[* 2]
(Roma),
[* 3] Hauptstadt des röm. Weltreichs (s.
Römisches Reich), in der
LandschaftLatium am
Tiber unterhalb der Einmündung
des
Anio gelegen, da, wo die Schiffbarkeit des
Stroms beginnt und das
Thal
[* 4] desselben in seinem Unterlauf am meisten von
Hügeln
eingeengt wird (s. den
Plan, S. 898). Die Ortslage
war in den tiefer gelegenen Teilen sumpfig, den
Überschwemmungen
des
Tiber ausgesetzt und daher ziemlich ungesund. Die ältesten
Erinnerungen städtischen Anbaues knüpfen sich an den isolierten
Palatinischen
Berg, die sogen.
Roma quadrata, welche mit ihren drei
Thoren als
Gründung des
Romulus galt.
Die
Tradition läßt Rom unter der Königsherrschaft dann in folgender
Weise sich vergrößern. Zur
Roma
quadrata kam zunächst die folgenreiche Ansiedelung der
Sabiner unter
TitusTatius auf dem
Mons
[* 5]
Capitolinus und der Südspitze
des
Collis Quirinalis, das sogen. Capitolium Vetus, hinzu. Auch die nordöstlich an den
MonsPalatinus stoßende Anhöhe Velia
ward frühzeitig mit Heiligtümern und Ansiedelungen besetzt; ebenfalls schon in alter Zeit ward ferner
der
Cälius mit etruskischen Geschlechtern unter
Cäles Vibenna bevölkert.
Der
Aventinus ward unter
Ancus Marcius von latinischen Städtegemeinden kolonisiert; dieser König überbrückte auch den
Tiber
und befestigte jenseit desselben den
Janiculus.
Tarquinius Priscus, etruskischem Vorbild folgend, ließ durch seinen großartigen
Kloakenbau die sumpfigen Gegenden zwischen dem
Palatinus und dem
Kapitol trocken legen und anbauen;
Servius Tullius
erweiterte die Stadt durch Hereinziehung des
Viminalis und Quirinalis und umgab alle bis dahin angebauten
Hügel und Stadtteile
links des
Tiber durch eine zusammenhängende
Mauer
(Agger Servii Tullii), von welcher noch ansehnliche Reste erhalten sind.
Ihre Bedeutung als Stadtbegrenzung verlor diese Servianische
Mauer nach dem Hannibalschen
Krieg.
Schon in der
republikanischen Zeit wurde sie vielfach verbaut; doch können wir ihren Zug
und
Umfang aus den Resten und der bekannten
Lage der
Hauptthore (im ganzen 16-18) noch bestimmen. Die frequentesten
Thore, in welche die begangensten Landstraßen einmündeten,
waren: die
PortaCarmentalis, gleich unter dem
Kapitol an dem Abhang, der zum
Tiber hinabführt, der Haupteingang
zum
Marsfeld;
die
Porta Esquilina und die
Porta Collina, beide an der östlichen
Seite der Stadt.
Der letzte römische König hatte die unter seinen Vorgängern begonnenen Bauten, insbesondere den
kapitolinischen
Tempel,
[* 6] vollendet und die Stadt dadurch ihren Einigungspunkt in religiöser und sakraler Hinsicht erhalten. Die erste
feste
Einteilung des gesamten Stadtgebiets in vier
Regionen zu administrativen
Zwecken rührt derSage nach
von
Servius Tullius her und blieb bis zur neuen
Organisation des gesamten städtischen
Wesens durch
Augustus in Geltung. Nach
den neuesten Forschungen nahm indessen die
Entwickelung Roms folgenden Verlauf. Zu der ältesten, der Palatinischen Stadt
wurden zunächst der Cermalus (südwestlicher Abhang des
Palatin), die Velia, der Oppius und Cispius und
zwei
Thäler, Fagutal (zwischen Oppius und Cispius) und
Subura (zwischen Velia und
Viminalis), gezogen, und so entstand das
Septimontium, die Siebenhügelstadt (was nicht in dem bekannten spätern
Sinn zu verstehen ist).
Die nächste
Phase ist die Vierregionenstadt, welche durch Einbeziehung des
Cälius, Quirinalis,
Viminalis und des Kapitolium
entstand und in vier
Regionen (1.
Cälius und
Subura; 2. Oppius, Cispius und Fagutal; 3.
Viminalis und Quirinalis; 4.
Palatinus,
Velia und Cermalus; außerdem das
Kapitol mit den allen vier gemeinsamen Heiligtümern und der
Burg) zerfiel. Daraus entwickelte
sich schließlich das Servianische Rom, die Stadt der republikanischen Zeit, zu welcher noch ein
Teil des Quirinalisrückens, der
Aventinus und das Tiberufer nördlich von letzterm gezogen wurde.
Durch den
Einfall der
Gallier ward die Stadt 390
v. Chr. fast ganz in
Asche gelegt, ihr Wiederaufbau aber geschah in sehr eiliger,
planloser
Weise. Im J. 443 war das öffentliche Bauwesen und die städtische
Polizei derAufsicht der
Zensoren
unterstellt worden; aber erst der
ZensorAppiusClaudius Cäcus (312) schritt zu bedeutendern
Unternehmungen behufs gemeinnütziger
Zwecke. Von ihm rühren z. B. die
Via Appia,
Aqua Appia u. a. her. Vorstädte außerhalb der
Mauern entstanden erst, als wegen
der Ausbreitung der
Grenzen
[* 7] des
Reichs kein feindlicher
Angriff auf die Stadt selbst mehr zu befürchten
war.
