Gold und Silber im festen Preisverhältnis (z. B. 1:15,5) ausgeprägt würden, dann könne durch Ausfuhr, Umschmelzung und Umprägung jedes teuerern Metalls nicht mehr ein Gewinn wie heute erzielt werden. Bringe man z. B. 15,5 kg Silber nach Frankreich, tausche dafür 1 kg Gold ein, um das Gold in einem andern Land gegen in Frankreich einzuführendes Silber umzusetzen, so werde man überall 15,5 kg Silber erhalten und büße dabei die Kosten für Versendung und Umprägung ein. Allerdings könnte der Bedarf an edlen Metallen für technische und Münzzwecke einen Einfluß auf die Preisgestaltung ausüben. Doch sei diesem Bedarf gegenüber derjenige für Münzzwecke in dem Maß überwiegend, daß der letztere den Ausschlag gebe. Der Verwirklichung des Bimetallismus steht zunächst im Weg, daß keine Aussicht auf eine dauernde internationale Münzeinigung überhaupt vorhanden ist. Würde, was gerade erstrebt wird, der ¶
mehr
Silberpreis durch den Bimetallismus wieder gehoben werden, so würden die Länder, welche verhältnismäßig große Mengen an Silber besitzen und erzeugen, zunächst gewinnen, so insbesondere Frankreich und Nordamerika, [* 7] in welch letzterm Lande die Bewegung zu gunsten des Bimetallismus die mächtigste Stütze findet. Anders liegt die Sache in mehreren Ländern der Goldwährung, insbesondere in England, auf dessen Beitritt nicht zu hoffen ist. Wollte ein einzelnes Land zur Doppelwährung übergehen, so würde dies zur Folge haben, daß dasselbe sofort von den billigern Metallen überschwemmt würde.
Denn es ist als eine wesentliche Forderung für Doppelwährung und Bimetallismus aufgestellt worden, daß Privaten edles Metall in unbeschränkter Menge in Münzen umgeprägt würde. Ein derartiges freies Prägungsrecht besteht zur Zeit nirgends für beide Metalle zugleich. Frankreich sah sich veranlaßt, die Silberprägung wegen der Preiserniedrigung des Silbers zu suspendieren. Man hat deshalb dort die sogen. hinkende Währung (étalon boiteux), d. h. eine Währung, bei welcher beide Metalle Zahlmittel in unbegrenzter Menge sind, während von dem einen nur eine beschränkte Menge vorhanden ist. Eine solche hinkende Währung besteht auch heute in Holland, in Nordamerika infolge der Blandbill (s. d.), dann in Deutschland. Die in Deutschland noch vorhandenen Thaler (etwa für 450 Mill. Mk.), welche im Verhältnis von 1:15,5 ausgeprägt sind, sind gesetzliches Zahlmittel ebenso wie die Goldmünzen.
Ein weitere Schwierigkeit besteht in der Bestimmung des Preisverhältnisses, in welchem Gold und Silber ausgeprägt werden sollen. Dasjenige des lateinischen Münzbundes (1:15,5) würde nicht mehr anzunehmen sein, weil der Silberpreis in den letzten 15 Jahren erheblich gesunken ist. Derselbe war im Durchschnitt:
Pence für 1 Unze Standard | oder 1 kg Gold = kg Silber | |
---|---|---|
1851-60 | 61.25 | 15.40 |
1871-75 | 59.02 | 15.98 |
1876-80 | 52.45 | 17.98 |
1882 | 51.81 | 18.20 |
1884 | 50.68 | 18.61 |
1886 | 45.67 | 20.65 |
1888 | 42.88 | 21.99 |
Ursachen dieser Preisminderung sind:
1) Die Zunahme der Silbergewinnung, [* 8] insbesondere im Westen von Nordamerika. Nevada produzierte Mitte der 60er Jahre 450,000 Pfd., 1870: 750,000, 1875: 2,700,000, 1886 noch über 2 Mill. Pfd.
2) Minderung der Goldgewinnung, [* 9] welche seit Ende der 50er Jahre bis Mitte der 80er Jahre ziemlich stetig zurückgegangen ist (vgl. Edelmetalle, S. 308). 3) Zunahme der Nachfrage nach Gold bei gleichzeitiger Abnahme der Nachfrage nach Silber für Münzzwecke unter Angebot entbehrlich gewordenem Silbers durch die Länder, welche ihre Währung änderten. Nach Ostasien wurden abgesetzt im Durchschnitt jährlich 1857-60: 2,9 Mill. Pfd. Silber, 1866-75 nur 1,1 Mill. Pfd. Deutschland, Skandinavien und Holland suchten ihr seitheriges Währungssilber zu verkaufen, Nordamerika und der lateinische Münzbund minderten die Ausprägung von Silber.
Gesetzlich ist die Goldwährung eingeführt in England seit 1816, nachdem dieselbe infolge zu hoher Tarifierung des Goldes bei der Ausmünzung und dadurch veranlaßter Silberausfuhr sich thatsächlich schon früher ausgebildet hatte. Dann besteht sie in Australien, [* 10] Malta, Kapland, Natal, Kanada, Portugal, [* 11] Chile, [* 12] Brasilien, [* 13] Persien. [* 14] Sie wurde eingeführt an Stelle der Silberwährung im Deutschen Reich durch Gesetze von 1871, bez. 1873, in Skandinavien auf Grund von 1872, 1873 und 1875 abgeschlossenen Verträgen.
