(Speyer), Hauptstadt des bayr. Regierungsbezirks
Pfalz und ehemalige freie Reichsstadt, an der Mündung des
Speierbachs
in den
Rhein,
Knotenpunkt der
LinienSchifferstadt-Germersheim und
S.-Heidelberg der
Bayrischen Staatsbahn, 105 m ü. M., hat breite,
aber unregelmäßige Hauptstraßen und trotz ihres hohen
Alters doch im allgemeinen nur wenige altertümliche Gebäude. Das
merkwürdigste unter denselben ist der
Dom, dessen
Bau vonKonrad II., dem
Salier, 1030 begonnen und 1061 unter
Heinrich IV.,
der 1064 noch die Afrakapelle hinzufügte, vollendet ward. Er ist im Rundbogenstil von roten Sandsteinquadern aufgeführt,
hat eine
Länge von 147
m, eine
Breite
[* 10] im
Querschiff von 60
m und 4
Türme.
In der Vorhalle (Kaiserhalle) sind seit 1858 die acht großen Standbilder der hier begrabenen
Kaiser aufgestellt (größtenteils
von
Fernkorn ausgeführt). Die untere
Kirche
(Krypte) stützen massive niedrige
Säulen.
[* 12]In denAnlagen um
den
Dom sind der Domnapf, welcher früher vor dem
Dom stand und den bischöflichen Immunitätsbezirk begrenzte, die Antikenhalle,
ehemals eine Sammlung römischer
Altertümer bergend, der
Ölberg (eine mit eingemeißelten bildlichen
Darstellungen der
Leiden
[* 13] Christi,
Blätterwerk und anderm Zierat geschmückte
Steinmasse), das Heidentürmchen, dessen Unterbau wahrscheinlich aus der
Römerzeit stammt, die Kolossalbüste des
ProfessorsSchwerd und die des frühern Regierungspräsidenten v.
Stengel
[* 14] hervorzuheben.
Nachdem der
Dom schon 1159 und 1289 durch Feuersbrünste gelitten, wurde er von einem bedeutenden
Brand heimgesucht,
aber binnen 18
Monaten wiederhergestellt. Die ärgste Zerstörung richteten indessen die
Franzosen an:
eine Feuersbrunst zerstörte die drei westlichen
Türme und das Gebäude selbst bis auf die Umfassungsmauern, sogar die alten
Kaisergräber wurden aufgerissen und die Gebeine umhergestreut. Erst in den
Jahren 1772-84 ward der
Dom wieder aufgebaut, aber
schon 1794 von den
Franzosen abermals demoliert und in ein Heumagazin verwandelt.
Nachdem durch den König
Maximilian I. seine Herstellung erfolgt war, konnte er wieder eingeweiht
werden.
Später wurden auch die westlichen
Türme mit dem Umbau und Neubau der
Fassade wieder ersetzt und der alte Kaiserdom
wieder eingeweiht. Außer dem katholischen
Dom hat S. noch 2 evangelische und 2 kathol.Kirchen. Aus alter
Zeit stammen noch: das Altpörtel
(Alta porta), bereits 1246 erwähnt, jetzt Stadtturm mit
Uhr,
[* 15] und die Überreste eines alten
Judenbades sowie des Retschers, eines alten, wohl bischöflichen
Palastes, der 1689 mit der sogen.
NeuenKirche, dem
Gymnasium
etc. zerstört wurde. Gegenwärtig wird der
Bau einer neuenKirche (Retscher- oder Protestationskirche)
vorbereitet. Das alte Kaufhaus, ein prächtiger
Bau und früher das
Haus derMünzer, ist im alten
Stil wiederhergestellt und
um ein
Stockwerk erhöht und enthält jetzt das Oberpostamt. Die Einwohnerzahl betrug 1885 mit der
Garnison (3 Pionierkompanien
Nr. 2) 16,064 (darunter
ca. 8100 Katholiken, 7400
Evangelische und 532
Juden).
von den Römern erobert und befestigt. Von den Alemannen zu Ende des 3. und Anfang des 4. Jahrh. mehrmals zerstört, wurde
sie von den KaisernKonstantin und Julian wiederhergestellt, hatte aber im 5. Jahrh. von den Einfällen der Vandalen und Hunnen
wieder viel zu leiden. Im 6. Jahrh. ging die Stadt an die Franken, 843 an das ostfränkische Reich über.
Neben dem bischöflichen Schultheißen, dem die niedere Gerichtsbarkeit zustand, hatte hier bis 1146 ein königlicher Burggraf
seinen Sitz.
Damals ging auch dies Amt auf den Bischof über, bis es zu Anfang des 13. Jahrh. wieder von der Stadt erworben wurde,
was dann zu langwierigen Streitigkeiten mit dem Bischof führte. Nachdem schon Heinrich V. eine Ratsverfassung gegeben hatte,
welche Philipp vonSchwaben 1198 bestätigte, schwang sich S. im 13. Jahrh. zur freien Reichsstadt empor,
erwarb jedoch kein Gebiet und zählte im 14. Jahrh. kaum 30,000 Einw.
Als Sitz des Reichskammergerichts, das 1513 nach S. kam und, nur zeitweilig verlegt, bis 1689 hier seinen
Sitz hatte, erhielt die Stadt großen Ruf. Als Reichsstadt hatte sie unter den Reichsstädten der rheinischen Bank den fünften
Platz, auch Sitz und Stimme auf den oberrheinischen Kreistagen. Unter den Reichstagen, welche zu S. (meist in einem Gebäude
des Ratshofs) gehalten wurden, sind besonders die von 1526 (vgl. Friedensburg, Der Reichstag zu S. 1526, Berl. 1887) und von 1529 wichtig,
von denen der erste die Ausführung des WormserEdikts vertagte, der zweite die Einigung der Evangelischen zu einer Protestationsschrift
(daher »Protestanten«) veranlaßte.
Städtetage haben 1346 und 1381 stattgefunden. Der Friede zu S. 1544 enthielt den Verzicht des HausesHabsburg
auf die Krone vonDänemark-Norwegen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt 1632-35 abwechselnd von den Schweden,
[* 21] den Kaiserlichen
und den Franzosen erobert. Durch Kapitulation wurde sie 1688 wiederum an die Franzosen übergeben, die sie aber 1689 (im Mai)
beim Anrücken der Alliierten wieder räumten, nachdem sie die Festungswerke geschleift und die Stadt
zum Teil niedergebrannt hatten.
Anfang Oktober 1792 wurde die Stadt von den Franzosen unter Custine eingenommen und gebrandschatzt. Von 1801 bis 1814 war S.
die Hauptstadt des franz. Depart. Donnersberg, wurde aber 1815 bayrisch.
Vgl. Geissel, Der Kaiserdom zu
S. (Mainz 1826-28, 3 Bde.);
Zeuß, Die freie Reichsstadt S. vor ihrer Zerstörung (Speier 1843);