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kommende neue Verfassung schränkte die Mitgliederzahl des Grossen Rates und des Regierungsrates ein und beschenkte die Stadt mit einem besondern Stadtrat. Am wurde diese Vorlage vom Volke mit grosser Mehrheit gutgeheissen. Obwohl sie einen starken Fortschritt bekundete, bereitete sie doch den Radikalen, denen die Gelegenheit, ans Ruder zu kommen, entgangen war, eine tiefe Enttäuschung, weshalb sich die nächstfolgenden Jahre für Genf sehr unruhig gestalteten.
Am kam es in den Strassen Genfs zu blutigen Keilereien, in deren Folge sich Barrikaden erhoben. Der Aufstand wurde durch die aufgebotenen Milizen unterdrückt. Wenig nachher reichte Rigaud seine Entlassung ein; doch sollte die konservative Partei trotz der vielen Angriffe von Seiten von Fazy, Rilliet de Constant und ihrer Freunde sich noch drei Jahre halten können. Die Frage des Sonderbundes gab dann im Jahr 1846 den Radikalen endlich die erwünschte Gelegenheit zu einer politischen Umwälzung.
Während sich bis zum 31. August 10 2/2
Stände für die Auflösung des Sonderbundes erklärt hatten, hielten
die Abgeordneten von Genf,
Neuenburg
und Basel Stadt
mit der Stimmabgabe noch zurück und konnte St. Gallen
zu keiner Entscheidung gelangen. «Durch
Umwälzungen in zwei Kantonen bis zum Sommer 1847
ergab sich eine bundesmässige Mehrheit zum Vorgehen
gegen den Sonderbund. Die zwei in dieser Sache entscheidenden Kantone waren: Genf
und St.
Gallen». Am beschloss der
Genfer
Grosse
Rat folgendes:
1) es seien dem Vorort zwecks Unterdrückung von allfälligen neuen Freischarenzügen ausserordentliche Vollmachten zu erteilen, und 2) es sei sowohl der Bund der freisinnigen Kantone von 1832 als derjenige der katholischen Kantone von 1846 aufzulösen. Obwohl dieser Entscheid auf eine Verständigung hinarbeitete, kam er doch den Radikalen sehr ungelegen, so dass sie den Sitzungssaal verliessen. Die nächstfolgenden Tage wurden Volksversammlungen veranstaltet, in denen James Fazy die Regierung heftig angriff, die nun mit einem Truppenaufgebot und der Androhung von Verhaftungen antwortete. Da erscholl in den Gassen der Ruf: «zu den Waffen!»; es wurden an verschiedenen Stellen Barrikaden errichtet und heftig gekämpft, wobei der Oberst de Châteauvieux und zehn Soldaten der Regierungstruppen den Tod fanden (7. Oktober). Um weiterm Blutvergiessen vorzubeugen, gab dann der Staatsrat auf das Ersuchen seiner Freunde hin am seine Entlassung.
Am folgenden Tag beschloss eine auf dem Molardplatz unter dem Vorsitz von James Fazy zusammengetretene Volksversammlung die Auflösung des Grossen Rates und die Verfassungsrevision, indem sie zugleich eine neue provisorische Regierung bestellte, zu deren Mitgliedern James Fazy, Rilliet de Constant, Decrue, Fontanel, Pons, Gentin, Bordier, Janin, Castoldi und Moulinier gewählt wurden. Der am erwählte Grosse Rat genehmigte das ihm von den Urhebern der Umwälzung vorgelegte Projekt einer neuen Verfassung, der dann am auch das Volk seine Zustimmung gab.
Ihre hervorstechendsten
Züge waren: Wahl des aus 7 Mitgliedern bestehenden Staatsrates durch das Volk,
Ausdehnung des allgemeinen Stimmrechtes auf die niedergelassenen Schweiz
erbürger
anderer Kantone und die Almosengenössigen,
Unentgeltlichkeit der Volksschule, Wahl der Pfarrer durch das Volk und Einführung von drei Wahlbezirken (collèges électoraux).