Der
Richtung auf das Nützliche, welche das römische Bauwesen auch in der spätern Zeit unter den
Kaisern eingehalten hat,
verdanken die
Basiliken am
Forum,
[* 8] viele
Tempel, Marktplätze,
Brücken,
[* 9]
Aquädukte etc. ihre Entstehung. Die reiche
Nobilität
steuerte freigebig zur Aufführung öffentlicher Gebäude,
Denkmäler,
Hallen,
Bogen
[* 10] und
Tempel bei, und
ihr verdankt vornehmlich die griechische
Architektur ihre
Aufnahme in der Stadt. So ward das äußere Ansehen derselben ein
immer stattlicheres und prächtigeres. Eine neue
Epoche begann aber mit der Kaiserherrschaft, indem nicht nur manche ganz
neue
Arten von Gebäuden, z. B. die Kaiserpaläste, entstanden, sondern auch die von
den Machthabern seit
Pompejus und
Cäsar übernommene Obsorge für den Unterhalt der unbemittelten
Menge sowie für Befriedigung
ihrer Schaulust allerlei
Anlagen und Bauten zur
Anstellung öffentlicher
Spiele u. dgl. nötig fand (s.
unten).
Um dem durch die große
Ausdehnung
[* 11] der Stadt veranlaßten
Bedürfnis einer polizeilichen
Ordnung und Beaufsichtigung derselben
zu genügen, führte
Augustus eine neue
Einteilung derselben in 14
Regionen ein, welche nach und nach mit
Namen bezeichnet wurden, die man den bedeutendsten Örtlichkeiten derselben oder den in ihrem
Mittelpunkt gelegenen
Hügeln
und
Plätzen entnahm. Jede derselben stand unter einem
Curator, denen für die Straßenquartiere Vicomagistri untergeordnet
waren; für die Sicherheits- und
Feuerpolizei hatten je zwei zusammen eine
Kaserne für eine
Kohorte der
Vigiles.
Nero gab sodann durch seine großartige
Restauration¶
mehr
des bedeutendsten Teils der Altstadt nach dem eine volle Woche dauernden Brand vom Jahr 65, welcher sich über 11 Regionen erstreckte
und 3 völlig in Asche legte, der Stadt ein ganz neues Ansehen. Die bisher meist engen Straßen und Plätze wurden seitdem breiter
und geräumiger und mit Säulenhallen versehen; eine solidere Bauart trat an die Stelle der alten. Die
folgenden Kaiser, namentlich Trajan, Hadrian, die Antonine, gefielen sich besonders in der Schöpfung großartiger und schmuckreicher
Markt- und Gerichtsplätze, prächtiger Tempel und Basiliken, kolossaler Grabmonumente u. dgl.
Unter den spätern Kaisern zeichneten sich namentlich Septimius Severus und Caracalla durch Baulust aus,
welcher durch eine Feuersbrunst unter Commodus' Regierung bedeutend Vorschub geleistet ward. Um dieselbe Zeit beginnt in dem
Aussehen der Stadt sich ausländischer Geist und Geschmack bemerklich zu machen (z. B. Caracallas ägyptische Bauten und Heliogabalus'
syrische Tempel), so wie auch in der immer zunehmenden Menge von Kasernen sich der jetzt kulminierende Militärdespotismus
kundgibt.
Aurelian umgab die seit Sulla über die Servianische Mauer hinausgewachsene Stadt wiederum mit Befestigungswerken, welche sämtliche 14 Regionen,
also Altstadt und Vorstädte, umfaßten und erst durch Probus vollendet wurden. Diese Aurelianische Mauer stimmt mit den jetzigen
Mauern und Thoren Roms im wesentlichen überein. Die wichtigern der 14 Thore wurden nach den durch sie hinführenden
Landstraßen benannt, so: die PortaFlaminia (jetzt bei Porta del Popolo), Porta Aurelia (bei PortaSan Pancrazio), Porta Portuensis
(bei Porta Portese) und Ostiensis (PortaSanPaolo), Porta Appia (PortaSan Sebastiano), Porta Asinaria (bei der PortaSan Giovanni),
Porta Nomentana (bei PortaPia), Porta Salaria (Porta Salara) u. a. Die letzten Kaiser, welche bedeutendere
Restaurationen und Neubauten vornahmen, waren Diocletianus und Maxentius, dessen Bauten aber meist erst unter Konstantin d. Gr.
vollendet wurden.
Aus der Zeit dieses Kaisers stammt das Regionenverzeichnis her, die einzige einigermaßen vollständige Übersicht der ganzen
Stadt, welche wir aus dem Altertum noch besitzen. In der folgenden Zeit hat sich das Aussehen Roms vornehmlich
durch die Bedürfnisse des christlichen Kultus verändert, welche zahlreiche kirchliche Prachtgebäude hervorriefen, während
die profanen Monumente aus der klassischen Zeit, namentlich seit der Einnahme der Stadt durch Alarich (410) und Geiserich (455),
verfielen. Trotzdem war im Anfang des 9. Jahrh. noch vieles vorhanden,
wovon uns der sogen. Anonymus Einsiedlensis berichtet. Aber die Stürme des Mittelalters vernichteten das meiste von diesem,
und die »Mirabilia urbis« beweisen, daß im 12. und 13. Jahrh.
nicht allein schon ein völliger Ruin des Altertümlichen, sondern auch eine große Unsicherheit aller alten Erinnerungen und
Überlieferungen eingetreten war.
Hinsichtlich der Größe und des Umfanges der Stadt fehlen uns zuverlässige statistische Angaben. Der Umfang des Aurelianischen
Mauerbaues wird jetzt als 22-23 km betragend angegeben, das von ihr umschlossene Areal auf ca. 1230 Hektar. Was die Bevölkerungsverhältnisse
betrifft, hat J. Beloch (»Die Bevölkerung
[* 13] der griechisch-römischen Welt«, Leipz. 1886) auf drei verschiedene
Arten für die ersten
drei nachchristlichen Jahrhunderte eine Einwohnerzahl von etwa 800,000 Seelen berechnet, für die Sullanische Zeit etwa 400,000;
Pöhlmann dagegen hat nachgewiesen, daß es auch nicht annähernd möglich ist, Roms Einwohnerzahl für irgend einen Zeitpunkt
zu bestimmen. Die Häuser der Stadt selbst waren entweder Domus oder Insulae. Jenes waren die zu eigner
Bewohnung splendider eingerichteten Häuser der Vornehmern (die palazzi des neuern Rom); diese dagegen wurden von den mittlern
und niedern Klassen bewohnt, waren daher meist Miethäuser mit mehreren Stockwerken übereinander (Trajan beschränkte ihre
Höhe auf 60 Fuß), jedes mit einem besondern Zugang.
