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damit die Nuntiatur aufgehoben». Zu eben dieser Zeit strebte Kaspar Mermillod, Pfarrer in Genf und Bischof von Hebron in partibus, darnach, das Bistum Genf wieder herzustellen. Als auf sein Drängen hin der Papst den Kanton Genf vom Bistum Lausanne, dem er 1819 angegliedert worden war, lostrennte, erhob sich sowohl in Genf selbst als auch in der ganzen Eidgenossenschaft eine lebhafte Missstimmung. Aufgefordert, seine neue Würde als Bischof von Genf niederzulegen, weigerte sich Mermillod dessen.
Nun wies der Bundesrat im Einverständnis mit dem
Genfer Staatsrat den renitenten Priester 1873 für so lange aus der Schweiz
aus, als er auf seinen Titel nicht verzichten wollte. Gegen diesen Beschluss wurde an die Bundesversammlung
rekurriert, die aber die Ausweisung aufrecht erhielt. In diesen Konflikten hatten Personenfragen eine grosse
Rolle gespielt.
In der Folge errichtete dann der h.
Stuhl im Tessin
ein apostolisches Vikariat, das dem Namen nach dem Bistum Basel
unterstellt und zu
dessen Verweser der Erzbischof von Damiette in partibus und frühere
Bischof von Basel
Lachat ernannt wurde.
Als dann auch der Bischofssitz von
Lausanne frei ward, wurde Mermillod an diese Stelle berufen, wodurch der Kanton Genf
mit Zustimmung
des Papstes wieder zum Bistum
Lausanne kam.
Diese Ereignisse, der sog. «Kulturkampf», führten dazu,
dass in die neue Bundesverfassung ein Artikel aufgenommen wurde, der die Errichtung von Bistümern auf schweiz
erischem Boden
ohne Genehmigung des Bundes untersagt, und sich in Genf
und Bern
von
Rom unabhängige sog. «altkatholische» Kultusgemeinden bildeten,
welche neue Kirche sich rasch über die ganze Schweiz
ausdehnte und in der Person des Pfarrers Herzog
einen eigenen
Bischof gab.
13. Die Schweiz
unter der Bundesverfassung von 1874.
Mit dem Inkrafttreten der Bundesverfassung von 1874 begann für die Schweiz
eine Zeit gesetzgeberischer Tätigkeit wie nie
vorher. Als Schwierigkeit erwies sich zunächst die Verpflichtung, dem Referendum Rechnung zu tragen, welches Volksrecht
den zentralistischen Bestrebungen der eidgenössischen Räte oft einen Zügel anlegen sollte. Einige
Aufsehen erregende Niederlagen liessen die gesetzgebenden Organe des Bundes zu der Erkenntnis kommen, dass sie einerseits
der katholischen und andrerseits der welschen konservativen (föderalistischen) Minorität Rechnung tragen müssten, wenn
sich die Institutionen unseres Landes gedeihlich entwickeln sollten.
Nur mit Mühe vermochte 1875 das Bundesgesetz über Zivilstand und Ehe mit 213199 gegen 205069 Stimmen
durchzudringen, während zur gleichen Zeit ein Gesetzesvorschlag betreffend das Stimmrecht der Schweiz
erbürger mit 207263
gegen 202583 Stimmen unterlag. Diese Abstimmungen zeugten von einer allgemeinen Unzufriedenheit, die sich auch weiterhin
geltend machte. Das Fabrikgesetz von 1877, das das Prinzip des 11stündigen Normalarbeitstages aufstellte,
siegte bloss mit einer geringen Mehrheit, während ein erster Gesetzesvorschlag betr. die Banknotenemission vom Volke mit
grosser Mehrheit verworfen wurde.
