Rondchâtel
(Kt. Bern, Amtsbez. Courtelary, Gem. Péry). 595 m. Fabrikanlagen im Durchbruchsthal der Schüss, zum Teil auf einer Anhöhe rechts über dem Fluss und zum andern Teil am Boden der Klus selbst stehend; nahe dem Eingang in die Taubenlochschlucht, 2 km s. der Station La Reuchenette der Linie Biel-Delsberg-Basel und 5,5 km nnö. ¶
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vom Bahnhof Biel. Telephon. 9 Häuser, 104 reform. Ew. Kirchgemeinde Péry. Anschlussgeleise an die Station La Reuchenette. Zement- und Kalkfabriken, Holzstofffabrik (Filiale der Papierfabrik Biberist) und Elektrizitätswerk, das die 35 km entfernte Papierfabrik Biberist mit einer Kraft von 250-300 PS versorgt. Die Zementwerke benutzen die Argovienmergel (Saint Sulpice Schichten) am SO.-Fuss des Gewölbes von Plagne (Basse Montagne), in die ein Stollennetz hineingetrieben worden ist, und die an der jenseitigen Abdachung der von der Schüss durchschnittenen Kette auch von den Werken von La Reuchenette abgebaut werden. Es zeigt sich hier ein schönes Beispiel einer epigenetischen Laufverschiebung der Schüss infolge Auffüllung des alten Flussbettes mit Glazialschutt und Sturzschutt.
Vor der Eiszeit floss die Schüss genau unter der Stelle durch, wo heute die Holzstofffabrik steht. Als dann dieses ursprüngliche
Thal durch eine Moräne zugedeckt wurde, auf die nachher noch beträchtliche Bergstürze niedergegangen sind, musste sich
die Schüss neben diesem Hindernis einen neuen Weg suchen. Sie bildet nun an der Stelle, wo sie wieder
auf ihr altes Bett einmündet, einen schönen Wasserfall. Auf einer Anhöhe stehen die Reste der alten Burg Rondchâtel
, über
deren Entstehung die Urkunden schweigen.
Sie gehörte zuerst den Edeln von Biel und kam dann an die Edeln Seen aus Münzingen, die dem Bistum Basel
einen
Bischof (Johann II. Seen 1335) und der Stadt Biel einen Bürgermeister (Ritter Konrad Seen 1344) gaben und sich den Namen von
Rondchâtel
beilegten. Nach ihrem Aussterben im 14. Jahrhundert erwarben die Edeln von Nant aus der Freigrafschaft die Burg.
Jean de Nant, Neffe des Fürsten Jean de Vienne, schlug anlässlich des Streites um den Besitz der Grafschaft
Nidau gegen Ende des 14. Jahrhunderts bei Schwadernau die Truppen der Grafen von Kiburg und von Thierstein. 1393 erbten die Burg
die Herren von Orsan, die Sie bis 1767 besassen, worauf Burg und Herrschaft vom Fürstbischof von Basel
dem Nikolaus
Heilmann aus Biel zu Lehen gegeben wurden. An die Burg knüpft sich die Sage vom Raubritter Enguerrand de Rondchâtel
, der sie
nach den Kreuzzügen bewohnt haben und sich durch seine Grausamkeit besonders ausgezeichnet haben soll.
Zusammen mit seinen aus dem Orient mitgebrachten sarazenischen Dienern überfiel er nachts alle Dörfer und Gehöfte dieser Gegend, plünderte sie, brannte sie nieder und schändete Frauen und Jungfrauen. Eines Tages schlug er einen mit seiner Braut aus Vauffelin heimkehrenden jungen Mann aus Bözingen, namens Gautier, nieder und wollte sich eben des Mädchens bemächtigen, als sich dieses in die Schüssschlucht stürzte, aus der dann seine Seele in Gestalt einer Taube zum Himmel aufflog. Seit dieser Zeit heisst die Schlucht das «Taubenloch» (diese reine Volksetymologie ist natürlich wissenschaftlich gänzlich unhaltbar). Nun aber hätten sich die in Wut versetzten Bauern erhoben, den Ritter und seine Genossen erschlagen und seine Raubburg zerstört.