Senegambien
,
Land in Afrika, [* 2] das seinen Namen von den beiden bedeutendsten Flüssen innerhalb seines Gebiets, dem Senegal und Gambia, durch die Europäer erhalten hat und denjenigen Teil der Westseite des Kontinents begreift, der sich vom Senegal südwärts bis zum Rio [* 3] Pongo und vom Atlantischen Ozean bis zum Bafing erstreckt (s. Karte bei »Guinea«). [* 4] Der nördliche Teil ist an der Küste flach, sandig und dürr, häufig sogar völlig vegetationslos. Viel mannigfaltiger ist der südliche Teil des Küstenrandes, indem hier mehrere breite Meeresarme, zum Teil als Mündungen ansehnlicher Ströme, tief in den Küstensaum einschneiden.
Unter ihnen sind hervorzuheben: der Casamanze (Cazamance), 330 km lang;
der Catscheo (Cacheo) oder San Domingo;
der Dscheba (Geba), 300 km lang;
der Rio Grande, gegen 600 km lang;
der Cassini, Compony, Nuñez und Pongo, sämtlich von der Mündung aus befahrbar.
Dieser südliche Teil des Küstensaums ist durch die Schlammablagerungen der Flüsse, [* 5] aus denen er allmählich entstanden ist, außerordentlich fruchtbar und mit der üppigsten Waldvegetation bedeckt. Dagegen erscheint die Küstenzone zwischen Senegal und Gambia als ein weites trocknes und sandiges Flachland, dessen Erhebung über den Meeresspiegel so gering ist, daß der Senegal 300 km weit in gerader Entfernung von der See nur 0,5 m Gefälle auf die Stunde hat.
Das ganze Binnenland östlich von den Felukatarakten (s. Senegal) ist Bergland, welches im O. bis ganz nahe an den Niger herantritt, in dessen Flußthal es schroff abfällt, im Süden aber an das durchschnittlich 800-900 m hohe Hochland des Futa Dschallon sich anschließt, auf welchem nahe bei einander der Gambia, Rio Grande (Tominé) sowie der Faleme und Bafing entspringen. S. gehört zu den heißesten und zugleich ungesundesten Ländern der Erde. Die höchste Temperatur (nach Raffenel bis 29° R. im Schatten [* 6] und bis 52° R. in der Sonne) [* 7] herrscht im allgemeinen von Juni bis November, in der Regenzeit, in welcher Sumpffieber wüten, zu deren Entstehung vorzugsweise die schnellen Temperaturveränderungen Veranlassung geben, und denen Weiße in der Regel bald unterliegen.
Die Vegetation ist in den fruchtbaren Strichen ungemein üppig, aber keineswegs durch Mannigfaltigkeit der Formen ausgezeichnet. Sehr verbreitet ist die Gramineenvegetation in den Ebenen der nördlichen Küstenzone, welche sich in den feuchten Perioden in ausgedehnte Savannen umwandeln, bis dann die Hitze in den trocknen Monaten, vorzüglich aber die Sitte der Bevölkerung, [* 8] die Pflanzenbedeckung der Ebenen anzuzünden, um die darin sich verbergenden Raubtiere [* 9] zu verjagen oder zu töten, jedes Jahr auf längere Zeit fast jede Spur von Vegetation auf der Oberfläche vernichten.
Soweit der Einfluß des Salzwassers reicht, finden sich an den Ufern der größern Flüsse dicht verschlungene Mangroven und entfernter von diesen riesige Affenbrotbäume sowie Akazien, Mahagonibäume, Ölpalmen, Afzelien, Pterokarpen, Papayen (Carica Papaya), Kalabassenbäume, Pandanen, Kassien, Tamarinden, Drachenblut-, Ebenholz-, Gurunuß- und Wollbäume (Eriodendron anfractuosum). An diese Waldvegetation schließen sich in der Küstenzone die Baumwollstaude in mehreren Arten und Indigo [* 10] an, beide wild und kultiviert, Tabak [* 11] zum Teil auch wild, Zuckerrohr, Pistazien, Maniok, Arachis und Yams.
Die Gebirgsländer des Innern am obern
Senegal zeigen eine nicht minder kräftige Waldvegetation, aber von abweichendem
Charakter,
indem auf einer gewissen
Höhe der durch seine
Früchte nützliche Schibutterbaum
(Bassia Parkii) beginnt.
Der
Kaffeebaum steigt bis in die
Nähe des
Ozeans hinab.