Das Gesetz über die Militärorganisation von 1874 war dem Referendum glücklich entgangen. Als dann die durch dasselbe verursachten Ausgaben alle Voraussicht überstiegen, musste man, um dem drohenden Defizit vorzubeugen, einige seiner Bestimmungen revidieren, in allen Zweigen der eidgenössischen Verwaltung ein striktes Sparsystem einführen und die Post- und Telegraphentaxen erhöhen. Die allgemeine wirtschaftliche Lage hatte sich verschlechtert, und die Eisenbahngesellschaften machten eine ernste Krise durch (Zusammenbruch der Nationalbahn, Liquidation der Bern-Luzernbahn, Reorganisation der Suisse Occidentale und der Nordostbahn). Alle diese Ursachen führten 1878 dazu, dass sich im Nationalrat eine liberal-konservative Majorität zu bilden vermochte.
Der Bau der Gotthardbahn hatte zu einem internationalen Uebereinkommen geführt; Italien gewährte der von Alfred Escher geleiteten Gotthardbahngesellschaft einen Beitrag von 45, Deutschland einen solchen von 20 und die interessierten Kantone, sowie die Zentral- und Nordostbahn zusammen einen solchen von ebenfalls 20 (Total also 85) Millionen Franken. Das Projekt war aber nicht genügend scharf ausgearbeitet worden, sodass sich die aufgestellten Kostenvoranschläge als zu tief gegriffen erwiesen. Man sah sich genötigt, das ganze Programm abzuändern, die Ausgaben einzuschränken und weitere Subventionen zu erlangen, an denen sich 1877 Deutschland und Italien mit je 10, sowie, nach langen Diskussionen, der Bund mit 4½ und die Zentralbahn, Nordostbahn und interessierten Kantone zusammen mit 3½ (Total 28) Millionen Franken beteiligten.
Während in politischer Hinsicht sonst überall Ruhe eingekehrt war, sollte zu dieser Zeit der Kanton Tessin das Schauspiel von immer wieder neu auflebenden Unruhen bieten, die zu drei verschiedenen Malen eine eidgenössische Intervention notwendig machten. Nachdem seit 1875 die Konservativen (Respini, Pedrazzini) zur Herrschaft gelangt waren, kam es bei Anlass eines Schützenfestes in Stabio am zu einem blutigen Handgemenge der Parteien, das den Bund zur Abordnung von Nationalrat Simeon Bavier als eidgenössischen Kommissär bewog, unter dessen Mitwirkung am ein Kompromiss zu Stande kam.
Der darauf folgende grosse politische Prozess endigte am mit der Freisprechung sämtlicher Angeklagten. Um den Radikalen, die im südlichen Kantonsteil über die Mehrheit verfügten, entgegenzukommen, beschloss die Bundesversammlung 1881 die Teilung des Kantons in zwei eidgenössische Wahlkreise (Sopra Ceneri und Sotto Ceneri). 1883 gelang es dem Bundesrat, die Diözesanfrage mit dem h. Stuhl in dem Sinne zu lösen, dass der Tessin von den Diözesen Mailand und Como abgetrennt und zu einem besondern apostolischen Vikariat erhoben wurde, das man dann 1888 nominell dem Bistum Basel angliederte. Heute sitzt in Lugano unter dem Titel eines apostolischen Vikares ein Bischof.
Neue Unruhen brachen im Tessin 1889 aus, doch vermochte der eidgenössische Kommissär Eugen Borel mit Hilfe von zürcherischem Militär die Ruhe scheinbar aufrecht zu erhalten. Die Stimmung blieb aber gereizt, «und als die Wahlen 75 konservative und bloss 37 liberale Grossräte ergaben - während die Liberalen 12166 Wähler zählten, gegen 12783 Konservative -, die Liberalen die Wahlen anfochten und Rekurse an den Bund richteten, der neue Grosse Rat aber gleichwohl zu amten begann, verlangten die Liberalen auf gesetzlichem Wege eine Verfassungsänderung. Obgleich die für eine Volksabstimmung nötige Zahl von Stimmen zusammengebracht worden war, gab doch die konservative Regierung unter Respini in hartnäckigster Verblendung dem keine Folge.» Da brach am in Bellinzona und Lugano eine Revolution aus.