Solche Häuser waren oft bis unter das Dach
[* 15] mit Menschen angefüllt. Die gepflasterten Fahr- und Hauptstraßen
hießen Viae oder Plateae. Solche waren: die Via sacra, die alte Prozessionsstraße, welche in der Richtung vom Kolosseum
[* 16] zum
Kapitol das Forum durchschnitt;
die Via nova am Palatin und die Prachtstraße gleiches ^[richtig: gleichen] Namens in der zwölften
Region;
die Via lata (der jetzige Corso) u. a. Clivi hießen die zu den Hügeln hinaufführenden, gleichfalls
gepflasterten Fahrwege (nur für Fußgänger waren die Gradus oder Semitae), z. B. der Clivus Capitolinus, die einzige Fahrstraße,
welche zum Kapitol hinaufführte, der Clivus publicus am Aventin u. a. Die Vici waren die kleinern
und gewöhnlichen Verbindungswege der Stadt, deren mehrere ein Compitum oder Straßenviertel (später
gleichfalls Vicus genannt) begrenzten;
ferner unmittelbar
südlich von letzterm die uralte Holzbrücke, der Pons sublicius, dessen Reste gewisser heiliger Gebräuche
wegen erhalten wurden;
endlich die im MittelalterPons Probi Theodosii et Valentiniani genannte Brücke
[* 17] unter dem Aventin.
Unter
den Plätzen waren die Areae die zahlreichsten, freie Räume, wie sie bald als Umgebungen von Tempeln und Palästen sich notwendig
machten (Area Capitolina, Palatina), bald aber auch selbständig angelegt wurden, etwa mit einem Heiligtum
oder einem Denkmal, wonach sie genannt wurden. Manche derselben dienten auch als Verkaufsplätze oder hatten ihren Namen von
bestimmten Personen. Ein geräumigerer und von vielen und mannigfaltigen Gebäuden, Tempeln, Basiliken und Hallen eingeschlossener
freier Platz bildete ein Forum.
die Horti
Lucullani oder Valeriani auf dem Pincius (Collis hortorum);
die Horti Maecenatis, welche einen Teil des Campus Esquilinus umfaßten;
die von Pallas, dem Freigelassenen des KaisersClaudius, angelegten Horti Pallantiani im äußersten Osten;
endlich jenseit des
Stroms die Horti Agrippinae oder Neronis, mit einem berühmten Zirkus, und die Horti Domitiae;
unter dem
Janiculum die von Septimius Severus angelegten Horti Getae, weiter stromab die von Cäsar zu Volkslustbarkeiten hergestellten
und von Augustus mit einer Naumachie versehenen Horti Caesariani.
Unter den merkwürdigen Örtlichkeiten der Stadt steht das berühmte Forum Romanum obenan. Dieser Mittelpunkt
des städtischen und politischen Verkehrs in den Zeiten der Republik, 154 m lang, 52 m breit, lag zwischen dem Kapitol und Palatin
in der Hauptausdehnung von NW. nach SO. An der Nordseite stand schon in der Königszeit das Rathaus (die Curia Hostilia) auf
dem Comitium, wo sich die Patrizier in den Kuriatkomitien versammelten, diesem schräg gegenüber, am Fuß
des Palatin, der Vestatempel und die Regia (die Wohnung des Pontifex maximus); der freie Platz in der Mitte war der Versammlungsort
für die Plebs, seit dem Jahr 42 v. Chr. (s. unten) aber der Sitz des politischen Lebens mit der Rednerbühne
(rostra), anfangs von Straßen eingefaßt, auf die sich Laden und Verkaufshallen von Fleischern und andern Handwerkern, von
Wechslern etc. öffneten. Im Lauf der Zeiten wurden hier Tempel, öffentliche Gebäude und Denkmäler verschiedener Art errichtet.
Das älteste, noch jetzt erhaltene ist der am Abhang des Kapitols liegende Carcer Mamertinus, ursprünglich ein
Brunnenhaus in der Nordecke des Forums. Andre Hauptheiligtümer des Forums aus ältester Zeit waren der Saturntempel am Kapitol
und der Tempel der Dioskuren
[* 18] (Templum Castorum) vom Jahr 484 an der Südseite, dann östlich vom Carcer der Tempel der Concordia
(366). Dem immer mehr wachsenden Verkehr bei den Gerichtsverhandlungen suchte man durch Errichtung von
Basiliken (offenen, von Säulenhallen umgebenen Höfen) nach den Seiten hin Raum zu schaffen: 185 erbaute der alte Cato die Basilica
Porcia;
179 folgte die Basilica Aemilia, 169 die Basilica Sempronia, 121 die Basilica Opimia.
Unter den Stürmen der Bürgerkriege
sank die alte Kurie in Trümmer, wurde zwar von Sullas Sohn Faustus wiederhergestellt, aber später von
Cäsar niedergerissen. Durch letztern wie besonders durch Augustus erhielt das Forum eine ganz neue Gestalt, die durch die modernen
Ausgrabungen im wesentlichen zu Tage getreten ist. Cäsar begann 54 v. Chr. den Bau der Basilica Julia, die Augustus vollendete,
wobei die Läden und Laubengänge, welche das Forum früher umgaben, weggeräumt wurden.
Derselbe errichtete auch eine neue Kurie (CuriaJulia, heute Sant' Adriano) und dem Cäsar zu Ehren die Aedes Divi Julii, an der
Ostseite des Forums, mit der Fronte nach dem Kapitol, in nächster Nähe des Kastortempels und der Regia, vor welchem Tempel
zugleich die neuen Rostra (Rednerbühne) ihren Platz fanden, die zum Unterschied von den alten, am Westende des Forums belegenen
(RostraNova, im Gegensatz zu der allerältesten, dicht vor derCuria Hostilia belegenen Rednerbühne) die RostraJulia genannt
wurden.
