Stoffmetam
orphose,
s. Stoffwechsel.
Stoffmetamorphose
3 Wörter, 36 Zeichen
Stoffmetamorphose,
s. Stoffwechsel.
die Gesamtheit der chemischen Vorgänge im Organismus, auf welchen die Lebenserscheinungen beruhen, und durch welche der Organismus als solcher erhalten wird. Der Organismus lebt, indem er fortwährend Stoffe aufnimmt, diese umwandelt, assimiliert und in integrierende Teile seines Körpers verwandelt, während andre, ältere Teile des Körpers aus dem Verband, [* 3] in welchem sie bis dahin standen, ausscheiden, umgewandelt und aus dem Körper entfernt werden.
Unterscheidet sich das Reich der Organismen von der unbelebten Natur wesentlich durch den S., so sind wieder Pflanzen und Tiere durch die besondere Art des Stoffwechsels voneinander verschieden, aber so, daß sie durch diese Verschiedenheit innig zusammenhängen. Die Pflanzen nehmen aus Luft und Boden anorganische Verbindungen (Kohlensäure, Wasser und Ammoniak oder Salpetersäure und gewisse Salze) auf und bilden unter dem Einfluß des Lichts und unter Abscheidung von Sauerstoff organische Verbindungen von zum Teil sehr komplizierter Zusammensetzung.
Über die hierbei verlaufenden Prozesse wissen wir sehr wenig. Aus Kohlensäure und Wasser entstehen Kohlehydrate, Fette und andre Verbindungen, durch Einwirkung von Ammoniak auf einige derselben wahrscheinlich die weitverbreiteten Amidosubstanzen und aus diesen eiweißartige Körper. Die Pflanzen atmen aber auch: sie nehmen Sauerstoff auf, und unter dessen Einfluß wird ein Teil der gebildeten organischen Substanz oxydiert. Immerhin tritt dieser Prozeß gegen den der Ernährung, der Bildung organischer Substanz, stark zurück, und so präsentiert sich der S. der Pflanze wesentlich unter dem Bild eines Reduktionsprozesses, bei welchem lebendige Kraft (die Wärme [* 4] der Sonnenstrahlen) in Spannkraft umgesetzt wird. Im Gegensatz zu den Pflanzen nehmen die Tiere als Nahrungsmittel [* 5] wesentlich organische Stoffe auf, direkt oder indirekt die wichtigsten Pflanzenbestandteile; sie sind nicht im stande, wie die Pflanzen, aus unorganischen Stoffen synthetisch organische zu bilden, vielmehr bedürfen sie der letztern, die nach verhältnismäßig geringer Wandlung zu Bestandteilen des tierischen Organismus werden und dann einer rückschreitenden Metamorphose unterliegen, unter Mitwirkung des eingeatmeten Sauerstoffs oxydiert und in Form sehr einfacher chemischer Verbindungen ausgeschieden werden. Der tierische S. ist mithin im wesentlichen ein Oxydationsprozeß, als dessen Endglieder Kohlensäure, Wasser und Ammoniak, die ¶
Nahrungsstoffe der Pflanzen, auftreten. Die von den Pflanzen aufgespeicherte Spannkraft gibt das Tier hauptsächlich in Form von Wärme und Arbeit wieder aus. Die zum Teil sehr verwickelten Vorgänge des tierischen Stoffwechsels sind noch wenig bekannt. Die Nahrungsstoffe: Eiweißkörper, Fette, Kohlehydrate, Salze, werden durch die Verdauungssäfte mehr oder weniger verändert, die Produkte werden dem Blut und durch dieses den Geweben zugeführt, um letztere zu ernähren.
Gleichzeitig findet eine Abnutzung der Gewebe [* 7] statt, die Abnutzungsprodukte gelangen in das Blut, unterliegen hier einer weitern Umbildung und werden schließlich ausgeschieden: die stickstoffhaltigen Substanzen wesentlich in der Form von Harnstoff (der leicht in Kohlensäure und Wasser zerfällt) durch die Nieren, die schwefelhaltigen durch die Leber, die letzten Oxydationsprodukte, Kohlensäure und Wasser, durch Lunge [* 8] und Haut. [* 9] Die Energie, mit welcher der S. verläuft, ist sehr verschieden.
Der Säugling verbraucht an Nahrungsmitteln täglich 1/7 seines Körpergewichts, später 1/5, der Erwachsene 1/20. Während des Schlafs ist der S. wesentlich vermindert, bei Bewegung und Arbeit beträchtlich erhöht, aber auch im hungernden Tier steht der S. nicht still, der hungernde Organismus lebt von sich selbst, bis die Möglichkeit, dies zu thun, erschöpft ist. Da das Körpergewicht des erwachsenen und gesunden tierischen Körpers konstant bleibt, so müssen die durchschnittlichen täglichen Zufuhren genau die durchschnittlichen Ausgaben decken, es muß ein Zustand des Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Ausgaben vorhanden sein, und in der That haben genaue Versuche ergeben, daß bei Berechnung des Gehalts der Nahrung und der Ausscheidungsstoffe an Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Salzen im wesentlichen dieselben Zahlen erhalten werden.
Ein gut beköstigter gesunder Mensch verliert in 24 Stunden bei mäßig bewegter Lebensweise durch die Atmung etwa 32, die Hautausdünstung 17, den Harn 46,5, den Kot 4,5 Proz. der gesamten Exkretionsmasse, und zwar scheidet die Atmung aus: Wasser 330, Kohlensäure 1230, die Hautausdünstung Wasser 660, Kohlensäure 9,8, der Harn Wasser 1700, Harnstoff 40, Salze 26 g, der Kot Wasser 128, andre, meist organische Substanzen 53 g. Die Bilanz zwischen Einnahmen und Ausgaben des Körpers bezieht sich auf den Durchschnittsmenschen, der weder ungewöhnlichen äußern Einflüssen ausgesetzt ist, noch von einzelnen Funktionen, namentlich der Muskelthätigkeit, einen einseitigen Gebrauch oder Nichtgebrauch macht.
