Siemens
,
elektr. Maßeinheit, s. Ohmsches Gesetz.
Siemens
3 Seiten, 3'314 Wörter, 24'355 Zeichen
Land- und Forstwirtschaft — Landwirte, Thierzüchter etc — Deutsche
Siemens,
elektr. Maßeinheit, s. Ohmsches Gesetz.
Siemens,
1) Franz Ernst, Landwirt, geb. 1780 zu Lutter am Barenberg, war 1806-30 Pachter der fürstlich waldeckschen Domäne Pyrmont und führte Aräometer [* 2] und Thermometer, [* 3] das Sieden und Zerkleinern der Kartoffeln bei hoher Temperatur und die Anwendung des Wasserdampfes zur Destillation [* 4] in die Brennerei ein. Sein patentiertes Verfahren beschrieb er 1819 (4. Aufl., Hamb. 1835), auch wies er zuerst die Zweckmäßigkeit der Eishäuser statt der Eiskeller [* 5] nach. Er starb 1855 in List bei Hannover. [* 6]
2) Karl Georg, Technolog, Sohn des vorigen, geb. zu Pyrmont, erlernte die Landwirtschaft, war später Brennereiverwalter und errichtete 1837 die erste größere Zuckerfabrik mit Dampfeinrichtung in Braunschweig. [* 7] 1838 wurde er Leiter der technologischen Werkstatt an der Hochschule in Hohenheim und erhielt 1839 eine Professur daselbst. Er förderte die mit der Landwirtschaft verbundenen Gewerbe durch viele Verbesserungen, von denen er mehrere in seinen »Mitteilungen über die eingeführten eigentümlichen Neuerungen in der Brennerei, Brauerei und Stärkefabrikation« (Braunschw. 1870) beschrieb, und starb in Harzburg. Er schrieb: »Die Destillierapparate nebst Beschreibung des Hohenheimer Dephlegmators« (2. Aufl., Stuttg. 1853);
»Anleitung zum Branntweinbrennen« (2. Aufl., Ravensb. 1870).
3)
Adolf, Artillerist,
Bruder des vorigen, geb. zu
Pyrmont, trat in die hannöversche
Artillerie, verbesserte 1847 den
Bormannschen
Dosen- oder Ringzünder für
Schrapnells und auch das
Geschoß
[* 8] selbst, welches in der neuen
Form vom
Deutschen
Bund angenommen wurde. 1867 trat er als
Oberstleutnant in preußische
Dienste,
[* 9] wurde zur
Artillerieprüfungskommission
kommandiert, deren Vorsitzender er später war, wirkte 1868 für die Beibehaltung der Kruppschen
Geschütze
[* 10] bei der deutschen
Marine und wurde 1872 als
Generalmajor zur
Disposition gestellt. Er lebte seitdem in
Stuttgart,
[* 11] trat aber
später in das
Werner Siemenssche
Institut ein, erfand einen elektrischen
Distanzmesser, ein
System zum Abfeuern von
Geschützen
auf elektrischem Weg, eine
Methode zum
Messen der Geschoßgeschwindigkeit im Geschützrohr etc. Er starb in
Berlin.
