mehr
früher zu den herzogen von Burgund in freundschaftlichen Beziehungen gestanden hatten, führten der ehrgeizige und unersättlich nach Ausdehnung seiner Macht begierige Herzog Karl der Kühne, der nach dem Besitz Lothringens, des Elsasses und des Herzogtumes Mailand strebte und daran dachte, sich ein von der Nordsee bis zum Mittelmeer ausdehnendes Reich zu gründen, einerseits und die diplomatischen Kniffe und Ränke des französischen Königs Ludwig XI. andrerseits einen vollständigen Bruch mit den Eidgenossen herbei.
Wir haben bereits gesehen, dass sich Oesterreich im Waldshuter Frieden vom verpflichtete, den Eidgenossen innert zehn Monaten eine Kriegsentschädigung von 10000 Gulden zu bezahlen, wofür es ihnen Waldshut und den Schwarzwald zum Pfand gegeben hatte. Als sich nun Herzog Sigmund ausser stande sah, seine Schuld einzulösen, den Schweizern aber die zum Pfand gegebenen Länder nicht abtreten wollte, suchte er bei Ludwig XI., dem er seine Besitzungen im Elsass als Garantie anbot, ein Anleihen aufzunehmen.
Der König von Frankreich, der sich die Schweizer nicht entfremden wollte, ging nicht auf das Angebot ein, verwies aber den Herzog von Oesterreich an den Herzog von Burgund, der denn auch Sigmund wirklich 50000 Gulden borgte und dafür die Huldigung der österreichischen Untertanen im Elsass entgegennahm Diese Verbindung Oesterreichs mit Burgund und die Besitznahme des Elsasses durch Herzog Karl bildete für die Eidgenossen und besonders auch für die ihnen verbündete Stadt Mülhausen eine grosse Gefahr. Zu gleicher Zeit widerrief Kaiser Friedrich III., der Vetter Sigmunds, den Waldshuter Frieden und sprach die Reichsacht über die Eidgenossen aus. Die Annäherung Oesterreichs an Burgund wurde dadurch besiegelt, dass sich des deutschen Kaisers Sohn, Max, mit Karls Tochter, der Prinzessin Marie von Burgund verlobte. Diese Ereignisse führten natürlich alle nur dazu, die bereits bestehenden Beziehungen zwischen Ludwig XI. und den Schweizern noch enger zu gestalten.
In Bern war man geteilter Ansicht. Auf der einen Seite stand Adrian von Bubenberg mit dem gesamten auf Grundbesitz angewiesenen alten Adel, der in der Beseitigung der die Eidgenossen von Frankreich trennenden Schranke eine Gefahr sah, auf der andern Seite dagegen der durch Handel und Verkehr emporgekommene jüngere Adel mit Niklaus von Diesbach an der Spitze, der mit Herzog Karl brechen und nähere Beziehungen zu Frankreich anbahnen wollte. Als diese letztere Partei die Oberhand erhielt, wurde am zwischen Ludwig XI. und den acht alten Orten der Eidgenossenschaft ein Neutralitätsvertrag geschlossen, durch den beide Staaten sich gegenseitig versprachen, Burgund im Falle eines Krieges nicht unterstützen zu wollen.
Herzog Karl hatte dem Elsass in der Person des Ritters Peter von Hagenbach einen stolzen, übermütigen, gewalttätigen und grausamen Landvogt vorgesetzt, der die Reichsstädte gleich Untertanenländer behandelte und von den ihnen verbündeten Schweizern nur mit Verachtung sprach. Als nun einst Schweizer Kaufleute, die nach Frankfurt zur Messe zogen, von einem österreichischen Ritter überfallen und ausgeplündert wurden, beklagten sich die Eidgenossen wiederholt bei Karl, fanden aber kein Recht bei ihm.
Andrerseits hatte sich Karl durch seine Anmassung auch den Kaiser Friedrich III. entfremdet und wünschte sich Herzog Sigmund wieder im Besitz des Elsasses zu sehen. Schon Ende März 1474 hatten die Eidgenossen mit Oesterreich zu Konstanz eine «ewige Richtung», d. h. einen ewigen Frieden geschlossen. «Die Eidgenossen sollten gegen die von Oesterreich gebotene Garantie ihres Gebietsstandes dem Herzog Sigmund auf seine Kosten in einem Kriege Hilfe leisten und ihm vor allem helfen, die Pfandlande zurückzunehmen. Ohne sie konnte Sigmund nicht in den Wiederbesitz dieser Pfandlande kommen, und auch den Eidgenossen lag die Beseitigung der so lästigen burgundischen Herrschaft sehr am Herzen ... Ein grosser und wichtiger Augenblick schweizerischer Geschichte war es doch, als derart eine zweihundertjährige Feindschaft, auf welcher die ganze bisherige kriegerisch-politische Entwicklung sich aufgebaut hatte, preisgegeben wurde und der Feind, welcher bisher stets den Bestand der Eidgenossenschaft bestritten und angefochten hatte, versöhnt, die Eidgenossen als ebenbürtige Macht anerkannte ... Beide, Oesterreich und die Eidgenossenschaft, traten in eine neue Zeit ein und gingen nun andern Richtungen und Bestrebungen nach.» Herzog Sigmund kündete nun dem Herzog Karl die Pfandschaften, nachdem die elsässischen Städte die Pfandsumme zusammengelegt und in Basel deponiert hatten. Karl lehnte jedoch die Kündigung ab. «Da schritt das Volk im Elsass zur Gewalt. Die burgundischen Kriegsleute und Beamten wurden verjagt und der Tyrann Hagenbach bei einem Volksauflauf in Breisach gefangen genommen. Einst der gefürchtete Handhaber burgundischer Hoheit, schmachtete er jetzt wie ein gemeiner Verbrecher.» Er wurde zum Tode verurteilt und in der Nacht des enthauptet.
Am schlossen die Eidgenossen mit Ludwig XI. ein Offensiv- und Defensivbündnis. Schon Anfangs November vereinigten sich die 8000 Mann starken Schweizertruppen mit den Oesterreichern, um in die Freigrafschaft einzudringen und den festen Platz Héricourt zu belagern. Ein unter dem Befehl von Heinrich von Neuchâtel stehendes burgundisches Entsatzheer ward am 13. November in die Flucht geschlagen, worauf sich die Besatzung von Héricourt ergab und die Stadt von Herzog Sigmund in Besitz genommen wurde. Im Jahr 1475 setzten die Eidgenossen den Kampf fort, machten im Welschland eine Reihe von Eroberungen und bemächtigten sich am 1. Juli auch der Feste Blamont.
Der in den Wiederbesitz des Elsasses gelangte Herzog Sigmund hatte sich inzwischen mit Karl dem Kühnen versöhnt, worauf bald auch Ludwig XI. ohne Wissen der Eidgenossen mit diesem einen Waffenstillstand schloss und damit Lothringen und die Eidgenossenschaft, welche sich ihm ganz angeschlossen hatten, preisgab. Während die Eidgenossen derart verraten wurden, hatte die Gräfin Jolantha von Savoyen, Ludwigs XI. Schwester, die für ihren minderjährigen Sohn Philibert I. die Regentschaft führte, mit Karl von Burgund ein Bündnis (Januar 1475) geschlossen, zu diesem Schritt getrieben durch den Burgund geneigten Adel der Waadt, wie den Herren Jakob von Romont, sowie die Herren von La Sarraz, von Goumoëns, von Collombier etc., die unter Karls Fahnen zu Ehren und Würden gekommen waren.
Als nun von Burgund angeworbene lombardische Söldner sich zum Uebergang über den Grossen St. Bernhard anschickten, verbündeten sich die Berner mit den Ober Wallisern und sandten dem Grafen von Romont am den Fehdebrief. Sogleich entbrannte der Kampf. Die Ober Walliser bemächtigten sich des Unter Wallis, während die Berner, zusammen mit den Freiburgern und einem von Hans Waldmann geführten Heer von 1500 Eidgenossen, Murten, Cudrefin, Avenches, Payerne, Estavayer, Moudon, Yverdon, Orbe, Les Clées, La Sarraz, Cossonay, Morges, Romont und Aigle nahmen. Genf und Lausanne mussten eine Brandschatzungssumme bezahlen. Im Zeitraume von drei Wochen eroberten die Eidgenossen auf diesem Zuge 14 Städte und 40 Schlösser, worauf sie im Monat November heimkehrten. Während ihres Zuges im vergangenen Jahre hatten sie sich der Burgen von Jougne, Orbe und Grandson bemächtigt, in welch letztern Ort, der wie Orbe und Échallens dem Grafen Louis von Châlons, Marschall von Burgund, gehörte, eine Besatzung gelegt wurde.
