Urbīno,
Kreishauptstadt in der ital.
Provinz
Pesaro e Urbino
, in waldiger Gebirgsgegend 451 m ü. M.
auf zwei
Hügeln zwischen dem
Metauro und
Foglia abseits des großen
Verkehrs gelegen, mit engen, winkeligen
Straßen, einem
Dom
und mehreren andern bemerkenswerten
Kirchen und
Klöstern, welche zum Teil interessante
Malereien enthalten. Ein herrliches
Bauwerk der Frührenaissance ist der restaurierte
Palazzo Ducale (von 1447). Urbino
hat eine freie
Universität
(seit 1589) mit zwei
Fakultäten, aber sehr geringer Frequenz (54
Hörer), ein
Seminar,
Lyceum,
Gymnasium, eine technische
Schule,
Akademie der
Wissenschaften und
Künste, öffentliche
Bibliothek, eine kleine, treffliche
Gemäldegalerie und (1881) 5087 Einw.,
welche Käsebereitung, Seidenindustrie und Fabrikation von
Nadeln,
[* 2]
Majolika und Töpferwaren betreiben. ist
Sitz eines
Erzbischofs, eines Unterpräfekten, eines
Zivil- und Korrektionstribunals. Es ist der Geburtsort des Malers
Raffael
Santi (1483), dessen Geburtshaus ein kleines Raffaelmuseum enthält. - Urbino
hieß im
Altertum Urbinum
Hortense und lag in
Umbrien.
Zur Zeit
Cäsars war es Munizipalstadt der
Tribus Stellatiä. Den
Langobarden entriß sie
Pippin, um sie
dem römischen
Stuhl zu schenken;
Karl d. Gr. ließ sie durch eigne
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Statthalter regieren. 1205 kam die Stadt unter die Herrschaft der Grafen von Montefeltre, die vom Papst Sixtus IV. 1474 zu Herzögen
von Urbino
unter päpstlicher Lehnshoheit ernannt wurden. Beim Tode des letzten aus diesem Geschlecht, Guido Baldo, folgte dessen
Neffe und Adoptivsohn Francesco Maria della Rovere, Herr von Sinigaglia, der Nepote Papst Julius' II. Leo X.
vertrieb ihn aber von seinen Besitzungen und setzte seinen Neffen Lorenzo de Medici in dieselben ein, der sich jedoch nur kurze
Zeit behaupten konnte. Nach dem Erlöschen der Familie Rovere mit Francesco Maria II. zog der Papst 1631 Urbino
als erledigtes Lehen
ein, und es blieb seitdem unter päpstlicher Herrschaft, bis es 1860 mit Italien
[* 4] vereinigt wurde.
Vgl. Baldi, Memorie concernenti la città d'U. (Rom [* 5] 1724);
Arnold, Der herzogliche Palast von Urbino
(Leipz. 1857, mit 50 Tafeln). -
Urbino
, resp. das einige Miglien entfernte Fermignano war seit etwa 1475 der Sitz
einer umfangreichen Majolikafabrikation, aus welcher die meisten noch erhaltenen italienischen Majoliken
hervorgegangen sind, und die etwa bis 1620 in Blüte
[* 6] stand. Die Majoliken von Urbino
zeigen entweder farbige Arabesken auf weißem
Grund im Stil der Grotesken Raffaels oder biblische, mythologische und andre Darstellungen, welche ebenfalls zumeist von Raffael
und seiner Schule beeinflußt sind oder auch Kompositionen Raffaels wiedergeben (s. Tafel »Keramik«,
[* 7] Fig.
8). Die Hauptkünstler von Urbino
sind die Mitglieder der Familie Fontana, deren bedeutendstes Orazio war.