im
allgemeinen s. v. w.
»fahrende Leute« (s. d.), insbesondere die fahrenden
Schüler (vagi scholares) des
Mittelalters (mit
Anspielung auf ihre Zechlust auch
Bacchanten, Bacchusbrüder, genannt), die, gleichsam ein besonderer
Stand von charakteristischem
Gepräge, bis ins Reformationszeitalter hinein erschienen, namentlich aber in der geistigen
Bewegung des 12. und 13. Jahrh.
eine scharf bestimmte
Richtung vertraten.
Zeuge dessen ist die wertvolle Sammlung ihrer frischen, in lateinischen, meist gereimten
Versen abgefaßten
Lieder
(»Carmina burana«, s. d.), welche eine auf klassischer
Bildung beruhende, üppige Lebensheiterkeit
atmen und zugleich die
Gebrechen der Berufsstände, besonders der
Geistlichkeit, mit scharfer
Satire geißeln. In
Frankreich gaben sich seit dem 12. Jahrh. die Vagánten den
NamenGoliarden, der verschieden erklärt, zumeist aber von einem
vorgeblichen
Haupte des
Bundes Golias
(Goliath) abgeleitet wird.
soviel wie Vagabunden (s. d.). Vaganten, fahrende Schüler oder Goliarden hießen im Mittelalter die Kleriker, die
kein ständiges Kirchenamt, das sie ernährt hätte, besaßen und ein unstetes, vagabundierendes Leben
führten. Zu Ende des 11. Jahrh. rekrutierten sich die Vaganten namentlich aus den
Hörern der alten Kloster- und Stiftschulen, die von Schule zu Schule oder auch ziellos teils einzeln, teils in Schwärmen
im Lande umherzogen und ein zügelloses Leben führten.
Nur die lat. Sprache
[* 4] und die höhere Bildung erhoben sie über die zerlumpten fahrenden Leute ihrer Zeit.
Viele Synoden erließen Verdammungsurteile gegen sie und belegten selbst die mit Strafen, die ihnen Nahrung oder Kleidung reichten.
Die Vaganten waren die Hauptträger der übermütigen formgewandten Studentenpoesie des Mittelalters, ihr größter
Dichter der Archipoeta (s. d.). Eine Sammlung von Vagantenliedern ist in den Carmina burana (s. d.) erhalten.
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Vgl. J. Grimm, Gedichte des Mittelalters auf König FriedrichI. den Staufer (Berl. 1844);
Giesebrecht in der «Allgemeinen Monatsschrift
für Wissenschaft und Litteratur», Bd. 3 (1853);
Laistner, Golias. Studentenlieder des Mittelalters (Stuttg. 1879);