Herzog Karl der Kühne, der inzwischen vor Neuss am Rhein gelagert und dann Lothringen, das er dem Herzog Renatus nahm, niedergeworfen hatte, rüstete sich nun, die Eidgenossen für die Verwüstung der Ländereien seiner Verbündeten zu züchtigen. Am verliess er Nancy und lagerte am 19. Februar vor dem Städtchen Grandson, das er schon am 21. Februar nahm, während ihm die Besatzung der Burg Grandson bis zum 28. Februar widerstand. Ein burgundischer Edelmann hatte ihr «mit lügnerischer Zunge» mitgeteilt, dass die Burgunder bereits Freiburg genommen hätten und jetzt gegen Bern und Solothurn marschierten. Zugleich erklärte er ihr, dass sie im Falle der Uebergabe geschont werden solle. Allein Karl kümmerte sich um das gegebene Wort nicht und liess die Mehrzahl der Besatzung, 412 Mann, an die Nussbäume auf dem Wege gegen Orbe aufknüpfen und eine Anzahl im See ertränken. Nach diesem leichten Sieg rückte er mit seinem Heer von etwa 36000
mehr
Mann gegen Neuenburg, wo sich die Eidgenossen, zusammen mit den ihnen verbündeten Elsässern, Schaffhausern und St. Gallern etwa 18000-20000 Mann, gesammelt hatten. Die Feinde trafen sich am zwischen Concise und Vaumarcus in einem Engpass am Fusse des Mont Aubert. Bei dieser Gelegenheit zeigten sich die Führer der Eidgenossen nicht nur als kühne und beherzte, sondern auch als in der Taktik wohlerfahrene Männer. Während sich der Herzog von Burgund in den Kampf einliess, ohne sich um die Sicherung des linken Flügels seines Heeres zu bekümmern, brach der rechte Flügel der Eidgenossen von den Höhen herab und brachte die Reihen der Burgunder in Verwirrung.
Bald wandten sich die Söldner Karls des Kühnen zur Flucht, ungeachtet aller Versuche, sie zum Stehen zu bringen. Der tapfer streitende Herzog sah sich selbst von dem allgemeinen Schrecken mit fortgerissen und flüchtete sich nach der Feste Jougne, um von da das Schloss Nozeroy in der Freigrafschaft zu erreichen. Seine Artillerie (400 Geschütze), zahlreiche Pferde und sein an Schätzen aller Art (Waffen, Rüstungen, kostbaren Teppichen, Juwelen und Edelsteinen etc.) wie an Lebensmitteln reiches Lager fiel den Eidgenossen zur Beute. Diese Beute, deren Wert den Eidgenossen meist nicht bekannt war, wurde unter die Führer verteilt und kann in ihren einzelnen Stücken heute noch in den Museen von Solothurn, Bern, Zürich und Schaffhausen bewundert werden.
Diese Niederlage, die Karl der Kühne am bei Grandson erlitten, hatte seinen Mut und Rachedurst noch nicht abgekühlt. Sofort beschäftigte er sich mit den Vorbereitungen zu einem neuen Feldzug. Er sammelte seine Truppen bei Lausanne, von wo aus er am 27. Mai seinen Vormarsch auf Bern antrat. Zunächst wendete er sich gegen Murten, dessen Belagerung er am 9. Juni begann. Das von einer unter Adrian von Bubenberg stehenden Besatzung von 1500 Mann verteidigte Städtchen widerstand tapfer und schlug drei nächtliche Anstürme erfolgreich zurück.
Unterdessen sammelten sich die Kontingente der Eidgenossen, die am 22. Juni, 24000 Mann stark, bei Gümmenen die Saane überschritten. Ihnen hatte sich Herzog Renatus von Lothringen mit einigen hundert elsässischen und österreichischen Ritten angeschlossen. Die Vorhut der Eidgenossen befehligte der Berner Hans von Hallwil, den Gewalthaufen Hans Waldmann aus Zürich und Wilhelm Herter aus Strassburg, die Nachhut Kaspar Hertenstein aus Luzern. Nach einer von 600 Reitern unter Wilhelm Herter unternommenen Rekognoszierung rüsteten sich die Eidgenossen zum Angriff. Die Burgunder wurden geworfen und wandten sich bald zur Flucht, in die sich Karl der Kühne selbst mitgerissen sah. Mit Mühe und Not entkam er nebst einigen Reitern seines Gefolges den ungestüm nachsetzenden Eidgenossen. So endete auch die Schlacht bei Murten mit einer vollständigen Niederlage des Herzoges.
Auch bei dieser Gelegenheit zeigten die Eidgenossen, dass sie wohl Krieger von unvergleichlicher Kühnheit und Tapferkeit und Meister im Ausnutzen der Vorteile auf dem Schlachtfelde selbst waren, ihre Siege aber nicht zu verwerten wussten, indem die schönsten Früchte dieses Krieges gegen Burgund dem König Ludwig XI., der ihn zwar geschickt angezettelt aber in keiner Weise zu gunsten der Schweizer eingegriffen hatte, mühelos in den Schoss fielen.
Nach dem Siege bei Murten zogen die Kontingente aus der Ur- und Ostschweiz sofort heim, während die Berner und Freiburger, sowie der Graf von Greierz noch das ganze Welschland heimsuchten und dessen Städte brandschatzten. Als sie sich aber anschickten, auch noch in die Freigrafschaft einzubrechen und Savoyen zu bedrohen, legte sich Ludwig XI. ins Mittel, um die Interessen seiner Schwester, der Herzogin Jolantha, zu wahren. «Die Schweizer waren so schwach und kurzsichtig, nachzugeben.» Am versammelte ein
mehr
Friedenskongress die Häupter der schweizerischen Orte und die Gesandten von Frankreich, Savoyen und Oesterreich in Freiburg. Da die Eidgenossen wegen ihrer Forderungen unter sich nicht einig waren, benutzten die französischen Diplomaten diese Meinungsverschiedenheiten in geschickter Weise, um der Herzogin von Savoyen wieder zur Waadt, die Bern für sich gefordert hatte, zu verhelfen. Bern behielt für sich einzig Erlach und die vier Mandamente von Aigle, Bex, Ollon und Ormonts, sowie zusammen mit Freiburg die Herrschaften Grandson, Murten, Orbe, Échallens und Illens.
Die Ober Walliser mussten die Landschaft Chablais, deren sie sich bemächtigt hatten, wieder herausgeben, behielten dafür aber das Unter Wallis. Herzog Karl hatte sich am Kongress von Freiburg nicht vertreten lassen. Trotz Vermittlungsversuchen von Kaiser und Papst weigerte er sich hartnäckig, Lothringen dem Herzog Renatus herauszugeben. Als Verbündeter der Eidgenossen rief dieser nun natürlich die Hilfe derselben an, um wieder in den Besitz seines Herzogtumes zu kommen. Daraus entspann sich ein neuer Feldzug, der am vor den Mauern von Nancy mit einer neuen Niederlage und dem Tod Karls des Kühnen seinen Abschluss fand. «So war denn aus dem Lustspiel, das Karl erwartet hatte, ein ernstes Trauerspiel geworden.»
Derart glänzende Siege, wie sie sie eben erfochten, hätten den Eidgenossen eine beträchtliche Erweiterung ihres Gebietes eintragen können. Die Bewohner der Freigrafschaft verlangten nichts besseres, als sich den Schweizern anzuschliessen, und wären auch von den Bernern, die sich bei dieser Gelegenheit wiederum durch ihre politische Grosszügigkeit und Weitsichtigkeit auszeichneten, gerne in den Bund aufgenommen worden. Diese Annexion hätte aber den Schwerpunkt der Eidgenossenschaft verschoben und Bern zu einer Macht gehoben, die die schon längst auf sein Uebergewicht eifersüchtigen Waldstätte nicht zugeben wollten.
Diese gegenseitigen Eifersüchteleien der Eidgenossen kamen dem König Ludwig XI. gerade gelegen. Seines gefürchteten Gegners, Burgunds, entledigt, war er einzig nur auf seinen Vorteil bedacht. Am schloss er mit den Eidgenossen einen Vertrag, durch welchen er gegen die Stellung von 6000 Schweizer Söldnern die Bezahlung einer Entschädigung von 100000 Gulden versprach, welche Verpflichtung er jedoch später ablehnte. Nach mancherlei Schwankungen behielt Ludwig XI. Burgund für sich und gab er 1493 die Freigrafschaft dem Kaiser Maximilian zurück, von dem sie zuerst an Karl V. und dann an Philipp II. überging, um erst unter Ludwig XIV. endgiltig an Frankreich zu kommen.
Während die Burgunderkriege den Schlachtenruhm der Eidgenossen auf eine bisher unerreichte Höhe gehoben hatten, deckten sie zugleich deren innere Zwistigkeiten und Uneinigkeit, sowie deren politischen Rückgang auf. Vom deutschen Reich und dem Hause Habsburg unabhängig geworden, waren sie nunmehr dem Einfluss Frankreichs anheimgefallen, unter dessen Schutz sie sich gewissermassen stellten, um ihm zur Unterdrückung der Macht des Hauses Oesterreich, das das gewaltigste Hindernis zur Entfaltung der französischen Herrschaft war, behilflich zu sein.
Militärkapitulationen und Pensionswesen wurden nun für die Schweiz zu einer offenen Plage. Dieses System leistete der Faulheit und Bequemlichkeit mächtigen Vorschub und hinderte jeden moralischen und wirtschaftlichen Fortschritt der Nation. Die französische Diplomatie bediente sich der Käuflichkeit der schweizerischen Machthaber und führte schliesslich zum Untergang der alten Eidgenossenschaft. Vor den Burgunderkriegen waren die Schweizer ein einfaches Volk von rauhen Sitten gewesen, das den Wert des Geldes sozusagen noch nicht erkannt hatte. In ihren Kämpfen gegen Oesterreich war die verführerische Sucht nach Reichtum noch nicht mit im Spiele gewesen. Zur Ehre der Habsburger muss gesagt werden, dass sie ihre Macht auf Urkunden stützten und sich mit den Waffen zu erkämpfen suchten. Ludwig XI. führte dagegen ein neues System in seine Politik ein, indem er schon die Ratgeber Karls des Kühnen, so u. a. den Herrn von Commines, mit Geld
mehr
erkauft hatte und dieses Vorgehen nun auch, mit Erfolg, auf die Eidgenossen auszudehnen suchte.
