Teufel
(griech. Diabolos, »Verleumder«; hebr. Satan, s. v. w. Widersacher), das personifizierte Prinzip des Bösen. Der stete Wechsel von schaffenden und zerstörenden Naturkräften spiegelt sich in den meisten Religionen als Gegensatz göttlich-wohlthätiger zu finster-unheilvollen Wesen, und in demselben Maß, als die Furcht vorherrschender Faktor in einer Religion ist, wendet sich sogar gerade den letztern ein gewisser Kult zu. Am ausgebildetsten tritt ein solcher Dualismus bei den Parsen (s. d.) auf.
Von da drang die
Lehre
[* 2] von einem persönlichen
Haupte des
Reichs des
Bösen in das
Judentum ein, und erst
jetzt wurde der
Satan, welcher im
Buch
Hiob noch als ein übelwollender, aber Gott untergeordneter und in seinem
Dienst handelnder
Unglücksengel erscheint, zum eigentlichen Teufel
, neben welchem in den palästinischen
Apokryphen, z. B. im
Buch
Tobias, noch andre
Dämonen erscheinen als Plagegeister der
Menschen. Dieselbe dämonologische Vorstellungswelt ist in voller
Stärke
[* 3] dann auch in die neutestamentlichen
Schriften übergegangen, wie schon die große
Rolle beweist, welche die
»Besessenen«
(s. d.) in den Evangelien spielen.
Wenn dann auch noch in den spätern Lehrschriften des
Neuen
Testaments
Christus als
Sieger erscheint über den
»Fürsten dieser
Welt«, d. h. den mit landesüblichen
Ausdrücken auch
Beelzebub (s. d.) oder
Beelzebul, eine Form des
Baal,
und
Belial oder Beliar (»Nichtsnutzigkeit«) genannten
Satan, so steht hier die mit
Hölle und Teufel
sich befassende
Vorstellung
allerdings zunächst im
Dienste
[* 4] der Vertiefung der religiösen
Ideen und
Motive. Der
Glaube an die Überwindung des Teufels
durch
Christus trug dazu bei, der
Lehre vom
Messias einen sittlichen
Gehalt zu geben und alle
Energie der sittlichen
Kräfte in
den Gläubigen zum
Kampf wider die
Gewalt des
Argen ins
Feld zu rufen.
Aber auch, als die sittliche
Begeisterung abgekühlt war, erhielt sich die
Vorstellung vom Teufel
, welcher seither
in der christlichen
Dogmatik den persönlichen
Repräsentanten der
Sünde bildet, den schlauen und gewaltigen Feind des göttlichen
Reichs, den allezeit geschäftigen Veranlasser böser
Lüste und unfrommer
Gedanken
in den Gläubigen. Im
Gegensatz zu den Schutzengeln
und guten Geistern galten in der alten
Kirche die
Dämonen als geschaffene, aber freiwillig abgefallene
Geister, welche die Heidenwelt beherrschen,
Objekte des heidnischen
Kultus sind,
Christenverfolgungen veranlassen und die Ausbreitung
der
Kirche hindern.
Ihr
Haupt
Lucifer (s. d.) hat sich gleich nach der
Schöpfung von Gott losgesagt, sei es aus
Neid, sei es aus
Hochmut; seine endliche
Bekehrung, welche einzelne
Lehrer in Aussicht stellten (s.
Apokatastase), wurde schon von
Irenäus und seit
Augustin von der ganzen
Rechtgläubigkeit geleugnet. Dagegen war man der
Ansicht, daß infolge des
Siegs
Christi über
Tod und
Hölle
Gebet, Taufwasser, Kreuzeszeichen u. dgl. hinreichen,
den Teufel
zu bändigen, und schon
Gregor I. meinte, er sei eigentlich ein dummes
Tier, welches sich in seinen
eignen
Schlingen fange.
Eine schreckhaftere Gestalt gewann er wieder im
Mittelalter. Besonders im germanischen Volksglauben spielte er von jeher eine
große
Rolle, teils allerdings auch humoristisch im
Märchen, meistens aber schauerlich im
Glauben an Hexerei und
Zauberei. Die
Theologen und
Juristen, welche seit dem 15. Jahrh. die
Theorie und
Praxis der
Hexenprozesse (s. d.) kultivierten,
haben auch die genauere
Naturgeschichte des Teufels
festgestellt. Selbst die
Reformation hat den ganzen Teufel
sglauben als
unentbehrlichen
Artikel mit in den
Kauf genommen,
Luther voran, welcher sein
Leben lang wider den »altbösen
Feind« zu
Felde lag.
Erschüttert wurde diese
Lehre erst im Zusammenhang mit den
Hexenprozessen, und infolge der kritischen
Richtung, welche in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. die protestantische
Theologie erfaßte, fingen selbst die offenbarungsgläubigen
Theologen an, die
Lehre vom
Satan zu mildern, während die Rationalisten ihn ganz aus dem christlichen
Glauben verwiesen, indem
sie die biblischen Äußerungen auf
Akkommodation zurückführten. Die neuere
Orthodoxie dagegen hat sich
des Teufels
wieder mit Vorliebe angenommen,
Vilmar ihn sogar gesehen, und im Volksglauben spielt derselbe noch immer eine
große
Rolle; selbst die Meinung, daß man durch Zaubersprüche den Teufel
und seine
Geister herbeirufen und unter gewissen
Bedingungen
sich dienstbar machen könne (Teufel
sbeschwörung), steht noch vielfach in
Blüte.
[* 5]
Vorgestellt wird er nach altväterlicher
Weise schwarz und behaart, mit
Bocks- oder
Pferdefüßen,
Krallen,
Hörnern, einem Kuhschwanz,
häßlichem
Gesicht
[* 6] und langer Habichtsnase und bei seinem Verschwinden einen argen Gestank hinterlassend. Überdies hat er
im Volksglauben noch viel von dem
Wesen, den Gestalten und den
Namen der alten
Gottheiten beibehalten, und
die meisten
Sagen, welche vom Teufel
handeln, sind auf die ehemaligen
Götter zu beziehen.
Daher spukt der Teufel
hauptsächlich an
Stätten, die im
Heidentum heilig waren, heischt dieselben
Opfer, welche einst die
Götter empfingen, erscheint häufig als
grüner
Jäger oder in Tiergestalt.
Mitunter sind auch
Züge von den
Riesen auf ihn übergegangen, und deshalb werden nicht nur uralte Bauten,
Fußspuren in
Felsen und
Pflanzen nach ihm benannt, sondern auch viele
Sagen von ihm erzählt, in denen er, wie einst die
Riesen
von
Helden, von
Menschen überlistet wird. Die
Kunst pflegt den Teufel
allegorisch, namentlich unter den biblischen Bildern einer
Schlange
[* 7] oder eines
Drachen, darzustellen.
Vgl.
Roskoff, Geschichte des Teufels
(Leipz. 1869, 2 Bde.);
Albers, Die
Lehre vom Teufel
(Straßb. 1878);
Conway, Demonology and devil-lore (Lond. 1878, 2 Bde.);
Brown, Personality and ¶
mehr
history of Satan (das. 1887);
Wessely, Die Gestalten des Todes und des Teufels
in der darstellenden Kunst (Leipz. 1875).