(Cirrus), fadenförmiges einfaches oder verzweigtes Organ an den oberirdischen Teilen der stammbildenden Pflanzen,
welches benachbarte Gegenstände spiralig umschlingt und so die Pflanze an ihren Umgebungen befestigt, bisweilen auch unterhalb
der befestigten Stelle sich spiralförmig zusammenrollt und dadurch die Pflanze näher an die Stütze heranzieht. Die ist ein
umgewandelter Zweig, Blatt oder Blattteil und hat daher stets die regelmäßige Stellung, welche diesen Teilen eigen ist. Zu
den erstern (Stengelranken) gehört die Ranke des Weinstocks, desgleichen die von Passiflora, während die
Ranken der Kukurbitaceen als umgewandelt Vorblätter zu deuten sind. Blattranken finden sich bei vielen Papilionaceen, wo entweder
nur die Spitze des gefiederten Blattes rankenförmig wird, oder, wenn die Fiederblättchen fehlschlagen, das ganze Blatt auf
eine Ranke reduziert ist. Als umgewandelte Nebenblätter treten die Ranken auf bei Smilax. Pflanzen mit Ranken
werden kletternde genannt. Über die Bewegungen der s. Pflanzenbewegungen.
1) Leopold von, ausgezeichneter Geschichtschreiber, geb. zu Wiehe in Thüringen, wurde in Schulpforta
erzogen, studierte zu Halle und Berlin Theologie und Philologie und bekleidete seit 1818 die Stelle eines Oberlehrers am Gymnasium
zu Frankfurt a. O., widmete sich aber schon damals auch geschichtlichen
Studien und bewirkte sogleich durch die ersten Früchte derselben, die »Geschichten der romanischen und germanischen Völker
von 1494 bis 1535« (Bd. 1, Berl.
1824) und die dazu gehörige Schrift »Zur Kritik neuerer Geschichtschreiber« (das. 1824; von beiden 3. Aufl.,
Leipz. 1885), 1825
die Berufung als Professor der Geschichte an die Universität Berlin. 1827 sandte ihn
die Regierung nach Wien, Venedig, Rom und Florenz, um in den dortigen Archiven nach historischem Material zu suchen.
Auf dieser vierjährigen Reise entdeckte er die von ihm erfolgreich verwerteten venezianischen Gesandtschaftsberichte. Die
Resultate seiner Forschungen legte Ranke nieder in den Werken: »Fürsten und Völker von Südeuropa im 16. und 17. Jahrhundert«
(1. Bd.: »Die Osmanen und die spanische Monarchie«, Hamb. 1827, 4. Aufl. 1877);
»Die serbische Revolution« (das. 1829; 3. Aufl.
u. d. T.: »Serbien und die Türkei im 19. Jahrhundert«, Leipz. 1879);
»Über die Verschwörung gegen Venedig 1618«
(Hamb. 1831) und »Vorlesungen zur Geschichte der italienischen
Poesie« (das. 1837).
In seiner damals begonnenen »Historisch-politischen Zeitschrift« (Bd. 1, Hamb.
1832; Bd. 2, Berl. 1833-36) suchte
er durch ein auf Einsicht in die geschichtlichen Vorbedingungen des Staatslebens gebautes Programm den Liberalismus zu bekämpfen.
Großen Beifall fand das erste seiner Hauptwerke, zugleich Fortsetzung der »Fürsten und Völker«: »Die
römischen Päpste, ihre Kirche und ihr Staat im 16. und 17. Jahrhundert« (Berl. 1834-36, 3 Bde.; 8. Aufl.
1885). Die andre Seite des europäischen Lebens im 16. und 17. Jahrh., die Gründung des Protestantismus, behandelte er in seinem
zweiten Hauptwerk, der »Deutschen Geschichte im Zeitalter der Reformation« (Berl. 1839 bis 1840, Bd.
1-3; 6. Aufl., Leipz. 1880, 6 Bde.). 1841 zum
Historiographen des preußischen Staats ernannt, schrieb er »Neun Bücher preußischer Geschichten« (Berl. 1847-48, 3 Bde.;
neue Ausg. als »Zwölf Bücher preußischer Geschichte«, Leipz. 1874, 5 Bde.).