¶
[* 2] Der Umbau und die Erweiterung der Stadt ist auf Grund des im J. 1882 festgestellten
¶
mehr
Planes fortgeschritten. Die projektierten Bauten, von denen für den Staat ein Justizpalast, eine Poliklinik, eine Akademie,
ein Militärlazarett und eine Kaserne, für die Stadt zwei Brücken, die Tiberkais, die Fortsetzung der Via Nazionale durch
den Corso VittorioEmanuele, der Umbau des Ghetto, die Kanalisation und die Anlage von Markthallen
[* 20] bestimmt
sind, waren etwa zur Hälfte schon vollendet, als finanzielle Schwierigkeiten der weitern Ausführung hindernd in den Weg
traten.
Die finanziellen Verhältnisse Roms, welche seit der Erhebung der letztern zur Hauptstadt infolge der plötzlich veränderten
und gesteigerten Bedürfnisse, aber auch infolge mangelnder Sparsamkeit im städtischen Haushalt keine geordneten waren, sind
nämlich in immer größere Verwirrung und schließlich an einen ernsten Wendepunkt geraten. Schon im
J. 1881 war ein Gesetz zu dem Zweck, den städtischen Finanzen zu Hilfe zu kommen, erlassen worden. Die für den Umbau und die
Erweiterung der Stadt bestimmte Anleihe von 150 Mill. Lire wurde vom Staat unter der Voraussetzung garantiert,
daß die Stadt durch Erhöhung ihrer Einnahmen sich in die Lage setze, allen Verbindlichkeiten zu genügen.
Auch verpflichtete sich der Staat zu einem Zuschuß von 2½ Mill. Lire auf 20 Jahre. Die Stadtvertretung wollte aber von Steuererhöhungen
nichts wissen, während sich die Ausgaben fortwährend steigerten. Die 150 Mill. wurden bei der herrschenden
Mißwirtschaft und den in die Höhe getriebenen Grundpreisen, welche die Kosten der Expropriationen ins Ungemessene steigerten,
bald vollständig verausgabt, ohne daß die projektierten Bauten vollendet worden wären.
Das bereits seit Jahren im städtischen Haushalt vorhandene Defizit mußte endlich eingestanden werden und zwar für das Jahr
1889/90 mit 6,9 Mill. Lire. Außerdem ergab sich, daß 30 Mill. fehlen, um
die notwendigsten Bauarbeiten zu erledigen. Angesichts dieser Sachlage sah sich die Regierung genötigt, die Aufbesserung der
FinanzenRoms in die Hand
[* 21] zu nehmen. Durch das Gesetz vom wurde vor allem die Stadt von der Verpflichtung,
aus eignen Mitteln zur Tiberregulierung beizutragen, welche nunmehr dem Staat ganz übertragen wird, entlastet; ferner übernimmt
der Staat die Fortsetzung verschiedener andrer öffentlicher Bauten, so des Justizpalastes, der Poliklinik, mehrerer Straßen,
Brücken etc. Eine weitere Konzession ist die, daß die Stadt von den gesetzlichen Verpflichtungen zu öffentlicher Wohlthätigkeit
entbunden wurde, welche der Staat nunmehr aus den in seine Verwaltung übernommenen römischen opere pie
bestreitet.
Die Regierung übernimmt weiter die Verwaltung der römischen Verzehrungssteuer und garantiert der Stadt hieraus einen jährlichen
Reinertrag von 14 Mill. Lire. Der jährliche Zuschuß von 2½ Mill. Lire wird auf 60 Jahre ausgedehnt. Die für die
dringendsten öffentlichen Bauten benötigten Summen zahlt die Regierung voraus und hält sich dafür an den von der Stadt
aufzubringenden Annuitäten schadlos. Durch Ersparungen und Erhöhung einzelner Steuerkategorien endlich soll das Defizit im
städtischen Haushalt in Zukunft beseitigt werden. Da die Gemeindevertretung von Rom gegen den von der Regierung im Parlament
eingebrachten GesetzentwurfWiderspruch erhoben und ihre Demission gegeben hatte, wurde dieselbe von der Regierung aufgelöst
und ein Regierungskommissar an die Spitze der städtischen Verwaltung gestellt.
Das Jahr 1889 war auch außer den städtischen finanziellen Verwickelungen für in wirtschaftlicher Beziehung ein sehr ungünstiges.
Die
Kreditverhältnisse gestalteten sich immer schwieriger, Zahlungseinstellungen und Fallimente nahmen
in bedenklicher Weise zu, die Lage des Geldmarktes wurde stets prekärer. Den Hauptanteil an diesen Zuständen trug die Überspekulation
in Neubauten und Baugründen, weshalb auch namentlich die Kreise
[* 22] der Bauunternehmer von Fallimenten betroffen wurden.
Viele angefangene Häuserbauten blieben infolgedessen unvollendet stehen, zahlreiche Arbeiter wurden entlassen und mußten
in ihre Heimat zurückkehren. Trotz der Ungunst der Finanzlage der Stadt werden übrigens neue Pläne für große öffentliche
Anlagen ernstlich erwogen. Ein Projekt geht dahin, Rom zu einem Seehafen zu machen und einen Hafen nahe bei der Basilika
[* 23] SanPaolo
fuori le mura (an der Via Ostiense) anzulegen, welcher durch einen geradlinigen, ca. 20 km langen, 10 m
tiefen, 40-80 m breiten Kanal
[* 24] mit dem Meere bei Castel Fusano verbunden werden soll.
