Testis
auch Hoden.
Testis
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Testis
auch Hoden.
(Testes, Testiculi, Orchides), zwei eiförmige, etwas flachgedrückte Drüsen, welche beim männlichen Geschlecht den Samen [* 3] bereiten. Sie liegen im Hodensack (scrotum), einer muskelreichen, in zwei Hälften geteilten Hauttasche, frei beweglich innerhalb einer von einer glatten Haut, [* 4] die auch den Hoden überzieht (der sog. Scheidenhaut), ausgekleideten Höhle und bestehen aus zahlreichen feinen, dicht aneinander gelagerten Kanälchen (den Samenkanälchen oder Samenröhrchen), innerhalb deren der Same erzeugt wird.
Diese Samenröhrchen (tubuli seminiferi), deren es gegen 800-1000 giebt, vereinigen sich nach und nach zu 12-19 Ausführungsgängen, welche in ein zweites, weicheres, neben dem Hoden liegendes Organ, den Nebenhoden (epididymis), eintreten und sich hier zu dem Samenleiter (vas deferens) vereinigen, welcher, durch Muskelfasern verstärkt und von Blutgefäßen und Nerven [* 5] begleitet, den Samenstrang (funiculus spermaticus) bildet und in die Bauchhöhle heraufsteigt, von da neben der Blase herabgeht, sich mit den zur Aufsammlung des Samens bestimmten Samenbläschen verbindet und endlich, mit diesen einen gemeinschaftlichen Ausführungsgang darstellend, in der Harnröhre unterhalb des Harnblasenhalses ausmündet. Mangelhafte Thätigkeit der Hoden bewirkt Unfruchtbarkeit des Mannes; der Hoden beraubte männliche Individuen (Kastraten, Eunuchen, Hämlinge) sind gleichfalls unfruchtbar (s. Kastration). Scheinbar fehlt ein Hoden oder auch beide (Monorchiden, Anorchiden), wenn sie die Leibeshöhle, in welcher sie beim normalerweise im Mutterleib auf dem Kopf stehenden Fötus liegen, noch nicht verlassen und noch nicht in den Hodensack hinaufgestiegen sind.
Unter den Krankheiten der Hoden kommen am häufigsten die folgenden vor:
1) Die Hodenentzündung (Orchitis), welche entweder für sich allein auftritt und nur das eigentliche Hodengewebe befällt, oder sich mit einer Nebenhodenentzündung (Epididymitis) verbindet. Die Ursachen dieser überaus schmerzhaften Krankheit bestehen entweder in einem Stoß, Schlag, einer Quetschung oder sonstigen Verletzung des Hoden oder in einer Tripperentzündung der Harnröhre, die sich bei unzweckmäßigem Verhalten des Kranken leicht nach den Samenbläschen und dem Samenleiter ausbreitet und bis zu den Nebenhoden fortsetzt; mitunter tritt eine entzündliche Hodenschwellung auch im Verlauf der epidemischen Ohrspeicheldrüsenentzündung auf.
Die wichtigsten Symptome der Hodenentzündung sind eine meist schnell eintretende, mehr oder minder beträchtliche Anschwellung und große Schmerzhaftigkeit des und des Nebenhodens, womit in der Regel Fieber, allgemeines Unbehagen, nach den Schenkeln ausstrahlende Schmerzen, bei stärkern Graden der Entzündung auch die Unmöglichkeit zu gehen verbunden sind. Bei günstigem Verlauf nimmt die schmerzhafte Hodenschwellung nach 8-10 Tagen ab, und es tritt vollständig Genesung ein; in andern Fällen kommt es zu einer langwierigen Eiter- und Absceßbildung im H., wobei ein großer Teil des eigentlichen Drüsengewebes zerstört werden kann, oder es bleibt eine chronische Verdickung und Verhärtung des Nebenhodens zurück, welche, wenn sie beide Nebenhoden betrifft, dauernden Verlust des Zeugungsvermögens zur Folge haben kann.
