Vendôme
(spr. wangdohm), alte franz.
Grafschaft, die von der gleichnamigen Stadt ihren
Namen hatte und 1515 von
Franz
I. zu gunsten
Karls von
Bourbon (gest. 1538) zum Pairieherzogtum erhoben wurde. Nachdem
Karls Enkel
Heinrich
IV. den
Thron
[* 3]
Frankreichs
bestiegen, gab er es 1595 dem ältesten der ihm von Gabrielle d'Estrées gebornen
Söhne,
Cesar,
Herzog
von Vendôme
,
Stifter des
Hauses Vendôme
Derselbe, geboren im Juni 1594 auf
Schloß
Coucy, beteiligte sich während der
Minderjährigkeit
seines
Halbbruders
Ludwig XIII. an den
Intrigen des
Hofs, so daß er wiederholt festgenommen wurde, und als er sich 1626 in das
gegen
Richelieu gerichtete
Komplott von Chalais verwickelte, ward er erst nach
Vincennes gebracht, dann
nach
Holland verwiesen.
Einige Jahre nachher erhielt er zwar vom
Hof die
[* 4] Erlaubnis zur Rückkehr; doch mußte er 1641, eines Mordversuchs gegen
Richelieu
beschuldigt, wieder nach
England flüchten und kehrte erst nach
Richelieus
Tod nach
Frankreich zurück. Nach
Ludwigs XIII.
Tod
gelangte er bei der Regentin
Anna von
Österreich
[* 5] zu bedeutendem Ansehen und gehörte mit seinem zweiten Sohn, dem
Herzog
Franz von
Beaufort (gest. 1669), zur
Partei der
Importants (der Wichtigthuer), mußte beim
Ausbruch der Frondeunruhen abermals aus
Frankreich
entweichen, machte aber 1650 mit
Mazarin
Frieden und erhielt das
Gouvernement
Burgund und den
Titel eines
Generalintendanten der Schifffahrt und des
Handels. Er nahm 1653 den Frondeurs
Bordeaux
[* 6] und schlug als Großadmiral von
Frankreich 1655 die
spanische
Flotte vor
Barcelona.
[* 7] Vendôme
starb
Sein älterer Sohn,
Louis,
Herzog von Vendôme
, geb. 1612, hieß bei Lebzeiten
seines
Vaters
Herzog von
Mercoeur, diente in den
Kriegen
Ludwigs XIII. und ward 1649 zum
Vizekönig des eroberten
Katalonien ernannt. 1651 vermählte er sich mit
Laura
Mancini, einer
Nichte
Mazarins, nach deren
Tod (1657) er in den geistlichen
Stand trat. Er erhielt 1667 den
Kardinalshut
[* 8] sowie die
Würde eines
Legaten a latere am französischen
Hof
und starb in
Aix.
Sein ältester Sohn und Nachfolger in der Herzogswürde war
Louis
Joseph, geb. der berühmte
Feldherr
Ludwigs XIV.
im spanischen
Erbfolgekrieg; er hieß bis zum
Tod seines
Vaters
Herzog von
Penthièvre. 1672 folgte er
Ludwig XIV.
im
Feldzug gegen
Holland als
Garde du Corps, machte dann die
Feldzüge unter
Turenne mit, nahm als
Brigadier teil an den Belagerungen
von
Condé und
Cambrai und ward 1678 zum
Maréchal de
Camp und 1681 zum
Gouverneur der
Provence ernannt. 1688 zum
Generalleutnant
befördert, focht er in vier flandrischen
Feldzügen, befehligte 1693 unter
Catinat in
Italien
[* 9] und ward 1695 Oberbefehlshaber
der französischen
Armee in
Katalonien, wo er
Barcelona eroberte.
Beim
Ausbruch des spanischen Erbfolgekriegs übernahm er 1702 an
Villerois
Stelle das
Kommando in
Italien, lieferte dem
Prinzen
Eugen bei
Luzzara 15. Aug. ein unentschiedenes
Treffen, drang im
August 1703 in
Tirol
[* 10] ein und bombardierte die
Stadt
Trient,
[* 11] ward jedoch zum
Rückzug in die
Lombardei genötigt.
Nun bekriegte er 1704 die vereinigten Savoyer und
Österreicher
in
Piemont, eroberte im Mai
Vercelli und zwang im
September
Ivrea zur
Übergabe. Am lieferte er dem
Prinzen
Eugen die
unentschiedene
Schlacht bei
Cassano und schlug die Kaiserlichen bei Calcinato. Im Juli wurde
er nach den
Niederlanden gerufen, um abermals an
Villerois
Stelle unter dem nominellen Oberbefehl des
Herzogs von
Burgund das
Kommando zu übernehmen. Er eroberte zwar 1708
Gent,
[* 12]
Brügge und
Plassendal, ward aber bei
Oudenaarde 11. Juli geschlagen und verlor
hierauf sein
Kommando. 1710 auf Bitten des von den Alliierten bedrängten
Philipp Vendôme
von
Spanien
[* 13] mit Verstärkungen nach
Spanien
gesendet, führte
er den König 3. Dez. nach
Madrid
[* 14] zurück und schlug bei
Brihuega (9. Dez.) und bei
Villaviciosa (10. Dez.) die Alliierten,
wodurch alle
Eroberungen, welche diese in
Spanien gemacht, verloren gingen. Nach
Katalonien gesendet, um
einige
Parteigänger zu unterdrücken, starb er zu Tinaroz in
Valencia
[* 15] und ward im
Panthéon des
Escorial beigesetzt.
Ein Mann von
Geist und ein ausgezeichneter
Feldherr, gutmütig und uneigennützig, besaß er doch keine
Ausdauer und versank
leicht in Schlaffheit; seine zügellose Unsittlichkeit trug er offen zur
Schau.
Sein jüngerer
Bruder,
Philippe
de Vendôme
, bekannt als Großprior des
Malteserordens in
Frankreich, geb. focht mit Auszeichnung in den
Kriegen
Ludwigs
XIV.
in den
Niederlanden und am
Rhein sowie seit 1693 als
Generalleutnant in
Italien und
Spanien. Im spanischen
Erbfolgekrieg diente
er meist in
Italien. Er erfocht einen
Sieg bei
Castiglione (1705), ward aber wegen seiner bei
Cassano
bewiesenen
Fahrlässigkeit abgesetzt. Er lebte fortan in
Rom,
[* 16] kehrte 1711 nach
Paris
[* 17] zurück und residierte im
Temple,
wo er sich ausschweifenden Vergnügungen widmete. Er starb als der letzte seines
Geschlechts.