Ein mit den städtischen Neubauten in Verbindung stehender Plan ist die Freilegung des herrlichen PalazzoFarnese, von dem bisher
nur die Vorderfassade einem Platze zugewendet ist. Für den Entwurf zum Neubau eines Parlaments ist vorläufig
eine Konkurrenz ausgeschrieben worden. Dagegen kommt die angeregte Herstellung einer bequemen und übersichtlichen Verbindung
der hauptsächlichsten historischen DenkmälerRoms zu einer öffentlichen Passeggiata archeologica aus den besprochenen finanziellen
Rücksichten in nächster Zeit nicht zur Ausführung. Auf dem Gebiete des Verkehrswesens ist der bereits
im Juli 1888 eröffneten Eisenbahnlinie Rom-Solmona, wodurch die Bevölkerung der Abruzzen eine bequeme Verbindung mit der Hauptstadt
erhalten hat, dann der in Bau genommenen Lokalbahnen von Rom nach Laurento, wo ein Seebade-Etablissement errichtet werden soll,
und von Rom nach Segni Erwähnung zu thun.
Von dem als Campagna bezeichneten, um die Hauptstadt herum sich ausdehnenden, ca. 200,000 Hektar umfassenden
Gebiet (Agro Romano) sind zur Zeit nur 7530 Hektar im nächsten Umkreis von Rom eigentlich kultiviert, vorzugsweise mit Wein.
Im übrigen herrscht fast ausschließlich Weidewirtschaft vor; nur etwa 1/10 der Fläche wird unter den Pflug
[* 25] genommen und zwar
infolge der Konkurrenz des billigen überseeischen Getreides, der Entvölkerung und der hygienischen Übelstände
der Campagna von Jahr zu Jahr weniger. Im J. 1887 zählte man in der römischen Campagna 19,355 Rinder
[* 26] und Büffel, 211,924 Schafe,
[* 27] 7500 Pferde,
[* 28] 2600 Esel
und Maultiere und 12,600 Ziegen.
In der Frage der Kultivierung der Campagna ist bisher nicht viel geschehen. Nachdem schon vor 20 Jahren
durch königliches Dekret eine Kommission zum Studium der Frage eingesetzt worden war, kam endlich 1883 ein Gesetz zu stande,
welches die Errichtung größerer Wirtschaftsbetriebe, die Viehhaltung und Wiesenkultur, Wege- und Grabenanlagen, Zuleitung
von Trinkwasser etc. zum Gegenstand hatte. Für diese Bonifizierung, welche nur für den Umkreis der Stadt
bis zu 10 km vorgeschrieben ist, wurden nur 1½ Mill. Lire ausgeworfen. Auch steht gegenüber dem Widerstand der Grundbesitzer
nur das unerwünschte Mittel der Expropriation zu Gebote.
Vgl. Sombart, Die römische Campagna (Schmollers »Staats- und sozialwissenschaftliche
Forschungen«, Bd. 8, Heft 3, Leipz.
1888).
deutsch Rambach (Kt. Graubünden,
Bez. Münsterthal). 1740-1200 m. Wildwasser des Münsterthales; 25 km lang, wovon 18 auf Schweizer
Boden. Entspringt am Fuss der Felsen von Ruinas (sö. der Ofenpasshöhe und oberhalb Aint a Som Cierfs),
erhält zunächst von rechts den vom Piz Daint kommenden Bach des Val della Föglia und den vom Piz Dora kommenden Bach des
Val della Blaisch, durchfliesst Cierfs und die mit grünen Wiesen bestandene und von dunkeln Wäldern umrahmte
oberste Stufe seines Thales, erhält von links die Aua da Laiders und betritt dann die zweite Thalstufe, wo er einen 600 m
breiten, fischreichen Sumpf - ein ehemaliges Seebecken, das man jetzt gänzlich trocken zu legen gedenkt - bildet.
Bis hierher sind seine Nebenadern fast alle gefährliche Wildbäche, die den Boden des Hauptthales häufig
mit Schlamm, Sand und Kies überführen. Auf der Thalstufe von Valcava, die er rasch durcheilt, erhält der Rambach seine beträchtlichsten
Zuflüsse, nämlich den vom Felsenkar des Lai da Rims herabkommenden Wildbach des Val Vau und den am Umbrail entspringenden und
bei Santa Maria ebenfalls von rechts mündenden Bach des Val Muranza. Nachdem ihm dann zwischen Sielva und
Münster von rechts noch einige kleinere Nebenadern (so der Bach des Val da Pisch) zugekommen sind, tritt er auf österreichischen
Boden über, wo sich mit ihm von links der vom Cruschettapass herabkommende Bach des Avignathales vereinigt. Er mündet bei
Glurns im Tirol von rechts in die Etsch. Von seiner Quelle bis Münster hat er ein Gefälle von etwa 500 m, was einer Kraft
von etwa 126 PS entsprechen würde. Bis heute treibt er blos Sägen und Mühlen.
1) Provinz im Königreich Italien,
[* 30] umfaßt die Landschaft Latium, 1870 aus dem dem Kirchenstaat gehörigen Gebiet gebildet,
grenzt im NW. an die ProvinzGrosseto, im NO. an Perugia, im O. an Aquila, im SO. an Caserta, im S. und W. an
das Tyrrhenische Meer und hat 11918 (nach Strelbitskij 12170) qkm mit (1881) 903472, nach Berechnung
vom 994400 E., d. i. 82 E. auf 1 qkm, und zerfällt in die Kreise Civitavecchia, Frosinone,
Rom, Velletri und Viterbo mit zusammen 226 Gemeinden.
Die Provinz ist meist gebirgig, an der Grenze ziehen sich von NW. nach SO.
die Sabinerberge entlang, die sich bis zu 2000 m und mehr erheben. Den Norden
[* 31] erfüllt das röm.
Apenninenvorland, das ostwärts vom Chiana- und Tiberthal begrenzt wird und zu dem auch das Albanergebirge
und die röm. Campagna gehört. Der Monte-Cimino bei Viterbo erreicht 1056 m, der Monte-Cavo, 25 km im SO.
von Rom, 956 m. Dieses Gebiet ist sehr reich an heißen und kalten Mineralquellen, namentlich
Schwefelquellen.
