Schalambert
Dadaint
und Schalambert
Dadora
(Piz) (Kt. Graubünden,
Bez. Inn).
3034 und 2681 m. Der hintere und der vordere
Piz Schalambert
oder die
«Schellenberge» bilden die nach NW. gerichtete Gebirgskette zwischen
Val d'
Uina,
Val d'Assa, dem
Inn und dem Russenna- und Rassassergrat an der tirolischen Grenze. Mächtige, am N.- und W.-Fuss bewaldete Bergstöcke,
die besonders von
Crusch
(Sent) aus schön zu überblicken sind. Die weite Nische zwischen den beiden Gipfeln füllt zum Teil
der Felsrücken 2587 m der Karte aus.
Auf der
W.-Seite der Kette ziehen sich die wilden
Felsenthäler Glatschéra,
Torta und
Val da
Gliars zum Uinathal hinab; nach
S. (gegen
Uina Dadaint) und N. (die «Fuschna» zwischen den beiden Gipfeln nach
Val d'Assa hin) folgen riesige Schutthalden von 500-800 m Breite und über 1 km Längenausdehnung.
Der hintere Gipfel (Piz Schalambert Dadaint
) trägt einen kleinen
Gletscher, der über der berühmten intermittierenden Quelle
(Fontana Chi-staina) von
Val d'Assa liegt und den man z. B. von dem aus dem
Val d'Assa ö. vom
Munt
Spadla Bella auf den Russennagrat
führenden
Pfad her gut übersehen kann. Mit der Schmelzwirkung in diesem Gletscherchen steht offenbar
die intermittierende Quelle, deren Temperatur nur wenig über 2 °C beträgt und deren
Steigen im Bassin Dr. Tarnuzzer schon
in den Nachmittagstunden beobachtete, im engsten Zusammenhang.
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Die beiden Schalambert
sind zum grössten Teil aus Kalken und Dolomiten der Trias und Kalken und Schiefern des Jura aufgebaut;
ihre Grundlagen gegen den Inn und Val d'Uina hin bilden Verrucano und Gneis. Auf diesen letztern Gesteinen folgen hier alpiner
Muschelkalk, Arlberg- oder Wettersteindolomit, obere Rauhwacke (Raiblerschichten), Hauptdolomit, Steinsbergkalk (Rät
und Lias), dann in umgekehrter Schichtfolge Hauptdolomit und Raiblerschichten, sowie Arlberg- und Muschelkalk, welch' letzterer
die Spitze des Schalambert
Dadora bildet.
Grundplan des Baues ist eine grosse liegende Mulde mit eingefaltetem, doppelt gelagertem Steinsberg- oder Liaskalk, und ein
liegender Sattel, auf dem in der Höhe des Piz Schalambert Dadaint
der als zweite liegende Mulde aufgefaltete
Liaskalk mit Liasschiefern, Malm und Tithon folgt. Durch diese enorme Faltung erlangten die Schichten der Muschelkalk-Arlbergdolomitgruppe
eine bedeutende vertikale Ausdehnung. Die Steinsberg- oder Liaskalke und -breccien treten hier in einem zweiten Niveau auf.
Starke Zusammenstauchung, Auspressung und Verknetung der Schichten, Diskordanzen, Zerreissungen, Verschiebungen und Versenkungen
begleiten das ausserordentliche Mass der Faltung. Im O. aber folgt - vom Rassasser- und Russennagrat herbewegt - das krystalline
Grundgebirge als mächtige überschiebende Decke, unter deren Stirne die jüngeren Gesteine untertauchen. Der alpine Muschelkalk
(Virgloriakalk) liefert an Versteinerungen Terebrateln, Bivalven und Gastropoden, Krinoidenstiele und Diploporen; im Rät
und Liaskalk liegen massenhaft Pentakriniten, auch Belemniten; die Hornsteine des Tithon enthalten wie
diejenigen des Liaskalkes und des Malm zahllose Radiolarien, und am Piz Schalambert Dadaint
hat W. Schiller mit Funden von
Aptychen, Krinoiden und Belemniten die Zone des Aspidoceras acanthicum des Malm zum erstenmale festgestellt.
Die Wälder und Alpweiden auf der W.-Seite der S-chalambertgruppe gehören der Gemeinde Sent und diejenigen auf der O.- und NO.-Seite des Bergstockes zu Remüs. Beide Berge sind noch gute Gemsenreviere und werden von Jägern von Sur En und Remüs aus, oder auch vom Munt Schlingia und Munt Russenna her bestiegen. Touristen besuchen sie selten. Im O. führen die Mittlere und Innere Scharte (Fuorcla Radonda und Fuorcla Lunga, 2576 m) über die Grenze ins Rojenthal und nach der Reschen Scheideck hinunter. Vergl. Schiller, W. Geolog. Untersuchungen im östl. Unter Engadin (in den Berichten der naturwiss. Gesellschaft zu Freiburg i. B. 1904); Tarnuzzer. Ch. Beiträge zur Geologie des Unter Engadin (in den Beitr. zur geolog. Karte der Schweiz. 1906); Theobald, G. Geolog. Beschreibung der nördl. Gebirge von Graubünden. (Beitr. zur geolog. Karte der Schweiz. 2). Bern 1863.