Sarraz
(La) (Kt. Waadt,
Bez. Cossonay).
500 m. Gem. und
Flecken oder kleine Stadt, am linksseitigen Gehänge des
Thales der
Venoge und zwischen den
untersten Terrassen des Juravorlandes und dem SW.-Fuss des
Mauremont; 5 km n.
Cossonay, 18 km nw.
Lausanne und
7,4 km ssw.
Orbe.
Strassen nach
Lausanne,
Vallorbe,
Orbe,
Chavornay und
Yverdon,
L'Isle,
Mont la Ville und
Le Pont de
Joux. Station
der Linie
Lausanne-Pontarlier. Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen nach
Mont la Ville und
La Coudre.
Gemeinde, mit dem
Weiler
La Foule und verschiedenen Einzelsiedelungen: 104
Häuser, 930 reform. Ew.;
Flecken: 73
Häuser, 698 Ew.
Gemeinsame Pfarrei mit
Éclépens,
Orny,
Pompaples,
Ferreyres und
Villars-Lussery. Acker- und Weinbau. Mechanische Werkstätte,
Tuchdeckenfabrik, Gerberei. Sitz der Société électrique de
la Venoge, die dem
Flecken und Umgebung Kraft
und Licht liefert und deren Werk am rechten Ufer der
Venoge auf Gebiet der Gemeinde
Chevilly steht. Herstellung von
Käse («Sarrazin»
genannt). Die Kirche stammt aus 1838; sie ist in einfachem Stil gehalten und steht an der Stelle eines ältern Gotteshauses,
das der h.
Maria geweiht war und aus dem Ende des 14. Jahrhunderts datierte.
Am N.-Ende des Fleckens steht auf einem Felsen über dem Thälchen der Ermitage, durch welches der den Nozon mit der Venoge verbindende Kanal zieht, ein altes Schloss, dessen Türme von weither sichtbar sind. Gegen N. wird der Schlosshügel vom Mauremont durch einen Engpass getrennt, den die Strasse und die Bahnlinie Lausanne-Pontarlier durchziehen. Das von Terrassenbauten umrahmte Schloss hat sich seinen altertümlichen Charakter bis auf heute noch wohl bewahrt und besitzt einen schönen Rittersaal mit gotischen Fensterscheiben, Wappenschilden, Porträten und einem bemerkenswerten Kamin.
Neben der Pfarrkirche steht die bis in die jüngste Zeit zum Schloss gehörende alte St. Antonskapelle, die kürzlich restauriert und vom Eigentümer des Schlosses der Gemeinde La Sarraz geschenkt worden ist. 1835 entdeckte man in dieser Kapelle ein interessantes Mausoleum mit mehreren Statuen, die man als die der einstigen Herren des Ortes ansieht. Die Hauptfigur bildet ein liegender und mit Reptilien bedeckter Ritter, den man mit Franz von La Sarraz († 1363) identifiziert hat.
Das ganze Grabdenkmal ist eine zeitlang im Schloss aufbewahrt, dann restauriert und wieder in der Kapelle aufgestellt worden. Freikirchliche (evangelische) Kapelle. S. vom Flecken führt die Strasse nach Lausanne mit einer aus 1759 stammenden Steinbrücke über die Venoge. Für die Strassen nach L'Isle und Mont la Ville ist 1887 eine hohe Eisenbrücke über das Tobel ö. vom Flecken gebaut worden. 1,5 km wsw. La Sarraz befindet sich die sog. Tine de Conflans, d. h. das Tobel, in dem sich der Nozon und die Venoge vereinigen, welche beiden kleinen Flüsse bei La Sarraz durch einen Fabrikkanal miteinander verbunden worden sind. (Vergl. den Art. Nozon).
Der Ursprung des Fleckens La Sarraz ist offenbar an sein Schloss geknüpft, das sehr wahrscheinlich von dem um die Mitte des 11. Jahrhunderts lebenden Adalbert II. von Grandson erstellt worden ist. Um 1234 ging es an die ältere Linie der Herren von Grandson über, die sich nun den Namen der Herren von La Sarraz beilegten. Diese spielten in der Geschichte des Waadtlandes eine grosse Rolle und nahmen auch an verschiedenen Kreuzzügen teil. Das für die damalige Zeit eine starke Veste bildende Schloss war mit einer Ringmauer umgeben, deren Eingang zwei Türme schützten.