Den Süden der Provinz erfüllt das Volskergebirge, dessen nördl. Teil, die Monti Lepini, ganz in die Provinz
fällt und sich im Semprevisa zu 1536 m erhebt. Die weite Ebene vor den Thoren der Hauptstadt heißt Campagna di Roma (s. d.).
Zwischen den Monti Lepini und dem Meere erstrecken sich die Pontinischen Sümpfe. Hauptfluß ist der Tiber
mit Teverone (Aniene); von den zahlreichen Küstenflüssen sind zu nennen: Fiora (Grenze gegen NW.),
Marta, Mignone, Arrone, Astura und Sisto sowie der zum Liri gehende Sacco.
Von den vielen Seen sind die bedeutendsten der Lago diBolsena (305 m ü. d. M., 108 qkm groß), durch die Marta zum Meere entwässert,
Vico (507 m) und Bracciano (164 m), den der Arrone entwässert. Das Klima ist, außer in der Campagna, gesund. Das Land liefert
Rindvieh, Schafe, Pferde, Weizen, Mais, Hafer,
[* 32] Südfrüchte, Oliven und Maulbeerbäume sowie Wein, an Mineralien
[* 33] Alaun,
[* 34] der seit
dem 15. Jahrh. gewonnen wird, besonders in den Allumiere della Tolfa, Schwefel, Asphalt, Puzzolanerde,
die mit Kalk vermischt einen guten Mörtel giebt, und Seesalz. Die Industrie erstreckt sich auf Gewinnung von Seide,
[* 35] Seidenweberei,
Gerberei, Eisen- und Thonwarenfabrikation.
[* 36] Die Provinz wird von zahlreichen, von der Hauptstadt auslaufenden Eisenbahnlinien
und Straßen durchschnitten. - 2) Hauptstadt des Königreichs Italien und der Provinz Rom, liegt unter 41°
53' 54" nördl. Br. und 12° 59' 53" östl. L. von Greenwich (Observatorium des Collegio Romano), am Tiber, der die Stadt von
N. nach S. in drei Windungen durchfließt (80-120 m breit) und seit 1876 innerhalb der Stadt kanalisiert ist, in der Campagna
di Roma (s. d.) und hat (1894) einen Umfang von etwa 23 km, einen Flächenraum von 1571,15 ha. Das Klima
ist weniger extrem als das der oberital. Großstädte (Florenz,
[* 37] Bologna und Mailand).
[* 38] Bei einem Jahresmittel von 15° C. hat
der Juli eine Durchschnittstemperatur von 24,8°, der Januar von 6,7° C. Temperaturen über 37° und unter -5°
sind selten. Die eigentümliche Bildung des röm. Bodens, in dem eine poröse vulkanische Schicht über einer undurchlässigen
Thonschicht liegt, begünstigt die Entwick-
^[img]
¶
mehr
lung des Malariafiebers, welches in der ganzen Campagna endemisch ist. In der Stadt ist die Malaria infolge der fortschreitenden
Bebauung sehr zurückgegangen (Malaria-Todesfälle 1890-93: 299, 254, 139, 189). (Hierzu ein Stadtplan: Rom mit Verzeichnis
der Straßen, Plätze u. s. w.; eine Karte: Rom und Umgebung; die Tafeln: Rom I und II.)
Bevölkerung. Rom hatte 1881: 285544, als Gemeinde 300467, nach einer Berechnung 408943, als
Gemeinde 440596, 456664 E., darunter 7779 Militärpersonen. In Garnison liegen das 11., 12., 69. und 70. Infanterieregiment,
das 5. Regiment Bersaglieri, 4 Eskadrons des 22. Kavallerieregiments, das 13. Feldartillerieregiment (außer 7. und 8. Batterie)
mit einer Traincompagnie, 2 Brigaden des Festungsartillerieregiments Nr. 27 und 6 Compagnien Sappeure.
1) Monti, 2) Trevi, 3) Colonna, 4) Campo Marzio, 5) Ponte, 6) Parione, 7) Regola, 8) Sant' Eustachio, 9) Pigna, 10)
Sant' Angelo, 11) Campitelli, 12) Ripa, 13) Trastevere, 14) Borgo, 15) Esquilino e Castro Pretorio, von denen
der letzte nach 1870 von dem frühern Rione Monti abgetrennt ist. Für die Parlamentswahlen ist Rom in fünf Wahlkreise
(Esquilina, Capitolina, Pantheon, Adriana, Tiberina) eingeteilt. Die Grenze der bebauten Stadt wird im allgemeinen immer
noch von der 270-275 n. Chr. erbauten, in neuerer Zeit von mehrern
Päpsten (1450, 1630) ausgebesserten und veränderten Aureliansmauer gebildet.
Bemerkenswerte Thore sind: Porta del Popolo, von Vignola 1561 erbaut und 1870 erweitert;
auf dem rechten Ufer Porta Portese, 1643 erbaut, etwa 500 m stromaufwärts von der (gleichzeitig zerstörten) Porta Portuensis
der Aureliansmauer;
PortaSan Panerazio auf der Höhe des Janiculum, nach der Belagerung von 1849 unter Pius IX. wiederhergestellt.
Im Innern der jetzigen Stadt, zwischen Borgo und der Straße Lungara, die Porta Santo
[* 40] Spirito, ein großartiger
unvollendeter BauvonAnt. da Sangallo (1540).
