[* 2] (hierzu der Stadtplan),
Haupt- und Residenzstadt des
KönigreichsWürttemberg,
[* 3] des württembergischen
Neckarkreises
und des Stadtdirektionsbezirks S., liegt in einer kesselförmigen, reizenden Erweiterung des Nesenbachthals,
das 1 km von der Stadt in das Neckarthal ausläuft, von
Weinbergen,
Gärten und
Villen rings umgeben, unter 48° 46' nördl.
Br. und 9° 10' östl. L. v. Gr., 249 m ü. M.,
und wird durch die 1100 m lange
Königs- und die sich an diese anschließende Marienstraße in die »obere«
(im
NW.) und die »untere Stadt« (im SO.) geteilt,
von denen letztere auch die
Altstadtin sich schließt.
Außer den genannten
Straßen sind die
Neckar-,
Olga-, Reinsburg-, Silberburg- und
Rote Bühlstraße sowie unter den
Plätzen
der Schloßplatz, der
Alte Schloßplatz, die Planie, der Dorotheen-, der St.
Leonhards- und der Charlottenplatz,
der Feuerseeplatz und der Marktplatz hervorzuheben. Den Schloßplatz zieren schöne
Anlagen, inmitten deren sich die 18 m
hohe, mit einer Konkordia gezierte Jubiläumssäule (1841 zur
Feier des 25jährigen Regierungsjubiläums König
Wilhelms errichtet)
erhebt, auf dem Alten Schloßplatz steht das von
Thorwaldsen modellierte Standbild
Schillers.
Von den öffentlichenAnlagen und
Promenaden sind noch zu nennen: der Schloßgarten (mit der Danneckerschen
Nymphengruppe, der Eberhardsgruppe von
PaulMüller, der Hylasgruppe und den zwei Pferdebändigern von
Hofer), welcher sich
bis in die
Nähe von
Kannstatt
[* 4] zieht, der Silberburggarten
(Eigentum der Museumsgesellschaft), die Planie mit den neuerrichteten
DenkmälernBismarcks u.
Moltkes
(Büsten, von
Donndorf modelliert), der Stadtgarten, die
Anlagen bei der Seidenstraße,
die neue Weinsteige etc. Von den zu gottesdienstlichen
Zwecken bestimmten Gebäuden (9 evangelische, eine reformierte und
eine kath.
Kirche und eine
Synagoge)
das 1845-46 umgebaute Hoftheater
mit vier ehernen StatuenvonBraun;
die sogen. Akademie, ein Nebenbau des Schlosses (früher Sitz der Karlsschule, jetzt die königliche
Handbibliothek, den königlichen Leibstall, die Schloßwache etc. enthaltend);
Die Zahl der Einwohner belief sich 1885 mit der Garnison (ein Regiment und 2 BatailloneInfanterie Nr. 119 und 125 und ein Ulanenregiment
Nr. 19) auf 125,901 Seelen (gegen 107,289 im J. 1875), darunter 106,282 Evangelische, 16,067 Katholiken und 2568 Juden. Die
industrielle
Thätigkeit ist nicht unbedeutend. Ganz besonders treten hervor die Bierbrauereien, die
Farben-, Pianoforte-, Harmonium-, Kassen-, Möbel-, Parkettboden-, Zigarren-, Chemikalien- und Wagenfabrikation, die Eisen- und Glockengießerei
und die Fabrikation von Reiseartikeln.
Die Stadt zählt über 100 Buch- und Kunsthandlungen, zahlreiche Buchdruckereien, Schrift- und Stereotypengießereien,
litho-, xylo- und photographische Anstalten etc. Alljährlich findet hier eine Buchhändlermesse
für Süddeutschland statt. Bekannt sind auch die Tuchmesse sowie die dortigen Hopfen- und Pferdemärkte. Den Verkehr nach
außen hin fördern die LinienBretten-Friedrichshafen und S.-Freudenstadt der Württembergischen Staatsbahn, für welche S.
