Seeversich
erung
(Seeassekuranz,
Transportversicherung zur
See),
Versicherung gegen die
Gefahren der Seeschiffahrt. Gegenstand
eines solchen Seeversich
erungsvertrags kann jedes in
Geld schätzbare
Interesse sein, welches jemand daran
hat, daß
Schiff
[* 3] oder
Ladung die
Gefahren der Seeschiffahrt bestehe; also vor allen
Dingen das
Schiff selbst (sogen.
Versicherung
auf Casko) und die
Ladung desselben. In letzterer Beziehung bestimmt das deutsche
Handelsgesetzbuch (Art. 803), daß im
Zweifel
derjenige Wert, welchen die
Güter am
Ort und zur Zeit der Abladung haben, unter Hinzurechnung aller
Kosten
bis an
Bord, einschließlich der Versicherungskosten, als Versicherungswert gelten soll. Unbenommen ist es jedoch dem Kontrahenten,
durch Hinzufügen der
Zölle und des Betrags der
Fracht einen höhern Versicherungsbetrag zu vereinbaren; ja, sogar der sogen.
imaginäre
Gewinn, welcher von der Ankunft der
Güter
am Bestimmungsort erwartet wird, kann Gegenstand
der S. sein.
Letzteres ist allerdings nach französischem
Handelsrecht unzulässig, während nach dem deutschen
Handelsgesetzbuch
(Art. 805) in diesem
Fall im
Zweifel 10 Proz. des Versicherungswertes der
Güter als mitversichert gelten.
Außerdem können aber auch
Fracht,
Provision, Überfahrtsgelder,
Rückversicherung,
Bodmerei- und Havariegelder Gegenstand der
S. sein. Unzulässig ist dagegen die
Versicherung der
Heuer des Schiffsvolkes. Übrigens kann man den Versicherungswert
auch auf eine feste
Summe stellen (fixierte
Police). Die S. kann für eigne wie
für fremde Rechnung abgeschlossen werden. An
allen größern Seehandelsplätzen bestehen Seeversich
erungsgesellschaften und
-Vereine
(Kompakten), doch befassen sich auch
und zwar namentlich in
England Einzelkaufleute mit dem einträglichen
Geschäft des Seeversich
erers (Assekuradörs).
Die Abschließung des Assekuranzvertrags selbst geschieht zumeist durch Mittelspersonen (Assekuranzbesorger, Kommissionäre, Assekuranzmakler). Es ist gestattet, die Person des Versicherten, zu dessen gunsten die S. abgeschlossen wird, unbestimmt zu lassen, wofür die Wendung »Wen es angeht« gebräuchlich ist. Der Versicherungsnehmer hat dem Assekuradör die ausbedungene Prämie zu bezahlen; wird die Seereise, auf welche sich die S. bezog, vom Versicherten wieder aufgegeben, so kann die bereits bezahlte Prämie wieder zurückgefordert werden, vorbehaltlich des Rechts des Versicherers, einen Abzug, Ristorno (s. d.), zu machen.
Häufig ist der Vorbehalt gewisser Ausnahmen von der Haftpflicht des Assekuradörs, und hierauf beziehen sich die in den Policen wiederkehrenden Klauseln: »Frei von Kriegsverlust«, »frei von Bruch«, »frei von Leckage«, »frei von Beschädigung außer im Strandungsfall« u. dgl. Für denjenigen Schaden, welcher aus der Seeuntüchtigkeit des Schiffs, durch die natürliche Beschaffenheit oder durch die mangelhafte Verpackung der Güter entsteht, braucht der Versicherer nicht aufzukommen; ebensowenig für denjenigen Schaden, welcher in einem Verschulden des Versicherten sich gründet.
Zur Feststellung der Seetüchtigkeit der Schiffe [* 4] dient die Schiffsklassifikation (s. d.). Die S. wird in der Regel für eine bestimmte Reise geschlossen; sie beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem die Güter »vom Land scheiden«; sie endigt, wenn sie dieses im Bestimmungshafen wieder erreichen (»von Land zu Land«). Sobald der Versicherte Nachricht von einem Unfall erfährt, welcher dem versicherten Gegenstand zugestoßen, ist er zur Anzeige und Mitteilung darüber an den Versicherer (sogen. Andienung des Seeschadens) verpflichtet.
Der Schade selbst muß glaubhaft nachgewiesen werden, was durch die sogen. Verklarung und durch die Dispache geschieht (s. Havarie). Der Regel nach kann der Versicherungsnehmer Zahlung der ganzen Versicherungssumme nur verlangen, wenn ein Totalverlust vorliegt; doch ist es unter Umständen dem Versicherten gestattet, gegen Abtretung seiner Rechte am Versicherungsgegenstand an den Versicherer Zahlung der ganzen Versicherungssumme zu beanspruchen (s. Abandon). Die Klagen aus der S. verjähren nach dem deutschen Handelsgesetzbuch in fünf Jahren von der Beendigung der Versicherungszeit an.
Vgl. Deutsches Handelsgesetzbuch, Art. 782-905, 911; Benecke, System des Seeassekuranz- und Bodmereiwesens (bearbeitet von Nolte, Hamb. 1851, 2 Bde.);
Tecklenborg, Allgemeine Seeversich
erungsbedingungen
(Brem. 1868);
Reatz, Geschichte des ¶
mehr
europäischen Seeversich
erungsrechts (Leipz. 1870);
Schneider, Von Havereien und Seeversich
erungen (Brem. 1875);
Voigt, Deutsches
Seeversich
erungsrecht (Jena
[* 6] 1884-87, 4 Tle.);
Andersen, Die S. (Hamb. 1888);
Newson, Law of shipping and marine insurance (2. Aufl., Lond. 1883).