Die Liberalen (oder Radikalen) bemächtigten sich des Zeughauses und des Regierungsgebäudes, wobei Staatsrat Rossi erschossen und Respini gefangen gesetzt wurde. Es bildete sich eine provisorische Regierung unter Rinaldo Simen, die sich der Gewalt bemächtigte. Dem vom Bundesrat mit drei Bataillonen nach dem Tessin entsandten eidgenössischen Kommissär, Oberst Künzli, bereiteten seine politischen Gesinnungsgenossen einen freudigen Empfang. «Er nahm, mit nachträglicher Genehmigung der Bundesbehörden, die Verwaltung selber in die Hand». Nach langen Unterhandlungen und nicht ohne Mühe einigten sich die Tessiner zur Ernennung einer politisch gemischten Regierung und zur Annahme des Systems der Proportionalvertretung. Im Sommer 1891 sprachen die in Zürich tagenden eidgenössischen Assisen (Geschwornen) die Urheber dieser September-Revolution frei. Seither ist dann auch der Kanton Tessin zur Ruhe gekommen.
Nachdem im Jahr 1879 der deutsche Reichstag unter dem Drucke der Grossgrundbesitzer und der grossen Industriellen einen ziemlich
hohen Schutzzolltarif genehmigt hatte, betraten auch Italien, Oesterreich und Frankreich, dem
Zuge der Zeit folgend, diesen
gleichen Weg, in den sich die Schweiz
mithineingerissen sah. Allgemein schenkte man den Fragen wirtschaftlicher
und sozialer Natur eine grössere Sorgfalt, ohne dass aber dabei ein gewisses Misstrauen völlig ausgerottet werden konnte.
Das Schweiz
ervolk zeigte sich den neuen Ideen weniger geneigt als die Bundesversammlung. Im Jahr 1879 hob es den Artikel
der Bundesverfassung, der die Todesstrafe abgeschafft hatte, auf und verwarf mit erdrückender
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Mehrheit ein Seuchengesetz (254340 Nein gegen 80324 Ja), sowie 1882 den das Amt eines eidgenössischen Schulsekretärs schaffen wollenden Bundesbeschluss (318139 Nein gegen 180995 Ja), der zu einem Bundesgesetz über das Volksschulwesen hinüberleiten sollte. Auch 1884 wurden vier dem Referendum unterworfene Bundesgesetze vom Volke abgelehnt. Die durch die Bundesverfassung ausgesprochene Abschaffung der «Ohmgelder», einer kantonalen Abgabe auf Kauf und Verkauf von Wein und geistigen Getränken, veranlasste den Bundesrat zu dem Vorschlag einer allgemeinen Abgabe auf geistige Getränke, deren Ertrag unter die Kantone aufgeteilt werden sollte.
Zur Erreichung dieses Zweckes war aber eine Partialrevision der Verfassung nötig, die denn auch am mit schöner Mehrheit bewilligt wurde (Artikel betr. Fabrikation und Verkauf gebrannter Wasser und Wirtschaftswesen). Das hieraus sich ergebende Bundesgesetz betr. das Alkoholmonopol - «das erste neue eidgenössische Monopol seit 1848» - erschliesst den Kantonen und dem Bund neue Finanzquellen und dient zugleich der Bekämpfung des Alkoholismus, zu welchem Zweck 1/10 des Reinertrages dieses Monopoles verwendet werden muss.
Von 1885 an ist die innere Politik der Schweiz
in ruhigeres Fahrwasser eingelaufen. Eine zeitlang sah sich unser Land genötigt,
seine ganze Aufmerksamkeit der äussern Politik zuzuwenden. Die Aufnahme einer grossen Anzahl von französischen Kommunarden
hatte nach dem deutsch-französischen Krieg einige Anstände mit dem Kabinet Thiers zur Folge, die sich
aber glatt abwickelten. 1878 musste der Bundesrat gegen die in La Chaux de Fonds erscheinende anarchistische Zeitung L'Avant-garde
einschreiten, die offen den Königsmord predigte und deren Redaktor verurteilt und ausgewiesen wurde.
