(auch Lichtstube), der ehemals auf dem flachen Land und namentlich in den Gebirgsgegenden
weitverbreitete
Gebrauch, die langen Winterabende gemeinsam in geselliger
Handarbeit hinzubringen. Die S. wird abwechselnd
auf dem einen oder andern
Hof
[* 2] abgehalten, die
Frauen und Mädchen spinnen, die
Burschen machen
Musik, oder es werden
Volkslieder
gesungen,
Hexen- und Gespenstergeschichten erzählt
und allerlei Kurzweil dabei getrieben. Wegen der dabei
vorkommenden Ausschreitungen in sittlicher Beziehung mußten in verschiedenen
Ländern »Spinnstube
nordnungen«, d. h.
polizeiliche Regelungen bezüglich der Zeit und Dauer des Beisammenseins, erlassen werden, ja im Bereich des ehemaligen
Kurhessen
wurden sie bereits 1726 gänzlich verboten. In
Nachahmung dieser alten Dorfsitte wurden im
Palast
Emanuels d. Gr. zu
Evora,
wo die glänzendste
Periode des portugiesischen Hoflebens sich abspielte, die von mehreren Dichtern geschilderten »portugiesischen
Spinnstuben«
(Seroëns de Portugal) abgehalten.
das Lokal, in dem sich früher im Winter die weiblichen Angehörigen eines Dorfes mit Spindel und Kunkel
zu gemeinsamer Arbeit einfanden, hauptsächlich auch, um sich durch Gesang, Spiele,Erzählungen und Neckereien mit den Burschen,
die zum Zusehen kamen, die Zeit angenehm zu vertreiben. Die S. ward dadurch zum Mittel- und Ausgangspunkt
des ganzen geselligen Lebens des Dorfes und spielte als solcher im Mittelalter eine hervorragende Rolle. Schon im 16. Jahrh.
ging man gegen die S. vor, da sie vielfach Gelegenheit zu geschlechtlichen Ausschweifungen gaben. Es wurde ihnen vorgeworfen,
daß sie Veranlassung zu allerlei Roheiten, Gassengeschrei, Balgereien, Gotteslästerung, Feuerschaden,
Verführung, Unzucht, heimlichen Heiraten u. s. w. gäben. Seit dem 16. Jahrh.
sind die S. entweder ganz verboten oder wenigstens wesentlich beschränkt worden. Ihr Abkommen ist namentlich deswegen zu
bedauern, weil sie der Mittelpunkt der Volkstradition waren und durch sie Sage und Lied von Generation zu Generation fortgepflanzt
worden sind. -
Vgl. Barack, Die S. nach Geschichte und Sage (in Bd. 4 der «Zeitschrift
für deutsche Kulturgeschichte», Stuttg. 1859). -
S. ist auch der Titel eines von Ph. F. W. Örtel begründeten Volksbuches.