den Knotenpunkt bildet; eine Zahnradbahn führt nach dem auf der Filderebene liegenden, durch seinen guten
Rotwein und seinen Obstbau bekannten Dorf Degerloch und weiter nach Hohenheim; den Verkehr in der Stadt und mit der nächsten
Umgebung vermitteln zwei Pferdebahnlinien. An Wohlthätigkeitsanstalten besitzt S. das Bürgerhospital, das Armenhaus, die
Olgaheilanstalt, die Paulinenhilfe (orthopädische Heilanstalt), die Nikolauspflege für blinde Kinder,
die Paulinenpflege etc. sowie mehrere Wohlthätigkeits- und zahlreiche andre gemeinnützige Vereine. Unter den Bildungsanstalten
steht das Polytechnikum (Wintersemester 1888-89: 248 Studierende) obenan. Außerdem befinden sich in S. eine Baugewerk-, eine
Kunst- und eine Kunstgewerbeschule, ein Konservatorium, eine höhere Handels-, eine Tierarznei- und eine Landes-
hebammenschule und eine Turnlehrerbildungsanstalt; ferner 2 Gymnasien, ein Realgymnasium, eine Reallehranstalt, ein Privatlehr-
und Erziehungsinstitut, ein Lehrerinnenseminar und zahlreiche niedere Schulanstalten. Unter den Sammlungen für Kunst und
Wissenschaft ist die königliche Sammlung, bestehend aus einer Bibliothek von über 400,000 Bänden, Gemälde-, Skulpturen-,
Antiken-, Münzen- und Naturaliensammlung, die wichtigste. Außerdem gehören hierher: die Sammlung vaterländischer
Altertümer, die Gemäldesammlung des Museums der bildenden Künste und die des Kunstvereins, die permanente Kunstausstellung,
die mit der Zentralstelle für Handel und Gewerbe verbundenen Sammlungen, die Präparatensammlung der Tierarzneischule, der
zoologische Garten
[* 12] etc. Groß ist die Zahl der in S. erscheinenden Zeitschriften und politischen Zeitungen. S.
ist Geburtsort des PhilosophenHegel, des ArchitektenHeideloff, der Dichter Hauff, Schwab u. a.
Urkundlich kommt S., das seinen Namen von einem Gestütgarten oder Fohlenhof führt, zuerst 1229 vor. 1312 wurde
es dem GrafenEberhard entrissen und ergab sich an Eßlingen,
[* 13] wurde jedoch 1316 wieder ausgeliefert. Seitdem haben die Grafen
von Württemberg hier ihren Sitz gehabt und es 1482 zur Hauptstadt der württembergischen Lande gemacht. Doch verlegte HerzogEberhardLudwig 1727 und nochmals KarlEugen 1764 die Residenz für mehrere Jahre nach Ludwigsburg.
[* 14] Bis 1822 stand
S. unter einer eignen Regierung, seitdem sind Stadt und Bezirk mit dem Neckarkreis vereinigt und bilden ein eignes Oberamt unter
dem Namen einer Stadtdirektion.
1) Oberamt, ohne die Stadt S., im württemb. Neckarkreis, hat 206,01 qkm und (1895) 44 026 (21 308 männl., 22 718 weibl.)
E. in 26 Landgemeinden. - 2) Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Württemberg, des Neckarkreises
und des Stadtdirektionsbezirks S., liegt 48° 47' nördl. Br. und 9° 11' östl. L. von Greenwich, vom Nesenbach durchflossen,
der in der Vorstadt Berg in den Neckar mündet, in 260 m Höhe, in einem weiten Thalkessel, von anmutigen Rebenhügeln und
waldigen Höhen umgeben, bedeckt eine Fläche von 29,79 qkm. Die mittlere Jahrestemperatur beträgt etwa
9,8° C., der Luftdruck 740 und die Niederschlagsmenge 608 mm. (Hierzu ein Stadtplan mit Verzeichnis der Straßen, Plätze
und öffentlichen Gebäude.)
Bevölkerung.
[* 16] Die ortsanwesende Bevölkerung betrug 1795: 19 510, 1834: 38 065, 1846: 48 635, 1861: 61 314, 1880: 117 303,
1890: 139 817, 1895: 158 321 (76 232 männl., 82 089 weibl.) E., d. i. eine Zunahme seit 1890 von 18 504 Personen oder 13,23
Proz. Dem Religionsbekenntnis nach waren 132 868 Evangelische, 21 809 Katholiken, 883 andere Christen, 2718 Israeliten und 43 andere.
Es wurden gezählt 30 952 Haushaltungen und 69 Anstalten. In S. waren geboren 59 663. Die Zahl der Geburten
betrug 1896: 4753, der Eheschließungen 1358 und der Gestorbenen (einschließlich Totgeborenen) 3090. In Garnison liegen Grenadierregiment
Königin Olga (1. württemb.) Nr. 119, Infanterieregiment KaiserFriedrich, König von Preußen
[* 17] (7. württemb.), Nr. 125, Dragonerregiment
König (2. württemb.) Nr. 26 und die Schloßgardecompagnie.
