2)
Leo,
Graf von, österreich. Staatsmann,
Bruder des vorigen, geb. war
vor der Märzbewegung
von 1848 als
Sekretär
[* 12] in der Hofkanzlei angestellt und machte sich damals auch durch einige
Schriften, wie: »Über den gegenwärtigen
Stand der böhmischen Litteratur«
(Prag
[* 13] 1842),
Von hier läuft sie der Wasserscheide zwischen Zulg und Emme entlang nach dem Kamm der Hohnegg, greift in das Thal des Röthenbachs
hinüber, zieht sich über die Höhen des Staufen und der Schafegg (ohne aber deren Endpunkt, die Falkenfluh, zu erreichen),
steigt in die Schlucht der Rothachen hinunter und erreicht bei Thungschneit gegenüber Uttigen die Aare. Dann
quert sie die Ebene von Uetendorf-Uttigen, läuft eine kurze Strecke der LandstrasseUttigen-Seftigen entlang, folgt dem Höhenzug
des Uetendorfberges, macht eine Schlinge in das Thal der Gürbe und zieht sich dem Oberlauf dieses Flüsschens entlang zurück
nach dem Gantrist.
Der Bezirk umfasst in orographischer Beziehung 3 Zonen:
1) das aus Kalkfels aufgebaute Voralpengebiet der Stockhornkette und der westl. Emmengruppe mit dem Sigriswilergrat und seiner
nordöstl. Fortsetzung bis zum Hohgant;
3) die Ebene von Thun, ein altquartäres Kanderdelta, mit der so überaus typischen Moränen-Hügellandschaft
auf dem linken Aareufer (Amsoldingen).
Von der Stockhornkette gehört zum Amtsbezirk Thun der n. Absturz des Kammes vom Gantrist zum Walalpgrat mit den charakteristischen
Gipfeln des Gantrist (2177 m) und der Nünenen (2087 m), der einen langen, scharfen Kamm bildenden Krummefadenfluh (2015
m), der Kuppe des Hohmad (2079 m), dem schmalen Rasenfirst des Menschelenspitz (2022 m) und Widderfeld (1910 m) und dem breiten,
steil gegen das Stockenthal abstürzenden Gewölbe des Walalpgrates (1918 m). Mehrere Thälchen sind in diese Bergflanke eingeschnitten.
Ausser der breiten Mulde der Gürbe seien das Fallbachthal, der Sulzgraben und der Rufigraben genannt. Die
beiden letzteren liegen im Sommer mitunter fast trocken, während der Fallbach sich das ganze Jahr durch Wasserreichtum auszeichnet.
Die Alpweiden dieses Gebietes sind ziemlich steil und stehen, an Ausdehnung und Ertragsfähigkeit hinter denjenigen
¶
Ein besondres Gepräge erhält diese Landschaft durch die zahlreichen Seebecken, den Amsoldinger-, Uebischi-, Dittlig- und
Geistsee, während die in Urkunden noch als Seen bezeichneten Becken des Aegelsees und zweier ungenannter
Seen unterhalb Uebischi und zwischen Thierachern und Längenbühl durch Verlandung sich in Moorflächen verwandelt haben. Als
Wasserläufe dieser Hügellandschaft seien erwähnt der im Amsoldingersee entspringende Walenbach, der bei Uttigen als Ammletenbach
in den Glütschbach mündet, sowie die dem Geistsee entfliessende Grosse Müsche.
Durch das von der Kander in diesen Hügelwall eingegrabene Flussthal, welches sich gegen die Thunerallmend
hin öffnete, wurde nach deren Ablenkung in den See (1714) der Glütschbach geleitet, der bei Uttigen von links in die Aare mündet.
Das ehemalige Ueberschwemmungsgebiet der Kander und Aare, die von Gwatt bis Uttigen sich ausdehnende, 5 km breite und 9 km
lange Ebene, von welcher ein Teil als Artillerieschiessplatz benutzt wird, ist fast ganz in Kulturland umgewandelt worden.
Die Aare durchfliesst diese Ebene ihrem östl. Rand entlang, so dass das rechte Ufer eine geringere Flächenentwicklung aufweist.