In den nördlichen Gegenden Senegambiens
endlich treten Fruchtbäume
auf, wie
Orangen,
Zitronen,
Johannisbrotbäume. Die Tierwelt ist besonders reich an
Affen
[* 12] und
Elefanten sowie an
Raubtieren aller
Art, vorzüglich
Löwen
[* 13] und Panthern, ferner an
Antilopen in den
Savannen der Küstenstufe,
Büffeln und
wilden, sogen. äthiopischen
Schweinen.
Die größern Flüsse sind erfüllt mit Flußpferden, Krokodilen und Fischen. Von Haustieren hält die Bevölkerung ausgezeichnete Esel, Schafe, [* 14] Ziegen und Rindvieh, letzteres in größter Menge in den von den Fulbe bewohnten Landstrichen, sowie Kamele [* 15] in den Savannen am Senegal und kleine, aber feurige Pferde. [* 16] Der Mineralreichtum beschränkt sich auf Eisen [* 17] und Gold. [* 18] An Eisenerzen ist vorzüglich das Bergland der Mandinka am obern Senegal reich. Noch verbreiteter scheint in den Bergländern das Gold zu sein, das zum größten Teil durch Waschen aus roten, eisenreichen Flußalluvionen längs des Faleme in Bambuk etc. gewonnen wird.
Die
Bevölkerung Senegambiens
läßt sich auf 2,550,000
Seelen berechnen. Ethnologisch kann man fünf
Gruppen unterscheiden:
Mandinka,
Serechule,
Fulbe,
Serer und
Wolof (vgl. diese
Artikel). Die
Mandinka, deren Hauptsitz von den Nigerquellen ostwärts bis
gegen den untern
Niger hin reicht, haben sich zwischen den obern
Senegal hinein geschoben und sind südlich
vom
Gambia bis an den
Ozean vorgedrungen. Die
Serechule (s. d.), welche sich selbst
Soninke nennen, haben ihre
Heimat an den
Ufern
des mittlern
Senegal und sind jetzt stark mit
Berbern vermischt. Beide,
Mandinka wie
Soninke, sind von den
Fulbe verdrängt worden,
welche, den islamitischen
Glauben verbreitend, den
Senegal weit abwärts und bis über das
Futa Dschallon
in das Gebiet der
Rivières du Sud vorgedrungen sind. Die
Serer und
Wolof, welche eine gewisse
Verwandtschaft miteinander zeigen,
sitzen zwischen dem untern
Senegal und
Gambia. Die Zahl
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mehr
der Europäer in diesem Gebiet ist eine äußerst geringe, sie beschränkt sich auf die Beamten und Offiziere der Franzosen, Engländer und Portugiesen sowie auf die Kaufleute (auch mehrere deutsche), welche an der Küste Faktoreien angelegt haben. Die Mission ist hier seit langer Zeit thätig, doch hat das Christentum an sehr wenigen Punkten, wie auf Gorée, in St.-Louis und am Gambia, bei den Eingeboren einige Proselyten gemacht. Das Heidentum zeigt sich als Fetischismus, doch nirgends mit so blutigen Gebräuchen wie an der Küste und im Innern von Guinea.
Der Islam ist am meisten in den Bergländern am obern Senegal und Gambia herrschend geworden, von wo er längs des Senegal, Gambia und Nuñez allmählich bis zum Ozean vorgedrungen ist. Seit der Entdeckung des Senegal durch die Portugiesen 1447 haben diese wie Franzosen und Engländer um den Besitz der Uferlandschaften dieses Stroms sowie der südlich davon gelegenen Küstenstriche gekämpft. Gegenwärtig zerfällt S. politisch in die französische Kolonie Senegal (s. d., S. 862), welche den bei weitem größten Teil der Küste und das ganze Innere umfaßt, die englische Kolonie Gambia (s. d.) und die portugiesische Kolonie Guinea (s. d., S. 916). Offiziell werden Areal und Bevölkerung desselben wie folgt angegeben:
Kolonie | QKilom. | QMeilen | Bevölkerung |
---|---|---|---|
Senegal | 358500 | 6511 | 1850000 (1886) |
Gambia | 179 | 3.2 | 14150 (1881) |
Guinea | 69 | 1.2 | 5945 (1882) |
Hierbei sind aber nur die wirklich besetzten Gebiete in Betracht gezogen, während das beanspruchte und durch gegenseitige Vereinbarungen zugestandene Areal außerordentlich viel größer ist.
Vgl. Raffenel, Voyage dans l'Afrique occidentale (Par. 1846);
Bérenger-Féraud, Les peuplades de la Sénégambie
, histoire, ethnographie etc.
(das. 1879);
Barret, Sénégambie
et Guinée (das. 1887);
Bayol, Voyage en Sénégambie
(das. 1888).