[* 12]
4) Ernst Werner von, Physiker und Ingenieur, geb. zu Lenthe bei Hannover, trat 1834 zu Magdeburg [* 13] in die preußische Artillerie, besuchte seit 1835 die Artillerie- und Ingenieurschule zu Berlin und wurde 1838 Artillerieoffizier. Er nahm 1841 das erste Patent auf galvanische Versilberung und Vergoldung und konstruierte auch einen Differenzialregulator für Dampfmaschinen [* 14] und Wasserräder. [* 15] 1844 wurde er zur Artilleriewerkstätte in Berlin kommandiert, verfolgte mit Vorliebe die elektromagnetische Telegraphie und ward 1847 der Kommission für Einführung der elektrischen Telegraphen [* 16] in Preußen [* 17] beigegeben. Er konstruierte damals seine bekannten Zeiger- und Drucktelegraphen mit Selbstunterbrechung nach dem Prinzip des Neefschen Hammers und die Maschine [* 18] zum Umpressen der Kupferdrähte mit Guttapercha, wie sie seit jener Zeit allgemein und fast unverändert zur Fabrikation isolierter Drähte für unterirdische Leitungen und submarine Kabel verwendet wird. 1848 legte er im Kieler Hafen die ersten unterseeischen Minen mit elektrischer Zündung an und baute als Kommandant der Festung [* 19] Friedrichsort die Batterien zum Schutz des Eckernförder Hafens. Im Winter 1848-49 legte er im Auftrag der Regierung die unterirdischen Telegraphenlinien von Berlin nach Frankfurt [* 20] und nach Aachen [* 21] an, schied dann aber aus der Armee und widmete sich ausschließlich der schon 1847 mit dem Mechaniker Halske in Berlin errichteten Telegraphenbauanstalt. Diese hat sich seitdem zu einer großartigen Fabrik erweitert, aus welcher die wichtigsten Entdeckungen und Verbesserungen hervorgegangen sind. Dahin gehören: ¶
die Flaschenladung der submarinen Kabel und die Aufstellung der Gesetze derselben, die Methode zur Bestimmung der Lage von Beschädigungen unterirdischer und submariner Leitungen, die Untersuchungsmethode isolierter Drähte, die Herstellung rekonstruierbarer Widerstandsmaße, die erste Kabellegungstheorie, das erste gelungene Tiefseekabel (Bone-Cagliari), das System der selbstthätigen Zeiger- und Typendrucktelegraphen, die Translation beim Morseschen Telegraphen, die elektromagnetischen Gegensprecher, die magnetoelektrischen Zeigertelegraphen, die polarisierten Morseschen Telegraphen, die mechanisch oder automatisch arbeitenden Schreibtelegraphen, die elektrischen Magnetinduktoren, die elektrischen Wasserstandszeiger, [* 23] der Alkoholmeßapparat, der Cylinderinduktor, die dynamoelektrische Maschine, die Abstimmtelegraphen, die elektrischen Distanzmesser etc. In der neuesten Zeit beschäftigte sich S. viel mit der Benutzung des durch seine dynamoelektrischen Maschinen erzeugten elektrischen Lichts und verbesserte die zur Erzeugung desselben nötigen Apparate; auch konstruierte er ein Photometer [* 24] mit Anwendung von Selen.
Die Fabrik baute 1849 und 1850 Telegraphenanlagen in Norddeutschland, 1853 das russische Telegraphennetz etc. Nach dem Austritt Halskes aus dem Berliner [* 25] Geschäft (1867) traten S.' Brüder Wilhelm und Karl (geb. als Kompagnons in das Gesamtgeschäft der Gebrüder S. ein und übernahmen die Leitung des in London [* 26] und Woolwich betriebenen Fabrikationsgeschäfts, aus welchem allein sechs Kabel zwischen Europa [* 27] und Amerika [* 28] hervorgingen. Seit dem Tod Wilhelms steht das Londoner Geschäft unter der Leitung Löfflers.
Karl war vor seiner Übersiedelung nach London Chef des Zweiggeschäfts der Firma in Petersburg [* 29] gewesen. Das Zweiggeschäft in Tiflis stand unter der Leitung von Walter S. (geb. gestorben als preußischer Konsul und Otto S. (geb. gest. 1871), baute die Telegraphenlinie nach Teheran und betreibt bedeutende Kupferwerke. Ein Zweiggeschäft in Wien [* 30] für Einführung elektrischer Eisenbahnen in Österreich [* 31] leitet seit 1879 Arnold S., Sohn von Werner S. Werner S. wurde bei Gelegenheit des Jubiläums der Berliner Universität zum Dr. phil., 1874 zum ordentlichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften ernannt. 1886 schenkte er dem Deutschen Reich 500,000 Mk. zur Gründung der physikalisch-technischen Reichsanstalt. 1888 wurde ihm der Adel verliehen. Er veröffentlichte: »Gesammelte Abhandlungen und Vorträge« (2. Aufl., Berl. 1888).
5) Karl Wilhelm, Bruder des vorigen, Ingenieur, geb. zu Lenthe, studierte 1841-1842 in Göttingen, [* 32] trat 1842 in die gräflich Stolbergsche Maschinenfabrik ein, ging darauf im Interesse seines Bruders Werner nach London und ließ sich dort (1851) als Zivilingenieur nieder. 1858 begründete er mit seinem Bruder Werner ein Zweiggeschäft der Berliner Fabrik in London und lieferte außer Telegraphenapparaten vorzugsweise Kabel und eiserne Tragsäulen sowie Isolatoren für oberirdische Leitungen. Er beteiligte sich an mehreren wissenschaftlichen Arbeiten seines Bruders Werner und arbeitete mit seinem Bruder Friedrich über die vorteilhaftere Ausnutzung der Brennmaterialien.