Ebenfalls ausgewiesen musste der russische Fürst Kropotkin werden, der in der Zeitung La Révolte die
Ermordung des Zars verherrlicht hatte. Weniger streng zeigte sich dagegen der Bundesrat den deutschen Sozialisten gegenüber,
die sich nach den Attentaten von Hödel und Nobiling in die Schweiz
geflüchtet hatten und in Zürich
den Sozialdemokrat, eine äusserst
heftig auftretende Zeitung, veröffentlichten. Nachdem der deutsche Gesandte in der Schweiz
zu wiederholten
Malen in vertraulicher Weise die Aufmerksamkeit der Bundesbehörden auf das Unschickliche einer solchen Publikation gelenkt,
erklärte die zur Vernehmlassung eingeladene Zürcher Regierung, dass sie den Verfasser des aus der Offizin des «Sozialdemokrat»
hervorgegangenen Libells Der Rote Teufel nicht habe ermitteln können.
Dazu kam, dass der zürcherische Polizeihauptmann Fischer sich eine «bedenkliche Indiskretion» zu schulden kommen liess: «er teilte einem sozialistischen Reichstagsmitgliede die Ergebnisse einer andern Untersuchung mit, die feststellte, dass die deutsche Polizei Lockspitzel in Zürich unterhalte». Diese Enthüllung wurde dem deutschen Reichstag mitgeteilt und erregte grosses Aufsehen, so dass ein Notenwechsel zwischen Berlin und Bern folgte. «Als eine Mahnung an den „Sozialdemokrat“ diesen noch übermütiger machte, schritt der Bundesrat im April 1888 zur Ausweisung der Redaktoren».
Die deutsche Reichsregierung fuhr trotz dieser Vorfälle fort, in der Schweiz
eine geheime Polizei und eine Anzahl Lockspitzel
zu unterhalten, welches Verhalten am offen an den Tag kommen sollte. Ein Polizeiinspektor
aus Mülhausen, August Wohlgemuth, unterhielt Beziehungen zu einem in Basel
niedergelassenen sozialdemokratischen Schneider Lutz,
den er als Spion und Lockspitzel verwendete und welchem er in Rheinfelden ein Stelldichein gegeben hatte. Die davon unterrichtete
aargauische Polizei liess nun Wohlgemuth verhaften und gefangen setzen.
Als der deutsche Gesandte, von Bülow, die sofortige Freilassung des Wohlgemuth forderte, erliess der Bundesrat am gegen diesen einen Ausweisungsbefehl und liess ihn an die Grenze führen. Dadurch geriet Bismarck in eine heftige Erbitterung, die ihn dazu verleitete, der Schweiz mit einer Grenzsperre und andern Repressalien zu drohen. Der Bundesrat liess sich jedoch nicht einschüchtern und wurde in seiner Stellungnahme durch die gesamte Bundesversammlung und das ganze Volk kräftig unterstützt. Er «antwortete mit Würde und Entschlossenheit. Ohnmächtig, rächte sich Bismarck durch Kündigung des Niederlassungsvertrages. Mit Bismarcks Sturz 1890 gestalteten sich die Beziehungen zum deutschen Reiche freundlicher; der Niederlassungsvertrag wurde erneuert.» Dieser Vorfall liess die vorsichtige und zugleich energische Haltung des Bundesrates, in dem damals als Männer von grösstem Wert Welti, Droz und Ruchonnet sassen, in hellem Lichte erstrahlen und gewann ihm das Zutrauen des ganzen Volkes in hohem Masse.
