Schädelkultus,
s. Kopfjagden.
3 Wörter, 31 Zeichen
s. Kopfjagden.
die Unternehmungen barbarischer Völker, um sich in den Besitz menschlicher Köpfe, Schädel oder Skalpe zu setzen, einesteils zu dem Zweck, dadurch einen Anspruch, unter die Männer gerechnet zu werden, nachzuweisen, andernteils um die Kräfte der Getöteten auf sich selbst überzuleiten oder letztere in den Dienst Verstorbener zu stellen, in deren Namen dann die Kopfjagden angestellt werden. Diese zum größern Teil auf religiösen Vorstellungen beruhende Unsitte war ehemals über einen großen Teil der Welt verbreitet und hält sich noch jetzt in Hinterindien, den Inseln des Malaiischen Archipels, Neuguineas, auf Formosa und in einem großen Teil Afrikas, während sie in Nordamerika bei den dortigen Indianerüberresten im Aussterben befindlich ist.
Besonders sind sie auf Java, bei den Alfuren auf Ceram und bei den Dajak auf Borneo im Schwange trotz der Anstrengungen der holländischen Regierung, welche die Kopfschneller (holländ. Koppensnellers) mit schweren Strafen bedroht. Die Kopfjagden werden bei verschiedenen Veranlassungen angestellt und häufig mit allerlei religiösen Zeremonien eingeleitet, namentlich, z. B. bei den hinterindischen Bergstämmen und in Afrika, vor der mit Tättowierung und allerlei Mutproben verbundenen Mannbarkeitserklärung (s. Pubertätszeremonien), und die Köpfe werden in der Regel von feindlichen Stämmen erbeutet, sollen aber von wehrhaften Männern herrühren, sonst höhnt man den Sieger, wie man (nach Buchholz) einem Bewohner von Camerun vorwarf, er sei noch ein Knabe, denn er habe noch keinen Mann, sondern höchstens einen Fisch getötet; er hatte nämlich durch Versehen einen Taubstummen getötet.
Ebensolche Kopfjagden wiederholen sich vor Hochzeiten und vor Erwerbung höherer Würden, wie der Häuptlingswürde, zu der in der Regel die Vorweisung einer gewissen Anzahl von Köpfen gehört, und bei Begräbnissen angesehener Personen, wo sie den Zweck haben, demselben Diener ins Jenseits nachzusenden. Während das Fleisch der Opfer meist verteilt und verzehrt wird, bilden die Köpfe wertvolle Trophäen des Kopfjägers, der sie eigens räuchert, bemalt, mit künstlichen Augen versieht oder sonst präpariert, um seine Wohnung damit zu schmücken.
Mitunter werden auch nur die gebleichten Schädel verwahrt und mit denselben ein eigentümlicher Schädelkultus getrieben. Auch im alten Europa scheinen entsprechende Gebräuche geherrscht zu haben, wenigstens melden zahlreiche Sagen von berühmten Helden, die aus den Schädeln ihrer Feinde Trinkgeschirre fertigen ließen (s. auch Skalpieren).
Vgl. R. Andree, Über Schädelkultus (»Mitteilungen des Leipziger Vereins für Erdkunde« 1875);
Bock, Unter den Kannibalen von Borneo und Java (deutsch, Jena 1885).