Er wandte sich darauf der französischen und englischen Geschichte zu und lieferte die »Französische
Geschichte, vornehmlich im 16. und 17. Jahrhundert« (Stuttg. 1852-61, 5 Bde.; 3. Aufl.
1877-79) und »Englische Geschichte, vornehmlich im 17. Jahrhundert« (Berl. 1859 ff., 9 Bde.; 4. u. 3. Aufl.
1877-79),
bei welcher er ebenfalls neueröffnete Quellen benutzte. Ferner erschienen: »Geschichte Wallensteins«
(4. Aufl., Leipz. 1880);
»Zur deutschen Geschichte. Vom Religionsfrieden bis zum Dreißigjährigen Krieg« (das. 1869, 3. Aufl.
1888);
»Der Ursprung des Siebenjährigen Kriegs« (2. Aufl., das. 1874);
»Die deutschen Mächte und der Fürstenbund« (das.
1871, 2 Bde.; 2. Aufl. 1876);
»Abhandlungen und Versuche« (das. 1872, 2. Aufl. 1878; neue Sammlung
1888);
»Aus dem Briefwechsel Friedrich Wilhelms IV. mit Bunsen« (das. 1873, 2. Aufl. 1874);
»Ursprung und Beginn der Revolutionskriege 1791 und
1792« (das. 1875, 2. Aufl. 1879);
»Zur Geschichte von Österreich und Preußen zwischen den Friedensschlüssen zu Aachen und
Hubertsburg« (das. 1876);
»Denkwürdigkeiten des Staatskanzlers Fürsten von Hardenberg« (das. 1877-78, 5 Bde.),
woraus als Auszug erschien: »Hardenberg und die Geschichte des preußischen Staats von 1793 bis 1813« (das. 1880-81, 2 Bde.);
ferner: »Friedrich d. Gr.; Friedrich Wilhelm IV. Zwei Biographien« (das. 1878);
»Historisch-biographische Studien« (das. 1878);
»Zur venezianischen Geschichte« (das. 1878);
»Weltgeschichte« (das. 1881-88, 9 Bde.);
»Zur Geschichte Deutschlands und Frankreichs im 19. Jahrhundert« (hrsg. von A. Dove, das. 1887).
Eine Gesamtausgabe
seiner Werke erschien seit 1868 zu Leipzig in 47 Bänden. Rankes akademische Wirksamkeit (bis 1872), die außer seinen Vorlesungen
auch in historischen Übungen bestand, welche er mit den Studierenden anstellte, war eine höchst anregende und fruchtbringende.
Aus
mehr
diesen Übungen ging die Rankesche Schule hervor, welcher die bedeutendsten Historiker der Gegenwart angehörten. Die von ihm
begründeten »Jahrbücher des Deutschen Reichs unter dem sächsischen Haus« (Bd. 1-3, Abt. 1, Berl. 1837-40) enthielten Arbeiten
seiner Schüler. Am ward er in den Adelstand erhoben und nach Böckhs Tod 1867 Kanzler des Ordens
pour le mérite. Bei der Feier seines 50 und 60jährigen Doktorjubiläums und 1877) ward er von der deutschen
Geschichtswissenschaft als ihr Altmeister verehrt und 1882 zum Wirklichen Geheimrat mit dem Prädikat »Exzellenz« ernannt.
Nachdem er seinen 90. Geburtstag gefeiert, starb er in Berlin. Als Geschichtschreiber
nimmt Ranke unzweifelhaft die erste Stelle in Deutschland ein. Er besaß einen seltenen Fleiß und Scharfsinn im Auffinden von
Quellen und Urkunden sowie im Sichten des von ihnen dargebotenen Materials und methodische Kritik, und sein Sinn für die konkreten
Erscheinungen des Lebens, sein zugleich scharfer und tiefer psychologischer Blick, sein fein gebildeter,
ästhetischer Sinn geben seinen Darstellungen eine plastische Form von hoher Vollendung. Sein Stil ist mitunter manieriert, selten
schwungvoll; aber stets geistvoll und beziehungsreich. Ferner sind seine Werke ausgezeichnet durch ihren weiten Gesichtskreis,
der die Geschichte der einzelnen Staaten und Völker immer im Zusammenhang der ganzen Weltgeschichte auffaßt
und würdigt.