Anlage, Straßen und Plätze. Von den alten Stadtmauern und Türmen sind nur Reste vorhanden, Wall und Graben überbaut. Zu den
königl. Anlagen (80 ha) hinter dem Residenzschloß, die sich 4 km weit bis nach Cannstatt hinziehen und mit zahlreichen Bildwerken
(Danneckers Nymphen, Hofers Pferdebändiger, MüllersGrafEberhard) geschmückt sind, den Gärten der Museumsgesellschaft,
des Liederkranzes, der Stadtgartengesellschaft sind in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Anlagen und Spaziergänge getreten.
Aus der um den Marktplatz gelegenen engen Altstadt mit der ländlichen Eßlinger und der «reichen» obern Vorstadt entwickelte
sich im 19. Jahrh. eine große regelmäßig gebaute, an großartigen Gebäuden reiche Stadt, die an der
Entwicklung der neuen Renaissance durch hervorragende Meister (Leins, Egle, Gnauth und ihre Schüler) wichtigen Anteil hat. Unter
den Straßen zeichnen sich vor allem als Verkehrsadern aus die Königs-, die Neckar- und die Olgastraße, durch prächtige
Gebäude die Goethe-, Johannis-, Mörike-, Reinsburg-, Uhland- und Werastraße, durch ihre Lage die Hasenberg-,
Hohenheimer, Hohenstaufen- und Alexanderstraße.
die Regierung des Königs Wilhelm I., 1841 errichtet, von Wagner u. a., das eherne Reiterstandbild des GrafenEberhard im Bart
(1859) von Hofer, das Bronzestandbild Herzog Christophs (1889) von P. Müller, das Reiterstandbild König Wilhelms I. (1884)
von Hofer, das Marmordenkmal des Königs Karl und Bronzedenkmal der Königin Olga (1895) von Curfeß, die
Bronzebüsten Uhlands von Rau, des Rechtslehrers Joh. Jak. Moser (1885) von Kopp und des Herzogs Eugen von Württemberg (1878),
Marmorbüsten Danneckers von Curfeß (1888),Friedrich Vischers, Bismarcks und Moltkes (1889) von Donndorf, Robert Mayers von
Kopp, G. Schwabs von Zell, FranzSchuberts von Kietz, E. Mörikes von Roesch. Von Brunnen
[* 19] sind zu erwähnen
die auf dem Schloßplatz von Kopp, der mit dem Erzbild der Stuttgardia von Rau (1864), der got.
Brunnen bei der Marienkirche (1880) von Wolff und der Monumentalbrunnen mit dem Erzbild einer
Galatea auf der Eugensplatte von Rieth (1890).
Kirchen. Die Stiftskirche, eine dreischiffige got. Hallenkirche, 1436-95
erbaut, seit 1534 evangelisch und 1841 sowie 1890 hergestellt, enthält Glasgemälde (1841-87) nach Zeichnungen von Neher,
Steinbilder württemb. Grafen von GrafUlrich (gest. 1265) bis GrafHeinrich (gest. 1519); die kath. St. Eberhardskirche an der
Königsstraße war bis 1808 Kirche des Lustschlosses Solitude. Architektonisch bedeutender sind die Kirche in der
Vorstadt Berg (s. d.), die 1866-76 von Leins in Sandstein erbaute got. Johanneskirche auf einer Halbinsel des Feuersees, die
von Dollinger im rhein. Rundbogenstil des 12. Jahrh. aus Backsteinen aufgeführte turmreiche Garnisonkirche (1879) mit Glasgemälden
von Pfannschmidt und Wandbildern von Schraudolph, kath. Marienkirche (1879)
von Egle, eine frühgot. dreischiffige Hallenkirche mit zwei Türmen und einem von BeuronerBenediktinerngemalten Fries, roman. Kirche (1881) in der Karlsvorstadt (Heslach) von Wolff, roman.
