Stadt
im preuß. Regierungsbezirk
Kassel,
[* 2]
Kreis
[* 3]
Melsungen, an der Pfiefe und der
LinieTreysa-Leinefelde der Preußischen Staatsbahn, 264 m ü. M., hat eine evang.
Kirche, ein
Amtsgericht, eine Oberförsterei,
Zigarren- und Peitschenfabrikation, Ziegeleien und (1885) 1676 Einw.
Dabei das gleichnamige Bergschloß, das zur kurhessischen Zeit als Staatsgefängnis benutzt wurde, jetzt aber leer steht.
S., ursprünglich einem
Zweig der
Herren v.
Treffurt gehörig, wurde 1347 hessisch.
2)
ErnstPeterJohannes, gelehrter
Jurist, geb. zu
Göttingen,
[* 10] studierte daselbst die
Rechte, habilitierte sich 1806,
trat aber dann zur richterlichen Laufbahn über und ward 1811
Generaladvokat bei dem kaiserlichen
Gerichtshof
zu
Hamburg,
[* 11] 1814
Assessor bei der Justizkanzlei in
Celle,
[* 12] 1816
Hof- und Kanzleirat an diesem
Gerichtshof, 1824 Oberappellationsgerichtsrat
und 1831
Beisitzer des königlichen Geheimratskollegiums zu
Hannover.
[* 13] Er starb in
Celle. Während der westfälischen
Herrschaft schrieb er mehrere auf das französische
Recht bezügliche Werke, wie die »Institutiones juris
civilis Napoleonei«
(Götting. 1808) und den
»Kommentar über den
CodeNapoléon« (das. 1810-1811, 3 Bde.).
Von seinen übrigen zahlreichen
Schriften nennen wir: »Einleitung in das Römisch-Justinianeische Rechtsbuch« (Hannov. 1817);
Von Strubes »Rechtlichen Bedenken« besorgte
S. eine neue
Ausgabe (Hannov. 1827-28, 3 Bde.),
wie er auch Hagemanns
»PraktischeErörterungen aus allen Teilen der Rechtsgelehrsamkeit« (Bd.
8-10, 1829-37) fortsetzte.
Noch sind von ihm zu erwähnen: »Sammlung der
Verordnungen und Ausschreiben für sämtliche
Provinzen
des hannoverschen
Staats bis zur Zeit der
Usurpation« (Hannov. 1819-25,
Tl. 1-3 und
Tl. 4 in 4 Abtlgn.);
Nachdem er noch ein Jahr in Italien zugebracht (1857-1858), ließ er sich in Berlin nieder, wo er als Professor
lebt. Von seinen frühern Bildern sind zu nennen: das geraubte Kind, der Rattenfänger von Hameln, St. Johannisabend in Köln,
[* 30] Walpurgisnacht. SeinenRuf begründete S. jedoch erst durch seine Historienbilder, die im Anschluß an die altdeutschen Meister
sich durch klare Komposition, Korrektheit der Zeichnung und fleißige Durchführung des Einzelnen auszeichnen.
1) Gustav Adolf, Historien- und Genremaler, geb. zu Hamburg,
lernte anfangs unterHerm. Kauffmann daselbst, besuchte von 1845 an die Gewerbschule in Hanau unter Pellissier
(Anmerkung des Editors: richtig: Pelissier (= Theodor Pelissier 1794-1863)), wurde durch Krankheit zwei Jahre in seiner Thätigkeit
unterbrochen und ging 1849 nach Antwerpen, wo er sich anderthalb Jahre selbständig ausbildete und am akademischen Kursus
nur kurze Zeit teilnahm. 1851 begab er sich nach Paris, wo er, abgesehen von zwei Studienreisen nach
England und Holland, bis 1857 blieb, im Louvre kopierte, einige Monate das Atelier von Couture und ein Jahr das Atelier des
Bildhauers Triqueti besuchte und in letzterm den Grund zu seiner strengen, oft herben Formensprache legte, während er sich
fern hielt von der koloristischen Richtung der Franzosen und sich in den Geist der altdeutschen Meister
der Renaissance, Dürer und Holbein, hineinlebte.
Nachdem er dann noch 1857 und 1858 in Italien verweilt hatte, ließ er sich in Berlin nieder. Mit kleinern Genrebildern beginnend
(das geraubte Kind, der Rattenfänger von Hameln, der St. Johannisabend in Köln, die Försterfamilie,
Berchta und die Heimchen), ging er allmählich zum historischen Genre und zu größern historischen Bildern über. Vorzugsweise
behandelte er die Zeit der Reformation, worin er einen derben, volkstümlichen Ton anschlug, der für das harte, trockne
Kolorit entschädigen muß.
Dahin gehören: Luther als Junker Jörg, Luther im Kreise seiner Familie musizierend (1866, Museum
in
Leipzig), Luther die Bibel übersetzend (1870, Nationalgallerie in Berlin), Luthers Einführung im Cottaschen Haus und vor
allem der figurenreichere Einzug Luthers in Worms, an welchem namentlich die Charakteristik der Gestalten gerühmt wurde.
Einen noch größern Erfolg hatte 1876 das Bild: der Zug
des Todes, das, an den Ideenkreis des späten Mittelalters
anknüpfend, den Totentanz in eine lange Prozession verwandelt hat, an deren Spitze der Tod als Mesner gekleidet einherschreitet.
Diesem malerisch unbedeutenden, aber tiefsinnig-gedankenvollen Bild (Nationalgallerie) folgten 1878 noch die Allegorien eines
am Scheideweg zwischen der Arbeit und dem Laster stehenden jungen Mädchens, 1879 ein Bild ähnlichen
Gedankens und glänzenden Kolorits: das Irrlicht, und 1830 die drei Frauen am Grab Christi. Er ist Inhaber zahlreicher Medaillen
und Mitglied der Akademien in Berlin und Wien.