Deren einer ist heute verschwunden; er diente als Wohnturm, war sehr hoch und bot einen umfassenden Ausblick auf das umliegende Gelände. Der ö. und s. unter dem Schloss sich ansiedelnde Flecken La Sarraz war zuerst ein offener Platz und wurde dann um die Mitte des 12. Jahrhunderts mit Mauern umgeben. Die Eidgenossen eroberten das Schloss 1475, plünderten es und steckten es in Brand, während sie den Flecken selbst verschonten. Bartholomäus II. von La Sarraz baute dann das Schloss neu auf und vergabte es zusammen mit der ganzen Herrschaft 1505 an Jacques de Gingins, Herrn von Le Châtelard.
Als nun aber eine Schwester von Bartholomäus, die mit einem in der Franche Comté sitzenden Adeligen Michel Mangerod verheiratet war, ein ebenfalls aus 1505 datiertes Testament ihres Bruders zu Gunsten ihres Sohnes Michel geltend zu machen suchte, entspann sich ein grosser Streit zwischen den Erben, der durch ein von Abgeordneten der eidgenössischen Orte beschicktes Schiedsgericht 1512 dahin erledigt wurde, dass die Herrschaft dem jungen Michel Mangerod zufallen solle, der aber die Brüder Jacques und François de Gingins mit einer entsprechenden Summe für ihre Ansprüche entschädigen musste.
Dieser Mangerod war ein tapferer Herr und wurde in der Folge savoyischer Kammerherr. Als er 1536 zur Verteidigung von Yverdon gegen die heranrückende bernische Armee geeilt war, wurde sein Schloss La Sarraz von den Bernern neuerdings genommen und zum Teil in Asche gelegt, während der wenig zahlreichen Besatzung das Leben geschenkt und der Flecken wiederum verschont blieb. Dem Michel Mangerod selbst gelang es, aus dem belagerten Yverdon zu entkommen und sich nach Burgund zu flüchten, wo er 1541 starb, ohne seine Herrschaft wieder betreten zu haben.
Dagegen erhielt seine Gemahlin Clauda de Gilliers 1536 die Nutzniessung der
Herrschaft
La Sarraz. Witwe geworden, heiratete
sie den François de
Gingins, Herrn von
Le Châtelard und
Divonne, dessen Geschlecht die
Herrschaft
La Sarraz
nun bis 1798 gehörte. Seither ist dann das
Schloss bis auf den heutigen Tag Eigentum der de
Gingins und ihrer Nachkommen geblieben,
die verschiedene bemerkenswerte Männer hervorgebracht haben. Friedrich von
Gingins († 1863) war ein ausgezeichneter Geschichtsforscher
und begann mit der Restauration des
Schlosses, die zugleich mit derjenigen der
Kapelle von seinem Neffen,
Oberst Aymon de
Gingins-La Sarraz
(† 1893) vollendet wurde.
Dieser war der letzte männliche Spross seines Geschlechtes. 1902 kam das Schloss durch Erbschaft in den Besitz der Familie de Mandrot, der es heute noch gehört. Der Flecken hatte während des Mittelalters mancherlei Ungemach zu erdulden und wurde 1745 von einer grossen Feuersbrunst heimgesucht, der 36 Firsten zum Opfer fielen. S. von La Sarraz hat man auf einem Acker antike Schwerter und Vasen aufgedeckt, und in einem Steinbruch am Mauremont sind mehrere Bronzemünzen aus der römischen Kaiserzeit zum Vorschein gekommen, die sich heute im kantonalen Museum zu Lausanne befinden.
Refugium auf dem Châtelard;
Römersiedelung und römische Gräber und Inschriften. 1158 Sarata;
1186: Sarrata;
1250: la Sarrée. Der Name wird von serratus hergeleitet und soll sich auf den «Engpass» n. vom Flecken beziehen.
Das heute von einem vom Nozon abgeleiteten Fabrikkanal durchzogene Thälchen der Ermitage ist wahrscheinlich von dem einst hier durchfliessenden Nozon ausgewaschen und dann durch die Tätigkeit der diluvialen Gletscher noch weiter ausgearbeitet worden, während der Engpass zwischen dem aus oberem Urgonkalk bestehenden Schlosshügel und dem gelben ¶
mehr
Hauteriviengestein des Mauremont seine Entstehung einem deutlichen Bruch verdankt, längs dem der Schlosshügel abgesunken ist. La Sarraz ist der Hauptort des gleichnamigen Kreises im N. und Zentrum des Bezirkes, der die Gemeinden La Sarraz, Chevilly, Dizy, Éclépens, Ferreyres, Lussery, Moiry, Orny, Pompaples und Villars-Lussery umfasst und zusammen 3125 Ew. zählt. Vergl. Ogiz, J. Histoire de La Sarraz. Cossonay 1899.