Derselbe vollbringt ein bestimmtes Mittelmaß der Leistungen, d. h. von innern Bewegungen, von nach außen übertragener mechanischer Arbeit und von Wärmeeinheiten. Für die beiden letztern Verausgabungen verlangt er ein bestimmtes Äquivalent an Zufuhren. Dafür ist er im stande, diese Leistungen Tag für Tag in derselben Größe zu wiederholen, ohne daß sein Körpergewicht oder die proportionale Menge der Einzelbestandteile seines Körpers wesentliche Veränderungen erleidet.
Dieses Durchschnittsverhältnis kann aber bedeutend abgeändert werden, und zwar entweder durch Veränderung der Zufuhren, dann ändern sich natürlich auch die Leistungen, ja unter Umständen sogar der Körper selbst; oder durch Veränderung der Leistungen, welche nun wiederum eine entsprechende Modifikation der Zufuhren erheischt. Wenn die Zufuhren steigen, so sind zwei Erfolge möglich. Entweder nehmen die Verausgabungen in äquivalenter Weise zu, der Körper leistet jetzt mehr (an mechanischer Arbeit und Wärmebildung), aber er verändert sein Gewicht nicht; oder die Verausgabungen steigen nicht oder doch nicht in gleichem Grad mit der Zufuhr, dann vermehrt sich das Körpergewicht, es wird mehr Stoff angesetzt.
Werden die Zufuhren mäßig gemindert, so zehrt der Körper, insoweit das Bedürfnis nicht von außen her gedeckt wird, auf eigne Kosten, er verliert allmählich an Gewicht. Mit Abnahme der Körpermasse sinken auch die Umsetzungen, überhaupt die Leistungen; es muß aber ein Punkt kommen, wo die geminderten Zufuhren hinreichen, die nunmehrigen Verausgabungen zu decken. Auf diesem neuen Beharrungszustand bleibt der mager gewordene Körper stehen, und zwar, wenn die Zufuhren nur eine mäßige Herabsetzung erfahren haben, im Zustand relativer Gesundheit.
Werden endlich die Zufuhren bedeutend geschmälert oder gänzlich aufgehoben, so magert der Körper ab, um so schneller, je beträchtlicher die Nahrungsentziehung; er wird immer leistungsunfähiger und geht endlich dem Hungertod entgegen. Der Gesamtstoffwechsel bewegt sich auch im normalen Zustand innerhalb einer bedeutenden Breite, [* 10] das Körpergewicht wechselt nicht unbeträchtlich. Damit gehen aber auch Schwankungen der Funktionen Hand [* 11] in Hand; doch gibt es genügende Ausgleichungsmittel, welche das Bestehen des Organismus sichern und ihn den jedesmaligen Verhältnissen anpassen.
Eins der wichtigsten Ausgleichungsmittel besteht darin, daß der schlecht genährte Körper wenig, der reich beköstigte viel verausgabt. Auch die Individualität ist von dem verschiedensten und mannigfachsten Einfluß auf den S. Der Einfluß des Körperzustandes auf die Intensität und Richtung des Stoffwechsels tritt besonders hervor in gewissen Krankheiten, wo der S. manchmal ganz sein gewohntes Geleise verlassen hat, z. B. in der Zuckerharnruhr. Besonders interessante Beispiele hierfür bieten die heftigern Fiebergrade.
Beim Unterleibstyphus z. B. kann die tägliche Harnstoffmenge auf fast das Doppelte steigen, obschon der Kranke sich nicht bewegt und die stickstoffhaltige Zufuhr so gut wie vollständig abgeschnitten ist, er sich also unter Bedingungen befindet, unter welchen der normale Körper nur sehr wenig Harnstoff bilden würde. So verschieden auch der S. sich gestalten mag infolge äußerer Verhältnisse oder im Individuum selbst liegender Ursachen, so handelt es sich doch dabei im wesentlichen immer um dieselben Vorgänge und zwar sogar unter der abweichendsten Bedingungen der Ernährung.
Das hungernde Tier so gut wie das wohlgenährte scheidet Harnstoff, Kohlensäure und Wasser aus. Das Tier mag ausschließlich von Fleischnahrung oder von Pflanzenkost leben, der Organismus mag gesund oder schwer erkrankt sein, er mag gemästet oder gehörig genährt, unzureichend beköstigt oder im Verhungern begriffen sein: er lebt zunächst immer nur auf Kosten seiner eignen Bestandteile. Der S. wird somit zunächst ausschließlich bestimmt durch den jedesmaligen Zustand der Gewebe, Organe und Säfte des Körpers, und die uns noch unbekannten vitalen Energien der Gewebe und Organe geben bei der Bestimmung des Stoffumsatzes, der Anbildung wie der Rückbildung, sowohl in Bezug auf Qualität als Quantität den Hauptausschlag.
Vgl. Moleschott, Der Kreislauf des [* 12] Lebens (5. Aufl., Mainz [* 13] 1876-86, 2 Bde.);
Voit, Physiologie des allgemeinen Stoffwechsels und der Ernährung (Leipz. 1881);
Wilckens, Briefe über den tierischen S. (Bresl. 1879);
Seegen, Studien über S. (Berl. 1887).