21. Krieg gegen den Herzog von Mailand. - Tag von Stans. - Eintritt von Freiburg und Solothurn in den Bund.
Die von den Schweizern erfochtenen wunderbaren Erfolge hatten ihrem kriegerischen Sinn mächtigen Vorschub geleistet. Die Eifersucht der Waldstätte war durch die von Bern gemachten territorialen Erweiterungen seines Gebietes geweckt worden. Da entspann sich um ein Brücken- und Weiderecht in der Leventina zwischen den Urnern und der Herzogin Bonne von Savoyen, Regentin des Herzogtums Mailand (1477), ein erbitterter Streit, der noch nicht beigelegt war, als der mit Mailand in Fehde liegende Papst Sixtus IV. die Eidgenossen um Hilfe anging.
Die im Oktober 1478 in Luzern versammelte Tagsatzung zögerte, auf die Vorschläge des Papstes einzugehen. "Uri wollte aber absolut den Krieg und liess sich durch die üble Stimmung der Orte und die vorgerückte Jahreszeit nicht beirren.» Gegen Ende November sammelten sich etwa 10000 Mann, die unter Hans Waldmann und Adrian von Bubenberg den Gotthard überschritten und gegen Bellinzona vorrückten. Ein im Lager der Eidgenossen ausgebrochener Zwist und die inzwischen eingetretene grimmige Kälte, sowie der Mangel an Proviant und an Geschütz veranlassten aber den Rückzug über den Gotthard.
Doch liess man ein Detaschement von 175 Mann, denen sich noch 350 Leute aus dem Livinenthal angeschlossen hatten, in Giornico (Irnis) «zur Bewachung der Urner Landmark» zurück. Da traten die Mailänder mit über 10000 Mann den Vormarsch an und eröffneten den Angriff auf die Besatzung von Giornico. «Giornico war von Natur trefflich geeignet zur Abwehr von Angriffen, die vom untern Tessinthale aus erfolgten. Die Hauptstrasse zog sich am linken Tessinufer hin; bis Faido hinauf ist das Flussbett sehr steil, die Ufer zum Teil tief und felsig; Befestigungen und Schanzen kamen hinzu. Eine Brücke ermöglichte die Verbindung mit dem rechten Ufer ... Die Eidgenossen hatten eine günstige Stellung, da sie von den Höhen herab fochten; auch hatten sie, wahrscheinlich durch Stauung der Bergbäche, das steil abfallende Ufer des Tessin in eine Eisfläche umgewandelt, um den Anmarsch der Mailänder zu erschweren. Als nun diese sich anschickten, hinaufzurücken, rollten die Eidgenossen (wie am Morgarten) Steine und Felsstücke hinunter, wodurch die Reiterei in furchtbare Verwirrung geriet. Dann stürzten sie mit Wucht unter wütendem Geschrei hinunter, und das Heer der Mailänder wurde leicht und rasch in die Flucht geschlagen ...» (Schlacht bei Giornico vom Nach diesem Kampf legten sich König Ludwig XI., der Papst und die Bischöfe von Sitten und Chur ins Mittel. Auch hier brachte die Eidgenossen ihre Uneinigkeit wieder um die Früchte des Sieges, doch behielten die Urner das Livinenthal.
Zu dieser Zeit tat sich in der Eidgenossenschaft zwischen den Ländern und den Städten eine tiefe Kluft auf. Am hatten Zürich, Bern und Luzern mit Solothurn und Freiburg ein Burgrecht abgeschlossen, das alle fünf Städte auf den Boden vollkommener Gleichberechtigung stellte. Die Länder zeigten sich zwar geneigt, Solothurn in den Bund der Eidgenossen aufzunehmen, wollten aber von der Zulassung Freiburgs nichts wissen, da ihnen diese die Mehrheit an der Tagsatzung entrissen hätte. Da sich dieser Zwist zu verewigen drohte, rief man auf den zu Stans eine Tagsatzung zusammen, an der eine Versöhnung der Gegensätze versucht werden sollte.
Aber auch da vermochten sich die Parteien nicht zu einigen, sodass man nach dreitägigen Verhandlungen wieder auseinandergehen wollte. «Man sah nichts anderes voraus als einen Bürgerkrieg, und der Gedanke an einen solchen erzeugte eine aussergewöhnliche Spannung der Gemüter.» Da riet der ehrwürdige Waldbruder Niklaus von der Flüe, den der Pfarrer von Stans in aller Eile um seine Hilfe angefleht, zum Frieden. Seinem weisen Rat gelang es, die aufgeregten Gemüter zu beruhigen und die Leidenschaften zu glätten. An Stelle des «Sonderbundes» der fünf Städte trat ein neuer Bundesvertrag, das sog. Stanser Verkommnis.
Die Redaktion dieser neuen Bundesurkunde schreibt man Hans Waldmann zu, der damals in der Eidgenossenschaft die erste Rolle spielte. Die Orte versprachen sich gegenseitig Beistand und Hilfeleistung gegen ungehorsame Untertanen, welcher Artikel sich gegen Vorkommnisse richtete, die wie z. B. der Zug vom «tollen Leben» 1477 die innere Ruhe und Ordnung gefährdeten. Pfaffenbrief und Sempacherbrief wurden neu bestätigt. Die Länder stimmten der Aufnahme von Freiburg und Solothurn in den Bund der Eidgenossen unter der Bedingung bei, «dass die neuen Orte nicht allein in Bünden, sondern auch in Kriegen den acht alten sich fügen ... Beide Parteien gaben ihre bisherige Starrköpfigkeit auf; beide reichten sich die Hand über dem Altar des Vaterlandes. Eine mächtige Gefahr war damit überstanden. Die Eidgenossenschaft, deren Auflösung man bereits prophezeit hatte, war wieder geeinigt.»
Der hervorragendste Mann der Schweiz war zu jener Zeit unstreitig der Bürgermeister Hans Waldmann von Zürich, der Sieger von Murten. Von einfacher Herkunft, hatte er sich zu den höchsten Ehrenstellen der Republik emporgeschwungen und auf manchem Schlachtfeld ruhmvoll ausgezeichnet. Er war ein hochgewachsener Mann von elegantem und einnehmendem Wesen, dabei aber heftig, ehrgeizig, von leichten Sitten und fremdem Gelde zugetan. Daneben verfügte
mehr
er über einen eisernen Willen und grosses staatsmännisches Talent. Am Herzen lag ihm in erster Linie die Grösse Zürichs, die er mächtig zu fördern verstand. Auf den Gipfel der Macht gelangt, untergrub er den Einfluss der alten Patriziergeschlechter und kannte im Gefühl seiner Machtfülle keine Schranken mehr. Hochfahrendes Wesen und unkluge Verordnungen entfremdeten ihm die Herzen seiner Mitbürger. Ergrimmt über ihn waren namentlich die Landleute, denen er durch lästige Reglementiererei zu nahe getreten. Am brach ein Aufstand gegen den stolzen Bürgermeister los, der seines Amtes entsetzt, gefoltert, zum Tode verurteilt und am durch das Schwert hingerichtet wurde.
Ueber diese Behandlung des Helden von Murten sagt Dändliker: «Die Bessergesinnten hatten das Gefühl, dass ein Justizmord begangen worden sei. Jedes freimütige Gerede jedoch, jedes Wort zu gunsten Waldmanns wurde nachher gewaltsam erstickt. Ein Bann lag auf der öffentlichen Meinung noch viele Jahrzehnte, ja fast drei Jahrhunderte hinaus. Freisinnige Darstellungen des „Waldmann-Handels“ wurden vernichtet. Durch förmlichen Beschluss der Räte wurden dann auch im Ratsbuche die Verhandlungen über Waldmanns Prozess zerstört ... Damit haben die Richter Waldmanns der Nachwelt selber offenbart, wie es um ihr Gewissen stand, und selbst das Urteil über ihre Handlungsweise und ihr Verfahren ausgesprochen.»
22. Schwabenkrieg. - Aufnahme von Basel und Schaffhausen (1501), sowie von Appenzell (1513) in den Bund.
Die Schweiz war staatsrechtlich immer noch ein Glied des deutschen Reiches, doch hatte diese abhängige Stellung jede tatsächlichen Bedeutung verloren. Die Eidgenossen waren sich ihres Wertes bewusst geworden und hatten sich in den Burgunderkriegen ihre faktische Unabhängigkeit erfochten.
Als Kaiser Maximilian seinem Vater auf den Tron folgte, wollte er, um tatkräftiger gegen die Türken und die Franzosen kämpfen zu können, seinem Reich einen festern innern Zusammenhalt geben. Zu diesem Zwecke setzte er im Jahr 1495 u. a. ein Reichskammergericht ein und stellte eine Reichssteuer fest. Auch die Schweiz wurde aufgefordert, der neuen Reichsordnung beizutreten. Die eidgenössischen Orte konnten sich aber diesen Verordnungen nicht fügen, wenn sie ihre in heissen Kämpfen errungene Unabhängigkeit nicht wieder preisgeben wollten.
Inzwischen hatte sich in Süddeutschland der sog. «schwäbische Bund» gebildet, der das österreichische Kaiserhaus gegen die immer mächtiger werdenden Wittelsbacher unterstützen sollte und dem auch einige Verbündete der Eidgenossen, wie z. B. Konstanz und Rottweil, beitraten. Dagegen siegten die eidgenössisch Gesinnten in Graubünden ob, wo Oesterreich die kleine Herrschaft Räzüns besass. Da brachen im Gebiete des Zehngerichtenbundes Streitigkeiten aus, die 1498 zu Waffentaten führten.
