Thonschiefer
(Argilit), dichte schieferige Gesteine, [* 2] die gewöhnlich vorwiegend aus klastischem Material (einem kaolinartigen Silikat, Quarz- und Feldspatbruchstücken, Glimmer- und Talkblättchen) bestehen, daneben aber auch kristallinische, meist nur unter dem Mikroskop [* 3] erkennbare Bestandteile enthalten. Die letztern, gewöhnlich als schwer bestimmbare Mikrolithe entwickelt, scheinen Hornblende, [* 4] Turmalin, Glimmer und glimmerähnliche Mineralien zu sein.
Außerdem kommen
Eisenkies,
[* 5] Kohleteilchen, Eisenoxydblättchen und
Kalkspat
[* 6] vor, in größern, makroskopischen
Partien Eisenkiesknollen
(auch als Vererzungsmittel eingeschlossener
Petrefakten),
[* 7]
Quarz und
Kalkspat in
Linsen,
Nestern und
Adern.
Gefärbt ist der Thonschiefer
meist grau oder schwarz, seltener rot, grün und gelb. Das
spezifische Gewicht schwankt um 2,8. Die chemische
Zusammensetzung ist infolge der schwankenden mineralischen sehr unbestimmt. Geschiefert sind die Thonschiefer
meist
sehr deutlich und zeigen oft gleichzeitig die transversale
Schieferung (s. d.). An
Varietäten sind zu
unterscheiden: Dachschiefer
(Lehesten,
Sonneberg
[* 8] u. a. O. im
Thüringer Wald,
Kaub etc. am
Rhein,
Harz,
Erzgebirge,
England), sehr
vollkommen und eben schieferig;
Tafelschiefer (Grapholith), durch beigemengte Kohle intensiv schwarz gefärbt;
Zeichenschiefer (schwarze Kreide, Schieferschwarz; Thüringen, Oberfranken, Andalusien), ebenfalls kohlereich, daneben weich und erdig;
Griffelschiefer (besonders Thüringen), zu Stengeln spaltbar infolge des gleichzeitigen Auftretens der wahren und der falschen Schieferung (s. d.);
Alaunschiefer (Skandinavien, Vogtland, Harz, Böhmen), [* 9] reich an Eisenkies neben Kohle;
Kalkthonschiefer
(Alpen),
[* 10] in welchem die Thonschief
ermasse Kalklinsen umhüllt;
Wetzschiefer (Thüringen, Sachsen, [* 11] Ardennen), kieselsäurereiche, harte Varietäten von gewöhnlich hellerer Farbe. Im Ottrelithschiefer (Ottrez in den Ardennen, Oberpfalz, Pyrenäen, Nordamerika) [* 12] sind Ottrelithblättchen eingewachsen, im Chiastolithschiefer (Fichtelgebirge, Vogesen, Bretagne, Pyrenäen) weiße Chiastolithe von verschiedener Größe.
Die zuletzt genannte
Varietät ebenso wie gewisse andre, in denen unbestimmt konturierte
und mineralogisch von der übrigen Gesteinsmasse nur wenig verschiedene
Konkretionen auftreten, welche nach ihrer Form die
Namen
Knotenschiefer,
Fruchtschiefer,
Garbenschiefer und
Fleckschiefer veranlaßt haben, sind mit typischen
Thonschiefern
an einigen
Orten so verknüpft, daß sie sich allmählich aus letztern heraus entwickeln und sich proportional
zu einer größern
Annäherung an Eruptivgesteine, namentlich
Granit, mehr und mehr von dem normalen Thonschiefer
unterscheiden.
Die Bauschanalysen solcher
Gesteine bewegen sich, namentlich wenn man vom
Gehalt an
Wasser und organischen
Substanzen absieht, innerhalb enger
Grenzen,
[* 13] so daß im wesentlichen nur eine
Änderung der
Struktur, ein Kristallinischwerden
der
Bestandteile vorliegt (vgl.
Metamorphismus der Gesteine). Thonschief
ergebiete, welche eine Verknüpfung solcher »metamorphischer«
Varietäten aufweisen, sind aus
Sachsen, dem
Harz, den
Vogesen,
Pyrenäen, aus
Cornwall und von andern, auch transatlantischen
Orten bekannt. Es bilden diese
Varietäten zugleich petrographische Übergänge zu den
Phylliten (s.
Phyllit),
welche im allgemeinen reicher an kristallinischen
Bestandteilen als die Thonschiefer
sind.
Die Thonschiefer
gehören den ältern
Formationen an und kommen nur selten (z. B. die tertiären Glarusschiefer, s.
Tertiärformation)
[* 14] in jüngern
Schichten vor, werden aber meist ihrerseits von den
Phylliten an
Alter noch
übertroffen. Eine
Reihe von Bezeichnungen, Ortsnamen entnommen oder nach
Versteinerungen gewählt, dienen zur Charakterisierung
des
Alters der Thonschiefer
, so beispielsweise: Graptolithenschiefer im
Silur,
Wissenbacher oder
Orthocerasschiefer im
Devon,
[* 15]
Posidonienschiefer
des
Kulms etc. Wo der Thonschiefer
in großer,
Berge bildender
Mächtigkeit auftritt, setzt er meist abgerundete
Höhen
und wellige
Plateaus zusammen;
seine Thäler sind oft schroff eingerissen, am Fuß der klippenartig emporsteigenden Thalwände mit großen Schutthalden bedeckt, welche die starke Zerklüftung des Gesteins geliefert hat.
Das letzte
Residuum der
Verwitterung
ist meist ein mit Gesteinsbrocken gemengter, fruchtbarer
Lehm- und Thonboden. Thonschiefer
dient zu Dachplatten, Schreibtafeln,
Griffeln,
Tischplatten, die erdigen
Varietäten als
schwarze Kreide, die harten als
Wetzsteine, die eisenkieshaltigen zur
Alaun- und Vitriolbereitung.