Der neue Grosse
Rat gab sodann seine Standesstimme im Sinne der Auflösung des Sonderbundes ab. Mit diesen
Vorgängen hatte sich
Genf in der Person von James Fazy einen Diktator gegeben, der bald keine selbständige Mitarbeiter mit
eigenem Willen und eigenen Ansichten mehr neben sich duldete, so dass denn auch in der Tat der
Bruch mit Rilliet de Constant
nicht lange auf sich warten liess.
Wie in Genf,
vollzog sich zur gleichen Zeit auch in St. Gallen
eine allgemeine Schwenkung nach links. Das Temperament Baumgartners, der 1831 an
der
Spitze der Liberalen gestanden, hatte sich mit zunehmendem
Alter abgekühlt. Der Grosse
Rat schwankte in der Sache der Sonderbundsfrage.
«Seit 1845 stimmten stets 75 gegen 75». Da gaben die
Wahlen im Mai 1847
der liberalen Partei den
Sieg. «Bei der Regierungswahl wurde der inzwischen konservativ gewordene Baumgartner
übergangen, und zur Freude der Freisinnigen in den andern Kantonen gab St. Gallen
die dreizehnte Standesstimme für Auflösung des
Sonderbundes.»
11. Sonderbundskrieg. - Bundesverfassung von 1848.
Während so in andern Kantonen der Freisinn den Sieg davontrug, waren in Freiburg die Schultheissen Montenach, Schaller und Diesbach, die eine von der Mehrheit unabhängige Gesinnung zeigten, nacheinander aus dem Amte entfernt worden. Am erklärte sich der Grosse Rat trotz der warnenden Stimme seines Mitgliedes Landerset, der eine Katastrophe prophezeite, mit 51 gegen 24 Stimmen für den Sonderbund. Ein Versuch der Liberalen von Bulle, Murten und Estavayer, die konservative Regierung mit Waffengewalt zu sprengen blieb ohne Erfolg.
Die weitern Ereignisse folgten sich nun Schlag auf Schlag. Die Tagsatzung beschloss am mit 12 2/2 Stimmen die Auflösung des Sonderbundes und am 16. August mit 13 Stimmen die Bundesrevision, «welche seit 1839 fortwährend auf den Traktanden gestanden hatte.» Am 2. September beschäftigte sie sich mit der Jesuitenfrage, «und jetzt zuerst ergab sich eine Mehrheit gegen den Orden; doch wählte man die milde Form einer Einladung an Luzern, Schwyz, Freiburg und Wallis, die Jesuiten zu entfernen, während allerdings jede künftige Aufnahme des Ordens von Bundes wegen untersagt ward.» Dann vertagte sich die Tagsatzung auf den 18. Oktober, «damit in Anbetracht der äusserst schwierigen Lage und der verhängnisvollen Folgen die Instruktionen vervollständigt werden könnten. Unter Hinweis darauf, dass Europa am Vorabend grosser Ereignisse stehe und deshalb im Interesse der Einheit die Beschlüsse der Tagsatzung vollzogen werden müssten, entliess Ochsenbein», der damals als Regierungspräsident von Bern zugleich auch an der Spitze der eidgenössischen Geschäfte stand, «die Versammlung».
Die auswärtigen Kabinette blieben den in der Schweiz
sich abspielenden Ereignissen gegenüber nicht
untätig. Nachdem schon im Frühjahr 1845 anlässlich des zweiten Freischarenzuges die Gesandten Englands und Oesterreichs
in Paris mit Guizot sich beraten hatten, nahmen
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nun dieser und Metternich, die freilich beide bald gewaltsam gestürzt werden sollten, die konservative Partei der Schweiz
unter ihren Schutz. Im Juli 1846 waren aber in England die Whigs mit Palmerston an die Spitze der Geschäfte gelangt, was der
Guizot'schen Politik einen bösen Strich durch die Rechnung machte.
Während der auf die Vertagung der Tagsatzung folgenden Wochen suchte Metternich den französischen Minister
dazu zu bewegen, die Initiative zur Absendung einer Kollektivnote der fünf Grossmächte an die Tagsatzung zu ergreifen.