Friedenskirche von Dollinger (1892) in der Neckarvorstadt, mit Glasfenstern, kath. St. Nikolauskirche
(1897) von Pohlhammer, Gedächtniskirche (1898) von Reinhardt und Pauluskirche (1898) von Frey, sämtlich frühgotisch, die
Schloßkapelle im alten Schloß, 1560 von HerzogChristoph gebaut, 1865 unter König Karl durch Tritschler
erneuert, die kleine engl. Kirche (1864), russ. Kirche (1895) von Eisenlohr und Weigle, zwei Methodisten- und mehrere andere
Kapellen sowie die 1859-60 von Breymann und Wolff erbaute Synagoge.
Weltliche Gebäude. Das Residenzschloß, 1746-1807 in einfachem franz. Stil erbaut, besteht aus einem Hauptgebäude
mit zwei vorspringenden Flügeln und enthält etwa 360 Säle und Gemächer, 1337-45 von Gegenbaur gemalte Fresken aus der
württemb. Geschichte und Skulpturen von Dannecker, Kopf u. a.; mit dem Schloß steht das Hoftheater in Verbindung, 1845-46 auf
den Grundmauern des unter HerzogLudwig durch Beer erbauten Lusthauses errichtet. Südwestlich vom Schloß
das alte Schloß, 1500 auf der Stelle einer ältern Burg begonnen, nach 1553 unter HerzogChristoph durch Tretsch ausgebaut und
später mit drei runden Ecktürmen versehen, hat die Formen der mittelalterlichen Burg bewahrt; daneben der Königin-Olga-Bau
im Palaststil des 18. Jahrh. (1896) von Lambert und Frey (Eigentum der
Herzogin Wera).
Westlich vom Residenzschloß über dem prächtigen, 1860 von Hackländer und Leins erneuerten Schloßplatz der Königsbau,
1856-60
von Leins erbaut, getragen durch eine großartige Kolonnade von 26 ion. Säulen,
[* 20] die durch zwei vorstehende korinth.
Säulenhallen unterbrochen werden; daneben das Kronprinzenpalais, 1846-50 in röm. Stil von Gaab erbaut.
Hinter dem Residenzschloß die jetzt als Bibliothek, Wohnungen, Kanzleien und Stallungen benutzten Gebäude der 1775 hierher
verlegten, 1794 aufgehobenen Karlsakademie (Karlsschule), in der Schiller mit Dannecker u. a. seine Ausbildung erhielt; an der
Neckarstraße das Gebäude des Staatsarchivs und Naturalienkabinetts (1827) im klassischen Stil, das Wilhelmpalais (1840) von
Salucci, Winterwohnung des Königs, weiter nördlich das Museum der bildenden Künste, 1839 erbaut, 1890 erweitert,
und die Münze (1842). Neuere bemerkenswerte Gebäude sind der Bahnhof (1867) von Morlok und Wolff (s. Tafeln: Bahnhöfe
[* 21] I,
[* 18]
Fig.
4, und IV,
[* 18]
Fig. 3), die Hauptpost von Tritschler (1870) hinter dem Königsbau,
die Markthalle, ein Geschenk des Königs Wilhelm I., die städtische Gewerbehalle von Wolff (1881),
das Landesgewerbemuseum von Hartel und Neckelmann (1895) mit der prächtigen König-Karls-Halle im Innern, das Justizgebäude
im Stil der Hochrenaissance (1879) und daneben die königl. Bibliothek (1885), beide von Landauer, das städtische Lagerhaus
(1890) am Güterbahnhof, die neue Infanteriekaserne (1886) in florentin.
Frührenaissance, das Generalkommando von Gnauth (1875), das vom königl.
Leibarzt Dr. Ludwig gestiftete Spital (1874), die von der Königin Olga gestiftete Heilanstalt für Kinder und Lehrlinge (1890),
die Technische Hochschule in ital. Renaissance, 1864 erbaut von Egle, erweitert 1879 von Tritschler, die Baugewerkschule in
franz. Renaissance von Egle (1870), die Kunstschule von Bok (1885), das Karlsgymnasium von Wolff (1885),
das Realgymnasium (1881), die Wilhelms-Realschule (1896), die neuen Spitäler: Marien-, Karl-Olga- und Bürgerspital, endlich
die Gebäude der Museumsgesellschaft (1875), der Württembergischen Vereinsbank (1873)
und der Reichsbank (1877) und die Liederhalle (1864; 1874 erweitert).