Unterdessen machten die demokratischen Einrichtungen in unserm Lande weitere Fortschritte. Am trat das vom Volke genehmigte Recht der Initiative oder Volksanregung in Kraft, nach welchem 50000 stimmberechtigte Schweizerbürger das Begehren auf Erlass, Aufhebung oder Abänderung bestimmter Artikel der Bundesverfassung stellen können. Als die Sozialdemokraten von dieser Bestimmung Gebrauch machen und das Recht auf Arbeit in die Verfassung aufnehmen lassen wollten, wurde ihr Vorschlag am vom Volk mit 308289 gegen 75880 Stimmen abgelehnt.
Auch das Prinzip der Verstaatlichung und Zentralisation hat sich während der leiten Jahre des 19. Jahrhunderts weiter entwickelt. Einen ersten Schritt dazu bedeutete die Einfügung in die Verfassung eines neuen Artikels betr. die Einrichtung der (obligatorischen oder fakultativen) Kranken- und Unfallversicherung durch den Bund (Volksabstimmung vom die aber noch nicht durchgeführt ist, weil das Volk einen diesbezüglichen Gesetzesvorschlag am verwarf. Auch die Vorlage betr. Schaffung einer Staatsbank wurde zunächst abgelehnt und fand, nach mancherlei Abänderungen, erst 1905 seine Verwirklichung (Nationalbank).
Die Erhöhung der Eingangszölle und der immer grössern Umfang annehmende wirtschaftliche Aufschwung haben beträchtlich zum Anwachsen der Einnahmequellen des Bundes beigetragen, was diesem wiederum die Mittel an die Hand gab, sich den Kantonen gegenüber freigebig zu zeigen und die kostspieligen Festungsbauten am Gotthard und von Saint Maurice durchzuführen. Gewaltige Wellen warf die 1863 von Stämpfli zuerst aufgerollte Frage des Rückkaufes der Eisenbahnen.
Nachdem ein Versuch zum freihändigen Rückkauf der Nordostbahn im Jahr 1888 gescheitert war, verwarf das Volk 1891 auch den von den eidgenössischen Räten beschlossenen Rückkauf der Zentralbahn, welchem negativen Volksentscheid der Aufsehen erregende Rücktritt von Bundesrat Welti folgte. Dagegen genehmigte das Volk 1896 ein ihm vorgelegtes neues Gesetz über das Rechnungswesen der Eisenbahnen, «welches bezweckte, die Bahngesellschaften zur linienweisen Ausscheidung ihrer Rechnungen zu veranlassen, die für den konzessionsgemässen Rückkauf massgebenden Begriffe des Reinertrages und des Anlagekapitals in einer für die Bahnen beim Rückkauf verbindlichen Weise festzustellen und die Bahnunternehmungen anzuhalten, schon vor Eintritt des Kündigungstermines die Nachweise über den jährlichen Reinertrag und das Anlagekapital einzureichen, und endlich allfällige Streitpunkte über die Auslegung der Rückkaufsbedingungen sukzessive durch das Bundesgericht entscheiden zu lassen und damit für den konzessionsgemässen Rückkauf eine liquide Situation zu schaffen» (Botschaft des Bundesrats 1897). Am nahm dann das Volk ein vom Bundesrat entworfenes Rückkaufsgesetz mit 386634 Ja gegen 182718 Nein glänzend an. In Ausführung dieses Gesetzes wurden dann zurückgekauft: im Jahr 1900 die Zentralbahn, 1901 die Nordostbahn, die Vereinigten Schweizerbahnen, die Bötzbergbahn, die aargauische Südbahn und die Linie Wohlen-Bremgarten, 1902 die Toggenburgerbahn und 1903 die Jura-Simplonbahn. Auch die lange Zeit ventilierte Frage des Simplondurchstiches ist zu einem glücklichen Abschluss gekommen, indem dieser grosse Verkehrsweg im Mai 1906 mit grossem Pomp eingeweiht werden konnte.