Der französische Gesandte in London, Herzog von Broglie, hielt darüber dem Lord Palmerston Vortrag, der seine beiden Kollegen
in Paris und Wien aber nur zum besten hielt. Er schien den Gedanken einer gemeinsamen diplomatischen
Aktion im Prinzip zu billigen, machte aber jedesmal, wenn ihm ein Text zur Unterschrift vorgelegt wurde, eine Reihe von Einwendungen,
so dass sich die ganze Sache in die Länge zog. Zu gleicher Zeit liess der Ministerpräsident der Königin
Viktoria dem Vorortspräsidenten mitteilen, er solle die Lösung des Konfliktes in der Schweiz
so viel als möglich beschleunigen,
damit sich die Mächte vollendeten Tatsachen gegenüber gestellt sähen.
Da beschloss die am 18. Oktober wieder zusammengetretene Tagsatzung, «noch einmal den Weg der friedlichen Belehrung und der gütigen Beschwichtigung zu betreten, um nicht den Vorwurf übereilter Härte und Gewalttätigkeit auf sich zu laden». Während nun die zu diesem Zweck abgeordneten eidgenössischen Kommissäre in den sieben Sonderbundskantonen eine Versöhnung zu stande zu bringen suchten, traf auch die liberale Mehrheit ihre Massregeln für den Fall eines kommenden Krieges.
Sie übertrug am 21. Oktober das Oberkommando über die eidgenössische Armee dem Obersten Guillaume Henri Dufour, der den Titel und Rang des «Generales» erhielt, und bot die eidgenössische Truppenmacht (100000 Mann mit 278 Kanonen) auf. Der Sonderbund hatte dieser Macht bloss etwa 37000 Mann Milizen mit 87 Kanonen, zu denen noch der Landsturm mit rund 47500 Mann kam, gegenüber zu stellen. Nachdem der österreichische Fürst von Schwarzenberg den ihm angetragenen Oberbefehl über diese Truppen abgelehnt hatte, wählten die Sonderbundskantone den Obersten von Salis-Soglio zu ihrem General.
Die Würfel fielen in der Sitzung der Tagsatzung vom 29. Oktober. An diesem Tage «kamen die sieben Orte selbst mit einem früher von Zug geäusserten Vermittlungsvorschlage, dahin gehend, dass man ihnen feierlich für die Zukunft die Unantastbarkeit ihrer Souveränetät und ihrer kirchlichen Rechte garantiere, dass dann die Jesuitenfrage aus Abschied und Traktanden falle und der Sonderbund sich auflöse. Darauf konnte die liberale Mehrheit, welcher eine Reform des Bundes mit Einschränkung der Kantonalsouveränetät allernächst am Herzen lag, um so weniger eingehen, als auch jetzt wieder das Verlangen gestellt wurde, dass die Mehrheit ihre Rüstungen einstelle. Man fand, dass letzteres der Minderheit, welche das Schwert gezogen habe, in erster Linie anstehe und dass Luzern von sich aus die Jesuiten zu entfernen habe. Die Zwölfstimmen-Mehrheit verwarf den Vorschlag. Da erhob sich Bernhard Meyer und verlas einen Protest, den er vorher mit den übrigen sonderbündischen Gesandten verabredet hatte und in welchem er erklärte, dass für die Gesandtschaften der sieben Stände der Augenblick gekommen sei, die Tagsatzung zu verlassen. Nach beendigter Verlesung rief er mit emporgehobenen Händen Gott und alle Heiligen zu Zeugen an, dass nicht die sieben Stände die Schuld am Kriege trügen, und schloss mit den Worten: Gott der Allmächtige entscheide zwischen uns und Euch. Der Solothurner Gesandte (Munzinger) soll dabei gerufen haben: Lasst Gott aus dem Spiel! es ist unangemessen, seinen Namen anzurufen in einer Sache, die nicht göttlicher, sondern teuflischer Art ist. Hoch erregt erhob sich Meyer und verliess nebst den Gesandten der andern Sonderbundsstände den Saal. Es war gegen 2 Uhr nachmittags. Der Augenblick wirkte erschütternd: etliche der Abziehenden waren bis zu Tränen erregt, und auch die bisher vermittelnden Gesandten von Basel Stadt und Neuenburg sollen geweint haben. Eine feierliche Pause entstand, die nur durch den Lärm der draussen grüssenden Wachen gestört wurde.»
