Selbstliebe
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s. Egoismus.
Selbstliebe
3 Wörter, 26 Zeichen
Selbstliebe,
s. Egoismus.
(»Ichsucht«, Selbstliebe, Selbstsucht), diejenige Gesinnungsart, welche nicht nur eudämonistisch, d. h. von der Rücksicht auf die angenehmen oder unangenehmen Folgen der Handlungsweise abhängig, sondern zugleich eigennützig ist, d. h. ausschließlich durch die Rücksicht auf den eignen (nicht fremden) Nutzen oder Schaden ihr Wollen und Thun bestimmen läßt. In ersterer Hinsicht steht der der moralischen (statt durch die Rücksicht auf die äußern Folgen, durch jene auf den innern Wert der Handlung bestimmten), in dieser der uneigennützigen (das eigne Wohl dem fremden nachsetzenden) Gesinnung (Altruismus) gegenüber.
Letztere Art des Egoismus, welche das eigne Wohl auf Kosten des fremden sucht, pflegt man auch wohl den groben, erstere, welche den Wert menschlicher Handlungen von ihrem Vorteil oder Nachteil für den Handelnden abhängig macht, ohne daß dadurch andre eben Schaden leiden müssen, feinen Egoismus zu nennen. Dieser kann zwar unschädlich (für andre) sein, bleibt aber nichtsdestoweniger unsittlich, da auch die pflichtmäßige Handlung von ihm nicht um ihrer Pflichtmäßigkeit willen (moralisch), sondern um ihrer (persönlichen) Vorteilhaftigkeit willen (eudämonistisch) gewollt wird.
Jener ist nicht nur unmoralisch, sondern positiv schädlich, da er das Wohl andrer unbedenklich dem eignen aufopfert. Die Frage, ob der Egoismus die dem Menschen natürliche Gesinnung sei, läßt sich, je nachdem wir den groben oder feinen Egoismus im Auge [* 3] haben, verschieden beantworten. Dieser, der auch das Gute nur um des Lohns willen thut, das Böse nur aus Furcht vor der Strafe unterläßt, stellt eine Gesinnungsstufe dar, auf welcher (bei Einzelnen wie bei Völkern und Zeitaltern) von sittlichem Wert oder Unwert im wahren Sinn des Wortes noch nicht die Rede sein kann.
Dieselbe geht, wie jeder Erzieher weiß, beim Kind ebensowohl wie bei Völkern und bei der Menschheit im ganzen derjenigen Epoche moralischer Mündigkeit, in welcher bei entwickeltem Pflichtbewußtsein das Gute um seiner selbst willen gewollt, das Böse um seiner selbst willen unterlassen wird, notwendig voraus, und der feine Egoismus kann daher, mit der (erst allmählich erworbenen) sittlichen Reife verglichen, allenfalls als der natürliche (obgleich keineswegs angeborne) und durch Erziehung zu läuternde Zustand des Menschen angesehen werden. Die Behauptung dagegen, daß der grobe der natürliche (und zwar angeborne) Zustand des Menschen sei, muß so lange für willkürlich gelten, als es, wie bisher, nicht gelingt, sämtliche thatsächlich als uneigennützig erscheinende Handlungen der selbstlosen Aufopferung, des sympathetischen Mitgefühls und der wohlwollenden Menschenliebe auf eigennützige Motive zurückzuführen.