«Bald stand man sich auf der ganzen Linie vom Bodensee bis nach Maienfeld hinauf feindselig gegenüber.» In diesem Augenblick, Januar 1499, erliess der eben in Freiburg im Breisgau befindliche Kaiser eine sehr anmassende Botschaft, in der er die Haltung der Eidgenossen in den schärfsten Ausdrücken brandmarkte. Dieses Vorgehen, dem sich Oesterreichs Prahlereien würdig zur Seite stellten, warf die brennende Lunte ins Pulverfass und entfachte den Krieg. Dieser gestaltete sich ziemlich langwierig.
Eine Reihe von siegreichen eidgenössischen Waffentaten (bei Hard, am Schwaderloo, an der Calven, bei Dorneck etc.) brachte den Kaiser, dem es zu einem energischen Vorgehen an den nötigen Mitteln fehlte, derart in Not, dass er den ihm vom Herzog von Mailand angebotenen Vorschlag zur Vermittlung eines Friedens annahm. So kam am der Friede zu Basel zustande, der in der Geschichte der Schweiz von der grössten Bedeutung ist. Er stipulierte zwar noch nicht die politische Trennung der Schweiz vom Reiche, wie dies dann fast 150 Jahre später der Westfälische Frieden von 1648 ausdrücklich tat, brachte aber der Eidgenossenschaft ihre Unabhängigkeit von den Reichsordnungen und vom Reichskammergericht und entband sie zugleich der Verpflichtung zur Bezahlung der Reichssteuer. In dem Umstande, «dass nichts über die Stellung der Schweiz zum deutschen Reiche gesagt ward», lag «von Seite des Reiches eine stillschweigende Anerkennung des tatsächlichen Zustandes, d. h. des Unabhängigseins der Eidgenossenschaft von den Reichsordnungen. Als eine unanfechtbare Tatsache hat somit das Reich die Existenz der Schweiz als eines eigenartigen Gemeinwesens zugegeben.»
Der entscheidende Sieg von Dorneck brachte den Eidgenossen ähnliche Früchte ein, wie seinerzeit die Siege am Morgarten und bei Sempach. Seine unmittelbare Folge war der Eintritt Basels und Schaffhausens in den Schweizerbund. Jener erfolgte am 8. Juni und dieser am Zwölf Jahre später, am brachte die Aufnahme von Appenzell den Bund der Eidgenossen auf
mehr
den Bestand von 13 sog. «alten» Orten. Seither wurde keine weitere Aufnahme mehr vollzogen, so dass der Bund der 13 alten Orte während drei Jahrhunderten, d. h. bis zur helvetischen Revolution unverändert bestehen blieb.
23. Kämpfe in Italien. - Eroberung des Tessin. - Schlacht von Novara (1513).
Die zahlreichen Feldzüge, an denen die Schweizer bisher teilgenommen, hatten die Entstehung einer Klasse von Berufsmilitärs zur Folge, die nur von Kampf und Krieg träumten, zu keiner friedlichen Arbeit mehr zu gebrauchen waren und sich bei jeder beliebigen Gelegenheit sofort bereit zeigten, zu Felde zu ziehen. Nach Beendigung des Schwabenkrieges suchten diese Abenteurer anderweitige Betätigung.
In Mailand waren nach dem Erlöschen der Visconti die Sforza durch Gewalt auf den herzoglichen Tron gelangt. Als sich Ludovico Sforza, genannt «il Moro» (der Mohr) auf diesem Trone zu unsicher fühlte, verbündete er sich mit dem König Karl VIII. von Frankreich gegen Alfons II. von Aragonien, der auf dem Tron von Neapel sass. Nun stellten sich 5000-6000 Schweizer unter die Fahnen Frankreichs und marschierten gegen Neapel, auf welches Königreich die Herrscher Frankreichs Ansprüche geltend machten.
Die Eroberung gelang mit leichter Mühe. Während nun die französische Armee und die mit ihr gezogenen Schweizer im schönen Süden es sich wohl sein liessen, wandte sich Ludovico Moro von seinem Verbündeten ab und schloss sich der Liga von Venedig an, der ausser ihm noch der Papst, der deutsche Kaiser, der König von Aragonien und Venedig angehörten. Karl VIII. musste sich zurückziehen und vermochte sich nur noch mit Mühe durchzuschlagen (1495). Nachdem sein Heer in kläglichem Zustand über die Alpen heimgekehrt war, starb er 1498. Sein Nachfolger, König Ludwig XII., zog mit einem Heer von 25000 Kriegern, worunter 5000 Schweizer, von neuem nach Italien und eroberte das ganze Herzogtum Mailand. Da er aber seine Hilfstruppen verabschiedete, ohne ihnen den versprochenen Sold auszubezahlen, kostete es Ludovico Moro keine grosse Mühe, etwa 6000 Schweizer anzuwerben, die ihm zusammen mit deutschen Landsknechten und italienischen Hilfstruppen sein Herzogtum wieder zurückeroberten (Februar 1500). Ludwig XII. hielt sich aber nicht für geschlagen und war imstande, mit nach allen Seiten reichlich gespendetem Gold 10000 Schweizer Söldner in seinen Dienst zu ziehen. Da weigerten sich die Schweizer im Solde Ludovico's, gegen ihre Landsleute zu fechten, und zwangen ihren Herrn, der in Novara von den Franzosen belagert wurde, zum Abschluss einer Kapitulation.
Ludwig XII. nahm neuerdings Besitz von Mailand, auf welche Stadt er von seiner Grossmutter, Valentine Visconti her Ansprüche geltend machte. Jetzt erinnerten die Eidgenossen den König von Frankreich an sein 1495 noch als Kronprinz gegebenes Versprechen, ihnen an dem Tage, da er in den Besitz des Trones seiner Ahne gelangen würde, die Herrschaften Lugano, Locarno und Bellinzona abtreten zu wollen. Ludwig dachte aber keineswegs an die Erfüllung dieses Versprechens. Der Streit verschlimmerte sich derart, dass ein Heer von 14000 Eidgenossen über den Gotthard zog, worauf Ludwig nachgab und am 11. April im Vertrage von Arona die Herrschaft Bellenz nebst dem Bleniothal auf ewige Zeiten an die drei Länder Uri, Schwyz und Unterwalden abtrat.
Zu dieser Zeit erlangte der einstige Bischof von Lausanne, Julian von Rovéréa, die Papstwürde. Dem neuen Inhaber des kurulischen Stuhles, der sich den Namen Julius II. beilegte, lag nun vor allem die Vergrösserung des Kirchenstaates und die Vertreibung der fremden Eroberer aus Italien am Herzen. 1510 schloss er mit Venedig, Ferdinand von Aragonien, dem Kaiser Maximilian, dem König Heinrich VIII. von England und den Schweizern die «heilige» Liga, die ihre Spitze gegen Frankreich kehrte.
Auf das Zureden des frühern Bischofes von Sitten und jetzigen Kardinals Matthäus Schinner hin überschritten 18000 Schweizer im Frühjahr 1512 die Alpen, worauf sich die Franzosen zurückzogen und Mailand preisgaben (Pavierzug). Maximilian Sforza ergriff nun wieder Besitz vom Trone seines Vaters, während Julius II. sich mit Stolz den «Befreier Italiens» nannte und den Eidgenossen den Titel «Beschützer der Freiheit der Kirche» erteilte. Der Herzog von Mailand musste den Schweizern Domo d'Ossola und das ganze Eschenthal, sowie die tessinischen Herrschaften (Lugano, Locarno, Mendrisio und das Maggiathal) abtreten; die mitgezogenen Bündner erhielten das Veltlin mit den Grafschaften Chiavenna und Bormio. Am hielt Herzog Maximilian seinen feierlichen Einzug in Mailand.
«Er wurde von den eidgenössischen Deputierten in Gegenwart eines glänzenden fürstlichen Gefolges empfangen. Die Eidgenossen mussten gegenüber Anmassungen Anderer mit allem Nachdruck für sich selbst das Recht der Einsetzung in Anspruch nehmen ... Durch der Schweizer Macht und Gunst kam so Mailand an den angestammten Herzog und wurden die Verhältnisse Italiens vorläufig entschieden. Die Eidgenossen standen auf dem Höhepunkt ihrer Macht.» Wenig nachher wandte sich Venedig vom Papste ab und schloss, am ein Bündnis mit Frankreich. Der französische Feldherr La Trémouille überschritt mit einem Heer die Alpen und eroberte Mailand zurück. Am 3. Juni begann er die Belagerung von Novara, in welcher Stadt Herzog Max mit 4000 Schweizern lag. Nachdem noch weitere 6000 Eidgenossen zu ihren
mehr
Brüdern gestossen, rückte das jetzt 10000 Mann starke schweizerische Heer am aus den Toren der Stadt den Franzosen entgegen, die binnen wenigen Stunden vollständig geschlagen wurden und sich in eiliger Flucht retteten (Schlacht von Novara). «Mit Recht zählt man den Tag von Novara, da das Bauernvolk der Schweiz die grösste Macht Europas niedergeworfen, zu den höchsten Ehrentagen der Eidgenossenschaft: es war der Gipfelpunkt unserer Machtentwicklung.»