Die Wahl Dufour's zum General war eine sehr glückliche. Er war nicht nur ein ausgezeichneter Militär, sondern auch ein Patriot von reinster Gesinnung, dem politische Passionen fern lagen. Sein erstes war, dass er eine Proklamation an die Truppen erliess, in welcher er ihnen Mässigung anempfahl und zu bedenken ans Herz legte, dass sie gegen Miteidgenossen zu Felde ziehen würden. Er beschloss, zunächst gegen Freiburg vorzugehen, welche Stadt von 5000 Mann regulärer Truppen und 7000 Mann Landsturm unter dem Befehl des Obersten de Maillardoz besetzt war. Am 13. November rückten 30000 Mann eidgenössischer Truppen mit 60 Kanonen gegen die Stadt, die einsah, dass Widerstand unnütz sei. Nachdem der Freiburger Regierung noch am selben Tag ein Waffenstillstand gewährt worden war, kapitulierte sie am Morgen des 14. November. Die Verluste betrugen 7 Tote und 50 Verwundete. «Die Kapitulation von Freiburg war ein Donnerschlag für den Sonderbund» sagt Dufour.
Während Dufour an der Saane operierte, war der General von Salis-Soglio ins Freiamt eingerückt. Am Morgen des 12. November hatte er Sins erreicht, wo sich seine Truppen unter dem Schutze eines dichten Nebels der Reussbrücke zu bemächtigen suchten. Sobald den Eidgenossen dieser Plan offenbar geworden, erhielt Major Bruppacher aus Zürich den Befehl, sich mit drei Kompagnien Infanterie zur Schiffsbrücke bei Lunnern zu begeben, den Oberbefehl über die schon dort befindlichen Truppen zu übernehmen und die Brücke zu verteidigen. Der am Nachmittag sich entspinnende Kampf dauerte fünf Stunden und endigte mit der Niederlage der sonderbündischen Truppen. Damit hatten die Eidgenossen ein beträchtliches Kriegsmaterial gesichert und eine grosse Anzahl von im Thal der Reuss gelegenen zürcherischen Ortschaften vor Schaden bewahrt. ¶
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Dufour konzentrierte nun seine Divisionen in weitem Bogen um Luzern. Am 23. November unternahm er den Angriff auf Gislikon, wo sich General von Salis festgesetzt hatte. Die 7. Division (Ochsenbein) rückte durch das Entlebuch vor, während die 4., 5. und 6. Division mit der Reserveartillerie dem Reusslauf nach aufwärts vorgedrungen waren. Zu gleicher Zeit näherten sich die 2. und 3. Division (Burckhardt und Donat) zwischen den Brücken von Wolhusen und Gislikon der Kleinen Emme und der Reuss.
Der Hauptangriff war der 4. und 5. Division (Ziegler und Gmür) übertragen worden, die gegen das befestigte Lager der Sonderbundstruppen anstürmten. Oberst Ziegler bemächtigte sich der Brücke von Gislikon und der Stellungen um Honau, während Oberst Gmür die Höhen von Meierskappel erstieg. Durch einen wuchtigen Gegenstoss gelang es General von Salis, seine Gegner für einen Augenblick zum Stehen zu bringen, als ihn eine von Oberst Denzler geschickt aufgestellte Berner Batterie zum Weichen zwang.
«Bei anbrechender Nacht räumte Salis, der trotz schwerer Verwundung durch einen Granatsplitter noch ausgehalten hatte, das
Feld». Während die gegen Immensee zurückgeworfenen Schwyzer sich auf Arth und Goldau zurückzogen, nahmen die Luzerner ihren
Rückzug gegen die Stadt Luzern, wo ihre Ankunft eine wahre Panik hervorrief. Der um 10 Uhr Morgens begonnene
Kampf bei Gislikon war um 4 Uhr Abends entschieden. «Auf eidgenössischer Seite zählte man vierzehn Tote und vierundachtzig
Verwundete; auf Seiten der Gegner zwölf Tote und zweiundvierzig Verwundete. In Luzern
herrschten Angst und Verwirrung. Die Führer
sahen den Boden unter den Füssen wanken und gaben alles verloren. Siegwart-Müller, Bernhard Meyer, die
Priesterpartei und wer überhaupt konnte, flohen alle auf einem Dampfboot nach Flüelen; auch Salis folgte, nicht ohne bittere
Verwünschungen. Ueber diese Flucht der Führer waren die Truppen sehr erbittert; sie sahen sich gänzlich verraten und preisgegeben.
