Transportable
Eisenbahnen
, verlegbare Eisenbahnen
, auch
Industrie-, Feld-,
Wald-, Roll- oder fliegende Eisenbahnen
genannt,
sind Eisenbahnen
(s. d.), bei denen die Gleise auf die natürliche oder doch
nur an einzelnen
Stellen und in geringem
Maß vorbereitete Erdoberfläche gelegt werden, so daß die Herstellung dieser Eisenbahnen
,
wie auch die
Veränderung der
Lage derselben rasch und leicht ausführbar ist. Eisenbahnen
dieser Art finden
vielfache Verwendung in gewerblichen
Anlagen und
Bergwerken, außerdem für
land- und forstwirtschaftliche, sowie für militär.
Zwecke, bei Ausführung von Erdarbeiten für Eisenbahnen
u. dgl. m. Die Gleise solcher Eisenbahnen
müssen
aus einzelnen vollständigen Jochen (je zwei Schienen mit den nötigen Querschwellen und Befestigungsmitteln)
bestehen, die von passender Länge und leicht aneinanderzuschließen
und wieder loszunehmen sind; sie müssen möglichst
einfach in ihrer
Anordnung und leicht sein, damit zum raschen Legen und Verändern der
Lage keine geschulten
Arbeiter und keine
besondere
Aufsicht nötig sind.
Die erste Verwendung fanden die Transportable Eisenbahnen
in Gruben, wo sie möglichst
schmale
Spur und enge Wagen mit Innenlagern hatten. Eine der ersten sonstigen
Anordnungen ist die von Décauville, einem Landwirt
in Petitbourg, 1876 erfundene (Décauvillesches Eisenbahnsystem). Kurz darauf begann man auch in
Deutschland
[* 3] mit dem
Bau voll
der Transportable Eisenbahnender
heute von einer Anzahl Fabriken in großem Maßstabe betrieben wird.
Die Gleise bestehen meist aus
Rahmen von 5, 2,5 und 1,25 m Länge. Die
Spurweiten sind 500, 600, seltener 750 und 900
mm. Die
Schienen wiegen 4 - 12, die
Schwellen 3,5 - 10 kg pro laufenden
Meter. In holzreichen Gegenden werden Holzschwellen verwendet,
auf denen die Schienen einfach durch Schienennägel befestigt werden. Auf Stahlschwellen benutzt man Klemmplatten zur Schienenbefestigung.
Die
Verbindung der Gleisrahmen untereinander erfolgt durch Laschen. Die
Kurven der Transportable Eisenbahnen
werden im Hinblick auf die geringe
Geschwindigkeit der Fahrt und die Gefahrlosigkeit bezüglich einer etwaigen Entgleisung mit sehr kleinen Halbmessern
und oft nicht einmal aus gebogenen Schienen, sondern aus geraden
Stücken, welche ein Polygon bilden,
zusammengelegt. Wird von zwei
Enden her verlegt, dann kommt es leicht vor, daß die Schienen in der Mitte nicht genau zusammentreffen.
In solchem Fall werden nicht Schienen von passender Länge gehauen, sondern es wird ein sog.
Paßstück (s.
Tafel: Transportable Eisenbahnen
,
[* 1]
Fig. 5) aufgelegt.
