Viadukt
im weitern
Sinn mehr oder minder hohe und lange Überführung einer
Straße oder
Eisenbahn
über ein trocknes oder teilweise trocknes
Terrain aus
Stein,
Eisen
[* 2] oder
Holz.
[* 3] Steinerne Viadukte
erhalten
meistenteils Halbkreisgewölbe, schlanke
Pfeiler und mit zunehmenden
Höhen zwei, drei und vier durch Zwischengewölbe abgeschlossene
Stockwerke und entweder gleich starke oder schwächere (Zwischenpfeiler), gruppenweise mit stärkern (Gruppenpfeiler)
abwechselnde
Pfeiler.
Unter den einstöckigen Viadukten
zeichnen sich der Desenzanoviadukt bei
Verona
[* 4] durch die bedeutende
Höhe
von 60 m, der Lockwoodviadukt
in
England durch die große Schlankheit von 1/20 seiner
Pfeiler aus;
unter den zweistöckigen
der Viadukt
über das Gölthal bei
Aachen,
[* 5] das Elsterthal in
Sachsen
[* 6] durch eine
Höhe von 69,75 m;
unter den dreistöckigen der Viadukt
von
Chaumont durch eine
Höhe von 50 m;
der teilweise vierstöckige Viadukt
über das Göltzschthal bei
Reichenbach
[* 7] in
Sachsen zeigt in seinem höchsten Teil die größte
Höhe von 80,37 m.
Eiserne Viadukte
erhalten teils steinerne
Pfeiler,
wie der Viadukt
bei
Znaim, oder eiserne
Pfeiler auf steinernen
Sockeln, wie der Crumlinviadukt
bei
Newport in Southwales, der Saaneviadukt
bei Freiburg,
[* 8] der Sitterviadukt
bei St.
Gallen, die Viadukte
der Orléansbahn bei Bausseau d'Ahun und über die
Cère, der Viadukt
über die
Gravine bei Castellanetta, der Viadukt
über das Pfrimmthal bei Marnheim in der
Rheinpfalz.
Unter den durchweg schmiedeeisernen
Viadukten
der neuern Zeit, welche auch schmiedeeiserne
Pfeiler auf steinernen
Sockeln besitzen, sind im
Inland der in der
Linie
Arnstadt-Ilmenau der
Thüringer
Bahn erbaute eingeleisige Thalübergang bei Angelroda, der in der
Linie
Friedberg-Hanau erbaute Viadukt
über das Niddathal, im
Ausland der in der
Cincinnati-Southernbahn erbaute Viadukt
über den
Kentucky und
der in der
New
York-Buffalobahn an
Stelle eines abgebrannten hölzernen in 86
Tagen erbaute Portageviadukt
über den
Genesee sowie der über das
Thal
[* 9] der
Aqua de Varrugas bei
Lima
[* 10] in
Peru
[* 11] errichtete Viadukt mit der größten Pfeilerhöhe
von 76,8 m hervorzuheben.
Unter den hölzernen Viadukten, welche zur Zeit wegen der geringern Dauer des Holzes und der Feuersgefahr, welcher sie durch die häufig passierenden Lokomotiven ausgesetzt sind, von steinernen oder eisernen Viadukten verdrängt werden, zeichneten sich die durch Feuer zerstörten Viadukte über den Geneseefluß bei Portage in den Vereinigten Staaten [* 12] mit 57,4 m hohen und über die Msta in Rußland mit 21,34 m hohen Holzpfeilern, beide auf gemauerten Sockeln, aus. In neuerer Zeit sind sie z. B. in Österreich [* 13] als interimistische, später durch steinerne oder eiserne zu ersetzende Viadukte bei Bahnen wieder in Aufnahme gekommen, deren Baukonto a priori möglichst entlastet werden muß. Im engern Sinn versteht man unter Viadukt auch die kleinern Über- und Unterführungen von Straßen oder Eisenbahnen mit einer bis drei Öffnungen, welche überwölbt oder mit eisernen, auf steinernen Pfeilern ruhenden, massiv gewalzten oder aus Blech und Façoneisen zusammengesetzten Trägern überspannt sind.
Obwohl der Viaduktbau erst seit der Entstehung der Eisenbahnen 1830 nach Zahl und Kühnheit der Bauwerke sich zu der jetzigen Blüte [* 14] entwickelt hat, so war er doch schon dem Altertum, insbesondere den Römern, nicht unbekannt. Neben den bedeutenden analogen Bauwerken der Aquädukte (s. d.), welche dieses Volk anlegte, verdienen die gewölbten Viadukte in der pränestinischen Heerstraße zwischen Rom und [* 15] Gabii mit Halbkreisgewölben und Pfeilern aus Tuffquadern sowie in der Appischen Heerstraße bei Aricia hervorgehoben zu werden. Über die ältern Viadukte vgl. außer Vitruvs Werk über Baukunst [* 16] (deutsch von Reber, Stuttg. 1865) und Frontinus' Schrift über römische Wasserleitungen, Guhl und Koner, Das Leben der Griechen und Römer [* 17] (5. Aufl., Berl. 1881), und über die neuern Viadukte unter andern Toni-Fontenay, Construction des viaducs, etc. (Par. 1852).