Die Stadt kapitulierte, und am 24. November hielt das Gros der eidgenössischen Armee seinen Einzug». Der einzige
Erfolg, den der Sonderbund errungen, war einige Tage früher die Ueberrumpelung der Tessiner Truppen des Obersten Luvini durch
die Urner bei Airolo gewesen, die den Gotthardpass in deren Hände brachte. Am 25.
, 26. und 27. November kapitulierten nacheinander
Unterwalden, Schwyz
und Uri,
denen am 29. auch das Wallis
folgte, wo Oberst Rilliet mit seinen Truppen am 30. in Sitten einrückte.
Damit war der Feldzug, der bloss zwanzig Tage gedauert hatte, beendigt. Die Kosten beliefen sich auf eine beträchtliche
Summe, die man zu 20 Millionen Fr. geschätzt hat. Die über 6 Millionen Fr. betragenden Kosten der eidgenössischen
Armee legte man den Besiegten auf, denen aber der eidgenössische Gemeinsinn in der Weise zu Hilfe kam, dass in der ganzen
Schweiz
ohne Unterschied der Parteiangehörigkeit freiwillige Beiträge gezeichnet wurden. Nach einigen Teilzahlungen erliess
dann auch die Bundesversammlung im Jahr 1852 den beteiligten Kantonen den Rest ihrer finanziellen Verpflichtungen
aus dem Sonderbundskrieg.
«Die beiden Kantone, welche ihrer Bundespflicht nicht nachgekommen waren, Neuenburg
und
Appenzell
I. R., hatten noch eine Strafe zu gewärtigen: jener musste 300000, dieser 15000 Fr. bezahlen». Eidgenössische Kommissäre
wurden in die Sonderbundskantone geschickt, um deren politische Neugestaltung zu überwachen. Im Januar
1848 nahmen die Abgeordneten
von Uri,
Schwyz,
Unterwalden, Zug,
Luzern,
Freiburg
und Wallis
ihre Sitze an der Tagsatzung wieder ein und konnten die eidgenössischen Truppen
entlassen werden.
Unter dem Schutz der eidgenössischen Kommissäre und Besetzungstruppen trat in den Sonderbundskantonen ein allgemeiner Umschwung in der Regierungsform ein. Es wurden lauter liberale Regierungen gewählt, zum Teil auch neue Verfassungen geschaffen und die Jesuiten endgiltig aus dem Land ausgewiesen.
Sobald das Werk der Pazifikation der Eidgenossenschaft durchgeführt war, machte sich die Tagsatzung von Neuem an die Arbeit der Revision des Bundesvertrages. Am beauftragte sie eine aus 25 Mitgliedern (Kern, Furrer, Druey etc.) bestehende Kommission mit der Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Diese Kommission erledigte ihre Aufgabe mit wirklich hervorragendem Geschick und hütete sich sorgfältig vor den Irrtümern, denen die Verfassungsräte der helvetischen Periode verfallen waren.
Der aus ihren Händen hervorgegangene Entwurf darf als ein Meisterstück in der Kunst, die moralische und politische Einheit
der Schweiz
mit der Verschiedenartigkeit der kantonalen Einrichtungen in Einklang zu setzen, bezeichnet
werden und sicherte einen ungeahnten Aufschwung der nationalen Wohlfahrt. «Am 15. Mai kam
die Tagsatzung zusammen ... Nach zwei Sessionen schlossen am 27. Juni die Beratungen mit dem Ergebnis, dass 13½ Stände für
den Entwurf stimmten (jedoch mit Vorbehalt der Genehmigung durch die betreffenden Ortsregierungen), 7½
Stände sich aufs „Heimberichten“ beschränkten und bloss einer - nämlich Schwyz
- verwarf.» - Die hierauf in den
Kantonen veranstalteten Volksabstimmungen ergaben im ganzen 169743 Ja gegen 71899 Nein.