Nachdem das Schweizervolk am den Entwurf der neuen Militärorganisation mit 329953 Ja gegen 267605 Nein angenommen, sollen nun in nächster Zukunft noch zwei weitere grosse Probleme ihrer Lösung entgegen geführt werden, nämlich die im Prinzip vom Volk bereits beschlossene Vereinheitlichung sowohl des ¶
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Zivilals auch des Strafrechtes. Der Entwurf des von Prof. Huber redigierten eidg. zivilrechtlichen Gesetzbuches wurde von den eidgenössischen Räten im Jahr 1907 genehmigt. Er nimmt in bemerkenswertem Masse Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit der Sitten und Bräuche der einzelnen Landesteile und erscheint in einem weniger absolutistischen und zentralistischen Geiste gehalten, als dies ohne Zweifel der Fall gewesen wäre, wenn er dreissig Jahre früher das Licht erblickt hätte.
Die Anschauungen sind eben andere geworden und unsere heutigen Juristen haben die Notwendigkeit besser erkannt, die zivilrechtliche Gesetzgebung auf möglichst breiter Grundlage aufzubauen. Auch das strafrechtliche Gesetzbuch, das den Prof. Stooss zum Redaktor hat, wird den eidgenössischen Räten in naher Zukunft zur Diskussion vorgelegt werden. Diese beiden grossen juristischen Denksteine sollen das Werk Ruchonnets krönen, dem es gelungen war, am den Entwurf eines eidgenössischen Obligationen- und Handelsrechtes und am das schweizerische Gesetz über Schuldbetreibung und Konkursin Kraft treten zu lassen.
Die Frage der Wahlreform, d. h. der proportionalen Vertretung der verschiedenen politischen Parteien, die so oft aufgeworfen worden ist, hat auf dem Boden des Bundes bis heute noch keine Anwendung gefunden, wird aber in einigen Kantonen (Tessin, Neuenburg, Genf), die gute Erfahrungen damit zu machen scheinen, bereits praktisch ausgeübt.
14. Geistige Kultur im 19. Jahrhundert.
Zu Beginn des Jahrhunderts lenkten zwei grosse Schriftsteller, Benjamin Constant und Frau von Staël, die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich und ihre Werke. Jener war ein Waadtländer und erblickte das Licht der Welt in Lausanne, wo seine aus Frankreich stammenden Vorfahren sich im beginnenden 17. Jahrhundert niedergelassen hatten. Er glänzte namentlich als energischer Vorkämpfer einer freisinnigen Lebensauffassung. Die in Paris geborene Frau von Staël war die Tochter des mit der Waadtländerin Suzanne Curchod vermählten Genfer Finanzmannes Necker und stellt sich mit ihren Romanen und kritischen Abhandlungen in den ersten Rang unter den europäischen Schriftstellern.
Diesen beiden Geistern, die am Beginn des 19. Jahrhunderts glänzten, reihen sich noch zahlreiche weitere hervorragende Männer und ausgezeichnete Frauen ebenbürtig an, von denen viele auch ausserhalb der Grenzen unseres Landes sich einen Namen gemacht haben. Wir müssen uns aber an dieser Stelle auf eine Auswahl beschränken und bemerken ausdrücklich, dass wir die noch Lebenden aus unserer Zusammenstellung von vorneherein ausschliessen.
Rechts- und Staatswissenschaften: Étienne Dumont, Pierre Odier, A. E. Cherbuliez, Ed. Secrétan, Ludwig Keller, J. K. Bluntschli, James Fazy, D. Gonzenbach, Jakob Dubs, J. J. Blumer, Alphonse Rivier, Numa Droz, Charles Brochet, Ph. A. von Segesser, J. B. Müller, Baumgartner, Th. Wirz, Louis Ruchonnet.
Philosophen, Pädagogen und Theologen: Heinrich Pestalozzi, Pater Girard, Fellenberg, Stapfer, Madame Necker de Saussure, Friedr. Alb. Lange, Friedr. Vischer, J. P. Romang, A. L. Kym, Alexandre Vinet, Charles Secrétan, Naville, Amiel, Bischof Greith, Cathrein, Gisler, de Wette, Merle d'Aubigné, S. Chapuis, P. Chapuis, Félix Bovet, Frédéric Godet, Adolphe Monod, Eugène Bersier, Bernus, Bovon, Gaston Frommel, Alexander Schweizer, P. Lange, K. R. Hagenbach, J. C. Biedermann, Georg Finsler, Ed. Zeller, Heinrich Lang.
