[* 1]
(Ilion, Ilios), mythische Hauptstadt des
Volkes der Troer in der
LandschaftTroas (s. d.), am
Fuß einer Anhöhe
des
Ida an oder in der Küstenebene des
Skamandros (heute
Menderes) gelegen, war mit starken
Mauern umgeben und wurde durch die
feste, auf der
Spitze der Anhöhe liegende
Burg Pergamos beschützt, in welcher sich sämtliche
Tempel,
[* 2] vor allen der der
Pallas gewidmete Haupttempel, befanden. Nach der gewöhnlichen
Annahme wurde Troja 1184 (nach andern 1127)
v. Chr.
von den Griechen zerstört (s.
Trojanischer Krieg).
Die
Lage dieses ältesten Homerischen Troja wurde seit Le
[* 3]
Chevalier, der 1785-86 die troische
Ebene besuchte, auf dem
Felsen von
Bunarbaschi (144 m ü. M.) gesucht, wo einige aus
Feldsteinen aufgeschüttete
Hügel als
»Grab des
Priamos«,
»Grab des
Hektor« etc. bezeichnet werden. Die dort vorhandenen Mauerreste stammen jedoch nach
Schliemann meist erst aus hellenistischer Zeit; sie gehören einer
Burg an, welche mit einer gegenüber, auf der andern Seite
des
Skamandros gelegenen
Burg das Flußthal beherrschte.
Weiter unterhalb macht der
Menderes
(Skamandros) eine Biegung nach WNW.; ihm parallel zieht sich weiter nördlich der Kalafatli-Asmak
(das alte
Bett
[* 4] des
Skamandros) hin. Auf dessen nordöstlichem
Ufer erhebt sich eine zweite Anhöhe, welche nordwärts zum
Thal
[* 5] des
Dumbrek-Tschai (des alten Simoeis) abfällt; es ist die
Höhe vonHissarlyk, 50 m ü. M., 35 m über
der
Ebene. Hier war zur Zeit, als in
Lydien die
Mermnaden herrschten (689-546
v. Chr.), also
vor der Unterwerfung
Kleinasiens durch
die
Perser und lange nach der Zerstörung Trojas, ein neues äolisches
Ilion entstanden, das in der Römerzeit eine gewisse
Bedeutung erlangte (Reste eines Athenetempels und eines Thorgebäudes), aber gegenwärtig in Trümmern
liegt.
Schliemann (s. d.) hat nun durch fortgesetzte, in den
Jahren 1870-82 vorgenommene
Ausgrabungen nachgewiesen, daß auf dem die
Ebene um 18 m überragenden
Felsen von
Hissarlyk sieben verschiedene untergegangene
»Städte« (richtiger
Burgen)
[* 6] übereinander
gelegen haben. In der zweiten von ihnen, etwa 7-10 m unter der jetzigen Oberfläche glaubt er die
Burg
der Homerischen Stadt entdeckt zu haben, eine
Annahme, die darin eine
Stütze findet, daß die Trümmer von einer starken
Schicht
von Brandschutt überdeckt sind.
SchliemannsAusgrabungen (s. obenstehende Kärtchen) erstrecken sich auf mehrere
Thore im
S. und W. der
Burg, die
Mauern auf
der
Süd- und Westseite, zwei kleinere Gebäude, welche für Teile des ehemaligen Königspalastes gelten dürfen. Von weit
höherer Bedeutung ist der sogen.
GroßeSchatz, welcher unweit des Südwestthors in der obern Lehmziegelmauer gefunden wurde.
Er enthält außer vielen
Kupfergeräten eine
MengeGefäße
(Becher,
[* 7]
Schalen) und Schmuckgegenstände
(Ketten,
Armbänder,
Diademe,
[* 10] Ringe) aus Gold
[* 11] und Silber, welche eine dem 2. Jahrtausend v. Chr. angehörende Kulturstufe kennzeichnen. Sie sind zum
größten Teil in das Museum für Völkerkunde zu Berlin,
[* 12] wenige ins türkische Museum im Serail zu Konstantinopel
[* 13] oder in SchliemannsHaus in Athen
[* 14] gelangt. SchliemannsHypothese fand sofort die Anerkennung englischer Forscher, die deutschen
wiesen sie zunächst zurück, wie z. B. R. Hercher, der noch 1876 behauptete, daß Homers Schilderung rein dichterisch die
natürlichen Verhältnisse umgestaltet habe und durchaus nicht mit der wirklichen Örtlichkeit zu vereinigen sei. Erst neuerdings
hat Schliemann auch in Deutschland
[* 15] mehr und mehr Anklang gefunden. Aus der reichhaltigen Litteratur über
Troja vgl. außer den ältern Werken von Le Chevalier (»Voyage de la Troade«, 3. Aufl., Par. 1802, 3 Bde.),
[* 1] Stadt in der ital. ProvinzFoggia, Kreis
[* 17] Bovino, am Celone, Bischofsitz, hat ein geistliches
Seminar, eine 1093 gegründete schöne Kathedrale und (1881) 6722 Einw. Troja ward im 10. Jahrh.
