Schaumburg
-Lippe
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souveränes, zum Deutschen Reiche gehöriges Fürstentum, zwischen 51° 53'-52° 30' nördl. Br. und 8° 59'-9° 20' östl. L. v. Gr., wird von dem preußischen (vormals hessischen) Teil der Grafschaft Schaumburg den preuß. Regierungsbezirken Hannover [* 2] und Minden [* 3] begrenzt und besteht aus dem westlichen Teil der ehemal. Grafschaft Schaumburg. Außerdem besitzt der Fürst von S. das paragiale Oberamt Blomberg unter Hoheit des Fürsten von Lippe-Detmold.
Das Fürstentum liegt am nördlichsten Zweig des Wesergebirges und besteht zum größern Teil aus Tiefland, zum kleinern aus wellenförmigem Hügelland. Im SO. liegen die bewaldeten und kohlenreichen Bückeberge (330 m), im N. ein fischreicher Landsee, das Steinhuder Meer (s. d.), mit der kleinen Festung [* 4] Wilhelmsstein auf einer künstlichen Insel. Mineralquellen sind bei Stadthagen und Eilsen. Das Klima [* 5] ist gemäßigt und gesund, wenn auch vorherrschend feucht und kühl.
Der Flächeninhalt beträgt 339,71 qkm (6 QM.). Die Bevölkerung, [* 6] welche (1885) 37,204 Seelen beträgt, gehört dem westfälischen Stamm an und bekennt sich, mit Ausnahme von etwa 3700 Reformierten, 596 Katholiken und 303 Israeliten, zur evangelisch-lutherischen Kirche. Die Bevölkerung wohnt in 2 Städten (Bückeburg [* 7] und Stadthagen), 2 Flecken und 88 Ortschaften. Für die geistige Kultur ist hinreichend gesorgt. Von Lehranstalten bestehen: ein Gymnasium, ein Schullehrerseminar und 35 Landschulen.
Was die physische Kultur anlangt, so ist der wichtigste Nahrungszweig die Landwirtschaft, welche nicht nur den Bedarf der Bevölkerung deckt, sondern auch verschiedene Artikel zur Ausfuhr liefert. Auf Acker- und Gartenland entfallen 44,9 Proz., auf Wiesen 10,9, auf Weiden 9,1, auf Waldungen 22,4, auf Wasserstücke 8,9, auf Hofstellen 1,1, auf Wege und fließende Gewässer 2,7 Proz. des Areals. Die Waldungen bestehen meist aus Laubholz, namentlich prächtigen Eichen- und Buchenbeständen; 93 Proz. der ganzen Waldfläche gehören der Landesherrschaft.
Der Bergbau [* 8] betrifft bloß Steinkohlen, die in den mit Preußen [* 9] gemeinschaftlichen Staatsbergwerken zu Tage gefördert werden. Auch hat das Land treffliche Quader- und Bruchsteine sowie Torf. Die technische Kultur ist von geringem Belang. Auch der Handel ist wegen der Kleinheit des Ländchens unbedeutend. Das Fürstentum gehört zum Deutschen Zollverein und steht unter preußischer Zollverwaltung. Für Straßenbau ist viel geschehen, 24 km der Hannover-Mindener Bahn liegen innerhalb des Fürstentums.
Als Grundgesetz gilt das Landesverfassungsgesetz vom Der Fürst ist im Besitz der ungeteilten Staatsgewalt. Er bekennt sich zur reformierten Kirche und wird mit zurückgelegtem 21. Lebensjahr großjährig. Die Landstände bestehen aus zwei durch landesherrliches Vertrauen für die jedesmalige Legislaturperiode berufenen Vertretern des Domanialgrundbesitzes, einem gewählten Vertreter der Ritterschaft, einem von den vozierten Predigern des Landes gewählten Vertreter, einem von den eine amtliche Stellung einnehmenden Juristen, Medizinern, studierten Lehrern (einschließlich der zur Praxis zugelassenen Anwalte, Ärzte und examinierten Privatlehrer) gewählten Vertreter, drei gewählten Vertretern der Städte und sieben gewählten Vertretern der Ämter. Es wird jährlich ein Landtag gehalten.
Oberste Staatsbehörde für die gesamte innere Landesverwaltung und für die auswärtigen Angelegenheiten ist die fürstliche Landesregierung zu Bückeburg. Für die Rechtspflege besteht ein Landgericht in Bückeburg mit zwei Amtsgerichten zu Bückeburg und Stadthagen; die oberste Instanz bildet das gemeinschaftliche Oberlandesgericht zu Oldenburg. [* 10] Geistliche Oberbehörde für die Reformierten ist die Landesregierung, für die Lutheraner das Konsistorium.
Die Katholiken gehören zur Diözese des Bischofs von Osnabrück [* 11] als Provikars der Nordischen Mission. Den Gemeinden steht die selbständige Verwaltung ihrer Angelegenheiten unter Aufsicht der Staatsregierung zu. Das Landesbudget wird alljährlich mit dem Landtag vereinbart; für 1888/89 belief sich dasselbe in der Einnahme auf 720,868 Mk., in der Ausgabe auf 685,659 Mk., einschließlich 213,000 Mk. Einnahmen aus den Zoll- und Steuerüberschüssen des Reichs und 163,990 Mk. Ausgaben an die Reichskasse.
