Tower
(engl., spr. tauer), die Gesamtbezeichnung für einen
ausgedehnten
Komplex von
Türmen, Festungswerken, kirchlichen und profanen Gebäuden in der
Altstadt von
London,
[* 3] dessen Geschichte
mit derjenigen der englischen
Krone selbst für lange
Jahrhunderte eng verbunden ist. Der älteste Teil dieser merkwürdigen
Festung
[* 4] ist der sogen. weiße
Turm
[* 5]
(White Tower
), den
Wilhelm der Eroberer durch den
Bischof Gundulf von
Rochester
errichten ließ; daß dies auf Grundlage älterer römischer oder angelsächsischer
Anlagen geschehen sei, ist nicht zu erweisen.
Weitere Werke wurden unter
Wilhelm II.
Rufus und
Stephan hinzugefügt, unter denen die innere
Reihe der Befestigungsanlagen im
wesentlichen vollendet wurde.
Später hat sich besonders
Heinrich III., der den Tower
1217 in seine
Hände
bekam, des
Ausbaues derselben angenommen und durch seinen
Architekten
Adam von Lamburn die äußere
Reihe der Werke entwerfen
und zum größten Teil ausführen lassen; einzelne Gebäude, so die jetzige St.
Peterskirche, sind noch später unter
Eduard
I. hinzugefügt worden.
Seit den ersten normännischen
Königen war der Tower
Residenz der englischen
Könige, die sich oft genug hierher
vor drohenden
Gefahren zurückzogen und die
Festung durch eine ständige
Besatzung unter einem
Constable (das
Amt war zuerst der
Familie de
Mandeville anvertraut) schützten, zugleich aber auch Schatzkammer, Sitz der obersten Behörden und ein
sicheres Staatsgefängnis, das die Gefangenen oft genug nur verließen, um auf einem offenen Platz innerhalb der
Festung,
dem Tower
-hill, ihr
Leben unter dem
Beil des
Henkers zu beschließen.
Hier wurde
Johann ohne Land von seinen
Baronen belagert, hier
Richard II. zum
Verzicht auf die
Krone gezwungen, hier
Heinrich VI.
ermordet und der
Herzog von
Clarence im
Wein ertränkt, hier starben
Eduard V. und sein
Bruder
Richard von
York eines geheimnisvollen
Todes. Zu den Gefangenen des Towers
gehören die erlauchtesten
Namen der englischen Geschichte, und
unter den Enthaupteten von Tower
-hill sind
Graf
Warwick, der letzte
Plantagenet,
Bischof
Fisher von
Rochester und
Sir
Thomas
More,
Anna
Boleyn,
Katharina
Howard und
Jane
Grey, der
Protektor
Somerset und
Elisabeths Günstling,
Graf
Essex,
Sir
Walter
Raleigh
und
Graf
Strafford, Algernon
Sidney und der
Herzog von
Monmouth, der natürliche Sohn
Karls II. Als königliche
Residenz für längere
Zeit hat der Tower
zuletzt unter
Heinrich VII. gedient; von da ab begaben sich die Herrscher nur noch im
Beginn ihrer
Regierung hierher, um von hier aus den feierlichen Krönungszug durch die
City nach
Westminster anzutreten.
Erst
Jakob II. hat diesen Brauch aufgegeben, und unter ihm sind die königlichen Wohngemächer abgerissen worden. Seit der
Mitte des 18. Jahrh. sind keine
Hinrichtungen auf Tower
-hill mehr vorgenommen, seit 1820 dient er nicht
mehr als Staatsgefängnis und wird gegenwärtig nur als
Arsenal und
Kaserne benutzt, obwohl noch 1792 einmal, aus
Furcht vor
revolutionären
Bewegungen in
London, seine Werke verstärkt und in Verteidigungszustand gesetzt worden waren.
Vgl. Bayley,
History and antiquities of the Tower
of
London (2. Aufl., Lond. 1830);
de
Ros,
Memorials of the Tower
of
London
(das. 1866);
W. H.
Dixon,
Her Majesty's Tower
(7. Aufl., das. 1884; deutsch, Berl.
1870, 2 Bde.).