Unterseeische Boote
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Unterseeische
boote
oder unterseeische Boote, auch Taucherboote, Taucherschiffe genannt, Torpedoboote (s. d.), die zum Schutz vor feindlichen Geschossen ihren Angriff gegen feindliche Schiffe [* 3] mittels Annäherung unter Wasser auszuführen vermögen. Das erste Unterwasserboot baute der Holländer Cornelius Drebbel in England; er machte 1624 eine Fahrt unter der Themse von Westminster bis Greenwich. Ein 1774 vom Engländer Day erbautes Unterwasserboot versank sofort; dagegen gelang es dem Amerikaner Bushnel 1777, sich einige Zeit unter Wasser zu halten.
Sein Boot, dessen Gestalt aus den nachstehenden Abbildungen [* 2] (Fig. 1 Längenschnitt, [* 2] Fig. 2 Ansicht von oben) ersichtlich ist, war schildkrötenförmig und wurde mit der Hand [* 4] vermöge einer vertikal und einer horizontal liegenden Schraube bewegt. 1801 gelang es Fulton in Brest, mit seinem Unterwasserboot Nautilus 1 Stunde in 8 m Tiefe, später mit 4 Personen 4 Stunden lang unter Wasser zu bleiben. Die zum Atmen nötige Ersatzluft lieferte ein Kessel mit komprimierter Luft.
Fortbewegt wurde das Boot ebenfalls durch menschliche Kraft, [* 5] wobei das Drehen der horizontalen Schraube nebst Einlassen von Wasserballast das Niedersteigen hervorbrachte. Im amerik. Bürgerkriege gelang es einem die unionistische Korvette Housatonic zum Sinken zu bringen; doch ging das Unterwasserboot mit 9 Mann Besatzung ebenfalls unter. 1865 fanden die Versuche des Ingenieurs Bauer in Kiel [* 6] statt; sein Boot hatte ähnliche Einrichtungen wie Fultons Nautilus. Nach
einigen Erfolg versprechenden Fahrten ging es im Kieler Hafen unter. 1882 baute Szevetzky in Kronstadt
[* 8] ein 6 m langes, cigarrenförmiges
Boot von 2 t Gewicht, dessen Schrauben
[* 9] durch 4 Mann (auf Trittbrettern mittels Kurbelübertragung) getrieben wurden.
Das Senken erfolgte durch Verschieben eines Gewichts auf einer Stange nach dem Bug hin, umgekehrt das Heben
durch Schieben des Gewichts nach dem Heck; Luftersatz wie bei Nautilus. Das Boot lief nur 4 Knoten, In ein neues Stadium trat
die unterseeische
Schiffahrt durch die Erfindung des schwed. Ingenieurs Nordenfelt. 1882 wurde
in England sein erstes Boot gebaut; hier folgen die Angaben über ein vom Erfinder wesentlich verbessertes
Boot, das 1885 von Stapel lief
[* 7]
(Fig. 3 zeigt dieses Unterwasserboot in unbelastetem Zustande). Es hat die Form
eines Fischtorpedos (s. Torpedo), ist 38 m lang, 3,7 m breit, hat 230 t Deplacement, ist ganz aus Stahl gebaut; sein Nullspant
(s. Spanten) bildet einen Kreis.
[* 10]
Das Boot gleicht einem Torpedoboot, hat einen Schornstein und läuft unversenkt über 14 Knoten. Die Besatzung besteht aus 9 Mann. Vor dem Untertauchen wird der Schornstein niedergeschoben und verschlossen, nachdem der Kessel auf 8 Atmosphären Druck gebracht ist, darauf die Feuer durch Dampf [* 11] gelöscht und so viel Wasserballast eingenommen durch Öffnen eines Sinkventils, bis die Oberfläche des Bootes nur noch 30 cm über Wasser herausragt; dann wird der noch übrige Auftrieb [* 12] durch die Kraft von zwei seitlich angebrachten horizontalen Schrauben überwunden.
Die Steuerung nach der Seite geschieht durch das gewöhnliche Vertikalruder, die nach oben oder unten durch ein Horizontalruder, also ganz ähnlich dem Torpedo, der ebenfalls so viel Auftrieb besitzt, daß er bei gestoppten Maschinen an der Wasseroberfläche schwimmt. Im Bug des Bootes befinden sich zwei übereinander liegende Torpedolancierrohre in horizontaler Lage; 4 Torpedos [* 13] gestatten zweimaliges Abfeuern. Das Boot kann bei 4 Knoten Geschwindigkeit 5 Stunden untergetaucht bleiben, bei größerer entsprechend weniger. In England hat dieses Boot auf einer achttägigen Kreuzfahrt seine Brauchbarkeit erwiesen.
Neuere Konstruktionen sind folgende: Das Unterwasserboot von Waddington, das durch die von 45 Accumulatoren [* 14] gelieferte elektromotorische Kraft getrieben wird. Geschwindigkeit 8 Knoten, wobei die Strecke von 140 km zurückgelegt werden kann, 2 Mann Besatzung. Dieses Boot hat zwei Horizontal- und zwei Vertikalruder; erstere werden von einem kleinen Elektromotor wagerecht gehalten, solange das Boot wagerecht läuft, sie legen sich bei Neigungen des Bootes von selbst so, daß es wieder wagerecht steuert.