von Griechen angelegt;
[* 1] Stadt im KreisBovino der ital. Provinz Foggia in Apulien, rechts über dem zum Candelaro gehenden Celone, 11 km
nordwestlich der Station Giardinetto-Troja der Eisenbahn Foggia-Neapel, ist Bischofssitz und hat (1881) 7245 E.,
Priesterseminar und Tuchfabrik. Im Altertum lag hier an der ViaTraiana die Stadt Aecae. Troja wurde 1018 vom byzant. Statthalter
Bugianus von Bari neu gegründet, 1022 von Kaiser Konrad II. nach dreimonatiger Belagerung genommen und 1059 von
den Normannen erobert. König Ferdinand I. besiegte hier die Anhänger des HerzogsJohann von Calabrien, des Sohnes
König Renés.
[* 1] auch Ilios oder Ilion, lat. Ilium, die sagenberühmte Hauptstadt der eigentlich
zu Mysien gehörigen Landschaft Troas (s. d.) in Kleinasien. Der Name wird gewöhnlich von Tros, der hier
zuerst ein Reich gegründet haben soll, abgeleitet. Ihren unvergänglichen Ruhm verdankt die Stadt und die ganze Gegend dem
besonders in den Homerischen Gesängen verherrlichten, durchaus sagenhaften Heereszuge der Griechen, dem Trojanischen Kriege,
der mit der Eroberung und Zerstörung
der Stadt endete (nach der unter den alten Chronographen verbreitetsten Ansetzung 1184 v. Chr.).
Als Veranlassung dazu bezeichnet die Sage die Entführung der Helena, der Gemahlin des Königs von Lacedämon, Menelaos,
[* 18] durch
Paris,
[* 19] den Sohn des trojan.
Königs Priamos. Fast alle Fürsten Griechenlands, wie Agamemnon, Menelaos, Achilleus, Odysseus, Nestor, Aias u. a., nahmen mit
ihren Völkern teil daran. Die Griechen suchten zuletzt, nachdem sie über neun Jahre lang die Stadt
vergeblich belagert hatten, durch eine List ihren Zweck zu erreichen, indem sie auf den Rat des Odysseus und Kalchas ein großes
hölzernes Roß zimmerten, das Trojanische Pferd,
[* 20] und in dessen hohlem Bauch
[* 21] die tüchtigsten Helden verbargen.
Der schlaue Sinon, den sie bei dem Pferde
[* 22] zurückgelassen hatten, während die ganze Flotte nach der InselTenedos (s. d.) abgesegelt war, überredete die Trojaner, das Pferd als ein Weihgeschenk für die Göttin Athene
[* 23] in die Stadt
zu führen. Als dies geschehen, stiegen zur Nachtzeit die Bewaffneten aus demselben, öffneten den durch Feuerzeichen herbeigerufenen
Griechen die Thore und bewirkten so T.s Eroberung, bei der Priamos und sein ganzes Haus ihren Untergang
fanden.
Einen Teil der Bewohner soll Äneas nach Italien
[* 24] geführt, dort das Reich der Latiner erobert und diese mit den ausgewanderten
Trojanern verschmolzen haben. Diese Sagen, deren dichterische Behandlung das antike Epos von der frühesten bis zur
spätesten Zeit beschäftigt hat, sind keineswegs in bloße Allegorien: Darstellungen von Naturereignissen in mythischer Einkleidung,
aufzulösen, wie es verschiedene Gelehrte (Uschold, Forchhammer u. a.) versuchten, sondern sie haben jedenfalls einen freilich
ganz von mythischer Hülle verdeckten histor.
Kern; doch ist es sehr fraglich, ob als solcher ein gemeinsamer Heerzug der vereinigten griech.
Stämme gegen den Mittelpunkt eines mächtigen troischen Reichs anzunehmen ist, oder ob die Sage verschiedene einzelne Kämpfe
zwischen griech. Ansiedlern und den die Troas bewohnenden ungriech. Stämmen zu einem Gesamtbild verschmolzen hat. Als Hauptschauplatz
des Kampfes erscheint in der Sage das weite Feld, das sich vom Lager
[* 25] der Griechen bis zur Stadt Troja zwischen
der Ida und dem Vorgebirge Sigeum erstreckte, die Trojanische Ebene; die Burg von Troja wird in der Ilias und anderweitig mit dem
Namen Pergamos (später auch Pergamon)
[* 26] bezeichnet.