Von den zehn Brücken sind drei zum großen Teil antik. Am weitesten nördlich, von der Piazza del Popolo nach den Prati di Castello,
liegt Ponte Margherita (1892);
dann folgt die provisorische eiserne Ripettabrücke, welche später durch
die massive Brücke Ponte Cavour ersetzt werden soll;
in der Achse der Piazza Navona und auf den neuen Justizpalast mündend,
der (1895 im Bau befindliche) steinerne Ponte Umberto;
der den Zugang zur Engelsburg (s. d. und Tafel: Rom II,
[* 39]
Fig. 2) bildende
Ponte Sant' Angelo (Jan. 1895 wieder eröffnet) mit fünf Bogen, von denen die drei mittlern antik sind
(Pons Aelius);
Ponte Sisto, an Stelle des alten Pons Aurelius (Valentiniani) 1474 erbaut und 1874 verbreitert;
der eiserne
Ponte Garibaldi, auch Ponte alla Regola (1890);
von den beiden Inselbrücken ist die östliche, Ponte Quattro Capi (Pons
Fabricius), die einzige noch einigermaßen erhaltene antike Brücke R.s, die westliche, Ponte San Bartolomeo,
ist 1889-90 durch Umbau völlig verändert. Es folgt die an Stelle des Ponte Rotto (Pons Aemilius, s. S. 941 b) getretene
Eisenbrücke (von der antiken Brücke ist ein Pfeiler als Monument in der
Mitte des Flußbettes stehen geblieben);
endlich
ganz im Süden die eiserne Eisenbahnbrücke nach Civitavecchia.
Geplant sind ferner die Brücken Ponte
Vittorio Emanuele im Zuge des Corso Vittorio Emanuele und Ponte all' Armata zwischen dieser und Ponte Sisto; auch die Durchführung
der Verbindungsbahn vom Bahnhof PortaPortese-Termini macht den Bau einer Brücke unterhalb des Aventins notwendig.
Straßen, Plätze, Wasserleitungen. Die Hauptstraßen waren vor 1870: der Corso, von Piazza del Popolo
nach PiazzaVenezia (1500 m), Via di Ripetta von Piazza del Popolo nach San Luigi dei Francesi;
Via del Babuino von Piazza del Popolo
nach Piazza di Spagna.
Das von Sixtus V. angelegte Viertel der Monti hatte als bedeutendste Verkehrsadern
die Via Sistina und Via Quattro Fontane (in ihrer südl. Hälfte jetzt Via Agostino Depretis genannt). Die Hauptstraße des modernen
R.s ist die seit 1872 angelegte Via Nazionale, von den Diocletiansthermen nach PiazzaVenezia, mit ihrer Fortsetzung (1885)
durch den Corso Vittorio Emanuele, der unweit der Engelsbrücke mündet.
Von den zahlreichen großen und schönen Plätzen sind die ältern, vornehmlich der großartigen Bauthätigkeit
Sixtus' V. und seiner Nachfolger ihr Gepräge verdankend, durch ihren Schmuck mit Fontänen, Kolossalsäulen und Obelisken
bemerkenswert; so der elliptische Petersplatz oder Piazza di San Pietro (226 m breit, 273 m lang) mit dem von Dom. Fontana 1586 hierher
versetzten Obelisken (früher an der Südseite der Basilika), den vierfachen KolonnadenBerninis (1667) und zwei schönen Springbrunnen
von Maderna.
Die Anordung des Kapitolplatzes hängt mit der Umgestaltung des Kapitols (s. d.) durch Michelangelo zusammen. Die Piazza del
Quirinale, vor dem königl. Palast, hat ihren Hauptschmuck in den beiden Marmorkolossen der Dioskuren als
Rossebändiger (daher auch Piazza di Monte-Cavallo). Im Marsfeld liegen Piazza di Trevi mit der schönsten FontänevonNic. Salvi
(1762);
Piazza Colonna, benannt nach der Säule des Marc Aurel (Colonna Antonina), in der Mitte des Corso, Mittelpunkt des Verkehrs;
Piazza di Monte-Citorio mit dem Gebäude der Deputiertenkammer (1650) und dem von Augustus aus Ägypten
[* 41] gebrachten
Obelisken (7. Jahrh. v. Chr.), seit 1789 hier aufgestellt;
Piazza Navona mit drei Springbrunnen (der größte in der Mitte,
mit den Kolossalfiguren der vier größten Flüsse
[* 42] (Donau, Ganges, Nil, Rio
[* 43] de la Plata) und einem antiken Obelisken, ein Hauptwerk
Berninis, 1650);
Am südl. Ende des Corso die
PiazzaVenezia, am nördlichen Piazza del Popolo mit einem Obelisken (1587). Von der Piazza di Spagna führt die berühmte Spanische
[* 45] Treppe
[* 46] (1725) zur Kirche Sta. Trinitàde' Monti.
In den neuen Stadtvierteln liegen am Bahnhof Piazza di Termini und Piazza dei Cinquecento (mit Denkmal der 500 Gefallenen von
Dogali); südlich Piazza Vittorio Emanuele, von Säulenhallen umgeben, mit Gartenanlagen und der Ruine der Aqua Julia (sog.
Trofei di Mario); Piazza Manfredo Fanti, PiazzaDante u. a.
Den großen Reichtum an fließendem und springendem Wasser verdankt Rom den vier großen Wasserleitungen, die mit
Benutzung antiker
¶
mehr
Aquädukte gebaut sind. Die niemals unterbrochene Acqua Vergine versorgt den größten Teil der Stadt auf dem linken Ufer und
liefert täglich 80000 cbm Wasser. Die Acqua Felice führte Sixtus V. 1585-87 aus den Quellen der Aqua Alexandrina, unter Benutzung
der Bogenreihen der Aqua Marcia und Claudia in die Stadt, namentlich zur Versorgung der von ihm neu besiedelten
östl. Hügelquartiere. Sie liefert täglich 21000 cbm Wasser. Die Acqua Marcia-Pia, 1870 wiederhergestellt,
kommt 53 km weit aus dem Aniothal oberhalb Subiaco und liefert täglich 78000 cbm vorzügliches, doch sehr kalkhaltiges Wasser;
die Acqua Paola, von PaulV. an Stelle der alten Aqua Traiana 1609-11 erneuert, versorgt den Stadtteil rechts
vom Tiber; das Wasser, großenteils aus dem Lago diBracciano, ist von geringerer Qualität (56000 cbm täglich). Die gesamte,
durch Leitungen täglich nach Rom kommende Wassermenge beträgt ungefähr 235000 cbm, doch fehlen allen Leitungen
große Bassins innerhalb der Stadt, was bei jeder Störung im obern Laufe Wassermangel zur Folge hat.
