Tongaarchipel
(Freundschaftsinseln), eine zum südlichen Polynesien gehörige Inselgruppe im Stillen Meer, unter 18-22° südl. Br., südöstlich von den Fidschi- und südlich von den Samoainseln, umfaßt im ganzen 32 größere Inseln und ungefähr 150 kleinere Eilande mit einem Gesamtflächenraum von 997 qkm (18 QM.). Die meisten der Inseln sind niedrig, haben Korallenfelsen zur Grundlage und sind mit einer dicken, fruchtbaren Erdschicht bedeckt; nur einzelne sind hoch, gebirgig und vulkanischen Ursprungs.
Die umgebenden Riffe erschweren den Zugang zu den meisten Inseln, doch haben einige derselben schöne Häfen. Das Klima [* 2] ist angenehm und gesund, nur finden häufig Erderschütterungen statt. Das Pflanzenreich liefert Pisange, Brotfruchtbäume, Yams, Kokos- und andre Palmen, [* 3] Zuckerrohr, Bambus, Baumwolle, [* 4] Feigen, Citrusarten, Papiermaulbeerbäume etc. Das Tierreich ist vertreten durch Schweine, [* 5] Hunde, [* 6] Ratten, das gewöhnliche Hausgeflügel, Papageien, Reiher, Tropikvögel und Schildkröten. [* 7]
Der Archipel ist aus drei Gruppen zusammengesetzt. In der nördlichen, 205 qkm (3,7 QM.) großen Hafulu-Hu-Gruppe ist Vavau (145 qkm mit über 3000 Einw.) die größte Insel; auf Amarpurai (Fanulai) und Lette (Bickerton) sind thätige Vulkane, [* 8] letzteres hatte 1854 einen heftigen Ausbruch, das erstere ist seit der Eruption von 1846 nur noch eine Masse von Felsentrümmern. Die mittlere Gruppe umfaßt die Namukagruppe (37 qkm), die Kotuinseln, Tofoa (55 qkm), 854 m hoch und mit einem thätigen Vulkan, das kleinere (11 qkm), aber 1524 m hohe Kao und die aus sechs Inseln und 6-8 Inselchen bestehende Hapaigruppe, 68 qkm (1,2 QM.). Zur südlichen Gruppe gehören Pylstaart, das 174 qkm ¶
ÖSTL. HINTERINDIEN
1:300000
HUÉ.
1:600000
mehr
(3,2 QM.) große Eua und die bedeutendste aller Inseln, Tongatabu, 430 qkm (7,8 QM.) mit ca. 9000 Einw. Die Zahl der Einwohner betrug 1884: 22,937, darunter 350 Engländer, 63 Deutsche, [* 12] 13 Amerikaner, 11 Franzosen. Die Tonganer (22,000) gehören zu den Polynesiern (s. Tafel »Ozeanische Völker«, [* 13] Fig. 22) und übertreffen an Bildungsfähigkeit die meisten Bewohner der benachbarten Inselgruppen. Sie treiben sorgfältigen Landbau, sind geschickte und unternehmende Seeleute und beweisen bei dem Bau ihrer Häuser und Boote wie bei der Verfertigung ihrer Gerätschaften, Waffen [* 14] (Keulen, Bogen [* 15] und Pfeile) und Kleider (Stoffe aus Papiermaulbeerbaum) ziemliche Kunstfertigkeit.
Sie sind jetzt zum Christentum bekehrt. Schon 1797 kamen Missionäre aus London [* 16] auf Tongatabu an, drei wurden ermordet, die andern kehrten zurück; seit 1822 siedelten sich Methodisten an. Auf den südlichen Inseln haben französische Missionäre dem Katholizismus Eingang verschafft. Etwa 5500 Kinder besuchen Schulen; von höhern Bildungsanstalten existieren eine Industrieschule und ein Gymnasium. Die ganze Gruppe bildet seit Anfang dieses Jahrhunderts ein einheitliches Reich unter einem König, dem eine gesetzgebende Versammlung zur Seite steht.
Residenz des Königs und Sitz der Regierung ist Nukualofa auf Tongatabu. Am schloß König Georg I. einen Freundscha
ftsvertrag
mit dem Deutschen Reich. Die Gruppe gehört zum Bezirk des deutschen Konsuls in Apia. Der Handel befindet sich
zum großen Teil in den Händen der Deutschen Handels- und Plantagengesellschaft, welche die meisten Waren von Apia einführt.
Die Einfuhr (Baumwoll- und Wollwaren, Eisenwaren, Getreide,
[* 17] Bauholz, Konserven etc.) betrug 1887: 3,171,553 Mk., davon deutsch
1,181,300, englisch 1,691,864 Mk., die Ausfuhr (Kopra und etwas Kaffee, Schwämme,
[* 18] Wolle) 3,148,933 Mk.,
davon deutsch 2,377,384, englisch 704,160 Mk. Der englische Handel wächst auf Kosten des deutschen.
Die Inselgruppe wurde 1887 besucht von 74 Schiffen von 28,264 Ton., darunter 34 deutschen von 19,468 Tongaarchipel.
Die deutschen Postdampfer
laufen den Tongaarchipel
auf der Fahrt von Sydney
[* 19] nach Apia regelmäßig an. Die Inseln wurden 1643 von Tasman entdeckt
und von Cook, der sie 1773 und 1777 genauer erforschte, wegen des sanften und gutwilligen Charakters der Eingebornen Freundschaftsinseln
(Friendly Islands) benannt. Die Flagge s. auf Tafel »Flaggen
[* 20] I«.
[* 21]
Vgl. Mariner, Account of the Tonga Islands (Lond. 1814, 2 Bde.; deutsch, Weim. 1819);
Meinicke, Die Inseln des Stillen Ozeans (Leipz. 1875);
Jung, Der Weltteil Australien, [* 22] Bd. 3 (Leipz. 1883).