In dieser Ebene oder an ihrem Rand liegen auf dem linken Ufer Gwatt, Schoren, Buchholz, Dürrenast, Allmendingen,
Scherzligen und die neuen Quartiere von Thun mit der Allmend, sowie Teile der DörferThierachern und Uetendorf. Rechts der Aare
liegen Heimberg und, auf dem von der Zulg geschaffenen Delta, Steffisburg mit seinen Vororten. Bei Thun tritt der Berghang des
Grüsisbergs, eines Ausläufers der Blume, bis fast an den Fluss heran, so dass für die Stadt Thun nur
ein enger Raum übrig bleibt.
Ebenso fällt der Bergstock der Blume steil und ohne grössere Terrassenbildung nach dem See hinunter, wo die Ortschaften Hilterfingen,
Oberhofen, Gunten und Merligen auf dem schmalen Ufersaum kaum Raum finden. Besonders steil sind die gegen
den See in parallelen Bogen sich senkenden Abstürze des Beatenberges (2067 m) und des Sigriswilergrates (2053 m), zwischen welchen
das hinter Merligen sich öffnende Justisthal eingebettet liegt. Diese beiden Ketten mit ihren verwitterten Gräten und Karrenbildungen
tragen ein wildes Gepräge, ebenso die ihre Verbindung mit dem Hohgant vermittelnde Kette der Sohlflühe
(1956 m). Der westl. an den Sigriswilgrat angelehnte Bergstock der Blume (1395 m), der Molasse angehörend, entsendet mehrere
tief eingerissene Wasserläufe nach dem Thunersee, so den Stampbach bei Ralligen, den Gunten- und den Oertlibach bei Gunten, den
Kohlgraben bei Oberhofen, den Hünibach oberhalb des Ausflusses der Aare.
Dieses hochgelegene, stark bewaldete Berggelände mit seinen tiefen «Krächen»
und stotzigen «Eggen» trägt den Charakter der oberemmenthalischen Gebirgslandschaft. Das selbe gilt auch von dem 16 km langen Thal
der Zulg, das in seinem unteren und mittleren Lauf schluchtartig eingegraben ist und bis an den Fuss des Hohgant reicht. Es
wird im S. durch den Sigriswilgrat und die von ihm abzweigenden firstartigen, gegen die Zulg steil abfallenden und durch tiefe
Gräben
von einander getrennten Ausläufer, sowie durch die N.-Abdachung der Blume, die den Namen Winterseite
und Homberg trägt, begrenzt.
Den Abschluss bilden die Steilhänge und Felsbastionen der Sohlflühe und des Widderfeld (2080 m). Nördl. von diesem vermittelt
eine Senke die Verbindung mit Schangnau und dem Thal der Emme. Nach N. ist das Thal der Zulg von der Hohnegg
(1529 m) und ihrem westl. Ausläufer begrenzt, dessen Endpunkt, der Hartlisberg bei Heimberg, gegen die Aare abfällt. Den Hintergrund
des Thales nimmt die Gemeinde Eriz ein. Am W.-Fuss der Hohnegg dehnt sich gegen das Thal des Röthenbaches die Gemeinde Ober Langenegg
aus, während Unter Langenegg und Fahrni hoch über der Zulg auf schönem Wiesengelände sich lagern.
Der diese Ortschaften tragende Hügelzug scheidet das Thal der Zulg von dem ihm parallel laufenden kürzeren Thal der Rothachen,
die in den Torfmooren von Ober Langenegg entspringt und zwischen Uttigen und Kiesen in die Aare mündet. Ihr Thal wird im N.
begrenzt durch den Buchholterberg, an dessen S.-Hang die die gleichnamige Gemeinde bildenden Weiler liegen.
Im Hintergrund des Thales liegt am N.-Abhang des Staufen und teilweise schon im Gebiet des Röthenbaches die Gemeinde Wachseldorn.
Der höchste Punkt des Amtes, der Gipfel des Gantrist, erreicht 2177 m, der niedrigste Punkt, die Aare bei Thungschneit, 540 m
Höhe.