Verwaltung. Die Stadt wird unter Aufsicht der königl. Stadtdirektion verwaltet von einem Oberbürgermeister
(Rümelin, 18000 M.), zwei besoldeten Räten (Gauß und Stockmayer, je 9200 M.), einem Gemeinderat und Bürgerausschuß von
je 24 Mitgliedern. Der Vorort Gablenberg hat einen eigenen Unterschultheiß, aber keinen eigenen Gemeinderat. Seit 1891 besteht
eine Berufsfeuerwehr. Mit Nutzwasser wird die Stadt versorgt durch das Neckarwasserdruckwerk (1861),
das Seewasserwerk (1874) und das neue Neckarwasserwerk (1881), mit Trinkwasser durch das Wasser aus 94 einzelnen Quellenfassungen.
Die Kanalisation ist seit 1874 allmählich durchgeführt. Die Gasbeleuchtung besteht seit 1845; elektrische Beleuchtung
[* 22] seit 1895.
Finanzen. Die Einnahmen und Ausgaben sind für 1897/98 auf 9,477 Mill. M. veranschlagt; unter erstern befinden
sich 5,085 Mill. M. Steuern und Gebühren. Für Armen- und Krankenpflege werden aufgewendet 560000, für Unterrichts- und Erziehungswesen 1 148 500,
für Sicherheitszwecke 640 800, für Tiefbau, Straßen und öffentliche Plätze 3,327 Mill. M. Das Vermögen betrug 1895: 29,892,
die Schulden 20,929 Mill. M., darunter 19,?i6 Mill. M. Anleihen.
Behörden. S. ist Sitz der Ministerien und obersten Landesbehörden, der königl. Stadtdirektion,
¶
Unterrichts- und Bildungswesen. Die königl. Technische Hochschule ist 1829 als Gewerbeschule im Anschluß an die 1818 durch
Abtrennung einer Anzahl Klassen vom Gymnasium gebildete Realschule gegründet, 1840 zur Polytechnischen
Schule, 1862 zur Hochschule erweitert und 1870, 1876 und 1885 umgestaltet. Die Hochschule besteht aus Abteilungen für Architektur,
Bauingenieurwesen, Maschineningenieurwesen, chem. Technik, Mathematik und Naturwissenschaften und für allgemeinbildende Fächer,
[* 33] sowie einem Unterrichtskursus für Kandidaten des höhern Eisenbahn-, Post- und Telegraphendienstes und
hat (1897) 69 Lehrer und 531 Studierende.
Die Tierärztliche Hochschule ist 1821 eröffnet, 1880 neu organisiert und 1890 zur Hochschule erhoben und hat (1897) 12 Lehrer
und 90 Studierende. Ferner hat S. ein Eberhard-Ludwigs-Gymnasium (1686 gegründet), Karlsgymnasium (1881), Realgymnasium (1872),
zwei Realschulen (1796, 1896), drei höhere Mädchenschulen (Katharinen- und Olgastift, evang.
Töchterinstitut), evang. und kath. Mädchenschule, Bürger-(Mittel-) Schule für Knaben, zwei Mittelschulen für Mädchen,
Baugewerk-, Kunst-, Kunstgewerbeschule, Fortbildungsschulen für Gewerbe und Handel u. a., ein königl. Konservatorium der Musik
und mehrere Musikschulen. - An Vereinen bestehen der Württembergische Altertumsverein (1843), Verein für vaterländische Naturkunde
(1844), Christlicher Kunstverein (1857), die Anthropologische Gesellschaft (1872),
der Ärztliche, Tierärztliche, Architektenverein, der Verein für klassische Kirchenmusik u. a.
In S. erscheinen 10 polit. Zeitungen, darunter der «Schwäbische Merkur»
[* 34] (s. d.),
das «Neue Tagblatt», kath. «Deutsche
[* 35] Volksblatt»,
der demokratische «Beobachter» und die socialdemokratische «Tagwacht»,
ferner zahlreiche Zeitschriften, darunter «ÜberLand undMeer», «Deutsche Romanbibliothek», «Neue Musikzeitung» und
«Vom Fels zum Meer».