Geschichts- und Altertumsforscher: C. von Deschwanden, Lusser, Kortüm, Reinhard, Johannes von Müller, Glutz-Blotzheim, H. Hottinger, Zschokke, F. de Gingins, L. Vulliemin, Ch. Monnard, Alex. Daguet, Göldlin von Tiefenau, Businger, Stadlin, Ildefons von Arx, Pupikofer, Mörikofer, Ildefons Fuchs, Sismondi, Tillier, Feddersen, N. F. von Mülinen, Meyer von Knonau, von Orelli, J. K. Zellweger, J. E. Kopp, Ferdinand Keller, J. J. Hisely, A. Rilliet, F. de Chambrier, Georg von Wyss, Pierre Vaucher, von Morlot, Charrière, Forel, Boissier, Roget, Troyon, Morel-Fatio, F. und E. Chavannes, Le Fort, Gremaud, Jakob Burckhardt, Wurstemberger, Bischof Fiala, Herminjard, Pictet de Sergy, Jomini, Ferd. Lecomte, R. Stähelin, Trouillat, Vautrey, Abbé Serasset, A. Quiquerez etc.
Philologen: J. J. Hottinger, J. Kaspar von Orelli, J. J. Bremi, Adert, Ayer, W. Wackernagel, Adolphe Pictet, Gall Morell, Alex. Baumgartner, von Roten, X. Herzog, Georg Müller, Theodor und Arnold Hug, Heinrich Schweizer-Sidler, Friedrich Staub.
Dichtkunst: Frau von Montolieu und Frau von Charrière, Dekan Bridel, R. Töpffer, Charles Didier, Jeremias Gotthelf (Albert Bitzius), Victor Cherbuliez, Marc Monnier, Gottfried Keller, Conrad Ferdinand Meyer, Petit-Senn, Dubois-Melly, J. J. Porchat, F. Monneron, H. Durand, Juste und Urbain Olivier, Alb. Richard, Steinlen, Eug. Rambert, Étienne Eggis, Sciobéret, L. Favre, Alice de Chambrier, de Bosset, Fritz Berthoud, André Gladès (Nancy Vuille), Mario (Mlle Trolliet), Sal. Tobler, J. J. Reithard, A. E. Fröhlich, Jakob Frey, Arthur Bitter (Samuel Haberstich), J. J. Romang, Dranmor (Ferd. Schmid), Heinrich Leuthold, Jakob Stutz, August Corrodi.
Mathematik, Naturwissenschaften und Geographie: De Candolle, Konrad und Arnold Escher von der Linth, Bernhard Studer, Charpentier, Venetz, Louis Agassiz, Ed. Desor, Eug. Renevier, Gabr. Mortillet, Auguste Jaccard, Pictet de la Rive, Auguste de la Rive, Plantamour, Alphonse Favre, Louis Dufour, Jean Muret, Oswald Heer, Daniel Colladon, Soret, Steiner, Peter Merian, Rud. Wolf, Leopold Rütimeyer, A. Mousson, J. J. Müller, Gottlieb Studer, Gerold Meyer von Knonau, Stefano Franscini, J. Siegfried, J. Meyer, G. A. Berlepsch, General G. H. Dufour, Friedrich von Tschudi, Oberst Siegfried, Ostervald, Oberst Buchwalder, Arnold Guyot, J. J. Egli.