Der Amtsbezirk weist innerhalb seiner Grenzen sowohl in landschaftlicher wie in kultureller Hinsicht grosse Gegensätze auf,
da sich auf diesem kleinen Gebiet Oberland, Emmenthal und Mittelland vereinigen. Die auf dem rechten Aareufer gelegenen Ortschaften
mit ihren Bewohnern tragen mehr den Charakter des Emmenthales, während auf dem linken Ufer die Einflüsse
des Mittellandes und des Oberlandes sich kreuzen. Hier finden sich in dem selben Dorfe das den mittelländischen Typus tragende
Bauernhaus und das Oberländerhaus. Die Landschaftsbilder, die sich von der Umgebung Thuns darbieten, sind weltberühmt und
einzigartig durch die Verbindung von Hochgebirge, Voralpen, See und Mittelland.
Der Amtsbezirk umfasst eine Bodenfläche von 28090 ha und zählt 33473 Ew., so dass auf 1 km2 112 Ew.
kommen. Er ist an Flächeninhalt der 9., an Bevölkerungszahl der 2., an Bevölkerungsdichte der 9. Amtsbezirk des Kantons.
Von den in 4403 Häusern wohnenden und auf 7181 Haushaltungen sich verteilenden 33473 Einwohnern gehört
die weit überwiegende Mehrheit der reformierten Konfession an, indem nur 618 zugewanderte Katholiken sind. Die Bevölkerung
ist im Zunehmen begriffen, wie aus folgenden Ziffern sich ergibt: 1764: 12166 Ew.;
Hauptbeschäftigung der Bewohner ist die Landwirtschaft, die wegen der grossen klimatischen Unterschiede in mannigfaltiger
Weise betrieben wird. In den Gemeinden Sigriswil, Eriz und Unter Langenegg herrscht Viehzucht vor, in den
tieferen Lagen wird dem Wiesenbau grosse Sorgfalt zugewendet. Der Obstbau ist fast überall vertreten, doch wird die Ernte
durch den im Frühjahr heftig wehenden Föhn und die bis in den Mai auftretenden Fröste häufig gefährdet. Der Rebbau ist
zurückgegangen bis auf ein kleines Gebiet bei Steffisburg und am Seeufer, dagegen wird die Bienenzucht
häufig und mit Erfolg betrieben. Die Güterpreise sind im allgemeinen hoch. Das unproduktive Areal umfasst
¶
mehr
5400 ha, das produktive dagegen 22690 ha. Davon entfallen auf:
Drei Zigarrenfabriken in Steffisburg. Möbelfabrikation in Thun, Kartonnagefabrik in Thun. Drei Bierbrauereien in Steffisburg.
Fabrikation von Milchschokolade in Steffisburg. Ziegelei und Backsteinfabrikation in Steffisburg (Glockenthal). Gipsgruben in
Blumenstein. Grosses Walzwerk und Giesserei in Thun. Die eidgenössischen Werkstätten in Thun beschäftigen
über 1500 Arbeiter. Schiffswerfte bei Scherzligen. Grosse Zunahme hat der Fremdenverkehr erfahren.
Amtsspital in Thun, Lungensanatorium in Heiligenschwendi, Krankenhaus (von der Familie Pourtalès gestiftet und unterhalten)
in Oberhofen; Altersasyle in Dürrenast und Thun. Den Lokalverkehr vermittelt ein ziemlich ausgedehntes Strassennetz. Die wichtigsten
Strassen sind: die links- und die rechtsufrige Thunerseestrasse, die Bernstrasse, die Strassen Thun-Steffisburg-Buchholterberg-Schwarzenegg-Röthenbach-Schangnau;
Der Amtsbezirk Thun ist in seiner heutigen Gestalt durch Vereinigung mehrerer ursprünglich nicht zueinander
gehörender Gebiete entstanden. Er umfasste zunächst die schon zur ehemaligen Herrschaft Thun gehörenden Territorien, aus
denen 1384 bei der Erwerbung Thuns durch die Stadt Bern das Schultheissenamt Thun gebildet wurde. Es sind dies das Stadtgericht
Thun mit den beiden Freigerichten Steffisburg und Sigriswil und deren ausgedehntes Gebiet. Dazu kamen die
im Gebiet der ehemaligen Landgrafschaft Burgund gelegenen, 1386 zum Landgericht Seftigen vereinigten Gemeinden
und die um 1400 von
Thun erworbenen Ortschaften Uetendorf, Berg und Längenbühl, ferner die in militärischer Hinsicht ebenfalls zum Landgericht
Seftigen gehörenden HerrschaftenThierachern und Blumenstein, die HerrschaftAmsoldingen mit dem Gebiet des
gleichnamigen Stiftes und den Ortschaften Uebischi, Pohleren, Forst und Zwieselberg. 1803 kam noch das ehemalige Amt Oberhofen
mit Strättligen und Hilterfingen zu Thun.