24. Schlacht von Marignano. - Ewiger Bund mit Frankreich (1516).
Nach dieser wunderbaren Reihe von Siegen wäre es für die Eidgenossen wünschenswert gewesen, sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen. Im Lande machte sich allmählig eine tiefe Unzufriedenheit geltend. Die Bauern wurden der ewigen Feldzüge überdrüssig, die sie zwar mit Ruhm überhäuften, deren Früchte aber einzig die herrschenden Klassen für sich in Anspruch nahmen. Doch war nach dem Siege von Novara der Krieg keineswegs beendigt. Die Schweizer zogen gegen die Stadt Dijon, deren Befehlshaber La Trémouille im Namen des französischen Königs mit ihnen unterhandelte, Frieden schloss und eine Entschädigung von 400000 Kronen versprach. Als auch der Kaiser, der Papst, Spanien und England mit Frankreich ihren Frieden machten, sah sich Ludwig XII. seiner Widersacher entledigt und widerrief den Vertrag von Dijon. «Damit war das eidgenössische Heer geprellt.»
Mitten in den Vorbereitungen zu einem neuen italienischen Feldzug starb König Ludwig XII. am Sein Nachfolger, Franz I., der dem französischen Waffenruhm wieder neuen Glanz geben und Mailand wiederum an sich bringen wollte, erneuerte das Bündnis mit Venedig und zog mit 60000 Mann über die Alpen. Die Eidgenossen, die sich die Verteidigung der Lombardei zur Pflicht gemacht hatten, rückten ebenfalls aus, waren aber, wie so oft, unter sich uneinig. Franz I. benutzte diese Meinungsverschiedenheiten in geschickter Weise, um Friedensanträge zu stellen. Trotz aller Versuche des kriegerischen Kardinales Matthäus Schinner, sie zurückzuhalten, erklärten sich die Berner, Solothurner, Freiburger und Walliser als mit den französischen Anerbietungen zufrieden gestellt und kehrten heim.
Das französische Heer hatte bei Marignano, 10 km von Mailand entfernt, eine schöne Stellung bezogen, während die Truppen Venedigs in Cremona, 60 km von Marignano, lagerten. Die Eidgenossen zählten nach dem Abzug der Westschweizer noch 20000-24000 Mann, die unter dem Bürgermeister Max Röust von Zürich standen. Am entspann sich die Schlacht. Obwohl an Zahl dem Feinde nicht ebenbürtig, hielten die Schweizer tapfer stand, bis um Mitternacht völlige Dunkelheit die Waffen ruhen liess.
«Beide Parteien zogen sich, aufs äusserste ermüdet und ruhebedürftig, zurück. Aber so gross war die Verwirrung, welche die Dunkelheit erzeugte, dass oft Freund und Feind unbewusst durcheinander sich mengten. Mancher, welcher des Glaubens war, bei guten Freunden zu sein, verriet sich durch die Sprache als Fremder und empfing statt des freundlichen Gegengrusses den Todesstoss. Das Ergebnis dieses ersten Kampftages zeigte sich den Eidgenossen günstig. Der Feind war zurückgedrängt worden, und schon erging nach allen Richtungen die Kunde vom Siege der Schweizer über die Franzosen.» Am folgenden Morgen entbrannte der Riesenkampf von neuem.
Den Franzosen kam nun die venetianische Reiterei zu Hilfe. Der französische Marschall Trivulzio liess die Dämme des die Ebene bewässernden Lambro durchstechen und das Wasser auf die Eidgenossen losströmen. Da entschlossen sich diese endlich zum Rückzug, den sie stolz und unter furchtbarer Gegenwehr vollführten. Nach einem letzten schrecklichen Kampf an einem Graben blieb der Feind zurück. «Niemand beunruhigte sie mehr; der Feind, voll Erstaunen und Bewunderung, sah ihnen nach und wagte nicht, sie zu verfolgen. Achtung vor dem Heldenmut und der unerhörten Tapferkeit und Tollkühnheit, sowie Furcht vor der Macht ihres Armes mochten sich bei den Siegern in eigentümlicher Verbindung mischen. Es war ein einzigartiges Schauspiel, wie es nur selten in der Geschichte vorkommt; denn der Eindruck, welchen die Besiegten bei den Siegern selbst erzeugt hatten, glich dem Erfolge, dessen sich die letztern erfreuen konnten.» An diesem denkwürdigen Tag von Marignano verloren die Schweizer 12000 Mann, mehr als die Hälfte ihres ganzen Heeres.
mehr
Die Schlacht von Marignano hatte für die Schweiz einschneidende Folgen. Die Tagsatzung freilich liess sich nicht entmutigen, sondern beschloss, ein neues Heer von 22000 Mann aufzubieten, um die in den vorangegangenen Feldzügen gemachten Eroberungen dem Lande zu erhalten. Doch waren die westschweizerischen Orte eines Kampfes müde, der nur dem Papst, dem Kaiser und dem Könige von Spanien Früchte trug und alle Lasten einzig der Eidgenossenschaft auflud. Franz I. verstand es, die gegebene Lage geschickt auszunutzen.
Voller Bewunderung für die Tapferkeit der Schweizer, beschloss er, deren Freundschaft zu suchen. Am 7. November begannen in Genf die darauf bezüglichen Verhandlungen. Während sämtliche Orte zum Friedensschluss geneigt waren, erklärten sich Uri, Schwyz, Zürich, Basel und Schaffhausen gegen ein Bündnis mit Frankreich. Nach einjährigen Unterhandlungen kam endlich eine Verständigung zu stande. Der Vertrag von Freiburg vom sicherte den Eidgenossen mit Ausnahme von Domo d'Ossola und des Eschenthales alle ihre Eroberungen in Oberitalien zu, gab ihnen kommerzielle Vorteile und brachte ihnen eine Kriegsentschädigung von 700000 Kronen ein.
«Jede Partei verpflichtete sich, Feinde der andern nicht zu unterstützen, also bei Kriegen, an denen die andere beteiligt war, neutral sich zu verhalten.» Sechs Jahre später, am wurde dieser ewige Frieden zu einer Offensiv- und Defensivallianz erweitert, die dem französischen König die Anwerbung von 6000-16000 Schweizer Söldnern erlaubte. Diese Verträge sind dann 1663, 1715 und 1777 in ihren Hauptbestimmungen erneuert worden. Der Vertrag von 1516 bezeichnet den Beginn des Unterganges der schweizerischen Machtstellung.
Ueber die Zeit der italienischen Feldzüge gibt Hermann Escher folgendes Gesamturteil ab: «Die Periode der Mailänderkriege ist nicht nur der machtvollste Abschnitt der Schweizergeschichte, sondern auch der am meisten dramatische. Es ist eine Zeit voll stürmischer Bewegung, starken Ausdehnungstriebes, trotzigen Auftretens, Überwallenden Kraftgefühles und äussern Glanzes. Aber daneben her geht ebensoviel Zuchtlosigkeit, Selbstsucht, wilde Gier, Zersplitterung und Zerfahrenheit. In stürmischer Bewegung werden grosse Erfolge erzielt; aber es fehlt die Kraft, sie festzuhalten. Am Eingange des Dramas stehen gleichsam zur Vorbereitung des Kommenden die Ereignisse, die zur Gefangenschaft Ludovico Moros führen. Nach längerer, höchst ungleichmässiger Entwicklung wird zuletzt in raschem Anlauf und stolzer Aufwallung der Höhepunkt erreicht. Den Abschluss bildet der jähe Zusammenbruch der kaum erst errungenen Grossmachtstellung, eine Katastrophe freilich, die trotz alledem auf Zeitgenossen und spätere Geschlechter einen tiefen Eindruck, wenigstens von der militärischen Kraft des Volkes, gemacht hat.»
III. Zeitalter der Reformation.
1. Die Renaissance.
Vier Ereignisse von allererster Bedeutung sind es, die das Ende des Mittelalters bezeichnen und der europäischen Geschichte neue Wege vorgezeichnet haben: die Erfindung der Buchdruckerkunst, die Entdeckung Amerikas, die sog. Renaissance und die kirchliche Reform. Die Erfindung der Buchdruckerkunst machte das Wissen, das bisher nur Wenigen zugänglich gewesen, zum gemeinsamen Gut der Allgemeinheit. Die aussereuropäischen Entdeckungen bahnten in den wirtschaftlichen Verhältnissen von Europa eine Umwälzung an, an der auch die Schweiz ihren Anteil haben sollte, trotzdem ihr Gebiet nirgends an ein Meer stösst. Die Renaissance bedeutet eine geistige Wiedergeburt, die zwar von Italien ausgegangen ist, deren Folgen jedoch den Ländern des Nordens wohl mehr als denen des Südens zugute gekommen sind. Die Reformation endlich besteht nicht bloss in einer Scheidung auf dem Gebiete der kirchlichen Lehren, sondern hat sich zu einer Bewegung von weit umfassenderem Charakter ausgewachsen, von dem ihre Vorkämpfer zunächst keine Ahnung haben konnten.
In dem grossen Kampf zwischen Tron und Altar war der Papst über den Kaiser Sieger geblieben. Das Kaisertum sollte sich von dem Schlage, der es getroffen, nicht wieder erholen. Nördlich der Alpen war eine Zeit wirklicher Anarchie eingebrochen. Die Päpste hatten sich entschlossen in die weltlichen Händel eingemischt. Auf
mehr
den Ruf Julius' II. waren die Eidgenossen nach Italien geeilt und zur wirksamen Stütze des heiligen Stuhles geworden. Die italienischen Feldzüge, in die sich die Schweizer mithereingerissen sahen und die mit der Katastrophe von Marignano ihren Abschluss fanden, wandten die Bewohner unserer Städte und Landschaften von einer ausdauernden und friedlichen Arbeit ab und übten auf die Sitten, wie auf die allgemeine Wohlfahrt einen verderblichen Einfluss aus.
