Unterschwe
flige
Säure (hydroschweflige Säure) H2SO2 entsteht, wenn man Eisen [* 2] oder Zink in einem verschlossenen Gefäß [* 3] in wässeriger schwefliger Säure löst. Der dabei frei werdende Wasserstoff reduziert im Entstehungsmoment die schweflige Säure. Die tiefgelbe Lösung wirkt sehr kräftig reduzierend und fällt aus Silber- und Quecksilbersalzen die Metalle. Das Natronsalz entsteht, wenn man eine konzentrierte Lösung von saurem schwefligsaurem Natron in einer verschlossenen Flasche [* 4] mit Zink versetzt und gut abkühlt; es kristallisiert in Nadeln, [* 5] absorbiert begierig Sauerstoff, wirkt reduzierend, wie die Säure, und dient daher in der Färberei und Zeugdruckerei zur Reduktion des Indigos.
Bis zur
Entdeckung dieser
Säure durch
Schützenberger nannte
man u. S.
(dithionige Säure,
Thioschwefelsäure) eine
Säure H2S2O3
, welche im freien Zustand nicht bekannt ist, aber eine
Reihe beständiger
Salze
(Thiosulfate,
Hyposulfite)
bildet, deren
Lösung auf Zusatz von
Säuren
Schwefel abscheidet und dann
schweflige Säure enthält. Diese
Salze entstehen auf verschiedene
Weise. So bildet sich unterschwe
fligsaures
Natron, wenn man
schweflige Säure in eine
Lösung
von Schwefelnatrium leitet oder schwefligsaures
Natron mit
Schwefel kocht; die meisten
Thiosulfate kristallisieren gut, enthalten
Kristallwasser und werden gewöhnlich erst bei der Zersetzungstemperatur wasserfrei.
Sie bilden auch gern
Doppelsalze, und daher lösen sich die unlöslichen
Thiosulfate in einer
Lösung des
Natriumsalzes, welches auch
Chlor-,
Brom-,
Jodsilber,
Jodblei, schwefelsaures
Blei
[* 6] und
Gips
[* 7] löst. Man gewinnt das unterschwe
fligsaure
Natron (Natriumthiosulfat) Na2S2O3 in der
oben angegebenen
Weise, häufiger aus
Sodarückständen,
indem man dieselben an der
Luft sich oxydieren läßt, auslaugt und die
Lösung, welche neben unterschwe
fligsaurem
Kalk viel
Schwefelcalcium enthält, in einem Koksturm einem erwärmten Luftstrom entgegenlaufen läßt, um das
Schwefelcalcium
zu unterschwe
fligsaurem
Kalk zu oxydieren.
Diese
Oxydation kann auch durch Einblasen von
Luft oder schwefliger
Säure erreicht werden. Man konzentriert dann die
Lösung
durch
Verdampfen und versetzt sie mit schwefelsaurem
Natron, wodurch schwefelsaurer
Kalk gefällt wird,
während unterschwe
fligsaures
Natron in
Lösung bleibt, welches durch
Kristallisation gewonnen und durch Umkristallisieren gereinigt
wird. Es bildet große, farblose, luftbeständige
Kristalle
[* 8] mit 5
Molekülen
Kristallwasser vom spez. Gew. 1,73, schmeckt kühlend,
bitter schweflig, löst sich leicht in
Wasser, nicht in
Alkohol, verwittert bei 33°, schmilzt bei 45-50°,
wird bei 215° wasserfrei und zersetzt sich bei 220°. Die
Lösung ist wenig beständig und zersetzt sich namentlich beim
Kochen.
Man benutzt das Salz [* 9] als Antichlor in der Papierfabrikation [* 10] und Zeugbleicherei, zum Bleichen von Wolle, Stroh, Elfenbein, Knochen, [* 11] Haar [* 12] etc. (da es beim Versetzen der Lösung mit Salzsäure reichlich schweflige Säure entwickelt), als bequemes Mittel zur Darstellung von schwefliger Säure im allgemeinen, als Beize in der Zeugdruckerei, als gärungswidriges Mittel in der Zuckerfabrikation, zum Fixieren der Photographien, zur Darstellung von Zinnober, [* 13] Antimonzinnober und verschiedenen künstlichen Farbstoffen, zur Bereitung von Indigküpen, zum Extrahieren von Silbererzen, zur Bereitung von Vergoldungs- und Versilberungsflüssigkeiten etc. Es wurde 1799 von Chaussier zuerst dargestellt und von Vauquelin genauer untersucht.
Unterschwe
fligsaures
Bleioxyd PbS2O3 wird aus der
Lösung eines
Bleisalzes durch unterschwe
fligsaures
Natron gefällt, ist farblos, wenig löslich, zersetzt sich in höherer
Temperatur bei
Abschluß der
Luft in
Schwefelblei und
schweflige Säure, verglimmt an der
Luft und dient zum
Vulkanisieren von
Kautschuk und
Guttapercha. Unterschwefligsaures
Goldoxydnatron wird erhalten, indem man Goldchloridlösung mit
Kalkmilch digeriert und den ausgewaschenen
Niederschlag in unterschwefligsaurem
Natron löst. Es wird unter dem
Namen
Sel d'or in der
Photographie benutzt. Unterschwefligsaurer
Kalk CaS2O3 entsteht
in großer
Menge bei der Verwertung der
Sodarückstände, wird aber meist auf unterschwefligsaures
Natron
verarbeitet. Es bildet farblose, beständige
Kristalle, löst sich leicht in
Wasser, nicht in
Alkohol und wird wie das
Natronsalz
benutzt.