Auch wandte er die zuerst 1816
von Stirling vorgeschlagenen Regeneratoren bei Dampfmaschinen an, baute 1847 eine Regenerativdampfmaschine,
in welcher der Dampf
[* 33] abwechselnd überhitzt und wieder gesättigt wurde, und widmete sich seit 1856 der Einführung der Regeneratoröfen.
Hieran beteiligten sich
außer Friedrich S. auch Werner und Hans S. (geb. 1818, gest. 1867). Wilhelm gründete 1867 ein Stahlwerk
in Birmingham
[* 34] und 1869 die Landore-Siemens
-Steel-Works, in welchen der Stahl teils nach eignem Verfahren unmittelbar aus Erzen,
teils nach dem S.-Martinschen Verfahren aus Guß- und Schmiedeeisen erzeugt wird. Er erfand auch 1850 einen
Regenerativkondensator zum Vorwärmen des Speisewassers, 1851 einen Wassermesser, 1860 ein Widerstandsthermometer und Pyrometer,
[* 35] 1864 ein
Bathometer, 1867 eine hydraulische Bremse zur Hemmung des Rücklaufs der Geschütze, 1872 ein Dumpfblaserohr und einen Tiefenmesser.
Er schrieb: »On a new regenerative condenser« (Lond. 1850);
»On a regenerative steam engine« (das. 1856);
»On the conversion of heat into mechanical effect« (das. 1853);
»On the increase of electrical resistance in conductors with rise of temperature and its application to the measure on ordinary and fornace temperatures« (das. 1871);
»Eisen- und Stahlindustrie in England. Der Bathometer« (Berl. 1877);
»Einige wissenschaftlich-technische Fragen der Gegenwart« (das. 1879-83, 2 Hefte);
»Über Erhaltung der Sonnenenergie« (deutsch, das. 1885).
Er wurde in den englischen Adelstand erhoben und starb Eine Sammlung seiner »Scientific works« gab Bramber heraus (Lond. 1889, 3 Bde.).
Vgl. Obach, Sir W. S. als Erfinder und Forscher (Lond. 1884);
Pole, Life of Sir Will. S. (das. 1888).
6) Friedrich, geb. zu Mentzendorf bei Lübeck, [* 36] fuhr 2½ Jahre als Schiffsjunge zur See, beschäftigte sich dann als Assistent von Werner S. mit der Telegraphie, machte als Freischärler den Feldzug gegen Dänemark [* 37] mit, ging 1848 nach England und arbeitete nun mit Wilhelm, dessen Erfindungen für Motoren und Maschinentechnik er nebst eignen in Stettin [* 38] und England einzuführen suchte. 1856 konstruierte er den ersten Regenerativofen, den er alsbald wesentlich verbesserte und seit 1859 in England einführte. 1867 übernahm er die von seinem Bruder Hans begründete Glashütte in Dresden, [* 39] erhob dieselbe zur bedeutendsten Deutschlands [* 40] und gründete außerdem Glashütten in Döhlen bei Dresden und Neusattel bei Karlsbad. Er förderte die Glasindustrie durch zahlreiche Erfindungen und gab auch eine neue Methode zur Herstellung von Hartglas an, die er in einer besondern Fabrik in Dresden zur Ausführung brachte. Er gründete ferner Fabriken in Dresden, Wien und Berlin zur Herstellung von Gasbeleuchtungs- und Heizapparaten eigner Konstruktion und technische Büreaus in Dresden und London mit Zweiggeschäften in Wien, Paris [* 41] und Philadelphia [* 42] zur Verwertung seiner zahlreichen Erfindungen (Regenerativlampe, Regenerativöfen, Heizverfahren mit freier Flammenentfaltung, Glasindustrie etc.). Nach dem Tod seines Bruders Wilhelm fiel ihm die Leitung der Geschäfte zu, in denen er bis dahin mit Wilhelm verbunden gewesen, und somit widmete er sich nun wieder der Eisenindustrie. Außerdem lieferte er wissenschaftliche Untersuchungen über Verbrennungstheorie, Wärmeübertragung und Dissociation.