Die auf die Befreiung der Geister vom dogmatischen Joche zielende Bewegung der Reformation ging Seite an Seite mit dem unter dem Namen der Renaissance bekannten Wiederaufleben von Kunst und Wissenschaft. Die Humanisten teilten sich aber in zwei Lager. Die einen, denen die moralische Idee das Hauptziel ihrer Tätigkeit war, unterstützten die Reformation, während sich die andern, denen das klassische Altertum als Ideal vorschwebte, zwar (wie Erasmus) zunächst der Reformation näherten, sie dann aber wieder verwarfen. Im kriegerisch gesinnten Volk der Eidgenossen, das lange Zeit die Pflege von Kunst und Wissenschaften vernachlässigt und verachtet hatte, hat die Renaissance den Geschmack an diesen geistigen Beschäftigungen des Friedens erweckt.
Den Balladen der deutschschweizerischen Minnesänger und Ottos von Grandson, den Volksliedern von Halbsuter u. a., den Annalen der Mönche von St. Gallen und den Chroniken des Johannes von Winterthur und anderer seiner Zeitgenossen reihten sich im 15. Jahrhundert einige poetische Erzeugnisse neuer Art an, deren Verfasser vielfach gewöhnliche Handwerker waren. Während bei den Deutschschweizern, einem zugleich energischen und sentimentalen Volk, Kriegslieder und lyrische Ergüsse auf der Tagesordnung standen, brachte das romanische Land, wo das Volk zu philosophieren liebt und zu gutmütigem Spott neigt, dramatische Versuche hervor.
Die Stätten der ersten theatralischen Aufführungen waren die Kirchen, in denen die Geistlichkeit im Verein mit den Chorknaben und einigen Gläubigen des Laienstandes Mysterien und Moralstücke agierten. Der Lausanner Beamte Jean Bugnion schrieb den Roman Fier à bras le Géant, und der Pfarrer Jacques de Bugnin veröffentlichte ein Poem unter dem Titel Congé pris du présent siècle. Neben diesen noch sehr naiven Erzeugnissen blühte die Chronikliteratur auf, die in Konrad Justinger, Johannes Fründ, Melchior Russ, Petermann Etterlin, Diebold Schilling von Luzern und Diebold Schilling von Bern, Albert von Bonstetten, Gerold Edlibach, Thüring Fricker, Felix Hemmerlin, Valerius Anshelm und dem streitbaren François Bonivard ihre berufensten Vertreter fand.
Ein Ereignis von weittragenden Folgen war dann für die Schweiz die im Jahr 1460 erfolgte Gründung der Universität Basel durch Papst Pius II. Ihr erster Rektor war der Jurist Andlau. An ihr wirkten als berühmte Lehrer der Jurist und Humanist Sebastian Brandt, die Humanisten Geiler von Kaisersberg, Johann Reuchlin, Utenheim, Amerbach u. a., der Philologe und Theologe Thomas Wittenbach, der vielseitige Glarner Heinrich Loriti oder Glarean, u. a. In Basel lebte seit 1513 auch der Holländer Erasmus, der König der Humanisten, der zwar nicht an der Universität lehrte, aber «Mittelpunkt des wissenschaftlichen und humanistischen Lebens und von grossem und bestimmendem Einfluss auf die Universität» wurde. Einer der hervorragendsten Männer jener Zeit ist ferner noch der Arzt und Naturforscher Theophrastus Paracelsus (1493-1541), Stadtarzt und Professor in Basel. Er wandte zuerst die Chemie auf die Medizin an und war ein Freund des Buchdruckers Frohen, der die Werke des Erasmus verlegte. Von weiteren Humanisten der damaligen Zeit seien noch genannt Johannes Heinlin von Stein (genannt a Lapide), Heinrich Wölflin (Lupulus), Oswald Mykonius und Thomas Plater.
Die Malerei war damals in der Schweiz vertreten durch Johannes Friess aus Freiburg, Hans Holbein den jüngern, der, aus Augsburg gebürtig, mehrere Jahre in Basel lebte, und den Berner Niklaus Manuel. Im 15. und 16.
mehr
Jahrhundert blühten auch die Glasmalerei und Holzschnitzerei, deren Erzeugnisse das Innere von Kirchen, Klöstern, Schlössern, Rathäusern und Wohnungen reicher Bürger schmückten. Die prachtvollen Chorstühle der Kirchen von Hauterive, Lausanne und Wettingen, sowie die Glasmalereien von Königsfelden, Wettingen und des Rathauses von Luzern sind heute noch das Entzücken der Kenner.
2. Zwingli und die Reformation in der deutschen Schweiz. - Zeiten der Kappelerkriege.
Der Reformator der deutschen Schweiz ist Ulrich Zwingli, der am zu Wildhaus im Toggenburg geboren wurde. Er, dem Zürich ein Denkmal errichtet hat, war ein gelehrter und beredter Humanist, der in Basel, Bern und Wien gründliche Studien gemacht halte. Erst 22 Jahre alt, wurde er zum Leutpriester von Glarus gewählt. 1513 und 1515 begleitete er als Feldprediger das Banner von Glarus auf den Feldzügen von Novara und Marignano, bei welcher Gelegenheit ihm die unseligen Folgen des Krieges aus nächster Nähe bekannt wurden.
Das Schauspiel, das sich ihm da bot, gab ihm die Ueberzeugung, dass sein Land mit der durch nichts gerechtfertigten Beteiligung an diesen italienischen Feldzügen auf falschem Wege sei. Er predigte 1515 zu Monza und wusste so warme Töne zu finden, dass einer seiner Zuhörer selbst bezeugt: «Hätte man ihm gefolgt, so wäre viel Blut weniger geflossen, und die Eidgenossen hätten sich selbst vor grossem Schaden bewahrt». 1516 kam Zwingli als Leutpriester nach Einsiedeln und 1518 als Leutpriester oder Pfarrer am Grossmünster nach Zürich, der Stätte seiner fernern Wirksamkeit. In dieser tatkräftigen und lebhaften Stadt sollte er, der selbst ein feuriger Patriot war, einen günstigen Boden für die Entfaltung seines Genius finden.
Zunächst beschränkte er sich darauf, die ihm am Herzen liegenden moralischen und religiösen Reformen durchzuführen, ohne noch an den Dogmen der römischen Kirche zu rütteln. Erst die Ankunft und die Umtriebe des italienischen Predigermönches und Ablasskrämers Bernhardin Samson, sowie die Gleichgiltigkeit der Kirchenhäupter gegen die Sittenverderbnis des Klerus und das Elend des Volkes veranlasste ihn, mit Rom und dem Papste zu brechen. Unterdessen war die Reformbewegung in Deutschland in Gang gekommen, doch stand die religiöse Wiedergeburt, wie sie sich in Zürich vorbereitete, in keinem Zusammenhang mit der von Martin Luther gepredigten.
Der erste Konflikt Zwinglis mit dem Papst war nicht dogmatischer, sondern politischer Natur und brach bei Anlass des Krieges zwischen Karl V. und Franz I. aus. Unter dem Einfluss von Zwingli hatte sich Zürichs Rat geweigert, sich dem Bunde anzuschliessen, den die übrigen Orte eben mit Frankreich geschlossen. Als nun der Papst, der auf Karls V. Seite stand, die Zürcher zu sich herüberziehen wollte, erhob Zwingli seine Stimme energisch auch gegen die vom Papste verlangte Stellung von Zürcher Hilfstruppen, die bei den Eidgenossen Hader erregte und Schweizer gegen Schweizer ins Feld gestellt hätte. Nachdem der päpstliche Nuntius aber versprochen hatte, dass die Zürcher ausschliesslich zum Schutze des päpstlichen Stuhles verwendet werden sollten, war des Papstes Sache gewonnen. Kaum hatten aber die Zürcher die Alpen überschritten, so wurden sie, wie Zwingli richtig geahnt, vom Papst gegen Frankreich gestellt. Daraufhin rief Zürich am seine Söldner zurück.
«Nach und nach nahm Zwingli eine immer schärfere Stellung gegen die Kirchenbräuche ein.» Er wurde «eifriger, erklärte sich gegen die Fastengebote, gegen die Bilder- und Heiligenverehrung, gegen Klöster und Orden u. dergl.». Im Frühjahr 1522 übertraten einige Zürcher das Fastengebot und protestierten gegen den Beichtzwang und die von den Klöstern erhobenen Zehnten und Steuern. Der Bischof von Konstanz suchte die Zürcher durch ein Mandat zum Gehorsam zurückzurufen.
Nun nahm auch Zwingli in seiner am 16 April erschienenen Druckschrift Vom Erkiesen und Fryheit der Spysen öffentlich Stellung. «Es war ein gewagter Schritt: der erste öffentliche Widerspruch gegen die Kirchenlehre, die erste Herausforderung zum Kampfe». Wenige Tage nachher kam die Nachricht von der Niederlage bei Bicocca wo 3000 im Solde Franz' I. stehende Schweizer das Leben verloren. Dies gab dem Widerstand Zwinglis gegen die verderblichen Militärkapitulationen neue Kraft. Am 16. Mai schrieb er an die zu Schwyz versammelte Landsgemeinde eine «göttliche Ermahnung, dass sie sich vor fremden Herren hüten und entladen».
Nun legte sich aber die eidgenössische Tagsatzung ins Mittel, indem sie die Priester vor Predigten warnte, welche Verwirrung und Uneinigkeit ins Volk tragen könnten. Zwingli liess sich durch diese in erster Linie gegen ihn gerichtete Drohung nicht einschüchtern, sondern setzte sein Reformwerk mutig fort. In einem an den Bischof von Konstanz gerichteten Brief vom 2. Juli forderte er die Freiheit, nach dem Wortlaut der Evangelien predigen zu dürfen, und verlangte er die Abschaffung des Zölibates der Priester.