Die Staatsschuld beträgt 510,000 Mk. In militärischer Hinsicht gehört das Fürstentum zum 7. Armeekorps (Generalkommando in Münster). [* 12] Das Wappen [* 13] ist quadriert und enthält die Zeichen von Lippe, [* 14] Schwalenberg und in einem Mittelschild von Schaumburg (in Rot ein silbernes Nesselblatt, in drei Teile zerschnitten, an den Seiten eines dreieckigen, von Silber über Rot quer geteilten kleinen Schildes, worin drei silberne Nägel [* 15] in Form eines Schächerkreuzes sich befinden); Schildhalter sind zwei weiß gekleidete Engel.
Die Landesfarben sind Blau, Rot, Weiß. Als Ehrenzeichen bestehen: das mit dem Fürstentum Lippe gemeinsame vierklassige Ehrenkreuz, das goldene und silberne Verdienstkreuz, die Medaille für Militärverdienste im Felde, die Militärdenkmünze, das Gedenkkreuz, das Kreuz [* 16] für treue Dienste [* 17] 1870/71 und das Dienstauszeichnungskreuz für 25jährigen aktiven Dienst. Im Bundesrat ist S. durch einen Bundesbevollmächtigten, im Reichstag durch einen Abgeordneten vertreten. Fürstliche Residenz ist Bückeburg. S. Karte »Braunschweig [* 18] etc.«
Geschichte. Die Linie Schaumburg oder auch Bückeburg des Hauses Lippe (s. d., S. 819) ward vom Grafen Philipp, dem jüngsten Sohn des Grafen Simon VI. von der Lippe, gestiftet. Derselbe erhielt ¶
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1613 als Apanage die Ämter Lipperode und Alverdissen und erbte 1640 von seiner Schwester Elisabeth, der Mutter des letzten Grafen von Schaumburg, Otto VII., einen Teil der Grafschaft Schaumburg (s. d. 1), nämlich die Ämter Stadthagen, Bückeburg, Arensburg und Hagenburg. Dies Territorium führte von nun an den Namen Grafschaft S. Philipp führte 1668 das Erstgeburtsrecht ein und starb 1681. Sein ältester Sohn, Friedrich Christian, folgte ihm in der Bückeburgischen Linie und starb 1728; ein zweiter Sohn, Philipp Ernst, stiftete die Alverdissensche Nebenlinie.
Nach dem Aussterben der Brakeschen Linie 1709 entstand ein Streit mit Lippe-Detmold, der 1748 so geschlichtet wurde, daß Blomberg an Detmold, [* 20] Schieder aber an Bückeburg fiel. Mit dem Enkel Friedrich Christians, dem portugiesischen Feldmarschall Grafen Friedrich Wilhelm Ernst, der das Fort Wilhelmsburg im Steinhuder Meer erbaute und eine berühmte Kriegsschule errichtete, erlosch 1777 die ältere Linie Bückeburg im Mannesstamm, worauf die Alverdissensche Linie mit dem Grafen Philipp Ernst, einem Enkel von Philipp Ernst, dem Stifter dieser Nebenlinie, die Regierung von Bückeburg antrat. Nach langwierigen Streitigkeiten mit dem Landgrafen von Hessen-Kassel und dem Grafen von Lippe behauptete sich Philipp Ernst gegen Abtretung des Amtes Schieder im Besitz von Schaumburg-Bückeburg u. nannte sich nun Graf von Schaumburg-Lippe-Bückeburg. Nach seinem Tod folgte sein Sohn Georg Wilhelm (s. Georg 23), erst unter der Vormundschaft seiner Mutter, der Prinzessin Juliane von Hessen-Philippsthal, und des Grafen Johann Ludwig von Wallmoden-Gimborn, bis er selbst die Regierung übernahm. Er trat noch in demselben Jahr dem Rheinbund bei, nahm darauf den Fürstentitel an und gab dem Land eine ständische Verfassung. 1837 schloß sich S. dem braunschweigisch-oldenburgischen Zoll- und Steuerverband an, und trat es dem zwischen Preußen und Hannover vereinbarten Vertrag über Vereinigung des Zoll- und des Steuervereins und infolgedessen dem Zollverein bei. 1848 fanden auch hier, doch nur kurze Zeit, Bewegungen statt; dem sich kundgebenden Verlangen, daß die Domänen für Staatsgut erklärt würden, trat der Fürst mit Entschiedenheit entgegen.
Zwar ließ er sich zur Vereinbarung eines neuen Wahlgesetzes und eines Gesetzes über die Verantwortlichkeit der Regierung bewegen, lenkte aber 1849 in reaktionäre Bahnen ein und gab weder eine neue Verfassung, noch setzte er die alte in Wirksamkeit. Nach dem Tod Georg Wilhelms, folgte sein Sohn, Fürst Adolf Georg, geb. S. stimmte mit der 16. Kurie für die von Österreich [* 21] beantragte Mobilisierung gegen Preußen und sandte sein Kontingent dem Bundesbefehl gemäß nach Mainz, [* 22] trat aber 18. Aug. dem Norddeutschen Bund und 1871 dem Deutschen Reich bei. Eine Militärkonvention ward mit Preußen geschlossen. Nach längern Verhandlungen ward eine neue ständische Verfassung mit der Landesversammlung vereinbart und damit der langjährige Konflikt beendet.