Pseudarthrōse
(griech.), s. Gelenk.
Pseudarthrose
4 Wörter, 37 Zeichen
Medicin — Specielle Pathologie — Knochen- und Muskelkrankheiten
Pseudarthrōse
(griech.), s. Gelenk.
(Articulatio), Art der Knochenverbindung, bei welcher zwei oder mehrere mit einer Knorpellage oder mit Bandmasse überzogene Knochenenden untereinander beweglich verbunden sind (Diarthrose). Die Vereinigung der Gelenkenden wird vorzugsweise bewirkt durch die fibrösen Gelenk- oder Kapselbänder (s. Tafel »Bänder des [* 3] Menschen«),
welche mit der Knochenhaut beider Knochenenden verschmelzen und so um letztere herum einen allseitig abgeschlossenen Hohlraum, die Gelenkhöhle, bilden. Die Innenfläche des Kapselbandes ist von der sogen. Synovialhaut (membrana synovialis) überkleidet, welche die Absonderung einer dicklichen, klebrigen Flüssigkeit (Gelenkschmiere, Gliedwasser, synovia) zur Verminderung der Reibung [* 4] besorgt. Bei vielen Gelenken sind noch zur Einschränkung der Beweglichkeit auf bestimmte Richtungen sogen. Hilfs- oder Hemmungsbänder angebracht (s. Bänder).
Die in den Gelenken aufgehängten Glieder [* 5] werden vom Luftdruck getragen, indem letzterer das Auseinanderweichen der Knochenenden, durch welches in der Gelenkhöhle ein leerer Raum entstehen müßte, verhindert. Nur durch grobe äußere Gewalt kann an gesunden Gelenken ein Auseinanderweichen der Gelenkflächen (Verrenkung, Luxation) bewirkt werden. Je nach der Bewegbarkeit der Knochen [* 6] unterscheidet man mehrere Hauptarten Gelenke, z. B. das Kugelgelenk (arthrodia), das Nußgelenk (enarthrosis), das Scharniergelenk (ginglymus), das Roll- oder Drehgelenk (rotatio) etc.
Als falsches Gelenk (Scheingelenk, Pseudarthrosis
) bezeichnet man eine widernatürliche bewegliche Knochenverbindung,
welche zuweilen nach Knochenbrüchen zwischen den Bruchenden zurückbleibt, wenn der Heilungsvorgang gestört
wird. Es kommt dann nicht zur Vereinigung der Bruchenden durch feste Knochenmasse, sondern es bildet sich zwischen den Bruchenden
eine fibröse Gewebslage, welche denselben eine gewisse Beweglichkeit gestattet. Manchmal überziehen sich sogar die Bruchenden
mit einer Knorpellage, die den Bruch umgebenden Weichteile bilden sich zu einer Art Kapselband um, und
es bleibt eine mit Synovia erfüllte Lücke, eine Gelenkhöhle, zwischen den Bruchenden übrig.
Solche Pseudarthrosen sind immer, namentlich aber am Ober- und Unterschenkel, sehr störend, weil die betreffenden Knochen ihre Starrheit einbüßen und dem Körper nicht mehr zur Stütze dienen können. Zur Heilung ist die Entfernung der sehnigen Verbindung durch Abschneiden oder noch besser durch Absägen der beiden Knochenenden notwendig. Die Sägeflächen werden dann entweder im einfachen Gipsverband oder nach Anlegung einer Naht mit Silberdraht oder Elfenbeinstiften zur Verwachsung gebracht.
Ein neues Gelenk (Nearthrosis) bildet sich oft bei veralteten Verrenkungen, wenn der verrenkte Gelenkkopf nicht in die Pfanne zurückgebracht wird, an der Stelle, welche er nunmehr zufällig einnimmt. Künstliches Gelenk endlich nennt man eine auf künstlichem, operativem Weg hervorgerufene bewegliche Knochenverbindung, wobei die Knochenenden gewöhnlich durch fibröse Massen vereinigt sind. Ein künstliches Gelenk wird angelegt, um eine widernatürliche knöcherne Verschmelzung der normalen Gelenkenden zu beseitigen. Auch nach der Resektion (s. d.) der Gelenkenden sucht man in gewissen Fällen ein künstliches Gelenk, d. h. eine bewegliche Verbindung zwischen den Sägeflächen der Knochen, herbeizuführen.