Bei Abzweigungen werden Weichenanlagen nötig, welche auch wieder ganz eigenartig ausgebildet sind. So zeigt [* 1] Fig. 4 eine feste Weiche ohne Stellvorrichtung, bei welcher das Einlenken in das rechte oder linke Gleis durch entsprechende Stellung der Wagen erreicht wird. [* 1] Fig. 9 giebt ein Beispiel einer Weiche mit einer Lenkschiene, welches, bei Lokomotivbetrieb wegen der Gefahr der Entgleisung völlig unverwendbar, hier sehr gut am Platze ist. [* 1] Fig. 6 giebt eine Zungenweiche, die entweder durch einen Druck mit dem Fuß verstellt werden oder durch eine Feder sich von selbst zurückstellen kann, nachdem die Wagen die Strecke passiert haben. Soll von einer Stelle nach zwei Seiten zugleich abgezweigt werden, so verwendet man die Dreiwegweiche. [* 1] Fig. 1 zeigt endlich noch eine Abzweigung, in der Art gebildet, daß auf ein gerades Gleis eine Ablenkung aufgelegt wird, die aber abgehoben werden kann, wenn Wagen auf dem geraden Gleis weiterlaufen sollen (Kletterweiche). Kreuzen sich Gleise, welche verbunden werden sollen, rechtwinklig, dann werden Wendeplatten [* 1] (Fig. 7) oder Drehscheiben [* 1] (Fig. 3 u. 8) angewendet. Die Wendeplatten sind fest, so daß der darauf stehende Wagen gleitend in die andere Richtung gedreht werden muß, wogegen die Drehscheiben auf Drehzapfen oder Kugeln ruhen; dabei zeigt die Oberfläche der Drehscheibe entweder (nach [* 1] Fig. 8) ein einfaches festes Gleis, oder sie ist (nach [* 1] Fig. 3) so gebildet, daß der Wagen bei beliebiger Stellung der Scheibe auf dieselbe auflaufen kann. Zur Vermeidung von Unfällen hat man auch Drehscheiben mit selbstthätiger Feststellung konstruiert (A. Koppel). Kreuzen sich zwei Gleise ohne das Bedürfnis der Überleitung ¶
mehr
der Wagen von einem Gleis auf das andere, dann läßt man das wichtigere, am meisten befahrene Gleis durchlaufen, unterbricht das andere und legt je nach Bedarf eine sog. Kletterkreuzung [* 4] (Fig. 2) auf, um den Übergang über das Hauptgleis hinweg zu ermöglichen.
Die Fuhrwerke, welche sich auf diesen Schienen bewegen, zeigen eine große Vielseitigkeit. Für den Transport von Erde, Lehm u. s. w. sind Kippwagen (Kipplowries) in Gebrauch, bei denen der aus Holz [* 5] oder Eisenblech gefertigte Wagenkasten, wie [* 4] Fig. 12 zeigt, beim Entleeren umgekippt werden kann. Lange Gegenstände werden auf sog. Trucks, d. h. auf kleinen zweiachsigen Wagengestellen mit aufliegendem Drehschemel befördert. Trucks finden schließlich auch dann Verwendung, wenn gewöhnliches Landfuhrwerk oder große Eisenbahnwagen auf solchen Schienen befördert werden sollen. [* 4] Fig. 10 zeigt, wie zu verlegende Gleisstücke einer Feldbahn auf solchen Trucks transportiert werden, während [* 4] Fig. 11 die Beförderung eines langen Baumstammes mittels Trucks von einem Gleis auf ein zweites sich mit dem ersten kreuzendes Gleis veranschaulicht.
Leichtere Lasten können mit der Hand
[* 6] auf den Gleisen fortgeschoben werden. Für längere Wagenzüge und längere Strecken
benutzt man Zugtiere oder auch mechan. Beförderungsmittel, und zwar Dampflokomotiven
[* 4]
(Fig.
14), Petroleumlokomotiven (s. Tafel: Petroleummotoren,
[* 4]
Fig. 8), elektrische Lokomotiven mit oberirdischer Stromzuleitung (s.
Tafel: Transportable Eisenbahnen
,
[* 4]
Fig. 15) und den Seilbetrieb
[* 4]
(Fig.
13).
Im Kriege finden die Feldbahnen Verwendung zum Transport von Kanonen u. a.
Eine besondere Anwendung haben die verlegbaren Eisenbahnen
in neuerer Zeit bei Reisen in Afrika
[* 7] gefunden, wo sie zur Beförderung
der Boote an den Stellen verwendet werden, wo Stromschnellen die Wasserstraße unfahrbar machen. Das mitzunehmende Gleisstück
braucht nur etwas mehr als die doppelte Länge der zur Beförderung der Boote erforderlichen Wagen zu haben, da dasselbe hinter
dem Wagen aufgenommen und vor demselben wieder verlegt wird. Neuerdings haben die Engländer zerlegbare Eisenbahnen
nach
der Anordnung von Décauville in Indien bei dem Bau militär. Eisenbahnen
verwendet, so bei Anlage der Bahn
über den nach Afghanistan
[* 8] führenden Bolenpaß. Die Lokomotive
[* 9] besteht aus zwei Teilen, von denen der schwerste nur etwa 1800 kg
wiegt, entsprechend der größten Last, welche Elefanten tragen können. -
Vgl. Runnebaum, Die Waldeisenbahnen
[* 10] (Berl. 1886);
E. Dietrich, Oberbau und Betriebsmittel der Schmalspurbahnen im Dienst von Industrie und Bauwesen, Land- und Forstwirtschaft u. s. w. (ebd. 1889).