Vgl. Winckler, Leopold v. Ranke Lichtstrahlen aus seinen Werken (Berl. 1885);
v. Giesebrecht, Gedächtnisrede auf
Leop. v. Ranke (Münch. 1887).
2) Friedrich Heinrich, evangel. Theolog, Bruder des vorigen, geb. zu Wiehe in Thüringen, war zuerst Prediger in Rückersdorf
bei Nürnberg, dann Dekan und gräflich Giechscher Konsistorialrat zu Thurnau, ward 1840 ordentlicher Professor der Dogmatik zu
Erlangen, 1841 Konsistorialrat zuerst in Baireuth, 1845 in Ansbach, 1866 Oberkonsistorialrat in München, wo er starb.
Er gab außer mehreren Predigtsammlungen und andern Erbauungsschriften »Untersuchungen
über den Pentateuch« (Erlang. 1834-40, 2 Bde.) heraus.
Vgl. Rankes »Jugenderinnerungen mit Blicken auf
das spätere Leben« (Stuttg. 1876, 2. Aufl. 1886).
3) Karl Ferdinand, Pädagog und Philolog, Bruder der vorigen, geb. studierte in Halle, ward Kollaborator, dann Konrektor,
später Direktor des Gymnasiums zu Quedlinburg, 1837 als Direktor des pädagogischen Seminars und Professor
der alten Litteratur nach Göttingen berufen und ging von hier 1842 als Direktor der vereinigten Anstalten des Friedrich Wilhelms-Gymnasiums,
der Friedrich Wilhelms-Realschule und der Elisabethschule nach Berlin, wo er starb. Unter seinen philologischen Arbeiten
sind zu nennen: »De Hesiodi operibus et diebus« (Götting. 1838);
»De lexici Hesychiani vera origine et
genuina forma« (Quedlinb. 1831);
»Pollux et Lucianus« (das. 1831) und besonders seine Schrift »De Aristophanis vita« (Leipz.
1845).
Auch hat er einige Schriftchen über die Geschichte Quedlinburgs, Biographien der Philologen Otfr. Müller (Berl. 1870)
und August Meineke (Leipz. 1871) sowie schließlich »Rückerinnerungen
an Schulpforte 1814-1821« (Halle 1874) veröffentlicht.
4) Ernst, evangel. Theolog, Bruder der vorigen, geb. zu Wiehe in Thüringen, ward 1840 Pfarrer zu Buchau und 1850 Professor, 1851 Doktor
der Theologie zu Marburg; starb Er schrieb: »Das kirchliche Perikopensystem« (Berl. 1847),
»Kritische Zusammenstellung der
innerhalb der evangelischen Kirche Deutschlands eingeführten neuen Perikopenkreise«
(das. 1850) u. a. und hat sich seither durch seine der Itala (s. Bibel, S. 882) zugewandten Studien bekannt gemacht. Als Dichter
trat er auf mit einer metrischen Übersetzung des Buches Tobias (Bayr. 1847),
»Lieder aus großer Zeit« (Marb. 1871, 2. Aufl.
1875),
»Die Schlacht im Teutoburger Walde« (das. 1875),
»Rhythmica« (Wien 1881) u. a.
5) Johannes, Physiolog und Anthropolog, Sohn von Ranke 2), geb. zu Thurgau,
studierte
in München, Berlin und Paris, habilitierte sich 1861 in München für Physiologie und erhielt 1869 die Professur daselbst. 1886 wurde
er zum ordentlichen Professor der Anthropologie, als erster Professor dieses Faches in Deutschland, ernannt.
Er schrieb: »Tetanus« (Leipz. 1865, 2. Bd.
1871);
»Grundzüge der Physiologie« (4. Aufl., das. 1881);
»Die Lebensbedingungen der Nerven« (das. 1868);
»Die Ernährung des
Menschen« (Münch. 1876);
»Das Blut« (das. 1878);
»Beiträge zur physischen Anthropologie der Bayern« (das. 1883);
Auch redigiert er das »Archiv für Anthropologie«, die »Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns« und als Generalsekretär
der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft das »Korrespondenzblatt« der letztern.
Aus seinem Nachlaß erschienen eine neue Folge der »Abhandlungen und Versuche« (hrsg. von
Dove und Wiedemann, Leipz. 1888) und »Zur eignen Lebensgeschichte«
(hrsg. von Dove, das. 1890).