Zwingli's Worte und Schriften riefen unter der Geistlichkeit eine mächtige Erregung hervor. Offen traten auf Zwinglis Seite herüber Konrad Schmid, der Komthur des Johanniterhauses Küsnacht, sodann Leo Judä, der Pfarrer zu St. Peter in Zürich, der Abt Wolfgang Joner in Kappel und der Propst Felix Brennwald in Embrach. Bürgermeister und Rat von Zürich beschlossen, dass die Predigten auf die Evangelien, sowie die Bücher der Apostel und der Propheten ausgedehnt werden und die von den Kirchengelehrten Duns Scotus, Thomas von Aquino etc. aufgestellten Dogmen beiseite gelassen werden sollten.
Fünf Tage nach dieser Verordnung trat ein grosser Teil der Zürcher Geistlichkeit zur Reformation über, worauf das Kapitel beschloss, dass sich die Predigten nach dem Inhalt der heiligen Schrift zu richten hätten. Der 1521 auf den päpstlichen Stuhl gelangte neue Papst Hadrian VI. aus Utrecht, ein nüchterner, gerader und gewissenhafter Theologe, hätte vielleicht die Kirchentrennung zu verhindern vermocht, wenn er nur früher zur Macht gelangt wäre. So aber war es für eine Versöhnung bereits zu spät, und des Papstes gute Anordnungen konnten die einmal in Fluss geratene Bewegung nicht mehr aufhalten.
Zwingli, von den Einen unterstützt und den Andern getadelt, sah die Notwendigkeit einer öffentlichen Aussprache ein. So verlangte er denn die Abhaltung eines Religionsgespräches, das auf Veranstaltung des Rates von Zürich am auf dem Rathause zu Zürich unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Röust stattfand. Als Anhänger Zwinglis waren Leo Judä, Vadian aus St. Gallen, Hoffmeister aus Schaffhausen und Sebastian Meyer aus Basel anwesend während der Bischof
mehr
von Konstanz durch seinen Generalvikar Johannes Faber und drei andere Abgeordnete sich vertreten liess. «Als Grundlage für die Verhandlungen hatte Zwingli siebenundsechzig Thesen oder Streitsätze („Schlusssätze“) drucken lassen, in welchen er die rein evangelische Lehre allen Kirchentraditionen und Kirchenbräuchen gegenüberstellte und als Grundlage einer Kirchenreform bezeichnete, und in denen er die weltliche Gewalt der Geistlichen, die Beichte, Busswerke und besonders das Ablasswesen, als widerbiblisch darstellte.» Die Disputation endigte zu seinen Gunsten, worauf der Rat verfügte, dass der Reformator, da seine Thesen nicht widerlegt worden seien, fortfahren solle, im gleichen Sinne wie früher zu predigen.
Von diesem Augenblick an machte die Sache der Reformation rasche Fortschritte. Auf Pfingsten 1524 wurden die Bilder aus den Kirchen Zürichs entfernt. Mit der Aufhebung der Klöster, als deren erstes dasjenige am Oetenbach geräumt wurde, begann man im Dezember 1524. Am schaffte man auf Begehren von drei Priestern in Zürich auch die Messe ab. Alle diese Schlag auf Schlag erfolgenden Ereignisse schlossen Zürich von den übrigen Eidgenossen mehr und mehr ab. Da die Tagsatzung es nicht wagte, gegen Zürich einzuschreiten und den Herd der Reformation zu ersticken, rächte sie sich dadurch, dass sie alle Neuerer, deren sie habhaft werden konnte, streng bestrafte.
Trotz dieser strengen Massnahmen gewann aber die Reformation immer weitere Anhänger. Freunde Zwingli's, wie Oekolampad in Basel. Hoffmeister in Schaffhausen, Vadian in St. Gallen u. A. predigten mit Erfolg die neue Lehre. Um dieser Propaganda ein Ende zu machen, schlugen die Katholischen im Jahr 1526 ein neues Religionsgespräch vor und wählten zu ihren Vorkämpfern an demselben den Dr. Johannes Eck, den berühmten Gegner Luthers, und den elsässischen Franziskanermönch Thomas Murner in Luzern. Als Ort der Zusammenkunft wurde Baden bestimmt. Da aber schon während der Tagsatzung von 1523 Zwingli in effigie verbrannt und seine Gefangennahme angeordnet worden war, fürchtete Zürich für die persönliche Sicherheit seines Reformators und liess ihn nicht nach Baden gehen.
Vertreten waren die Reformierten an dieser Disputation (Mai 1526) durch Berthold Haller und Oekolampad, von denen namentlich dieser letztere seine Sache trefflich verfocht und auf die schwankenden Gemüter einen tiefen Eindruck machte. Von den Teilnehmern an diesem Religionsgespräch erklärten sich aber dennoch bloss 10 für die Reformation, während 82 an der alten Lehre festhielten. Die fünf alten Orte, sowie ferner Glarus, Freiburg, Solothurn und Appenzell erklärten die von Zürich vorgeschlagenen Reformen als ketzerisch; sie verboten sämtliche reformierte Schriften innerhalb der Grenzen ihres Gebietes und beschlossen, jeden Versuch zur Abänderung des bestehenden Kultus strenge zu bestrafen und die Geistlichen auf ihren orthodoxen Glauben hin zu prüfen.
Als 1527 die jährliche Neubestellung des Rates der Zweihundert in Bern den Anhängern der neuen Lehre die Mehrheit gebracht, veranstaltete man auch in dieser Stadt ein Religionsgespräch (6.-25. Januar 1528). Trotzdem die Katholischen, die zur Teilnahme eingeladen waren, keinen ihrer redegewandten Vertreter gesandt hatten, erregte diese Disputation dennoch grosses Aufsehen. Es sprachen Haller, Kolb, Zwingli, Vadian, Pellican, Oekolampad, Bucer, Capito und Farel.
Die Mässigung Hallers gewann der reformierten Sache die Gunst der Berner Geistlichkeit, und der Rat der Zweihundert entschied sich endgiltig für die Reformation. «Die Bilder und Kruzifixe, die Altäre und Leuchter wurden beseitigt, die Klöster aufgehoben; auch Pensionen und Reislaufen verboten. Bern schied aus dem Bistum Lausanne aus, und der Rat übernahm die kirchliche Hoheit und Gerichtsbarkeit und erliess ein neues Reformationsmandat. Auch war Bern schon am ersten Tage der Disputation dem christlichen Burgrecht, das Zürich mit Konstanz geschlossen, beigetreten; es trat jetzt gänzlich in den Kreis der Zürcher Politik ein».
Die Entscheidung Berns wirkte unmittelbar auf Basel ein, wo nach einigem Widerstand die Messe abgeschafft wurde. Bald folgten auch die Städte St. Gallen, Schaffhausen und Mülhausen dem Beispiele Berns. Als in Glarus eine Landsgemeinde den Reformierten die Mehrheit gab, kam durch die Bemühungen des Landammannes Hans Aebli 1529 ein Religionsvertrag zustande, wonach es jeder Gemeinde frei stehen sollte, sich für den einen oder den andern Glauben zu entscheiden. Die halbe Schweiz hatte mit Rom gebrochen!
Eine solche Umwälzung konnte sich naturgemäss nicht vollziehen, ohne die Gemüter gewaltig in Aufwallung zu bringen. Die religiöse und moralische Krisis hat denn auch in der Schweiz wie in Deutschland eine wirtschaftliche Krisis ausgelöst. Die Wiedertäufer und andere Sekten, die Luthers Werk für einen Augenblick in Gefahr gebracht, hätten beinahe auch der Reformbewegung in der Schweiz einen fühlbaren Schlag zu versetzen vermocht. Doch wurden ihre Uebertreibungen und ihre kommunistischen Torheiten von der Zürcher Regierung mit starker Hand unterdrückt.
Zwischen den eidgenössischen Orten hatte sich eine tiefe Kluft aufgetan, die die Weiterentwicklung unseres Landes für mehr als 3 Jahrhunderte hemmen sollte. Die sieben Orte Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Freiburg und Solothurn, d. h. die Mehrheit, standen auf Seiten des alten Glaubens. Von den übrigen hatten sich die vier Städte Zürich, Bern, Basel und Schaffhausen für die Reformation entschieden, während in Appenzell und Glarus die Mehrheit des Volkes sich der evangelischen Konfession, welchen Ausdruck die Anhänger Zwinglis nun offiziell aufbrachten, anschloss, daneben aber noch eine gewisse Zahl katholischer Kirchgemeinden bestehen blieben.
Von nun an war die politische Einheit zerrissen. Die gemeinen Herrschaften wurden zu einem Zankapfel der Parteien. Als es Zürich nicht gelungen war, jeder Pfarrei die Erlaubnis zu erwirken, sich in freier Abstimmung für den alten oder den neuen Glauben zu entscheiden, versprach es denjenigen, die sich der Reformation anschliessen wollten, seinen Beistand. Sogleich lösten sich darauf der Thurgau, das Rheinthal, das Land Gaster und die Stadt Bremgarten von der katholischen Kirche ab.
Diese Glaubensstreitigkeiten führten zu Sonderbündnissen und, was noch schlimmer war, zu Anrufungen des Auslandes. Einen solchen Sonderbund, das sog. evangelische Burgrecht, schloss z. B. Zürich mit Konstanz Bern, St. Gallen, Biel, Mülhausen,
mehr
Basel und Schaffhausen (1528-1529). Während die Evangelischen an der eidgenössischen Tagsatzung in der Minderheit waren, zählten sie der Zahl nach mehr Anhänger als die Katholiken. Der Umstand, dass sie trotz ihrer Ueberzahl von den katholischen Orten majorisiert wurden, schuf ein ungesundes Verhältnis, dessen schwerwiegende Folgen sich bald fühlbar machen sollten. Als weitere Quelle beständiger Streitigkeiten kam hinzu, dass die Gebiete der evangelischen Orte topographisch durch die gemeinsamen Untertanenländer voneinander getrennt waren.