In den Niederlanden und in den niederländischen Kolonien bestand seit 1816 die Doppelwährung, 1847 wurden die Goldmünzen eingezogen und demonetisiert, so daß infolgedessen sich eine reine Silberwährung ausbildete, während seit 1874 wieder die Silberausprägung eingestellt wurde. Die Vereinigten Staaten [* 15] von Nordamerika führten 1792 gesetzlich die Doppelwährung ein mit einem Preisverhältnis von 1:15, welches 1834 und 1857 zwar abgeändert wurde, ohne daß jedoch dem Verschwinden des Silbers vorgebeugt werden konnte. 1866 wurde die Annahme der Goldwährung beschlossen, 1873 der Golddollar zur Münzeinheit erklärt;
die Silberprägung sollte nur für Scheidemünzen stattfinden, während sonst den Privaten die Ausprägung der Tradedollar (Handelsmünze für den Verkehr mit Ostasien) gestattet wurde.
Infolge der Agitation der Silberpartei wurde 1878 die Bland- (Allison-) Bill erlassen. Die Silberdollars, von welchen monatlich 2-4 Mill. geprägt werden durften, wurden wieder zum unbeschränkten gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt. Bis 1887 wurden bereits 250 Mill. Doll. Silberkurant ausgeprägt. Die Silberwährung besteht zur Zeit in Österreich-Ungarn [* 16] und Rußland (allerdings wesentlich beeinflußt durch die Papiergeldwirtschaft), dann in Mexiko, [* 17] Zentralamerika, [* 18] Ceylon, [* 19] Mauritius, Ostindien, [* 20] China. [* 21] Die Doppelwährung ist eingeführt in Spanien, Peru, [* 22] Ecuador, Neugranada, dann besteht sie als hinkende Währung in den Ländern des lateinischen Münzbundes: Frankreich, Belgien, [* 23] Italien, [* 24] Schweiz, [* 25] Griechenland [* 26] und Rumänien. [* 27]
Als gemischte Währung bezeichnet man diejenige, bei welcher ein Metall Währungsmetall ist, während die aus dem andern Metall geprägten Münzen zu einem festen oder von Zeit zu Zeit festgesetzten Kurs, dem Kassenkurs, an öffentlichen Kassen an Zahlungs Statt angenommen werden, so daß sie infolgedessen thatsächlich auch im allgemeinen Verkehr als Zahlmittel verwandt werden. Parallel- oder Simultanwährung wird derjenige Zustand des Münzwesens genannt, bei welchem Kurantmünzen aus beiden Metallen geprägt werden, während die Bestimmung des Preisverhältnisses zwischen beiden dem Verkehr überlassen wird. Im Nordwesten von Deutschland bestand früher die Sitte, gewisse Arten von Verträgen in Gold abzuschließen, wobei der Thaler Gold höher als der Thaler Silber gerechnet wurde.
Eine Barrenwährung bestand früher in Hamburg, [* 28] indem an der dortigen Girobank nach Mark Banko, einem bestimmten Silbergewicht, gerechnet und Silbermünzen nach ihrem wirklichen Metallgehalt auf solche Mark Banko umgerechnet wurden. Eine Papierwährung entsteht dann, wenn Papiergeld mit der Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlmittels in zu großer Menge ausgegeben wird, so daß der Kurs unter Pari sinkt. Im Verkehr wird dann immer nach Papiergeld gerechnet. Auch die Scheidemünzen gelten für dasselbe, während metallisches Kurantgeld, soweit es sich noch im Land erhält, ein Agio erlangt (vgl. Papiergeld und Agio).
Aus der reichhaltigen Litteratur vgl. Soetbeer, Die hauptsächlichsten Probleme der Währungsfrage (Jena [* 29] 1880);
Derselbe, Zur Statistik der Edelmetalle (das. 1881, 3 Tle.);
Derselbe, Materialien zur Erläuterung und Beurteilung der Edelmetallverhältnisse und der Währungsfrage (Berl. 1885);
»Die Währungsfrage im deutschen Handelstag« (das. 1881);
Burchard, Report of the Director of the Mint ¶
mehr
(Washingt. 1880-81);
J. ^[Joseph] Meyer, Zur Währungsfrage (Berl. 1880);
L. Bamberger, Münzreform und Bankwesen (das. 1880);
R. Waitz v. Eschen, Goldwährung oder Doppelwährung (Kassel [* 31] 1880);
Bueck, Beiträge zur Währungsfrage (Düsseld. 1881);
C. F. Ferraris, Le [* 32] ultime fasi della questione monetaria (»Nuova antologia« 1881);
Kleser, Geld und Währung (Berl. 1881);
Derselbe, Die deutsche Währung und ihre Gegner (Köln [* 33] 1883);
Haupt, Währungspolitik und Münzstatistik (Berl. 1884);
Derselbe, Histoire monétaire de notre temps (Par. 1886, eine Münzstatistik aller Länder der Erde);
Benzi, Monetaria (Rom [* 34] 1886);
Gibbs und Grenfell, The Bi-metallic controversy (Lond. 1886);
Laughlin, History of Bimetallism in the United States (New York 1886);
Arendt, Der Währungsstreit in Deutschland (Berl. 1886);
Barbour, Theory of Bimetallism and the effects of the partial demonetisation of silver in England and India (Lond. 1886);
Horton, The silver pound and England's monetary policy since the restoration etc. (New York 1887);
die »Reports« der Wertrelationskommissionen in England (1887 u. 1888);
weitere Schriften von Bamberger, Bernhardt, Bunzl, Burckhardt-Bischoff, Farmer, Launhardt, Levi, Meyer, Oldekop etc. und bei Art. Bimetallismus.