Kirchen. Obenan stehen die sieben Basiliken, welche seit Jahrhunderten von den Wallfahrern besucht zu werden pflegen:
San Pietro in Vaticano (s. Vatikan
[* 48] und Tafel: Rom I,
[* 47]
Fig. 5), San Paolo fuori le mura, San Giovanni in Laterano
(s. Lateran und Tafel: Italienische Kunst II,
[* 47]
Fig. 4), Sta. Maria Maggiore, Sta. Croce in Gerusalemme, SanLorenzo fuori le mura
und San Sebastiano. Alle liegen an der Peripherie der antiken Stadt, zum Teil sogar außerhalb der Mauern, da die Christengemeinden
zuerst in den Vorstädten sich ausbreiteten. Am nächsten dem Centrum liegt Sta.
Maria Maggiore, die größte der etwa 80 Marienkirchen in Rom, angeblich vom Papst Liberius 352 gegründet, schon 432 prächtig
erneuert (von diesem Bau stammen die 42 schönen Marmorsäulen des Hauptschiffs mit ion. Kapitälen), im 13. Jahrh. restauriert,
im 16. und 17. Jahrh. durch Anbauten (Prachtkapellen Sixtus' V., 1586, und Pauls V., 1611, mit den Gräbern
derselben) erweitert, 1743 mit barocker Façade versehen.
Vor derPorta Tiburtina der Aureliansmauer liegt SanLorenzo, von Konstantin d. Gr. über dem Grabe des Heiligen erbaut, oft restauriert,
mit schöner Façade von 1220 und Mosaikschmuck; Pius IX. bestimmte eine Seitenkapelle für sein eigenes
Grab (er ist dort beigesetzt). Neben der Basilika liegt der große Friedhof (Campo Verano) mit zahlreichen, mehr
prächtigen als geschmackvollen Monumenten. Die Kirche Sta. Croce in Gerusalemme, von der Kaiserin Helena, MutterKonstantins,
für das von ihr aus Jerusalem
[* 49] nach Rom gebrachte Kreuz
[* 50] Christi gegründet, wurde
im 18. Jahrh.
gänzlich modernisiert, ebenso im 17. Jahrh. San Sebastiano (4. Jahrh.), über den gleichnamigen Katakomben an der Via Appia.
An der Via Ostiensis liegt San Paolo fuori le mura, über dem Grabe des Apostels erbaut, schon Ende des 4. Jahrh. von Theodosius
und Honorius prachtvoll erneuert. Die Basilika des Honorius wurde 1823 durch Brand großenteils zerstört;
das Langhaus ist seitdem prachtvoll wiederhergestellt (s. Tafel: Altchristliche Kunst II,
[* 47]
Fig. 8), ebenso Querschiff und Apsis
(mit Mosaiken aus dem 13. Jahrh.). Die Façade wurde 1877 vollendet, ein großartiger quadratischer
Vorhof ist (1895) der Vollendung nahe.
Unter den übrigen Kirchen (Gesamtzahl gegen 400) sind einige in antiken Bauwerken errichtet. So am Forum
Santi Cosma e Damiano (mit Mosaiken aus dem 6. Jahrh.) im Tempel des DivusRomulus;
Vanvitelli veränderte ihn 1749 in wenig
glücklicher Weise.
Endlich das Pantheon (s. d. und Tafel: Rom I,
[* 47]
Fig. 1), als Kirche Sta. Maria ad Martyres genannt. Auf den
Fundamenten und mit Beibehaltung des Planes eines antiken Gebäudes (Macellum magnum) ist Santo Stefano
Rotondo, die größte Rundkirche R.s errichtet, die 468 unter Papst Simplicius gebaut, 1450 und 1572 restauriert und dabei
von Tempesta und Pomarancio mit den berüchtigten Marterbildern verunziert wurde. Nicht als Kirche gebaut ist auch Sta. Costanza
an der Via Nomentana, ein Rundbau, ursprünglich Mausoleum einer Tochter Konstantins d. Gr., mit Mosaiken
aus dem 4. Jahrh.
Die übrigen bedeutendern Kirchen R.s haben entweder aus ihrer Entstehungszeit die Form der altchristl. Basilika bewahrt oder
sind Neugründungen der Renaissance und Barockzeit. In got. Stile erbaut ist einzig Sta. Maria sopra Minerva (1285), welche
die Christusstatue Michelangelos, schöne Fresken von Filippino Lippi, das Grabmal des FraAngelico da Fiesole
und mehrerer Päpste (unter andern Leos X.) enthält. Altchristliche Basiliken sind: Sta. Agnese an der Via Nomentana (s. Tafel:
Altchristliche Kunst II,
[* 47]
Fig. 6), ein zweigeschossiger Bau aus der Zeit Honorius' I. (626), mit Mosaiken aus dem 7. Jahrh.;
San Bartolomeo auf der Tiberinsel; Sta. Cecilia in Trastevere, schon 499 erwähnt, mit Mosaiken aus dem 9. Jahrh.
in der Tribuna, der liegenden Statue der Heiligen von Maderna (1600) und einem got. Marmortabernakel von Arnolfo di Cambio (1283)
über dem Hochaltar.
San Clemente, zwischen Kolosseum und Lateran, wird schon 392 erwähnt; die jetzige Kirche, Anfang des 12. Jahrh.
erbaut, enthält Fresken von Masaccio und Mosaiken (s. Tafel: Mosaik,
[* 47]
Fig. 3); unter ihr eine (seit 1858 ausgegrabene) ältere
Basilika, mit Malereien aus dem 11. Jahrh., noch tiefer Bauten aus röm.
Zeit. San Crisogono, mit 22 antiken Säulen
[* 51] und Mosaiken aus dem 14. Jahrh.;