Im Gefühle ihrer Schwäche verbündeten sich auch die katholischen Orte, und zwar im Jahr 1529 mit dem König Ferdinand von Oesterreich, welcher Schritt einem Bruch des eidgenössischen Bundesvertrages gleichkam. Als die evangelischen Orte gegen dieses Bündnis protestieren wollten, wurden ihre Abgeordneten beschimpft. Ferner fingen die Schwyzer einen zürcherischen Pfarrer, Jakob Kaiser, der sich ins Gaster begeben hatte, ab, führten ihn nach Schwyz und überlieferten ihn hier auf Beschluss der Landsgemeinde dem Feuertod. Um diesen Schimpf zu rächen, sandte Zürich seine Truppen an die schwyzerische Grenze, in den Thurgau und ins Rheinthal, während zugleich am ein Heer von 4000 Mann bis nach Kappel vorrückte.
Die Berner marschierten ihrerseits in der Stärke von 5000 Mann gegen Bremgarten, erklärten aber, dass sie sich in der Defensive halten und nur dann eingreifen wollten, wenn Zürich angegriffen würde. Bevor nun aber die Zürcher mit den Urschweizern zusammenstiessen, beschwor Landammann Aebli von Glarus die Zürcher Hauptleute, einen Bruderkrieg vermeiden zu wollen. Mit Hilfe Berns und der neutral gebliebenen eidgenössischen Orte kam nun ein Waffenstillstand zu stande und wurde eine Verständigung in Aussicht gestellt. Die Urkantone traten von ihrem Bündnis mit Oesterreich, der sog. christlichen Vereinigung, zurück und erklärten sich durch Vertrag vom (erster Kappeler Friede) bereit, die Kriegskosten auf sich zu nehmen. Zugleich wurde vereinbart, dass es den Pfarreien der gemeinsamen Vogteien gestattet sein solle, sich nach freiem Ermessen für eine der beiden Konfessionen zu entscheiden.
Damit hatten die Zürcher gesiegt. Unter dem Eindruck dieses Erfolges machte die Reformation neue Fortschritte und erlangte in Schaffhausen und Glarus endgiltig die Oberhand.
«In der Zeit nach dem ersten Kappelerkriege warf sich Zwingli mit ausserordentlichem Nachdruck auf die auswärtige Politik. Es ist die Zeit, da er seine grossartig angelegten Pläne zur Herstellung einer umfassenden und mächtigen Verbindung reformierter Staaten und Gemeinwesen und zur Ausbreitung seiner Kirchenreform auch ausserhalb der Grenzen der schweizerischen Eidgenossenschaft zu verwirklichen sucht. Vor allem drängte das Verhältnis zu Luther und zu den deutschen Protestanten zu einem Entscheid».
Beide Reformatoren waren bisher jeder seinen eigenen Weg gegangen. Trotz seiner grossen Bewunderung für den sächsischen Reformator hatte Zwingli stets darauf geachtet, seine Unabhängigkeit zu wahren. Einer wirklichen Verständigung stand auch das grundverschiedene Wesen beider Männer hindernd im Wege. Der in der Klostereinsamkeit herangereifte Luther war von mystischer, enthusiastischer und poetischer Gesinnung, sowie voller Respekt vor der einmal bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung, sodass ihm ein Eingreifen in die Politik durchaus widerstrebte.
Zwingli dagegen war als Sohn der Renaissance und ehemaliger Weltpriester, als welcher er mit dem Volk in beständigen engen Beziehungen gestanden hatte, von philosophischem und positivem Geist erfüllt und voller Eifer für sein Ideal eines einheitlichen christlichen Staatswesens, das er in seinem Vaterlande zu verwirklichen gedachte. Als nach dem Friedensschluss zwischen Karl V. und Franz I. und nach dem Abzug der Türken vor Wien sich die deutschen Protestanten bedroht fühlten, suchte der damalige Landgraf von Hessen eine Annäherung der beiden Häupter der evangelischen Bewegung zu stande zu bringen. Während sich Luther nur ungern zu einer persönlichen Zusammenkunft und Aussprache verstand, nahm Zwingli den Vorschlag mit Eifer an. Die Disputation von Marburg, an der sich auch Melanchthon, Oekolampad und Bucer beteiligten, nahm am ihren Anfang. Es entspann sich ein lebhafter
mehr
Meinungsaustausch, der aber zu keiner Verständigung führte. «Durch die rücksichtsvolle Nachgibigkeit der Schweizer und die Milde von Luthers Freunden kam man zwar in vierzehn Artikeln der christlichen Lehre zur Einigung. Aber in der Kardinalfrage, der Abendmahlslehre, scheiterte jede Uebereinkunft am Starrsinn Luthers». Von diesem Augenblick an suchte Zwingli in seiner Sorge um die Erhaltung des evangelischen Glaubens, den Triumph der Reformation durch Anbahnung und Abschluss von Bündnissen zu sichern. Auf seinen Antrieb schlossen mehrere deutsche Städte, vor allem Strassburg, mit Zürich, Basel und dem Landgrafen von Hessen eine Liga (den sog. «hessischen Verstand» 1530). Zwingli dachte sogar daran, Frankreich und Venedig, als politische Gegner des deutschen Kaisers, in den Bund miteinzuschliessen und sagte sich somit von dem Standpunkte los, den er 1521 seinen Mitbürgern selbst angeraten hatte.
Auf eine Einladung von Seiten ihres Landvogtes, eines Zürchers, hin beschloss die Mehrzahl der thurgauischen Kirchgemeinden die Abschaffung der Messe, welchem Beispiel das Toggenburg und die Landschaft St. Gallen sich anschlossen. Zürich und Glarus machten die Sache der äbtischen Untertanen, die zur Reformation übergetreten waren, zu der ihrigen. Die beiden Orte gaben den st. gallischen Stiftslanden eine neue weltliche Verfassung, verkauften das von Abt und Mönchen verlassene Kloster St. Gallen an die Stadt und hoben den katholischen Gottesdienst auf. Gegen dieses Verfahren, das auch von Bern missbilligt wurde, erhoben die fünf Orte, vor allem Luzern und Schwyz, Einsprache.
Die Spannung der Gemüter drängte zum Krieg. Zur gleichen Zeit wandten sich die rätischen Bünde, deren ennetbirgische Herrschaften (Chiavenna; Veltlin, Bormio) durch einen auf der Burg Musso über dem Comersee sitzenden Abenteurer, Johann Jakob Medici (in der Mailänder Mundart «Medeghino» geheissen), verwüstet wurden, um Hilfe an die ihnen verbündeten Eidgenossen, die, mit Ausnahme der fünf Orte, diesem Gesuche entsprachen und im Jahre 1532 das Schloss Musso zerstörten (Müsserkrieg).
Dass die Waldstätte ihren Zuzug zu diesem Unternehmen verweigert hatten, liess die Zürcher auf den Gedanken kommen, der ganze Kriegsfall sei vom Kaiser und Oesterreich angezettelt worden, «um die Aufmerksamkeit der protestantischen Städte vom Norden abzulenken.» In der Ueberzeugung, dass der reformierten Schweiz von dieser Seite Gefahr drohe, drängte Zwingli zum Ergreifen der Waffen. Eine im Mai 1531 in Aarau stattfindende Konferenz der Städte beschloss die Proviantsperre gegen die fünf Orte.
Die vom französischen Gesandten und den neutralen Orten gemachten Versuche zur Vermittlung blieben ohne Erfolg. Da besetzten am die Leute aus den Waldstätten, 2000 Mann stark, die freien Aemter, um die Vereinigung der Berner mit den Zürchern zu verhindern, während sie zugleich in Zug ein 8000 Mann starkes Heer sammelten. Die zürcherische Vorhut rückte gegen Kappel vor, wo bald auch das Hauptkorps zu ihr stiess. Am kam es zur Schlacht, in welcher die Zürcher, zwischen zwei Feuer genommen, der Uebermacht ihrer Gegner unterlagen.
Sie verloren mehr als 500 Mann, darunter 26 Ratsherren und verschiedene Geistliche. «Ganz besonders schwer wog ein Verlust: Zürich betrauerte den Tod seines Reformators.» Zwingli, der mit in die Schlacht gezogen war, erhielt in dem Augenblick die Todeswunde, als er eben einem Sterbenden beistand. Obwohl die Niedergeschlagenheit in Zürich gross war, liess sich die kühne Stadt doch nicht entmutigen. Mitte Oktober vereinigten sich die Berner mit den durch Zuzug ebenfalls verstärkten Zürchern, worauf das nun etwa 30000 Mann zählende Heer der Evangelischen die Katholiken zurücktrieb.
Schon am 23. Oktober erlitt aber ein evangelischer Heerhaufe von 4000 Mann am Gubel eine neue Niederlage. «Diese zweite Niederlage war für die Evangelischen weit schmachvoller als die erste. Sechshundert junge Männer hatten nicht weniger als viertausend geworfen, dank der Unachtsamkeit und Zuchtlosigkeit der Reformierten! Ein glücklicher Ausgang des Krieges war nun nicht mehr zu erwarten.» Die Folgen dieses unglückseligen Krieges waren für die