Bahnhof der Linien Bern-Belp-Thun und Bern-Münsingen-Thun, Thun-Spiez-Interlaken und der elektrischen Vollbahn Burgdorf-Thun.
Dampfschiffstation beim Freienhof im Zentrum der Stadt für die Dampfschiffahrt auf dem Thunersee. Postbureau mit Filiale
bei der Kaserne, Telegraph, Telephon. Die Bevölkerung zählte 1900: 6030 Ew. (wovon 5633 Reform. und 363 Katholiken)
in zusammen 1349 Haushaltungen. 1764: 1414 Ew.;
Hier liegen die modernen Quartiere Aarefeld, Frutigstrasse und Mittlere Strasse, sowie die Thunerallmend mit den
Häusergruppen Bei der Waldegg, Zollhaus und Rossweid. Acht Aarebrücken (worunter ein Fussgängersteg)
vermitteln den Verkehr der Stadt mit den Aussengemeinden und der einzelnen Quartiere unter sich. Ausserdem überbrückt die
elektrische Bahn Thun-Burgdorf die Aare unterhalb der Stadt. Den Hauptverkehr in der inneren Stadt vermitteln die Hauptgasse
und das Bälliz.
Erstere zieht sich auf dem rechten Aareufer dem Schlossberg entlang vom nördl. zum südl. Ende der Stadt.
Sie erweitert sich zum Rathausplatz, ist teilweise von Arkaden umgeben und gewährt mit ihren hohen Fussgängersteigen, unter
welchen sich Verkaufsräume befinden und auf welche die Haustüren und Kaufläden münden, einen eigentümlichen Anblick.
Das Bälliz verläuft als breite, teilweise mit Bäumen bepflanzte Strasse der Hauptgasse parallel und
liegt auf der fast 1 km langen Aareinsel. In diese Hauptgassen münden mehrere Querstrassen, von denen die Marktgasse, welche
das untere Ende des Bälliz mit der Hauptgasse verbindet, die bedeutendste ist. Auf dem linken Ufer seien erwähnt der als
lange Häuserzeile dem Fluss entlang laufende Graben, die kurze Bahnhofstrasse, die belebte Allmendstrasse,
die Mittlere Strasse und endlich die Frutigstrasse, in deren Nähe der Friedhof liegt. Durch den Abbruch der Stadtthore und
der meisten Befestigungstürme, sowie durch Neubauten und
¶
1) Bezirk im schweiz. Kanton Bern,
hat (1888) 30 198 E., darunter 380 Katholiken,
in 29 Gemeinden. - 2) Thun, frz. Thoune, Hauptstadt des Bezirks Thun, am Ausfluß der Aare, die die Stadt in
zwei Armen durchfließt, aus dem Thuner See (s. d.), in 570 m Höhe, an den Linien Bern-Thun (31 km) der Schweiz. Central- und Thun-Interlaken
(27 km) der Jura-Simplon-Bahn, hat (1888) 5300 E., darunter 209 Katholiken, Post,
Telegraph,
[* 22] Fernsprecheinrichtung, altertümliche Häuser mit Arkaden und Terrassen, Rathaus mit Bibliothek und Archiv, eine eidgenössische
Militärschule für Offiziere und Unteroffiziere, Progymnasium, Mädchensekundärschule, histor.
Museum im Schloß, Waisenhaus, Bezirks- und Bürgerspital, Amtsersparniskasse, Spar- und Leihkasse, Filiale der Kantonalbank,
Gas- undWasserwerk. Über der Stadt ein gewaltiger viereckiger Turm
[* 23] mit vier Ecktürmchen, Rest des 1182 erbauten
Zähringen-Kyburger Schlosses, an den 1429 innerhalb der Ringmauern das Amtsschloß der Berner Schultheißen angebaut wurde,
und die 1738 erbaute got. Kirche. Thun ist der größte Waffenplatz der Eidgenossenschaft, namentlich für die Artillerie, welche
auf der nahen Allmend einen großen Schießplatz hat, und besitzt bedeutende Zeughäuser, eine Reitschule
und Pferderegieanstalt, Munitionsfabrik und Konstruktionswerkstätte; ferner bestehen Holzschnitzerei, Kunsttöpferei und
Majolikafabrikation, Schiefertafelfabrik, Kunstmühle, Ziegelei, Handel mit Käse, Leinwand, Sämereien und große Viehmärkte.