«Wenn man erwägt, wie wenig das Schweiz
ervolk damals noch in allgemein-vaterländischen
Fragen zu entscheiden sich gewohnt war, und bedenkt, wie tief die neue Verfassung in die Kantonalsouveränetät
einschnitt, so ist das Ergebnis immerhin ein recht schönes zu nennen. Verworfen hatten Uri,
Schwyz,
Unterwalden, Zug,
Appenzell
I. R., Wallis
und Tessin
(letzterer
Kanton nur, weil er sich in seinen materiellen Interessen geschädigt glaubte). Gestützt auf dieses
Resultat erklärte die Tagsatzung am 12. September die Bundesverfassung als angenommen ... Unbeweint sanken die alten Einrichtungen
ins Grab, und die Schweiz
trat in eine neue - wir dürfen wohl sagen glückliche - Aera».
Eine der hauptsächlichsten Neuerungen war die der Verfassung der Vereinigten Staaten von Nordamerika entlehnte Teilung der Bundesversammlung in zwei getrennte Räte: den aus je zwei Abgeordneten per Kanton bestehenden Ständerat und den Nationalrat, der alle drei Jahre vom Volk in direkter Wahl neu bestellt wird und in dem auf je 20000 Seelen ein Mitglied kam. Die vollziehende Gewalt wurde einem Bundesrat von 7 Mitgliedern übertragen, der alle drei Jahre von der aus den beiden Kammern bestehenden Bundesversammlung zu wählen war.
Dabei sollten nun gewisse Kompetenzen (wie Wahl der Offiziere, der diplomatischen Vertreter der Schweiz
im Auslande, der
eidgenössischen Kommissäre etc.), die früher der Tagsatzung zugestanden hatten, dem neuen Bundesrat übertragen sein.
Ein aus 11 Mitgliedern, deren Funktionen aber nicht ständige waren, bestelltes Bundesgericht sollte
in allen den Fällen entscheiden, wo Kantone miteinander in Konflikt geraten würden. Als Sitz der Bundesbehörden wählte
man später die Stadt Bern.
Der Eidgenossenschaft wurden der Ertrag der Zölle, sowie das Post-, Münz- und Pulverregal zugesprochen, wobei man zugleich Mass und Gewicht vereinheitlichte (das Pfund zu 500 gr und der Fuss zu 30 Zentimeter als Grundlage genommen). Der Bund erhielt den Auftrag, öffentliche Werke gemeinnütziger Art auszuführen oder zu unterstützen. Ferner enthielt die neue Verfassung eine Reihe von Bestimmungen betr. die Glaubensfreiheit, die Rechtsgleichheit, die freie Niederlassung, die Pressfreiheit, das Vereinsrecht, das Petitionsrecht, die Freiheit in Gerichtssachen, sowie die Handels- und Gewerbefreiheit.
Im Militärwesen bestand die wichtigste Neuerung darin, dass der Bund mit der Instruktion der Genietruppen, der Artillerie
und der Kavallerie beauftragt wurde. «Es wurde gesetzlich der altgermanische und
echt schweiz
erische Grundsatz der allgemeinen Wehrpflicht ausgesprochen.» Der höhere Unterricht
sollte durch Errichtung einer eidgenössischen polytechnischen Schule und einer eidgenössischen Universität gefördert
werden.
«Am trat die erste Bundesversammlung der neuen Eidgenossenschaft»,
die nun aus einem Staatenbund zu einem Bundesstaat geworden, «in dem damaligen
Vororte Bern
zusammen und wählte nach Vorschrift der Verfassung den ersten schweiz
erischen Bundesrat»,
der aus dem Zürcher Furrer, dem Berner Ochsenbein, dem Waadtländer Druey, dem Solothurner Munzinger, dem Tessiner Franscini,
dem Aargauer Frei-Herosé und dem St. Galler Naeff bestellt ward. Erster Bundespräsident wurde Jonas Furrer, erster Kanzler
der
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