Das stillliegende Boot kann mit zwei vertikal stehenden Schrauben gesenkt und gehoben werden. Zwei große seitliche horizontale Ruderflossen, die auch drehbar um die Horizontalachse sind, sollen das Eintauchen oder das Horizontalsteuern erleichtern. Die Vertikalruder zur Innehaltung der Kursrichtung werden mit der Hand gedreht. Das Boot trägt eine von Klauen gehaltene Mine; unter dem Schiff [* 15] angelangt, wird die Mine gelöst und steigt empor, folglich helfen gegen dieses Boot die Torpedoschutznetze (s. d.) nicht, während der Angriff des Nordenfelt-Bootes unter Umständen durch diese unwirksam bleiben kann. In Amerika [* 16] konstruierte Tuck ein im Princip ähnliches Boot Peacemaker, das ebenfalls eine Mine trägt und dessen Triebkraft ein Natronkessel liefert; ferner erbaute Baker ein hölzernes Boot mit Maschinenanlage zum Laden der Accumulatoren.
Bakers Boot ist 59 t groß, hat 4 t Auftrieb und taucht dadurch, daß die Achsen seiner beiden (seitlich
angebrachten) Propellerschrauben in ihrer Richtung verstellt werden können; es hat 230 Accnmulatoren und läuft 12 Seemeilen.
Als neuestes Unterwasserboot ist das von Holland für die amerik. Marine erbaute erwähnenswert. Es ist 25,6 m
lang, 3,5 m breit, hat bei vollständiger Tauchung 168 t, bei geringster 154 t Deplacement. Der Rücken des Unterwasserbootes
,
der an die Oberfläche kommt, ist mit 20 cm starken Harveypanzer geschützt.
Bei Fahrten an der Wasseroberfläche wird das Boot mit 3 Dampfmaschinen [* 17] und 3 Schrauben getrieben, die zusammen 1625 Pferdestärken leisten können und 15 Seemeilen Geschwindigkeit geben. In 20 Sekunden kann das Boot tauchen; zu diesem Zweck wird die Petroleumheizung gelöscht und eine elektrodynamische Maschine [* 18] zur Fortbewegung benutzt. Das Fahrzeug hat 2 Lancierrohre und 5 Fischtorpedos von 45 cm Kaliber. In Frankreich konnte das Taucherboot Goubets mit 2 Mann 8 Stunden unter Wasser bleiben, erzielte aber mit seinem elektrischen Motor nur 5 Knoten Geschwindigkeit. 1888 erregten die Versuche in Toulon [* 19] mit dem von dem Ingenieur Zédé konstruierten Unterwasserboot Gymnote Aufsehen; Motor ist eine elektrische Krebsmaschine von 55 Pferdestärken, mit der 9-10 Knoten Geschwindigkeit erzielt wurden.
Gymnote ist 17 m lang, 1,8 m breit, hat 30 t Deplacement. Das Manövrieren [* 20] wurde durch eine in der Wasseroberfläche liegende Kuppel mit Glaslinsen, die das Ausguckhalten gestattete, wesentlich erleichtert. 1893 lief in Toulon das Unterwasserboot Gustave Zédé von Stapel; es ist 40 m lang, 266 t groß, hat 300 Accumulatoren von 62 t Gewicht, die mit dem Elektromotor etwa 720 Pferdestärken entwickeln und bis zu 8 Seemeilen Geschwindigkeit geben. Dieses Boot ist mit 20 Mann Besatzung seewärts von Toulon, längere Zeit auf Tiefen von 14 bis 20 m untergetaucht und hat mit seinen Lancierrohren Torpedos lanciert. Das Untertauchen kann aber wegen des Luftersatzes stets nur etwa eine halbe Stunde dauern. Die ital. Flotte besitzt seit 1894 das Unterwasserboot Pullino, dessen Leistungen sehr gerühmt werden; es soll 8 Seemeilen unter Wasser laufen. Auch das 1888 von Stapel gelaufene span. Unterwasserboot Peral, nach dem Seeoffizier benannt, der es erfand,
soll sich bewährt haben; es ist 27 m lang,3 m breit, 87 t groß, und seine Maschine leistet 60 Pferdestärken. Ein Unterwasserboot, das sowohl für Kriegs- wie für Taucherzwecke geeignet ist, wurde 1893 in Civitavecchia von dem ital. Ingenieur Bolsamello erbaut; es erhielt wegen seiner Kugelform den Namen Balla nautica. Es soll leicht beweglich in allen Richtungen sein. Da alle Versuche mit von den Marineverwaltungen der Seestaaten gemacht werden, so werden sie noch möglichst geheim gehalten.
Der größte Nachteil aller besteht in der Schwierigkeit, unter Wasser genau die Richtung auf ein (feindliches) Schiff zu bestimmen, überhaupt genau Kurs zu steuern; deshalb kann man sagen, daß vorläufig die trotz mancher sehr zweckmäßiger Konstruktionen, noch nicht kriegsbrauchbar sind. Um den Horizont [* 22] über Wasser beobachten zu können, giebt man jetzt den ein sog. Periskop; dies besteht in einer Hohlröhre, die aus dem etwa 5 m untergetauchten Boote senkrecht nach oben geschoben wird. Die Röhre hat etwa 20 cm Durchmesser, trägt oben ein Glasprisma, das horizontal eintretende Strahlen nach unten auf eine Platte (nach Art der Camera obscura) [* 23] wirft. Das Prisma [* 24] ist um seine Vertikalachse drehbar, damit man den ganzen Horizont ringsherum absuchen kann. Das Instrument ist aber nur bei völlig glatter See verwendbar. -
Vgl. Hovgaard, Submarine boats (Lond. 1887).