Titel
Ruge
,
1) Arnold, Schriftsteller, geb. zu Bergen [* 2] auf der Insel Rügen, studierte in Jena [* 3] und Halle [* 4] 1821-24 hauptsächlich Philosophie und nahm auf beiden Universitäten lebhaften Anteil an der Burschenschaft, wofür er einjährige Haft in Köpenick und fünfjährige auf der Festung [* 5] Kolberg [* 6] zu bestehen hatte. Während dieser Zeit studierte er eifrig die alten Klassiker, übersetzte den Theokrit, Äschylos und Sophokles metrisch und machte ästhetische Studien nach Jean Paul und den englischen Humoristen.
Nach seiner
Freilassung 1830 erhielt er eine Lehrerstelle am
Pädagogium zu
Halle, und zwei Jahre später habilitierte er sich
als
Privatdozent an der dortigen
Universität. Nachdem er sich bereits (namentlich durch die
»Platonische
Ästhetik«,
Halle 1832) litterarisch bekannt gemacht, begründete er 1837 mit
Echtermeyer die »Halleschen
Jahrbücher für
Kunst
und
Wissenschaft«, die bald das damals bedeutendste kritische
Organ wurden. Als dieselben wegen ihrer politisch-liberalen
Richtung
unter preußische
Zensur gestellt werden sollten, verließ Ruge
Halle und siedelte 1841 mit seiner
Zeitschrift,
die er nun »Deutsche
[* 7]
Jahrbücher« nannte, nach
Dresden
[* 8] über.
Das
Ministerium
Falkenstein entzog jedoch der
Zeitschrift alsbald die
Konzession, und Ruge
lebte hierauf mehrere Jahre in
Paris
[* 9] und in der
Schweiz
[* 10] und gründete sodann zu
Leipzig
[* 11] unter der
Firma »Verlagsbüreau« ein buchhändlerisches
Geschäft, aus
dem unter seiner Redaktion unter anderm
»Politische
Bilder aus der Zeit« (Leipz. 1848, 2
Tle.),
»Poetische
Bilder aus der Zeit«
(das. 1848, 2 Bde.) und »Die
Akademie, ein philosophisches Taschenbuch« (das. 1847-48) mit Beiträgen von Seeger,
Gerstäcker,
Freytag,
Hebbel,
Fröbel,
Hartmann u. a. hervorgingen. Auch besorgte er eine
Ausgabe seiner »Gesammelten
Schriften« (Mannh. 1846-48, 10 Bde.).
Nach
Ausbruch der
Bewegung von 1848 gab Ruge
zuerst in
Leipzig, dann in
Berlin
[* 12] eine demokratische
Zeitung: »Die
Reform«, heraus und
wurde von
Breslau
[* 13] in das
Frankfurter
Parlament gewählt, wo er seinen Platz auf der äußersten
Linken nahm, sich aber bald als
unpraktischen
Doktrinär bekundete. Verstimmt begab er sich auf
Reisen u. ward infolgedessen von der
Nationalversammlung
als ausgeschieden erklärt. Um dieselbe Zeit (Okt. 1848) wohnte er dem Demokratenkongreß in
Berlin bei, um seine
»Reform«
zum
Organ der
Demokratie erheben zu lassen.
Der eintretende
Belagerungszustand hatte aber das Verbot dieser
Zeitung zur unmittelbaren
Folge, und Ruge
mußte die
Stadt verlassen. Er kehrte nach
Leipzig zurück, beteiligte sich dann an den Maiereignissen und mußte 1850 nach
England flüchten,
wo er mit
Mazzini,
Ledru-Rollin u. a. zu einem europäisch-propagandistischen
Komitee zusammentrat.
Später nahm er seinen
Wohnsitz
in
Brighton, von wo aus er sich 1866 schon vor dem
Krieg in
Briefen an deutsche
Zeitungen für die auswärtige
Politik
Bismarcks erklärte. 1877 wurde ihm in
Anerkennung seines litterarischen Wirkens für die deutsche
Einheit ein Ehrengehalt
von 3000 Mk. jährlich aus Reichsmitteln bewilligt. Ruge
starb in
Brighton.
Von
Ruges
Schriften erwähnen wir: »Schill und die
Seinen«,
Trauerspiel (Strals. 1830);
»Der Novellist« (das. 1839);
»Zwei Jahre in Paris« (Leipz. 1846, 2 Bde.);
»Novellen aus Frankreich und der Schweiz« (das. 1848);
»Unser System« (das. 1850);
»Revolutionsnovellen« (das. 1850);
»Die Loge des Humanismus« (das. 1851);
»Die neue Welt«, Trauerspiel (das. 1856);
»Aus früherer Zeit« (Berl. 1863-67, 4 Bde.),
eine Autobiographie mit zum Teil vortrefflichen Episoden;
»Zwei Doppelromane in dramatischer Form« (das. 1865);
»Manifest an die deutsche Nation« (2. Aufl., Hamb. 1866);
»Aufruf zur Einheit« (Berl. 1866);
»Der Krieg« (das. 1867);
»Bianca della
Rocca«, historische
Erzählung aus dem heutigen
Rom
[* 14] (unter dem
Namen Ruge
Durangelo, das. 1869);
»Acht Reden über Religion« (das. 1869; neue Ausg., das. 1875) und »Geschichte unsrer Zeit seit den Freiheitskriegen« (Leipz. 1881).
Auch hat sich Ruge
durch Übersetzung der »Juniusbriefe«
(3. Aufl., Leipz. 1867),
von Garridos »Das heutige Spanien« [* 15] (neue Ausg., das. 1867),
Buckles »Geschichte der Zivilisation« (5. Aufl., das. 1874),
H. Bulwers »Lord Palmerston« (Berl. 1871) u. a. verdient gemacht. Seinen »Briefwechsel und Tagebuchblätter aus den Jahren 1825-1880« gab Nerrlich heraus (Berl. 1885-86, 2 Bde.).
2) Sophus, Geograph, geb. zu Dorum (Hannover), [* 16] studierte in Göttingen [* 17] und Halle, habilitierte sich 1872 als Dozent am Polytechnikum in Dresden und ist jetzt Professor der Geographie und Ethnographie [* 18] daselbst. Außer geographischen Lehrbüchern schrieb er: »Geschichte des Zeitalters der Entdeckungen« (Berl. 1881-83),
»Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte der Erdkunde« [* 19] (Dresd. 1888) und gab die 2. Auflage von Peschels »Geschichte der Erdkunde« (Münch. 1878) sowie eine Neubearbeitung von Ungewitters »Erdbeschreibung« (6. Aufl., Dresd. 1887 ff.) heraus.