2) Louis, Landschafts- und Architekturmaler, Bruder des vorigen, geb. 1824 zu Hamburg, widmete
sich anfangs unter Eisenlohr in Karlsruhe der Baukunst und war 1844 und 1845 beim Eisenbahnbau beschäftigt.
Dann ging er zur Landschafts- und Architekturmalerei über, studierte diese in München unter Emil Kirchner und nachher in
Brüssel, machte Studienreisen in Frankreich, England, Italien und Griechenland und ließ sich 1857 ebenfalls in Berlin nieder.
Seine Bilder sind von großartiger, poetischer Auffassung der Natur und strenger Stilisierung, die manchmal
allerdings auf Kosten des Kolorits, besonders in den Aquarellen, erreicht ist. Zu seinen besten Bildern gehören: Akrokorinth,
die Akropolis von Athen (mehrmals gemalt), der Ugleisee in Holstein, Dorf in Burgund, Sturm auf der Heide, oldenburgischer
Bauernhof (1862), der sehr poetische Regenstein am Harz (Aquarell), Fischerhütte an der Ostsee (1866),
Osteria in Piemont.
Staatsbahnen,
[* 40] Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht
Cassel), hat (1895) 1561 E., darunter 6 Katholiken und 102 Israeliten, Post, Telegraph,
[* 41] altes Karmeliterkloster,
jetzt Gefängnis;
Kunsttischlerei, Leinenweberei und Schuhmacherei.
Nordwestlich über der Stadt die Bergfeste S. (392 m),
früher Staatsgefängnis.
Cyriak, Theolog und Historiker, geb. zu Nordhausen,
[* 42] studierte Theologie zu Wittenberg,
[* 43] wurde
zunächst Lehrer, dann Prediger zu Eisleben,
[* 44] hierauf Pastor in Mansfeld und zugleich Generaldekan. Als Anhänger des Flacius
(s.d.) mußte er 1575 flüchtig werden. Er starb in Straßburg.
[* 45] Von seinen Schriften sind zu
erwähnen der «Adelsspiegel» (2 Bde.,
Schmalkald. 1591-94),
Gustav, Maler, geb. zu Hamburg, besuchte die Zeichenschule in Hanau, ging 1849 nach
Antwerpen und lebte 1851-57 in Paris. Er reiste dann nach Rom und
[* 48] siedelte 1858 nach Berlin über. Nachdem er sich erst im reinen
Genre versucht hatte, malte er in ernster,
¶
mehr
beinahe trockner Auffassung eine Anzahl teils der Geschichte, teils der deutschen Volkssage entnommener Kompositionen, wobei
ihm das Studium der deutschen Meister des 16. Jahrh. förderlich war. Von seinen frühen Genrebildern sind hervorzuheben:
Amsterdamer Waisenmädchen (1851), Eseltreibers Siesta (1855), Walpurgisnacht (1862; sämtlich in der Kunsthalle zu Hamburg),
Johannisabend in Köln (1861; Museum zu Breslau),
[* 50] Der Rattenfänger von Hameln,
[* 51] Frau Holle;
Daran reiht sich: HansSachs seine Dichtung vorlesend (1871; Berliner Nationalgalerie).
Am meisten Erfolg hatte er mit dem aus der Idee der alten Totentänze geschöpften Zug
des Todes (1876; Nationalgalerie zu Berlin).
Die nächsten Werke zeigen ihn weiter auf dem eingeschlagenen phantastischen Weg; so in Am Scheideweg (1878),Irrlicht (1879). Ein großes Bild: Die drei Frauen am Grabe Christi (1880), bezeichnet den Anfang seiner
Monumentalmalerei, in der ihm die Wandgemälde des Treppenhauses der Universität zu Halle, die vier Fakultäten darstellend,
bis 1888 reiche Gelegenheit boten. S. war Mitglied der BerlinerAkademie und starb in Berlin.
Wolfhart, Dichter, Sohn des Cyriak Spangenberg (s. d.), geb.
um 1570 in Mansfeld, erwarb 1591 in Tübingen
[* 54] den Magistergrad, wurde in Straßburg Korrektor, 1601 unter
die Meistersinger aufgenommen, 1611 Pfarrer zu Buchenbach bei Künzelsau und starb etwa 1637. S. hielt glücklich die Mitte
zwischen gelehrter und meistersingerischer Dichtung. Von den lat. und griech. Dramen, die im Straßburger Akademietheater aufgeführt
wurden, hat er gereimte Übersetzungen als Textbücher für die Lateinunkundigen geliefert, nicht ohne
eigene volkstümliche Zuthaten. Seine selbständigen kleinen
Dramen (z. B. «Glückswechsel», 1613;
«Mammons Sold», 1614) sind Spiele aus dem Bauern- und Landsknechtleben, mit ernstem Hintergrund. S.s Tiergedicht «Ganskönig»
(Straßb. 1607) persifliert graziös den kath. Heiligendienst.
In diesem Gedicht und in den Spielen giebt sich S. das Pseudonym Lycostenes Psellinorus Andropediacus.
Ein anderes Pseudonym«AdolfRose von Creutzheim» scheint er in dem satir. Prosaroman «Eselkönig»
(Ballenstedt, ohne Jahr) gebraucht zu haben, falls er wirklich der Verfasser ist. Martin gab S.s Ausgewählte Dichtungen heraus
(Straßb. 1887).