Der Fremdenverkehr der Stadt, die den Eingang ins Berner Oberland bildet, ist bedeutend. Die schönsten Punkte der reizenden
Umgebung sind die Schlösser Schadau, Chartreuse und Hünegg, der aussichtsreiche Jakobshübeli (640 m)
und der Waldpark des Grüsisberges mit der Kohlerenschlucht. -
altes Geschlecht, dessen Stammhaus Thun im Pfarrbezirk Vigo auf dem Nonsberge
im Fleimser Thal
[* 24] (Südtirol) lag, so daß also das Geschlecht mit dem gleichnamigen Schweizer Geschlecht nicht, wie angenommen wird, gemeinsame
Abkunft hatte. Durch die beiden SöhneAntons von Thun (gest. 1522) wurden zwei seit 1604 freiherrliche Linien gegründet:
A. durch Lukas die ältere (StammCastelThunn), gräflich seit 1629 und derzeit vertreten von GrafLeopold
von Thun, geb. ital. Unterpräfekt in Susa; B. durch Cyprian die jüngere (StammCastel Brughier).
Cyprian hinterließ drei Söhne, welche gleichfalls 1629 den Grafenstand erlangten. Von diesen war der älteste, ChristophSimon
(gest. 1635 ohne Kinder), der Erwerber der großen Besitzungen in Böhmen, die hierauf an JohannCyprian,
Grafen von Thun vererbten. Sein Zweig hat sich durch Fideïkommißinstitut vom in drei Majorate geteilt:
1) Das Majorat Klösterle, gegenwärtig vertreten durch Graf Oswald, geb. k. k. Kämmerer, Geheimrat und erbliches
Mitglied des Herrenhauses. Von seinen Vorfahren machte sich GrafFranzJoseph von Thun (geb. 1734, gest. 1801)
durch seine Wunderkuren bekannt.
2) Das Majorat Tetschen wird gegenwärtig durch GrafFranzAnton von Thun und Hohenstein (s. d.) repräsentiert. Seines VatersBruder
war GrafLeo von Thun und Hohenstein (s. d.).
3) Das Majorat Choltitz hat gegenwärtig zum Haupt den GrafenJohannes von Thun, geb. k. k. Kämmerer.
Georg Siegesmund, der Sohn Cyprians, stiftete den Tiroler Zweig, der sich durch seine zwei Söhne in den ältern Ast zu Brughier
(auch Castel Fondo) und den 1850 erloschenen zu Caldes in Südtirol spaltete.
und Hohenstein, FranzAnton, Graf von, österr. Staatsmann, geb. in Tetschen als Sohn des folgenden, studierte
in Wien die Rechte und widmete sich dann auf verschiedenen Hochschulen landwirtschaftlichen Studien. 1879 wurde er von dem böhm.
Großgrundbesitz in das Abgeordnetenhaus gewählt, wo er sich als konservativer Abgeordneter dem böhm.
Klub anschloß. Er folgte seinem Vater 1881 als erbliches Mitglied des Herrenhauses, wurde 1883 von dem fideïkommissarischen
Großgrundbesitz auch in den böhm. Landtag gewählt und verfocht dort als einer der Führer
der Feudalen deren Programm mit dem Wunsche, daß es zur Krönung des Kaisers als König von Böhmen kommen
möge, so daß er nach seiner Ernennung zum Statthalter von Böhmen (1889) vielfach geradezu als «Krönungsstatthalter»
bezeichnet wurde. Indessen rechtfertigte er nach dem Antritt seines Amtes die weitgehenden Erwartungen der Czechen nicht und
zeigte sich den 1890 in Wien stattfindenden Ausgleichsverbandlungen beider Volksstämme durchaus geneigt. Im Febr. 1896 legte
er sein Amt nieder, und von Juni bis Dez. 1896 war er Oberhofmeister des Erzherzogs Franz Ferdinand.