Bildende Künste: Léopold und Aurèle Robert, Albert und Max de Meuron, Henri Franç. Brandt und Jean Pierre Droz (zwei Medailleure ersten Ranges), De la Rive, François Diday, Alex. Calame, Lugardon, Hornung, Charles Humbert, G. Castan, B. Menn, Charles Gleyre, E. van Muyden, Benjamin Vautier, Bocion, David, Chavannes, Tobler, Raphael Ritz, Ludwig Vogel, Simon, Ernst Stückelberg, Rud. Koller, Bircher, Arnold Böcklin, P. und Th. von Deschwanden, Diogg, Müller, Stockmann, Aloys Fellmann, Kunz, Vettiger, Christen, F. und H. Kaiser, V. Vela, Francesco Ciseri, Chaponnière, Pradier, Ferd. Schlöth, Herzogin Colonna, Frank Buchser, Otte Frölicher, Adolf Stäbli, Sal. Corrodi, Alfr. Dumont, Aug. Weckesser, Konrad Grob, Auguste Bachelin, Rittmeyer, Karl Stauffer, Alfr. Lanz, Gottfried Semper.
Musik: J. H. Tobler, Hans Georg Nägeli, J. R. Weber, Ignaz Heim, W. Baumgartner, Greith, Gustav Weber, Xaver Schnyder von Wartensee, Joachim Raff, Arnold, Niedermeyer.
Eines der Elemente unseres nationalen Lebens hat seinen Ausdruck in zahlreichen Gesellschaften gefunden, in denen sich die Männer von verwandter Geistesrichtung finden und gegenseitig anzuregen suchen. Zu schweizerischen Verbänden dieser Art haben sich zusammengetan die Naturforscher, Geographen, Aerzte, Theologen, Juristen, Ingenieure und Architekten, Geschichtsforscher, Industriellen und Kaufleute, Offiziere und Unteroffiziere, Sänger, Musiker, Turner, Künstler, Alpinisten, gemeinnützigen Männer und Frauen und viele andere. Alle diese Vereinigungen haben auf die Entwicklung des geistigen Lebens der Nation einen grossen und glücklichen Einfluss ausgeübt, sowie in hohem Masse zur gegenseitigen Annäherung von Männern beigetragen, die durch verschiedene Sprache, Konfession und Interessen zu isoliertem Vorgehen bestimmt zu sein schienen.
Ein Löwenanteil an der Entfaltung unserer nationalen Kultur fällt vor allem auch den höhern Schulen zu. Während die Schweiz bis ins 19. Jahrhundert hinein nur eine einzige hohe Schule (die Universität Basel; durch Papst Pius II. im 15. Jahrhundert gegründet) zählte, wandelten sich dann auch die Akademien von Zürich, Bern, Genf und Lausanne der Reihe nach zu Universitäten um. Eine weitere, katholische, Universität entstand in Freiburg und eine Akademie in Neuenburg. Der Bund unterhält als einzige höhere Lehranstalt die 1855 gegründete eidgenössische polytechnische Schule in Zürich. Die Hochschulen werden bis heute von den Kantonen unterhalten, doch richtet der Bund diesen letztern Beiträge an das gewerbliche und Volksschulwesen aus. ¶
Zum Duden
Nr. | Ergebnis | Schweiz |
---|---|---|
1 | ****** | Schweiz, die; - [2: nach der besonderen Schönheit der (an typisch schweizerische Landschaften erinnernden) Landschaftsformen]: 1. ... |
Quellen, Literatur
Band - Seite | Artikel | Autor | Titel | Ausgabe |
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64.739 | Schweiz | Müller von Friedberg | Schweiz.Annalen | (7 Bde., Zür. 1832-42) |
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64.739 | Schweiz | Oechsli | Die Anfänge der schweiz.Eidgenossenschaft | (Bern 1891) |
14.748 | Schweiz | Areal | Bevölkerung und Religionsbekenntnisse der Schweiz | (1. 1888) |
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14.159 | Sächsische Schweiz | Hettner | Gebirgsbau und Oberflächengestaltung der Sächsischen Schweiz | (Stuttg. 1887) |
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44.659 | SCHWEIZ | - Oberhummer | Die Schweiz | (in der Zeitschrift des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins. 1901) |
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