Die Behandlung besteht in Bettruhe, hoher Lagerung des entzündeten Hoden auf einem untergelegten kleinen Kissen oder einem straff um die Schenkel herumgeführten Tuche sowie in der energischen Anwendung der Kälte in der Form von Eisbeuteln oder Eiswasserkompressen; bei großer Schmerzhaftigkeit sind örtliche Blutentziehungen nützlich. Wenn die Entzündung trotzdem in Eiterung übergeht, so sind warme Breiumschläge, die frühzeitige Eröffnung der Abscesse sowie antiseptische Verbände angezeigt.
2) Die Tuberkulose des und Nebenhodens findet sich vorwiegend bei skrofulösen und tuberkulösen Personen, befällt fast nur das mittlere Lebensalter und besteht in einer harten höckerigen tuberkulösen Infiltration des Hoden oder Nebenhodens, welche allmählich in Erweichung und Zerfall übergeht und unregelmäßig gestaltete käsige Geschwüre und Fistelgänge in der Haut des Hodensacks bildet. Da die örtliche Tuberkulose des und Nebenhodens sich meist rasch ausbreitet und leicht Anlaß zum Ausbruch einer allgemeinen Tuberkulose giebt, so muß der erkrankte Hoden sobald als möglich operativ entfernt werden.
3) Der Krebs [* 6] oder Markschwamm des Hoden kommt fast nur in den mittlern und höhern Lebensjahren vor und äußert sich darin, daß sich der Hoden allmählich in eine weiche schwammige, faust- bis kindskopfgroße Geschwulst verwandelt, welche schließlich durch Erschöpfung und Säfte-Entmischung den Tod des Kranken herbeiführt. (S. Krebs.) Nur eine frühzeitige und gründliche Operation kann diesen übeln Ausgang verhüten. Auch in der Haut des Hodensacks kommt eine besondere Form des Krebses vor, welche, da sie sich vorzugsweise bei Schornsteinfegern infolge der beständigen Einwirkung des Rußes vorfindet, mit dem Namen des Schornsteinfegerkrebses belegt worden ist.
4) Die Scheidenhautwassersucht des Hoden oder der Wasserbruch (Hydrocele) besteht in der krankhaften Ansammlung einer blaßgelben oder grünlichen eiweißhaltigen Flüssigkeit zwischen den beiden Blättern der sog. Scheidenhaut des Hoden (s. oben) und giebt sich durch eine oft ziemlich beträchtliche, mehr oder minder pralle Geschwulst des Hodensacks zu erkennen, welche dem Kranken durch ihre Schwere lästig fällt und bei erheblichern Graden ein schmerzhaftes Ziehen am Samenstrang verursacht. Dieses lästige, aber ungefährliche Übel ist entweder angeboren oder entsteht nach Entzündungen der Harnröhre und des Hoden sowie nach Quetschungen und anhaltenden Erschütterungen des letztern (beim Reiten), häufig auch ohne bekannte Ursache. Die Behandlung bezweckt die Entleerung der angesammelten Flüssigkeit, welche vermittelst der Punktion mit dem Troikar oder der Lanzette [* 7] bewirkt wird; da aber gewöhnlich nach längerer oder ¶
kürzerer Zeit die im Wasserbruchsack enthaltene Flüssigkeit nach der Punktion wieder von neuem sich ansammelt, so verdient die radikale Operation durch Schnitt, welche eine vollständige Verwachsung und Verödung der Scheidenhauthöhle und damit sichere Heilung verbürgt, entschieden den Vorzug. Der Wasserbruch der Neugeborenen und Säuglinge erfordert gewöhnlich keine besondere Behandlung, da er in der Regel über lang oder kurz von selbst verschwindet. -
Vgl. Kocher, Die Krankheiten des Hoden (in Pitha-Billroths «Handbuch der Chirurgie», Bd. 3, Abteil. 2, Lfg. 7, Stuttg. 1874).