und Hohenstein, Friedrich, Graf von, österr. Staatsmann, geb. in Tetschen, studierte die Rechte in Prag
und widmete sich 1835 der diplomat. Laufbahn. Nachdem er in untergeordneten Stellungen im Haag, in London
[* 25] und Turin
[* 26] thätig, dann 1844 der Staatskanzlei in Wien zugeteilt gewesen war, wurde er Ende 1847 zum Gesandten in Stockholm,
[* 27] 1849 in
München,
[* 28] 1850 zum Präsidialgesandten am DeutschenBundestage, 1852 zum Gesandten in Berlin
[* 29] ernannt. 1854 zur Disposition gestellt,
wurde er 1855 Adlatus des Feldmarschalls Radetzky im lombard.-venet. Königreich, zog sich aber 1857 auf
seine Güter zurück. 1859 zum Gesandten in Petersburg ernannt, blieb er daselbst bis 1863, wo er aus dem kaiserl. Dienst austrat. 1867 wurde
er vom böhm. Großgrundbesitz in den Landtag gewählt, 1879 als erbliches Mitglied in das Herrenhaus
des österr. Reichsrats berufen, wo er ein Gesinnungsgenosse seines BrudersLeoThun und Hohenstein (s. d.)
war. Er starb
und Hohenstein, Leo, Graf von, österr. Staatsmann, geb. zu Tetschen, studierte zu Prag die Rechte und unternahm
dann eine längere Reise durch Europa,
[* 30] trat 1835 zu Prag in den Justizdienst, wandte sich jedoch 1842 der
Verwaltung zu. 1847 wurde er dem GrafenRudolfStadion zugeteilt, der nach Unterdrückung des Aufstandes in Galizien mit der Ordnung
der dortigen Verhältnisse betraut war. 1848 erfolgte seine Ernennung zum Gubernialpräsidenten in Böhmen,
¶
mehr
welches Amt er aber schon im Juli wieder verlor. Bisher hatte T.u.H. als Mitglied der böhm. Landtage
sich der nationalen Partei angeschlossen und selbst in die litterar. Bewegung der Czechen mit den Schriften«Über den gegenwärtigen
Stand der böhm. Litteratur und ihre Bedeutung» (Prag 1842) und «Die Stellung der Slowaken in Ungarn» (ebd.
1843) eingegriffen, in denen er die histor.-polit. Individualität der Czechen verteidigte. Eine ganz andere Richtung schlug
er ein, als er im Ministerium Schwarzenberg das Portefeuille des Kultus und Unterrichts übernahm, das er auch in
den folgenden Ministerien behielt.
Als Unterrichtsminister wirkte er im KabinettBach in hervorragender Weise als Regenerator des österr.
Schulwesens, organisierte die Gymnasien und die Hochschulen nach deutschen Mustern und berief an die Universitäten zahlreiche
ausgezeichnete Lehrkräfte aus Deutschland.
[* 32] Als Kultusminister schloß er das Konkordat mit der Römischen Kurie ab
aufgehoben 1870) und verschaffte dadurch der Kirche sehr großen Einfluß auf die Schule. Da nach dem
Diplom vom das Ministerium für Kultus und Unterricht aufgehoben ward, trat u. H. in den Ruhestand. Im Frühjahr 1861 von
dem Wahlkörper der Fideïkommißbesitzer in den neu gebildeten böhm. Landtag gewählt, stellte
er sich auf die Seite der mit den Nationalen verbündeten Feudalpartei und galt bald neben dem Grafen
Clam-Martinitz als deren Haupt. Im April desselben Jahres berief ihn der Kaiser auch in das Herrenhaus, in dem er Führer
der äußersten Rechten wurde und sich 1867 auf das entschiedenste gegen den Ausgleich mit Ungarn und die staatsrechtliche Spaltung
Österreichs aussprach. 1871 unterstützte er die Hohenwartsche Föderativpolitik im böhm.
Landtage, trat aber aus demselben aus, als das verfassungstreue liberale System siegte, huldigte dann der Abstinenzpolitik
und wurde, auch als die Czechen nach siebenjährigem Fernbleiben wieder in den Präger Landtag eintraten, mit den andern Feudalen
des Großgrundbesitzes nicht wiedergewählt; erst 1883 wurde er wieder in den böhm.
Landtag gewählt. Er starb -