Sammlungen. Das Museum der bildenden Künste enthält Abgüsse von Werken der neuern Plastik (Thorwaldsen, Dannecker u. a.),
Gemälde (besonders neuerer Meister), Kupferstiche und Handzeichnungen; die Staatssammlung vaterländischer Kunst- und Altertumsdenkmale
im Bibliothekgebäude, 1862 gegründet und mit der königl. Münz-, Medaillen- und Altertumssammlung vereinigt, birgt röm.
und mittelalterliche Steindenkmale aus Württemberg, Gold-, Erz- und Eisenfunde und -Schmucksachen, Waffen,
[* 36] Gefäße, ital. Bronzen des 16. Jahrh., Porzellangegenstände u. a.; das
königl. Naturalienkabinett hat eine mineralog.-geognost.-paläontolog., zoolog.,
osteolog. und botan. Sammlung.
Eine ständige Ausstellung von Gemälden moderner Meister befindet sich im Gebäude des Württembergischen
Kunstvereins. Ferner hat S. eine königl. Hofbibliothek, königl.
öffentliche Bibliothek (432000 Druck- und 3900 Handschriften), Bibliothek der königl. Zentralstelle für Gewerbe und Handel.
Wohlthätigkeitsanstalten. Das Katharinenhospital, 1820 erbaut und wiederholt erweitert, mit 550 Betten, die Olgaheilanstalt
(1848) für Kinder und jugendliche Arbeiter mit 176 Betten, das evang. Diakonissenhaus (1854), Ludwig-, Karl-Olga-Spital, Marienspital
der Barmherzigen Schwestern, Kinderrettungsanstalt Paulinenpflege, Nikolauspflege für blinde Kinder, Arbeiterheim,
Herbergen für Fabrikarbeiterinnen und weibliche Dienstboten; ein städtisches Krankenversicherungsamt, 19 Orts-, 15 Fabrikkrankenkassen
und 18 eingeschriebene Hilfskassen; endlich ein großes Aktienschwimmbad.
Handel und Bankwesen. Dem Export dient seit 1881 ein Exportmusterlager, welches von etwa 400 Firmen Württembergs benutzt wird.
Hervorragend ist seit langer Zeit der Buchhandel, sowohl Verlag, als Kommissions- und Sortimentsgeschäft;
die bedeutendsten Firmen sind: Cottasche Buchhandlung (s. d.), W. Kohlhammer, Greiner & Pfeiffer, J. B. Metzler, P. Neff,
Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Deutsche Verlagsanstalt (s. Verlagsanstalt, Deutsche) u. a. Der Handel wird unterstützt
durch eine Reichsbankhauptstelle, die Hofbank, Württembergische Bankanstalt, Kreditverein, Hypothekenbank,
Württembergische Notenbank (s. d.), Württembergische Vereinsbank (s. d.),
eine Handels- und Gewerbekammer, Effektenbörse, Industrie- und Handelsbörse. Versicherungsanstalten sind die Allgemeine Rentenanstalt,
Lebensversicherungs- und Ersparnisbank, der Allgemeine Deutsche Versicherungsverein, die Württembergische Privatfeuerversicherungsgesellschaft
und Stuttgarter Pferdeversicherungsgesellschaft. S. ist Sitz zahlreicher Konsulate.
Verkehrswesen. S. liegt an den Linien Bretten-S.-Ulm (157,1 km), S.-Böblingen-Horb-Immendingen (147,5 km),
S.-Tübingen-Horb (103,6 km), S.-Calw (55 km), S.-Nördlingen (115,5 km), S.-Crailsheim (100,5 km) der Württemb. Staatsbahnen
[* 37] und an der Filderbahn (s. d.). Der Gesamtgüterverkehr betrug 1896: 863 890 t,
der Personenverkehr 5 971 889 Reisende. Die elektrischeBahn der Stuttgarter Straßenbahngesellschaft hat eine Länge von 20 km
und führt von Heslach durch die Stadt nach
¶
4 Städte und 39 Landgemeinden. - 2) C. oder Kalw, Oberamtsstadt im Oberamt C., 36 km westlich von Stuttgart, in dem tief eingeschnittenen Thale der Nagold, in 349 m Höhe, an der Linie Stuttgart-C.-Horb
(97,7 km, Schwarzwaldbahn) und Pforzheim-C. (26,8 km, Nagoldbahn) eines Eisenbahnbetriebsamtes, einer Handels- und Gewerbekammer und hat (1890)
Dichterin und Schriftstellerin, geb. 21. 1853 zu Stuttgart als Tochter des Dichters Hermann K., siedelte, nachdem sie ihre Bildung in Stuttgart und Tübingen empfangen, mit ihrer Familie nach Florenz über, wo sie sich zunächst als feinsinnige Übersetzerin aus dem Englischen, Französischen