Schon seit früher Zeit suchten die Umwohner den Nimbus, der diese Gegend umschwebte, teils aus Ruhmsucht, teils
um des Gewinns willen zu erhalten und zu befestigen. Man zeigte den Fremden die Gräber der gefallenen Helden, des Achilleus,
Aias, Protesilaos, Hektor u. a. Die Stelle der Stadt des Priamos nahm nach der bis in das 2. Jahrh. v. Chr. allgemein verbreiteten
Ansicht die etwa seit der Mitte des 6. Jahrh. v. Chr. bestehende griech. Ortschaft Ilion ein (lat. Ilium;
von neuern Geographen auch Neu-Ilion, Ilium novum, genannt). Erst Demetrios aus Skepsis, ein Gelehrter des 2. Jahrh.,
leugnete die Gleichbedeutung von Alt- und Neu-Ilion, hatte aber damit wenig Erfolg; noch Konstantin d. Gr. und Julian sahen
Ilion als das alte an. Erst am Ende des 18. Jahrh. wurde durch den Franzosen Le Chevalier der Zweifel
wieder rege gemacht und nicht Hissarlik, die Statte von Neu-Ilion, sondern das südsüdöstlich davon gelegene Bunarbaschi
für die Stätte T.s erklärt. Seine
¶
mehr
Ansicht gewann viele Anhänger; sie wurde aber endgültig widerlegt durch Schliemanns in den J. 1871–82 und 1890 veranstalteten
Ausgrabungen, die nach Schliemanns Tode 1893 und 1894 durch W. Dörpfeld (s. d.) fortgesetzt wurden. Schliemann
hat dort in verschiedenen Schichten bis zur Tiefe von 16 m unter der jetzigen Oberfläche Überreste von
Mauern und Häusern, sowie zahlreiche Gefäße, Geräte, Waffen
[* 28] und Schmucksachen
[* 29] zu Tage gefördert, die offenbar von verschiedenen
Ortschaften, welche nacheinander auf der gleichen Stätte bestanden haben, herrühren; Schliemann nahm 7 Städte an, es lassen
sich aber nach Dörpfelds epochemachenden Forschungen mindestens 9 Ansiedelungen unterscheiden.
Für die Kultur der ältesten ist es charakteristisch, daß Metallgegenstände noch sehr selten sind,
die gefundenen Waffen und Instrumente sind durchweg von Stein. Die zweite Stadt von etwa 8000 qm Inhalt, in einer Trümmerschicht
von 11 bis 13 m Tiefe, mit Ringmauern, aus Lehmziegeln auf starkem Steinfundament gebaut, mit verschiedenen in ihrem Grundriß
für den spätern Haus- und Tempelbau vorbildlichen Palastbauten, hat man lange als das «Homerische
Troja» angesehen.
Die Stadt war durch eine große Brandkatastrophe zu Grunde gegangen; ihr gehörte auch der jetzt mit den übrigen wichtigen
Einzelfunden im Berliner
[* 30] Museum für Völkerkunde befindliche große Goldschatz an, den Schliemann für den Schatz des Priamos
ansah. Nach den neuesten Grabungen steht es aber fest, daß höchstens die dem mykenischen Kulturkreise
und damit der zweiten Hälfte des zweiten Jahrtausends angehörige sechste Stadt das Homerische Troja sein kann. Immerhin
ist auch die in das dritte Jahrtausend zu setzende zweite Stadt wichtig, sofern sie in ihren Bauten, Vasen
[* 31] und
Schmucksachen eine neue eigene Kultur, die trojanische bietet, deren Spuren wie die der mykenischen auch sonst in den östl.
Mittelmeerländern vorhanden sind.
Von der sechsten Stadt (mit einem Inhalt von etwa 20000 qm, einem Umfang von etwa 500 m) sind, abgesehen von verschiedenen
Gebäudegrundrissen, die gewaltigen wohl- und regelmäßig gefügten Mauern 5 bis 9 m hoch erhalten. –
Die früher von Hauptmann Bötticher verfochtene Ansicht, daß Hissarlik nur eine Feuernekropole sei, ist längst widerlegt
und verworfen. Aus der sehr umfangreichen Litteratur ist hervorzuheben: Le Chevalier, Voyage de la Troade (3. Aufl., 3 Bde.,
Par. 1802);
W. Dörpfeld, Troja 1893 (Lpz. 1894) und Mitteilungen des Archäologischen
Instituts in Athen, Bd. 19 (1894), S. 380 fg.
Vgl. auch Schuchhardt, Schliemanns Ausgrabungen (2. Aufl., Lpz. 1891) und Perrot
und Chipiez, Histoire de l'art dans l'antiquité, Bd. 6 (Par.
1894), S. 154 fg.